Lieber Jo,
Du möchtest das biologische Geschlecht ohne Chromosomen bestimmen? Rein phänotypisch? Das Problem der nicht immer gegebenen Eindeutigkeit wird Dich aber dann wieder einholen, wenn Du auf Menschen triffst, die auch phänotypisch männliche und weiblich Merkmale haben oder die äußerlich sichtbar dem einen, aber äußerlich unsichtbar dem anderen Geschlecht angehören.
Bei "Gender" geht es aber weder um geno-, noch um phänotypische Geschlechtsbestimmung, sondern um kulturelle und soziale. Sicher können wir den Rock als geschlechtsneutral ansehen. Das tue ich ja auch. Das kannst Du ja auch in meinem Essay "Mundus bracatus? Nein danke!" nachlesen. Aber die meisten Menschen sehen es nicht so einfach, d.h. sie können sich nicht so einfach von ihren Denk- und Sehgewohnheiten kennen.
Anderes Beispiel: Sind nicht eigentlich auch Namen biologisch geschlechtsneutral? Könnte ich nicht auch Michaela heißen und mir trotzdem verbitten, das als weiblich einzuordnen. Sollte ich das tun, wird das aber trotzdem bei den meisten Menschen zu Irritationen führen. Menschen die Andrea heißen, wissen das, je nachdem, ob sie in Deutschand oder Italien unterwegs sind. Wobei die weibliche Verwendung des Namens ja "die Männliche" heißt, was schon in sich widersprüchlich ist.
Dass auch andere Kleidungsstücke geschlechtsneutral sein können, versteht sich von selbst.
Du sprichst von "Pädophilie". Davon rede ich nicht. Ich stelle LGBTQ nicht auf eine Stufe mit Pädophilen. Warum tust Du das? Möchtest Du sie alle tatsächlich gleichermaßen als pervers verurteilen?
Umbenennungen alleine reichen aber tatsächlich nicht. Wer Vorurteile hat, wird sie nicht durch ein neues Wort ablegen, sondern die auf das neue Wort übertragen. Eine neue geistige Ausrichtung braucht mehr als neue Wörter.
Mit der Beurteilung als eindimensional gebe ich Dir recht. Deswegen lehne ich die Zuspitzung des Wortes "transident" auf den geschlechtlichen Identitätswechsel auch ab. Wenn schon, sollte man immer verwenden, wenn Idetitätsmerkmale gewechselt werden, z.B. auch wenn ich die Staatsbürgerschaft oder die Religionszugehörigkeit wechsele oder den Familiennamen bei einer Heirat.
Du schreibst, dass ich "unbedingt etwas weiblich sein" will. Das habe ich so nicht geschrieben. Ich schrieb, dass ich mich auch mal etwas weiblich fühlen möchte, und zwar gemessen an Merkmalen, die wir dem Weiblichen kulturell zuordnen, also nicht unbedingt, sondern bedingt und zwar durch unsere kulturell geprägten Denk- und Sehgewohnheiten. Diese Seh- und Denkgewohnheiten willst Du abschaffen. Okay? Keine Geschlechtlichkeit mehr außer der biologischen, die aber bitte binär. Oder was meinst Du genau?
Hast Du Dir das Yin-Yang-Symbol mal angesehen?
LG, Micha