Hallo Birgit!
Daß es zu William Wallace's Zeiten noch keinen Kilt gab, sollte eigentlich inzwischen längst bekannt sein, aber die Bravehearts informieren sich eben nach wie vor nur an Filmen, ohne zu berücksichtigen, daß es Hollywood mehr oder weniger egal ist, ob die im Film gezeigte Kleidung historisch authentisch ist, oder nicht. Das trifft auch auf die völlig unsinnige Blau/Weiß Gesichtsbemalung zu, denn bemalt waren nur die Pikten und das war viele Jahrhunderte früher. Einen Kilt, wie ihn Gibson und Kampfgefährten tragen, hat es nie gegeben, der ist eine Hollywood -Schöpfung. Daß Celtic Croft.Com ihn trotzdem anbietet, ist mehr oder weniger nur Liebhaberei, weil es halt Braveheart Fans gibt, die unbedingt diesen Filmkilt haben wollen.
Als Fantasyfilm gefällt mir Bravehart auch sehr gut.
Die Sprüche sind nun mal göttlich trocken.
Allerdings ziehe ich nun mal eine scharfe Trennlinie zwischen Fantasy und historischer Wirklichkeit.
Und wenn man in Klamotte vor dem Publikum rumturnt.
Sei es nun als Lagernder oder Besucher.
Dann steht man in der Verantwortung das man ein geschichtlich korrektes Bild abgibt.
Schliesslich steht bei einer Mittelalterveranstaltung, Mittelalter drauf.
Und da sollte auch Mittelalter drin sein.
Ok, der Piper trägt zum modernen Kilt kniehohe Fellstiefel, das paßt nicht ganz, aber ich kenne einen, der zum Belted Plaid auch glattlederne, kniehohe Schaftstiefel trägt, wie es die Highlander ganz sicher nie taten, derjenige, den ich meine, weiß schon, daß ich ihn meine ;o).
Wenn er seinen Kilt als moderne Straßenkleidung tragen würde, hätte ich auch kein Problem mit seinen Stiefeln.(Ich ziehe ja auch je nach Lust und Laune entweder 20Loch Springer oder Ballerinas zum Kilt an.)
Hier ist nur wieder das Problem, wenn er das als mittelalterliche Kleidung tragen will.
Ob es seine Sackpfeife schon im Mittelalter gab, weiss ich nicht.
Bei Musikinstrumenten sind andere die Experten.
Ist einfach nicht meine Baustelle.
Wenn schon kniehoch, dann trugen die Highlander nur Cuarans, die waren aber aus ungegerbtem Leder und wurden mit vielen Zungen, ähnlich der Bundschuhe, geschnürt. Meistens trugen sie aber die Highland Brogues, das schottische Pendant zum Festland-Bundschuh. Nur hatten die Brogues keine Zungen, sondern das Leder wurde vorne bei den Zehen einfach nur mit dem Riemen in Falten zugezogen. Ab dem Rist lief der Riemen dann links und rechts durch aufgenähte Schlaufen, wurde hinten über der Ferse überkreuzt und dann vorne geschnürt.
Danke,
so hab ich das Schuhwerk auch in Erinnerung.
Nun zu der LARPer Gruppe. Die sind als Beispiel eher gar nicht geeignet, denn die Gruppe auf dem Bild macht nur LARP und da herrscht nunmal kein Authentizitätszwang, es sind ja Fantasy-Schotten.
Deswegen schrieb ich auch hin das ich mir das Foto von einer Larpveranstaltung ausgeliehen habe.
Auf Larp hab ich auch kein Problem damit.
Nur tauchte eine Gruppe so ähnlich Gewandeter auf Sandizell auf.
Und das war eindeutig ein Mittelalterfest.
Ich hatte nur zu Sandizell die Kamera zu Hause gelassen weil ich selber als Besucher ohne Lager unterwegs war.
Und meine Kiepe war mit Spinnzeugs, Wasser und Cuculle schon schwer genug.
Den fetten blauen Fleck der mir der besoffene Touri verpasst hatte, der mal wieder unbedingt in die Kiepe des "Kräuterweibleins" reinglotzen wollte, wird mir noch ein paar Tage erhalten bleiben.
Anstelle höflich zu fragen musste der mir beinahe das Kreuz brechen, weil der Schrumpfgermane mal wieder zu klein war um reingucken zu können.
Na gut, der Intelligenzallergiker wirds nach der Faltung wohl nie wieder machen.
Der Anpfiff hatte Schlafsacklänge.
Die Jungs tragen alle korrekt angelegte Belted Plaids und der Bursche im Vordergrund trägt weder einen Braveheart Kilt, noch Belted Plaid, auch keinen modernen Kilt, sondern den Early Kilt, der ab 1695 bezeugt ist. Falls jemand sich auf Thomas Rawlinson berufen will, weder er , noch sein Schneider waren die Erfinder des kleinen Kilt, den hatte der Schneider nur bei den Highlandern abgekupfert. Als Rawlinson nach Schottland kam, trugen die Highlander schon längst neben dem Belted Plaid auch den kleinen Kilt mit großem Schulterplaid. Daß das Arbeiten im Belted Plaid etwas unbequem ist, stellten die Bewohner der Highlands schon Jahrzehnte früher fest und trennten einfach den angenähten Oberteil des Belted Plaid wieder ab. Dann wurde dieser Teil nochmal halbiert und wieder an den Längsseiten zusammengenäht. So entstand ein Plaid, der wieder 1,5 m breit und immer noch ca 2,5 m lang war und so weiterhin auch als Decke verwendet werden konnte.
Der Early Kilt den du auf dem Bild siehst, kostete den Träger einen Bruchteil von dem, was man für MA Kleidung, oder irgendeinen Kilt ausgeben müßte. Um den Preis bekommst du im normalen Textilladen nichtmal das Material, denn das würde ungefähr das fünffache kosten ;o).
Kommt drauf an, ich rechne für eine einfach Grundklamotte des 13.jhds für Leinentunika(Unterhemd), Wollcotte knielang, Leinenbruche, Beinlinge etwa 100 Eus bei günstiger Einkaufsquelle.
Selber nähen muss man so oder so.
Gut, die Wendeschuhe schlagen noch einmal mit etwa 100Eus zu Buche.
Aber wenn ich daran denke, das die "Braveharthelden" alleine schon für das obligatorische Claymore etwa 200 bis 300 Eus ausgeben.
Dann ist der Grundstock alleine schon mit der Kohle fürs Schwert bezahlt.
Und gute Woll und Leinenstoffe in fürs Ma tauglicher Qualität kann man schon ab ungefähr 10 Eus der Meter bekommen.
Entweder man kauft bei einem Händler auf Veranstaltung oder man guckt einfach mal zum Winterschlussverkauf in nem Laden oder Werksverkauf rein.
Early Kilt oder Belted Plaid wären ja auch kein Problem.
Wenn es eine Veranstaltung ist die auch diese Zeiten zum Thema hat.
Ich kann ja auch nicht mit meiner 12.jhd Klamotte auf einer Römer und oder Keltenveranstaltung auflaufen.
Da bin ich genauso falsch egal wie korrekt meine Klamotte fürs 12.jhd ist.
Den Typ im Video sieht man ja leider nur ganz kurz, könnte aber entweder ein Braveheart Kilt, oder aber ein moderner sein, zu dem der Bursche diese übliche Pseudo Braveheartschärpe trägt.
Na gut, der Junge im Kuscheldeckchen-Kilt ist ja sowieso der totale Witz, das Bild kenne ich schon seit Jahren. An diesem Outfit ist ja absolut gar nichts authentisch *gg*.
Liebe Grüße,
George
Der trägt die Schärpe.
Ansonsten wäre der Stoffwulst an seinem Rücken im Übergang Gürtel zu Hemd dicker.
Für uns die wir unsere Darstellung und die Wissensvermittlung an das Publikum im Mittelalterbereich(500 bis 1500 nach Christus) ernst nehmen.
Ist es nun mal ein großes Problem das so viele Menschen entweder mit ner Filmklamotte oder ner Fantasyklamotte auftauchen.
Einfach weil das Publikum mangels Wissen, einfach nicht unterscheiden kann was nun Geschichte ist oder Fasching.
Und gerade viele von den Bravehartschotten sagen nicht ehrlich "Och mir hat der Film so gut gefallen.".
Sondern stellen sich hin und verkaufen das als historische Realität.
Ich mache ja auch eine Exotendarstellung.
Irland, niederer Adel, 12jhd ist ziemlich selten.
Nach meinem Kenntnisstand bin ich Deutschlandweit so ziemlich die Einzigste.
Gerade darum muss ich alles was ich erzähle, anziehe und tue, dreimal abklopfen das ich kein falsches Bild vermittele.
Einfach weil es für die Zuhörer wesentlich schwieriger ist, meine Aussagen nach zu prüfen.(Wenn ich mit Lager da bin, hab ich meine Kiste mit den wichtigsten Büchern zu meiner Darstellung dabei.)
Frag nicht, was ich mir schon den Mund fusselig geredet habe um dieses Gabaldon(schreibt historische Romane zu meiner Zeit und Gegend. An denen absolut nichts stimmt, aber heisse Sexszenen drin sind.) Bild und das Bild der Iren das durch Bravehart durch den "Quoteniren" in die Köpfe der Menschen transportiert worden ist.
Wieder auf die historische Realität zu bringen.
Und die war ehrlich gesagt schon spannend genug!
Schliesslich beginnt mit der Eroberung Irlands 1170 unter Richard de Clare, Earl of Pembroke, Lord of Strigoil
http://irlandlexikon.de/s/strongbows+invasion+1170/ die ganzen "Schwierigkeiten" zwischen Iren und Engländern.
Wenn jemand mit Belted Plaid und stimmiger Klamotte auf einer 16.jhd Veranstaltung auftaucht.
Kein Problem!
Wenn er sich dann auch noch prima mit seiner Zeit, der politischen und gesellschaftlichen Lage auskennt.
Klasse!
Dem höre ich gerne zu und lerne auch gerne von ihm!
Aber bitte nicht, auf einer Veranstaltung die eine andere Zeit behandelt.
LG