Autor Thema: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel  (Gelesen 51641 mal)

Offline Jo 7353

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #75 am: 01.02.2014 22:04 »
Interessant fand ich z.b. Die Sache dass sein Hormonspiegel auch ohne Behandlung sank...
Ich denke da an die nicht zu unterschätzende Wirkung von Plazebos, nach dem Motto: Ich trage Rock, also bin ich weiblich also muß ich weiblich fühlen, und der Körper stellt sich darauf ein.

Seine Geschichte fing ja angeblich mit der Überlegung an: "Warum schäme ich mich als Mann, wenn ich Feinstrumpfhosen tragen möchte?". 
Hat jemand schon Antworten dazu von ihm gefunden?

Im Film beschreibt er sich selbst im Nachhinein als "Karrikatur seiner Traumfrau", er sieht das wahrscheinlich selbst als Übertreibung.
Ich sehe keinen Grund, das, bezüglich seines Frau „Seins“, zu bezweifeln. Schade finde ich, daß er vom Tragen frauentypischer Kleidung auf das Frau-sein -Thema gewechselt ist.

ich glaube nicht, daß man "Mann-Frau" so schwarz-weiß sehen kann. Mein Verständnis davon ist eher eine Linie, mit einem Ende 100% Frau, am anderen 100% Mann, und die meisten bewegen sich irgendwo dazwischen.

Und Kleidung ist einer von vielen Faktoren, die dich darauf hin- und herschieben...
Ich sehe die Kleidung nicht als Faktor bezüglich des geschlechtlichen Seins. Geschlechtlichkeit bei Kleidung ergibt sich nach meiner Sicht aus zwei Faktoren. Der erste ist der auf geschlechtsabhängige Körperformen angepaßten Schnitt. Der zweite ist die Gewohnheit bestimmte Kleidung bei nur einem Geschlecht zu sehen. Der Einfluß geht also von der Geschlechtlichkeit der Menschen auf die Kleidung, aber nicht umgekehrt, wenn man von Placeboeffekten absieht. Eine Modehistorikerin hat mal festgestellt, daß die Kleidung junger Frauen von heute der Kleidung adeliger Männer von der Zeit vor der französischen Revolution entspricht.
Kleidung ist nicht das einzige Thema, wo die Geschlechtsansichten unserer Gesellschaft sehr willkürlich ist. Ich denke z.B. an Tanzen, um ein politisch harmloses Beispiel zu nennen.

Aber z.B. seine Erfahrung, daß Freunde und Bekannte ihn selbst für sein Experiment lobten und das gut fanden, sich aber danach von ihm abwandten, lässt tief blicken.
Bei Feministen weiß ich eine einfache Erklärung für solches Verhalten. Zunächst fällt der Rollentausch in den Blick, und den finden sie als Ergänzung zu den Frauenforderungen gut. Wenn er aber nicht mit Überforderung und Leiden unter der weiblichen Rolle reagiert, ist das verdächtig. Da das feministische Männerbild in jedem Mann einen potentiell sexuellen Perversen sieht, haben sie eine Erklärung, aber mit solch Typen wollen sie nichts zu tun haben.

Gruß,
Jo
Der Rock ist kein Geschlechtsmerkmal.

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #76 am: 01.02.2014 22:26 »
Zitat von Jo:
Zitat
Ich sehe die Kleidung nicht als Faktor bezüglich des geschlechtlichen Seins. Geschlechtlichkeit bei Kleidung ergibt sich nach meiner Sicht aus zwei Faktoren. Der erste ist der auf geschlechtsabhängige Körperformen angepaßten Schnitt. Der zweite ist die Gewohnheit bestimmte Kleidung bei nur einem Geschlecht zu sehen. Der Einfluß geht also von der Geschlechtlichkeit der Menschen auf die Kleidung, aber nicht umgekehrt, wenn man von Placeboeffekten absieht. Eine Modehistorikerin hat mal festgestellt, daß die Kleidung junger Frauen von heute der Kleidung adeliger Männer von der Zeit vor der französischen Revolution entspricht.
Kleidung ist nicht das einzige Thema, wo die Geschlechtsansichten unserer Gesellschaft sehr willkürlich ist. Ich denke z.B. an Tanzen, um ein politisch harmloses Beispiel zu nennen.

Jo, da gebe ich Dir einerseits Recht. Andererseits ist es einem Menschen während seiner Primärsozialisation ziemlich egal, ob vor 200 Jahren die heutige Frauenkleidung mal von Männern getragen wurde. Historisches Wissen hat weniger Einfluss auf die Gefühle als das, was man täglich um sich herum sieht. Wäre es anders, hätten wir es leichter mit unseren Röcken.
Es ist nicht willkürlich, denn gegen die Primärsozialisation anzugehen erfordert entweder ein großes Leiden unter ihr (wie wohl bei den meisten von uns vorhanden) oder eine sehr große Souveränität. Für die meisten Menschen ist das, was sie als Kinder gelernt haben keine Angelegenheit der Willkür, sondern eine Selbstversändlichkeit wie die Muttersprache. Oder empfindest Du es als Deine Willkür, Deutsch und nicht z.B. Chinesisch zu sprechen?

LG,
Michael
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androgyn

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #77 am: 01.02.2014 23:25 »
@ Jo

Er wollte nicht Frauenkleider anziehen, um zu wissen, wie es sich anfühlt, sonern wollte wissen wie sich Frauen fühlen und von ihrer Umwelt wahrgenommen werden. Da reichen nicht ein paar kurze Fummel und hohe Schuhe.
Mit der französischen Revolution gebe ich dir vollkommen Recht. Es ist ein Trauerspiel. Demnach entspricht die heutige Kleidung für Männer eher dem armen Bauern?!

@Mas,
was für eine Begründung hat denn deine Schwester gegen Röcke an dir zu sein? Hast du ihr mal gesagt, dass es nicht selbstverständlich war, Hosen zu tragen oder Männerberufe auszuüben (wenn sie möchte).
Ich habe die Vermutung, Modemacherinnen sind von sich ausgegangen, dass die Hose zum Mann passt. Nach dem Motto, wenn sie mir passt und ich so viel Luft unten habe, passt es auch am Mann. Das wir noch was überflüssiges mit uns rum schleppen scheinen sie zu vergessen und können es sich auch nicht vorstellen, wenn es klemmt und schwitzt an heißen Tagen.
Aber es scheint wieder an dieser dummen Revolution zu liegen. (Und Frankreich soll ein Modeland sein, bei so viel Konservativismus gleich nach Italien?) Wo vorher lange Zeit, lange Hosen und überhaupt Hosen an Männern verpönt waren, durfte der Mann bald kein Bein mehr zeigen. Es stand für Prunk und Aristokratie.

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #78 am: 02.02.2014 00:36 »
Lieber Rock aktiv,

was habe ich nicht schon alles mit meiner Schwester diskutiert! Aber Ihr Ideal sind Buisnessmänner, und ihr Schreckesszenario ist ein Bewerbungssgespräch, bei dem ich im Rock vorstellig werde. Dass ich jetzt trotz (oder wegen?) Rock eine Stelle habe und sogar im Rock meinen Dienst verrichte bringt sie nur zu der Bemerkung, sie habe noch andere Sorgen (die ich hier aber nicht ausbreiten werde).

LG,
Michael

PS: Ich halte "Rock aktiv" für einen schlecht handhabbaren Namen. Versuch es mal mit "aktiver Rocker" oder so. Das klingt m.E. mehr nach Mensch und nicht nach einem Reinigungsmittel.  ;)
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Offline GregorM

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #79 am: 02.02.2014 07:13 »
Aber es scheint wieder an dieser dummen Revolution zu liegen. (Und Frankreich soll ein Modeland sein, bei so viel Konservativismus gleich nach Italien?) Wo vorher lange Zeit, lange Hosen und überhaupt Hosen an Männern verpönt waren, durfte der Mann bald kein Bein mehr zeigen. Es stand für Prunk und Aristokratie.

Die Französische Revolution wird oft hervorgehoben, wenn es darum geht, eine Erklärung für unsere obligatorischen Hosen und die Langweilichkeit der männliche Mode zu finden. Aber relevant?

Was richtig ist, ist dass es Männer gab, die sich mit unpraktischen Perücken, farbstrahlender Kleidung und Schuhen mit Absätzen hervorführten. Der Grund: Sie brauchten nicht zu arbeiten. Warum dann praktische Bekleidung?
Nur gehörten dieser Männer einer absoluten Minderzahl. Obwohl sie uns heute eher feminin vorkamen, waren sie doch in keiner Weise wie ihre Frauen gekleidet. Die Frauen gingen in bodenlangen Kleidern, sie selbst in Strumpfhosenähnlichen Hosen und darüber lange Jacken, doch keine Röcke.

Ganz gewöhnliche Männer gingen in einfachen, farblosen und vermutlich ungewaschenen und stinkenden Pantalons herum. Auch ihre Frauen sahen nicht aus, wie die feinen, die später zusammen mit ihren Männern den Kopf verloren.

Wie wahrscheinlich ist es, WIR hätten dieser Elite gehört, wären die gesellschaftlichen Strukturen unverändert geblieben?
Und wäre es überhaupt wünschenswert gewesen?
    
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Gregor
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Offline GregorM

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #80 am: 02.02.2014 07:38 »
Mich wundert zunehmend diese unendliche Diskussion über ein Experiment, wo ein Mann versucht, eine Frau darzustellen, um angeblich zu erleben, wie es wäre, Frau zu sein. Vor ein Paar Jahren verkleidete sich ein Journalist (oder war es eine Journalistin?) um zu beschreiben, wie es wäre, eine muslimische Frau in der westlichen Kultur zu sein.
 
Haben es Frauen schwerer oder leichter als Männer? Gleichberechtigung? Werden muslimische Frauen in unserer Gesellschaft schlecht behandelt? Diskrimination?

In anderen Zusammenhängen zweifelslos interessant. Aber was hat unseren Wunsch, in Röcken gehen zu dürfen, mit einer eventuell noch fehlenden oder zu weit gegangenen Gleichberechtigung zu tun?

Wir wollen doch nicht Frauen sein. Wir wollen uns nicht wie Frauen fühlen oder wie Frauen aussehen. Wir wollen doch Männer bleiben, und für Männer gehalten werden, nur gerne mal im Rock etc. gehen.

Oder habe ich hier etwas Wesentliches total übersehen?  
 
Gruß
Gregor
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Gregor

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #81 am: 02.02.2014 09:59 »
Gregor fragt:
Zitat
Aber was hat unseren Wunsch, in Röcken gehen zu dürfen, mit einer eventuell noch fehlenden oder zu weit gegangenen Gleichberechtigung zu tun?


Lieber Gregor,

ich meine, das hat alles oder zumindest sehr viel damit zu tun.

Vor einem halben Jahrhundert und zum Teil noch vor 14 Jahren kämpften Frauen um die Gleichberechtigung in Sachen Hosentragen, teilweise sogar juristisch. Es gibt Gesellschaften, in denen Frauen in Hosen immer noch schräg angesehen werden.

Wenn auch weniger juristisch, aber kulturell kämpfen wir um Gleichberechtigung in Sachen Rocktragen. Oder wie ich es gerne ausdrücke: Ich kämpfe dafür, dass für uns Männer die Wahlfreiheit zwischen Hosen und Röcken gleichermaßen normal, toleriert und respektiert wird wie bei den Frauen.

Was, so frage ich zurück, hat das NICHT mit Gleichberechtigung zu tun?

LG, Michael
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Offline DesigualHarry

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #82 am: 02.02.2014 10:16 »
Hallo!

Es macht aber auch keinen Sinn, wenn man die Erlaubnis von der Gesellschaft bekommt als Mann Rock tragen zu dürfen, wenn man sich dann nicht traut...

Ich denke mal es macht wesentlich mehr Sinn dass Männer einfach damit anfangen, dann wird sich das mit der Gleichberechtigung auch von alleine klären. Ich mag einfach nicht für mein Rocktragen kämpfen zu müssen, denn so antwortet mir die Gegenseite, frei nach Aug um Aug, eben auch mit kämpfen... Es einfach auf eine Friedliche und Gelassene Art zu machen bringt uns wesentlich mehr. :)

Abseits davon finde ich eigentlich eine Vermischung von femininen und maskulinen Anteilen sowohl bei Frauen als auch bei Männern sehr viel Interessanter, als das nur Frau und nur Mann sein.


Offline BerlinerKerl

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #83 am: 02.02.2014 10:36 »
@ MAS
@ DesigualHarry

Wie willst du dafür kämpfen??

Mit Männer, die sich nur trauen, wenn sie in den eigenen 4 Wänden sich befinden und
nach Jahren immer noch mit der eigenen Ehefrau probleme haben?

Oder mit Männer, die nur in der Dunkelheit ihren Rock tragen, weil man sie womöglich
noch erkennen könnte??

Lese dir doch mal die Threads durch, wo Männer gerne einen Rock tragen würden und sich
nicht trauen, weil die Ehefrau sich sonst scheiden lassen würde. Wo ist das Problem seinen
Mann zu stehen? Sind es nicht die Frauen, die darauf stehen, wenn Mann sich durch setzt?

Ich habe vor jahrzehnten damit angefangen. Drei mal habe ich es erwähnt, so rein zufällig.
Wollte doch mal testen, wie die weibliche Fraktion darauf reagiert.
Ja, sie hat reagiert, wie "So gehe ich mit dir nicht raus, oder Wenn du so etwas trägst, dann
bitte nur in der Wohnung."
Mein Antwort: "Dann gehe ich alleine ins Restaurant oder ins Kino". Hat sie sich scheiden lassen?
Nein! Sie ist mit mir 25 Jahre verheiratet und ich zeige ihr immer wieder, was ein Mann ein Mann
werden lässt.
Heute weis ich, warum die Frauen so reagieren! Sie haben Angst. Angst, dass der Mann zur Frau
motiert. Rock ist bei ihr kein Problem. Strumpfhose auch nicht. Aber, warum soll der Mann Damenschuhe
tragen? Mieder oder BH? Warum soll er sich schminken, nur weil er ein Rock tragen möchte? Ebenfalls
ist eine Bluse schon für die Frau zuviel des Guten.


Ich glaube man man muss immer bei sich selbst anfangen.
Step by Step

An die Herren, die nach jahrzehnten immer noch ihre Probleme haben.
Stellt euch doch mal die Frage, "Was ist eine Partnerschaft und was eine Ehe?"
Sklaverei, oder Gleichberechtigung??

Ingo
Ich emanzipiere mich, wer kommt mit?

Offline BerlinerKerl

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #84 am: 02.02.2014 10:39 »
@ Gregor

Das war in der Schweiz.

Die Frau hatte sich eine Vollverschleierung besorgt und hatte
erleben müssen, wie die Schweizer rassistisch wurden.

Ingo
Ich emanzipiere mich, wer kommt mit?

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #85 am: 02.02.2014 11:24 »
Hallo zusammen!

Ich hatte eben eine viertel Stunde an einem Text geschrieben, aber er ist nicht erschienen.

Also nochmal:

Vielleicht ist "kämpfen" nicht das geeigneteste Wort. Aber, Ingo und Harry, Ihr schreibt beide von dem Mut, den man braucht, um als Mann öffentlich Rock zu tragen. Und Ingo, Du schreibst von der Angst, die Frauen haben, wenn ihre Männer Rock tragen wollen.

Das meine ich eben: Gegen diese Angst anzukäpfen, sie zu überwinden, das ist der Kampf, den ich meine.

Auch nach 14 Jahren des öffentlichen Rocktragens gibt es immer wieder mal Situationen, in denen ich gespannt bin, wie bestimmte andere Menschen reagieren. Letzte Woche war ich erstmals in Rock, Leggins und Stiefeln in der Uni. Da ich dort aber eh im Rock bekannt bin und immer nur positive Reaktionen erfuhr, brauchte ich nicht viel Mut dazu. Aber wie würde meine Privatzimmervermeiterin reagieren, die mich nur in Hosen kannte? Sie reagierte gar nicht, sondern sprach mit mir wie immer. Aber am nächsten Tag rief sie mich in der Uni an und bat mich, mir eine neue Unterkunft zu suchen. Sie begründete das mit einem Gefühl der Enge, bei gemeinsamer Badezimmernutzung usw. Aber ich habe das Gefühl, und meine Frau ist sich sogar ziemlich sicher, dass sie Probleme mit der Vorstellung eines rocktragenden Zimmermieters hat.

Frauen brauchen heute keinen Mut mehr, wenn sie in Hosen ausgehen. Sie brauchen ihn, wenn ihr Mann im Rock raus will. Meine hat ihn bzw. überwindet immer wieder aufs neue ihre Angst vor komischen Blicken. Da ist sie sehr vorbildlich!  :)

Der Kampf, den ich meine, ist aber erst dann vorbei, wenn wir diesen Mut nicht mehr brauchen.

Umd das zu erreichen, tue ich so, als sei mein Rocktragen das normalste der Welt, so normal und selbstverständlich wie das Hosentragen der Frauen. Und meistens ist es für mich auch genau so normal. Und auch die Kombination mit Leggins und Stiefeln und Pferdeschwanz am Kopf, bei der jedes einzelne Merkmal öfter bei Frauen als bei Männern zu sehen ist, bringe ich so normal wie möglich rüber. Und ich habe damit auch gute Erfahrungen gemacht. Aber ich weiß auch, dass es für viele Zeitgenossen nicht normal ist.

Wenn es für die Mehrheit der Menschen normal ist, das Männer sich genau so vielfältig kleiden wie die Frauen, und auch mit den Männlich-Weiblich-Klischees spielen können, dann ist der Kampf siegreich beendet.

Das ist aber kein Kampf gegen andere, sondern für die anderen gleich mit, für ihre Horizonterweiterung, für ihre innere und äußere Freiheit. Wer Schüler oder Studenten unterrichtet weiß aber, dass es oft auch ein Kampf ist, anderen etwas beibringen zu wollen. Da ist pädagogische Geschicklichkeit und Fähigkeit gefragt. Manche wollen einfach nicht lernen, sich nicht belehren lassen oder wollen zwar, aber verstehen nicht, was ich sagen will.

Wem aber das Wort "kämpfen" nicht gefällt, kann es auch durch "arbeiten" ersetzen.

LG, Michael

der hofft, dass dieser Text nicht auch noch verschwindet.
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androgyn

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #86 am: 02.02.2014 12:05 »
Vor einem halben Jahrhundert und zum Teil noch vor 14 Jahren kämpften Frauen um die Gleichberechtigung in Sachen Hosentragen, teilweise sogar juristisch. Es gibt Gesellschaften, in denen Frauen in Hosen immer noch schräg angesehen werden.
Ja, hast du den Punkt mal deiner Schwester erklärt und dich nicht mit ihr auf die Straße gehen würdest, wenn sie Hosen trägt? Wen ihr Ideal Businessmänner sind, kannst du ihr ausrichten, dass es Bekleidung für den niederen Arbeiter war. Nichts besonderes oder erstrebenswertes. Soll kein Angriff sein.

@Gregor,
Ich denke jeder hat männliche und weibliche Anteile in sich, die mehr oder weniger überwiegen.
Natürlich ist Wahrscheinlichkeit zum Adel zugehörig zu sein gering. Aber sehen wir uns mal um, welche Dinge dem normalen Bürger zugänglich geworden sind. Frauen sind auch nicht adlig aber ich kann mir vorstellen dass sie sich in den Sachen so fühlen könnten. Und in später Zukunft werden viele arbeitsfrei sein, da Maschinen und Computer körperliche Arbeit ersetzen und der Mensch immer mehr  in Dienstleistungen anzutreffen ist und welche die die Computer programmieren können.

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #87 am: 02.02.2014 12:24 »
Rock aktiv schrieb:
Zitat
Ja, hast du den Punkt mal deiner Schwester erklärt und dich nicht mit ihr auf die Straße gehen würdest, wenn sie Hosen trägt? Wen ihr Ideal Businessmänner sind, kannst du ihr ausrichten, dass es Bekleidung für den niederen Arbeiter war. Nichts besonderes oder erstrebenswertes. Soll kein Angriff sein.

Wenn Du wüstest, was ich ihr schon alles erklärt habe!  :-\

Es ist aber nicht so, dass sie mit mir im Rock nicht auf die Straße gehen würde. Im Privatbereich toleriert sie es ja, aber sie kommt immer wieder mit dem Argument des Bewerbungsgesprächs oder auch des "Auftretens" (wie sie es nennt) im beruflichen Umfeld. Da hatte sie vor einem halben Jahr sogar meinen Lieblingsonkel gegen mich aufgehetzt, der mit einen Vortrag über die nötige Anpassung an die Vorstellungen von Vorgesetzten hielt, da diese in der Regel intolerant seien. Er predigte mir also Opportunismus als Überlebensstrategie, bestimmt gut gemeint, aber nicht gerade eine ehrenhafte Strategie. Aber er steht wohl auf dem Standpunkt: besser als Feigling überleben als als Held sterben. Das ist sicher auch verständlich.

Als ich dann aber 1. den Job trotz Rock bekam und 2. ohne irgendwelche Probleme auf der Arbeit Rock trage, erwartete ich von meiner Schwester, dass sie mal so etwas sagte, wie, sie habe sich eben geirrt und freue sich für mich. Nein, nix da. Statt dessen sagt sie, sie habe andere Probleme. Und da ich nicht gerne streite, habe ich es bislang auf sich beruhen lassen. Mit meinem Onkel will ich aber auch mal in Ruhe bei ein- mehreren Glas Wein darüber reden. Bei meiner Schwester halte ich es im Hinterkopf für den Fall, dass sie wieder damit anfängt, mit Opportunismus predigen zu wollen.

So, gleich geht es raus in die Landschaft, selbstverfreilich in Rock, Leggins und Stiefeln.  :)

LG, Michael



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androgyn

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #88 am: 02.02.2014 20:55 »
Für Kompromissbereitschaft spricht doch nichts dagegen. Auch ich gehe zum Vorstellungsgespräch in Hose oder wenn es die Situation eben verlangt, angemessen bekleidet. Aber Opportunismus bedeutet oftmals das Aufgeben der eigenen Meinung. Wäre das im Sinne deines Onkels? Somit würden andere über ihn bestimmen.

Statt dessen sagt sie, sie habe andere Probleme. Und da ich nicht gerne streite, habe
Solange du selber keine anderen Probleme hast ist doch alles im Lot  :)
Was sagt sie denn, wenn du ihr erklärst, dass Männer auschließlich Röcke trugen und auf bis zu 72cm hohen Schuhen liefen und die Frauen nur lange Kleider trugen. Die Hose für Frauen erst in den 6oern erlaubt war ? Sie hat sicherlich keine plausible Begründung dafür.  ::)

Offline MAS

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Re: Die Frau in Mir - Chirstian Seidel
« Antwort #89 am: 02.02.2014 21:56 »
Klar doch, bei Bewerbungsgesprächen rechne ich auch mit den ersten sieben Sekunden, die den meisten Menschen angeblich reichen, einen anderen Menschen gemäß den eigenen Denkgewohnheiten beurteilen, was sie dann nicht zu revidieren bereit sind. Aber ich hatte bei meinem neuen Job kein Bewerbungsgespräch, sondern eine Stellvertretung meiner Vorgängerin, in welcher ich mich beweisen konnte.

Meiner Schwester habe ich alles Mögliche schon erklärt. Aber was irgendwann vor Jahrhundeten war, interessiert sie genau so wenig wie Jo das Wahlrecht in Appenzell bis 1990. Für sie zählt, an welchen Verhaltensweisen inkl. Kleidungsvorschriften man sich HEUTE orientieren muss, um in der Hierarchie nach oben zu steigen und ordentlich Geld zu verdienen. Wären Röcke dafür förderlich wie anno dazumal, würde sie mir sicher raten, im Rock zum Vorstellungsgespräch zu gehen.

Und ja, mein Onkel schimpft gerne über Vorgesetzte und andere Idioten, solange sie es nicht mitbekommen. Sein Bruder war da noch besser drin. Und dieser hatte noch größere Probleme mit einem Neffen, der nicht schimpft, sondern macht. Da ist bestimmt auch eine nicht geringe Portion Homophobie im Spiel.

LG, Michael
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