Autor Thema: Vor der Arbeit  (Gelesen 6755 mal)

Offline MasinAD

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Vor der Arbeit
« am: 21.04.2010 23:14 »
Der Titel ist räumlich, nicht zeitlich zu verstehen.

Ich hatte am gestrigen Mittwoch mal eine Pause eingelegt und das bisschen Frühlingssonne genossen, die gelegentlich zwischen den Wolken hervorbrach. Eine Kollegin telefonierte im Hinterhof, wo der Aufgang zu unserer Arbeit ist. Übrigens war sie die einzig wahrnehmbare Kollegin, die ebenso wie ich mit Rock da war. Mein Rock war ungefähr knielang, leicht A-förmig, fliederfarben. Dazu hatte ich eine violette Strumpfhose und schwarze Stiefel getragen.

Es muss zusätzlich erwähnt werden, dass an demselben Aufgang auch eine Kinderbetreuung liegt, für schulfplichtige Kinder, Alter ca. 8 bis 12 Jahre.

Ich stand also da, als ich leichte Schritte aus dem Treppenhaus vernahm. Ein kurzer Blick zur Seite aus den Augenwinkeln: kleines Mädchen, rosa Jacke, Bluejeans, Sneakers, ca.11 Jahre (ich bin sehr lausig, was das Schätzen des Alters von Kindern angeht). Als sie an mir vorbeiging schaute sie mich neugierig an, ging aber weiter. Nach vielleicht 5 Metern hielt sie jedoch inne und drehte sich um, musterte mich von oben bis unten. Ich lächelte sie an, sie musterte mich weiter. Ich stellte mich kurz auf ein Bein, breitete die Arme aus und streckte das andere Bein so seitlich nach unten weg. Sie musterte mich weiter ein paar Sekunden.

Dann fragte sie mich: "Bist Du ein Junge?"

Ich konnte nicht widerstehen, die Wortwahl zu bemerken: "Naja, einen Jungen würde ich mich nicht mehr nennen."

Fehler! Sie fragt: "Bist Du dann ein Mädchen?"

"Nein, ich bin eher ein Mann. Du hast mich doch als ein Mann erkannt, warum fragst Du also?"

"Na, Du trägst einen Rock."

"Ja und? Du trägst doch auch eine Hose! Bist Du deshalb ein Junge?"

"Nein, Mädchen tragen Röcke und Hosen. Jungen tragen nie Röcke!"

"Das stimmt so nicht! Schau mich an, ich trage einen Rock. Und ich bin ein ... Junge." (Ich wollte sie nicht ein zweites Mal mit der Unterscheidung zwischen Junge und Mann überfordern)

Sie schaute weiterhin recht verwirrt und unsicher, drehte sich dann weg und ging. Meine Kollegin hatte die ganze Zeit telefoniert, beendete aber auch kurz darauf das Telefonat.

Sie: "Kinder können manchmal so furchtbar ehrlich sein. Ich würde mich sowas nie trauen zu fragen."

"Naja, ist ja nichts dabei." Innerlich bedauerte ich schon, dass ich nicht eingeflochten hatte, dass solche Gespräche gerne öfter kommen könnten.

"Aber gut gekontert."

So gut fand ich meine Konter eigentlich nicht. Immerhin hatte ich es nur mit einer 11-Jährigen zu tun. Und sie wirkte am Ende vielleicht sprachlos, aber nicht überzeugt. Im Kopf ging ich kurz durch, wie oft ich solche Gespräche schon in meiner Phantasie durchgespielt hatte, lächelte dann aber nur und sagte: "Es ist ja auch nicht das erste Kind hier, dass total aus der Bahn geschmissen wird. Hatte ich ja schon mal."

"Echt?! Das lässt tief blicken, wie weltoffen die Elternhäuser so sind."

"Tja, so ist es eben. Frohes Schaffen dann noch." Sie musste 2 Stockwerke höher als ich, unsere Wege trennten sich.

Moral von der Geschicht? Keine. Ich wollte das einfach mal mitgeteilt haben.

LG
Masin

Offline GregorM

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #1 am: 22.04.2010 08:06 »
Hallo Masin,

vielen Dank für deinen schönen Bericht. Am Ende schreibst du, es gebe keine Moral der Geschichte. Da bin ich nicht mit dir einig. Ich finde, davon können wir bestimmt etwas lernen.

Wir haben bei uns eine Redensart, die sagt, von Kindern und Betrunkenen wird man die Wahrheit hören. (Vielleicht gibt es auf Deutsch eine ähnliche?). Sie verstellen sich nicht, sie sagen, was sie momentan denken, und das kann uns allen von Vorteil sein.

Die Wahrheit dieses Mädchens ist, dass sie vermutlich nie bevor einen Mann im Rock gesehen hat, und das Bild auf der Netzhaut eines Mannes so gekleidet führt dazu, dass sie dich fragt:
 
"Bist du ein Junge?"

Glaube nicht, ich werde jetzt sagen, du solltest mit dem Rocktragen aufhören. Im keinen Fall. Ich werde aber auf DAS Argument eingehen, das viele Männer im Rock verwendet und du auch:

„Du trägst doch auch eine Hose! Bist Du deshalb ein Junge?“

Und dann ihre Antwort:

"Nein, Mädchen tragen Röcke und Hosen. Jungen tragen nie Röcke!"

Das ist die logische Entgegnung eines 11-jährigen Mädchens, wie übrigens auch wäre die von einer 60-jährigen Frau wie auch Mannes. Denn man muss einfach älter sein, um richtig zu wissen und verstehen, dass mal (in ferner Vorzeit) die Hose Monopol der Männer war.

Dieses Argument macht ihr und ihnen einfach keinen Sinn. Deshalb sollten wir, meiner Meinung nach, lieber Ausgangspunkt in der heutigen Situation nehmen:

„Bist du ein Junge?“

„Ja, oder Mann, sollten wir vielleicht sagen. Aber warum fragst du?“

"Na, du trägst einen Rock."

„Du trägst eine Hose. Du kannst aber auch einen Rock tragen, wenn du dazu Lust hast, nicht wahr?
Wäre es nicht logisch, dass für Männer und Jungen das gleiche Recht gelte, also dass sie auch mal Röcke tragen könnten, wenn sie das wollten?

Das allerdings wäre mein Vorschlag.

Gruß
Gregor
Gruß
Gregor

Offline spider

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #2 am: 22.04.2010 08:32 »
Guten Morgen
Hallo Masi und Gregor

Vielen Dank für diese beiden Berichte
Zuerst als ich Masins Bericht las, freute ich mich sehr über die Reaktionen der beiden Beteiligten.
Aber nach Gregors Bemerkungen entdeckte auch ich die Probleme der "Zeit*. Es ist eben auch ein Generationsproblem.
Die Jüngeren können gewisse Zusammenhänge aus früheren Zeiten gar nicht wissen und reagieren deshalb nicht nach unserem Muster und Denken.
Auch ich will mir den Ausspruch: Du trägst ja auch Hosen !! verbieten !!
Das ist eine Antwort die Gregor treffender nicht machen konnte uns aber weiterhelfen kann.
Wünsche allen einen schönen Frühlingstag
spider


Hans

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #3 am: 22.04.2010 13:10 »
Hallo,

"die früheren Zeiten" wo auch Männer Röcke, Kleider oder ähnliche Gebilde trugen interessiert ohnehin niemanden.
Es ist also kein Generationenproblem.
Wir müssen langsam mit anderen Argrumenten komen und nicht immer wieder alte Zöpfe ansprechen.
Ich fühle mich als Mann wohl im Rock, wir gefällt er, er ist bequem usw. und darum trage ich Rock.
Diese Begründung ist doch viel ehrlicher.
Oder, ich möchte auch einmal meine weibliche Seite leben, ihr Ausdruck verleihen o. ä., auch das ist viel ehrlicher.

Wünsche Euch, dass das Wetter bei Euch frühlingshafter ist.
6° und dicke Wolken ist bei mir noch kein Frühling.

Gruß Hans



Offline MartinN

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #4 am: 22.04.2010 13:45 »

ich finde - eines Konters hat es in dieser Situation gar nicht bedurft. Das Mädchen (das ich nach der Schilderung ihrer Wortwahl auf etwas weniger als elf schätzen würde - meine Lütte ist auch elf und belästigt mich bereits mit Fragen nach der Unendlichkeit/Grenzenlosigkeit des Universums  ::) ) wollte im Grunde ja nur Information ...

Alle Menschen und Kinder besonders (und das finde ich eine faszinierende Eigenschaft) müssen sich ihre Realität durch Beobachtung erst konstruieren. Und dass Männer keine Röcke tragen, ist eine (in unserer Kultur) leicht feststellbare Tatsache. In sofern ist doch genau das passiert, was wir hier immer fordern: Den Menschen vor Augen führen, dass Männer sehr Wohl auch Röcke tragen können. Für dieses Mädchen ist ein Rock tragender Mann jetzt Realität - und das würde ich doch glatt als Erfolg verbuchen! :)

Und von wegen: "Kinder können manchmal so furchtbar ehrlich sein." Recht so! Wer einen Rock trägt, kann sich doch glücklich schätzen, wenn sich jemand für seine Motive interessiert und nicht einfach einen blöden Spruch ablässt.

Na ja - viel Spaß noch,

Martin

(dessen Frau gerade wieder eine 'Rock-am-Mann-ist-Scheisse' Phase hat)

P.S.: Interessante Farbkombi haste da getragen, schade, dass du so ein Fotomuffel bist (wobei ich das gerade sagen muss ::) )

Offline MasinAD

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #5 am: 22.04.2010 20:10 »
Hallo Hans!

"die früheren Zeiten" wo auch Männer Röcke, Kleider oder ähnliche Gebilde trugen interessiert ohnehin niemanden.
Es ist also kein Generationenproblem.
Wir müssen langsam mit anderen Argrumenten komen und nicht immer wieder alte Zöpfe ansprechen.

Für mich ist der Hintergrund dabei, dass es nicht immer so wie heute war und auch nicht immer so sein muss. Mode bedeutet Wandel. Und eben dieser Wandel wird mit diesem Verweis betont.

Dinge ändern sich dadurch, dass einer mal anfängt, etwas anders zu machen. Andere machen mit, weil es ihnen gefällt oder es sie überzeugt. Dieses Argument greift diesen Mechanismus auf und soll dazu dienen, das statische Denken zu überwinden, den Gedanken, dass die ganze modische Menschheitsgeschichte ein Irrtum war, der heute korrigiert sei, dass wir am Ende einer Irrfahrt angekommen seien. Ich gebe aber gerne zu, dass wohl viele Menschen kaum in der Lage sind, diesen Schluss daraus zu ziehen.

Ich fühle mich als Mann wohl im Rock, wir gefällt er, er ist bequem usw. und darum trage ich Rock.
Diese Begründung ist doch viel ehrlicher.

Ich fühle mich wohl im Rock, ja. Als Mann? Unbedeutend, zumindest für mich. Die Betonung liegt für mich auf dem 'ich'. Das ist das einzige, was zählt. Und für jeden zählen sollte. Ich will nicht Frau sein, ich will auch nicht Mann sein, es hat keine Bedeutung, ich will ich selbst sein. Dabei ist vernachlässigbar, was das beinhaltet. Jeder Mensch sollte erstmal er selbst sein und als solcher akzeptiert werden.

Oder, ich möchte auch einmal meine weibliche Seite leben, ihr Ausdruck verleihen o. ä., auch das ist viel ehrlicher.

Wie ich oben schrieb: Mann oder Frau, 'männlich' oder 'weiblich', das ist ohne Belang. Hart ausgedrückt: An mir kann keine 'weibliche' Seite sein, ich bin männlichen Geschlechts, ich bin ich. Wenn ich Merkmale aufweise, die andere nur von Frauen gewohnt sind, dann irren sie, denn auch ein Mann kann solche Merkmale besitzen. Die Welt ist nicht flach, nur weil wir sie nicht tagtäglich als Kugel wahrnehmen. Und ein Merkmal ist nicht 'weiblich', nur weil wir es nicht tagtäglich auch bei Männern wahrnehmen. Es mag esoterisch klingen, aber es ist sehr real.

LG
Masin

Offline MasinAD

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #6 am: 22.04.2010 20:17 »
vielen Dank für deinen schönen Bericht. Am Ende schreibst du, es gebe keine Moral der Geschichte. Da bin ich nicht mit dir einig. Ich finde, davon können wir bestimmt etwas lernen.

Wir haben bei uns eine Redensart, die sagt, von Kindern und Betrunkenen wird man die Wahrheit hören. (Vielleicht gibt es auf Deutsch eine ähnliche?). Sie verstellen sich nicht, sie sagen, was sie momentan denken, und das kann uns allen von Vorteil sein.

Nun, zumindest gab es keine Pointe. Es war nur eine Episode, mehr nicht. Und es hat mir gezeigt, dass meine Erwiderungen nicht verfingen. Das ist beileibe keine Katastrophe. Es zeigt mir nur, dass da noch was verbesserungsfähig ist.

Glaube nicht, ich werde jetzt sagen, du solltest mit dem Rocktragen aufhören. Im keinen Fall. Ich werde aber auf DAS Argument eingehen, das viele Männer im Rock verwendet und du auch:

„Du trägst doch auch eine Hose! Bist Du deshalb ein Junge?“

Und dann ihre Antwort:

"Nein, Mädchen tragen Röcke und Hosen. Jungen tragen nie Röcke!"

Nein, ich werde damit nicht aufhören, keine Sorge :-). Ich fand mein Outfit auch nicht sonderlich 'weiblich', aber das ist auch meine Gewöhnung an mich selbst. Und das meine Erwiderung nicht griff, habe ich dann auch bemerkt.

Dieses Argument macht ihr und ihnen einfach keinen Sinn. Deshalb sollten wir, meiner Meinung nach, lieber Ausgangspunkt in der heutigen Situation nehmen:

„Bist du ein Junge?“

„Ja, oder Mann, sollten wir vielleicht sagen. Aber warum fragst du?“

"Na, du trägst einen Rock."

„Du trägst eine Hose. Du kannst aber auch einen Rock tragen, wenn du dazu Lust hast, nicht wahr?
Wäre es nicht logisch, dass für Männer und Jungen das gleiche Recht gelte, also dass sie auch mal Röcke tragen könnten, wenn sie das wollten?

Das klingt nach einem gangbaren Weg. Auch wenn mir dieses Argument nicht neu ist, so habe ich das doch noch nicht in meinen aktiven Argumentationsschatz übernommen. Tatsächlich nutze ich es nur für mich selbst: Wenn ich Lust auf etwas habe, warum sollte ich es nicht machen können, wenn es niemanden schadet?

Ich verbuche das als Erfahrung und werde hoffentlich beim nächsten Mal etwas draus gelernt haben.

LG
Masin

Offline MasinAD

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #7 am: 22.04.2010 20:25 »
Hallo MartinN!

P.S.: Interessante Farbkombi haste da getragen, schade, dass du so ein Fotomuffel bist (wobei ich das gerade sagen muss ::) )

Ich habe vor einem Jahr mal von einer Freundin, einer ausgebildeten Modedesignerin und Farbberaterin, eine Farbberatung bekommen. Da waren diese Farben ganz vorne mit dabei. So photomuffelig bin ich gar nicht, ich habe nur sehr hohe Ansprüche an meine Bilder und in der Wohnung schlechte Lichtverhältnisse. Sobald aber die Sonne mehr rauskommt, mache ich mal eine kleine Photosession auf der Terrasse. Mittlerweile haben wir auch ein bisschen was besseres als die Handyknipsen im Haushalt: eine Panasonic Lumix DMC-TZ6. Keine Spiegelreflex -- ist mir zuviel Stress beim Ausreizen und ohne sie auszureizen brauch ich auch keine Spiegelreflex.

Also, der Wille ist da, jetzt muss ich nur noch mein Weib* dazu kriegen, auch mal Photos zu machen :-D. Das wird eine Freude werden, wo sie doch jeden Tag dankbar ist, wo ich keinen Rock trage ;-).

LG
Masin

* Ja, ich nenne sie auch in ihrer und anderer Leute Gegenwart gerne liebevoll 'mein Weib'. Das ist nicht abwertend zu verstehen.

Offline Peterjo

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Re: Vor der Arbeit
« Antwort #8 am: 22.04.2010 23:27 »

.....Es ist eben auch ein Generationsproblem.
Die Jüngeren können gewisse Zusammenhänge aus früheren Zeiten gar nicht wissen und reagieren deshalb nicht nach unserem Muster und Denken.
Auch ich will mir den Ausspruch: Du trägst ja auch Hosen !! verbieten !!
spider

Jüngere Frauen können sich heute garnicht mehr vorstellen, wie es früher einmal war. Dass Frauen in Hosen so selten zu sehen waren wie heute Männer in Röcken.  Und so frage ich manchmal :  - je nach Alter meines Gegenüber -

"Ich mache das, was deine/ihre Großmutter oder Mutter in jungen mal gewagt haben. Die haben sich getraut mal in Hosen sehen zu lassen.   - Ich mache heute dasselbe und trage einen Rock.  weil mir ein Rock gut gefällt. Er ist bequem usw."

Manchmal noch: "Deine Mutter ist dadurch nicht zum Mann geworden und ich bin  immer noch ein Mann".

Gruß

Peterjo

Offline MasinAD

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Heute hat's mir die Sprache verschlagen
« Antwort #9 am: 26.04.2010 17:18 »
Heute hat's mir die Sprache verschlagen. Ich trage heute einen altrosafarbenen Rock. Sieht ein wenig wie ein helles Aubergine aus. Dazu dann braune Stiefel im Reiterlook (und hautfarbene Strumpfhose). Da kamen die ganzen Kinder rausgestürmt und sammelten sich vor der Tür. Einer der Jungens, wohl türkischer Abstammung, schaut mich an und fragt mich: "Ist das nicht eine Frauenhose?"

Sprache weg! Kinnlade runtergeklappt!

Gegrübelt.

Kann das möglich sein? Dass bildungsferne Jungen Beinkleider generell als Hosen sehen und sie nach 'Frau' und 'Mann' bezeichnen? Rock als Frauenhose, Hose als Männerhose? Oder ein generelles sprachliches Defizit unserer Mitbürger mit Migrationshintergrund? Vorstellbar ist beides. Aber eigentlich ist diese Wortschöpfung bewundernswert kreativ. In einer einfachen Welt, wo Männer nur Hosen und Frauen nur Röcke tragen, wäre das auch eine vollkommen verständliche Bezeichnung. Dabei würde Hose wirklich nur synonym zu Beinkleid benutzt werden.

"Unter Experten nennt man das einen 'Rock'."

"Und sind das nicht Frauenschuhe?"

Damit sollte man schon rechnen. Aber eine vernünftige Antwort wollte mir nicht mehr einfallen. Ich war einfach zu perplex.

Dann kam auch schon der Betreuer und hat die Kinder mitgenommen. Zwei Kolleginnen haben das mitbekommen. Bezeichnenderweise ließ eine mal durchblicken, wie ihre Gedanken zum Thema Rock am Mann sind: "Ja, Kinder sprechen sowas direkt aus. Und wenn Kinder sowas sagen, kann man davon ausgehen, dass alle anderen auch so denken." Kein Widerspruch, also stimmt sie dem Kleinen wohl zu. Denn immerhin hat sie gerade eine allgemeingültige Position impliziert, von der sie nicht Abstand genommen hat.

Letztes Jahr hat mich vor der Tür ein Mädel gefragt, ob ich eine Frau sein wolle. Ob sie ein Junge sein wolle, ließ sie nicht gelten. Warum auch? ;-)

Hach, Kinder können so ... überraschend sein. :-D

LG
Masin

Offline Ce_Jäger

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Re: Heute hat's mir die Sprache verschlagen
« Antwort #10 am: 27.04.2010 17:06 »
Heute hat's mir die Sprache verschlagen. Ich trage heute einen altrosafarbenen Rock. Sieht ein wenig wie ein helles Aubergine aus. Dazu dann braune Stiefel im Reiterlook (und hautfarbene Strumpfhose). Da kamen die ganzen Kinder rausgestürmt und sammelten sich vor der Tür. Einer der Jungens, wohl türkischer Abstammung, schaut mich an und fragt mich: "Ist das nicht eine Frauenhose?"

Sprache weg! Kinnlade runtergeklappt!

Gegrübelt.

Kann das möglich sein? Dass bildungsferne Jungen Beinkleider generell als Hosen sehen und sie nach 'Frau' und 'Mann' bezeichnen? Rock als Frauenhose, Hose als Männerhose? Oder ein generelles sprachliches Defizit unserer Mitbürger mit Migrationshintergrund? Vorstellbar ist beides. Aber eigentlich ist diese Wortschöpfung bewundernswert kreativ. In einer einfachen Welt, wo Männer nur Hosen und Frauen nur Röcke tragen, wäre das auch eine vollkommen verständliche Bezeichnung. Dabei würde Hose wirklich nur synonym zu Beinkleid benutzt werden.

"Unter Experten nennt man das einen 'Rock'."

"Und sind das nicht Frauenschuhe?"

[...]
Kinder fragen, Erwachsene urteilen. Ist doch eigentlich völlig normal, wenn man etwas neues sieht, sich erstmal darüber informiert wenn es interessant ist.
Und interessant ist ein Mann im Rock immernoch :)
Es ist einfach diese "Rock ist Frauenkleidung" (und frauenkleidung ist nichts für mann...) Meinung, welche nur sehr langsam zu durchbrechen ist.
Da bist Du auf dem richtigen Weg, und es ist schön solche Berichte zu lesen.
Irgendwann wird es sich schon rumgesprochen haben, dass Mann auch Rock tragen kann. Und dann haben Kinder auch andere Fragen.

gruß
Ce.
...ob Hose oder Rock - was sollte es denn für einen Unterschied für mich machen?


 

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