Autor Thema: Im Rock in Berlin  (Gelesen 34029 mal)

androgyn

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #45 am: 15.02.2014 21:02 »
Ich habe die Tage einem Freund gesagt, dass ich Rock trage und diesen gezeigt.
Zu meinem Erstaunen sagte er, dass er es sich an mir richtig gut vorstellen kann und er mich so respektiert, wie ich bin. Ihm gefällt auch der Rock, obwohl er es an sich selber nicht vorstellen kann. Ich habe mit einer total anderen Reaktionen gerechnet.

q-rocker

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #46 am: 15.02.2014 22:53 »
Ich hab im Spätsommer mal den Schritt gewagt in einer Runde von Leuten hier aus dem Dorf wo ich wohne einen Sarong anzuziehen. Da waren wir zu rund 20 Leuten an einem See und nach dem Baden wollten die am Kiosk was trinken.  Es waren mehr Mädels als Männer und einige Kinder. Ich hab bei Losgehen dann einen Sarong umgebunden und ein T-Shirt dazu und bin los. Die anderen haben nur ein T-Shirt angezogen. 2 Freunde haben sehr verwundert geguckt. Als eine Freundin (Marokkanerin) aber so reagiert hat als sollten sich die Typen auch was anziehen und sogar meinte, dass ich ja schließlich auch "manierlich" da hin gehe, da war das irgendwie gleich umgedreht und normal. Zumal keine einzige Frau irgendwie komisch reagiert hat. Und dann habe ich zu hause als wir einigen besuch hatten und auf der Terrasse saßen zum Grillen nochmal einen Sarong angezogen. Vorher lag ich in der Sonne und als dann alle kamen hab ich den angezogen. Auch da war das so normal wie eine Hose.

Die Reaktion auf einen Jeansrock kann ich nicht einschätzen. Aber ein Dorf (3000 Leute) und lauter "Ureinwohner" meist mit Landwirten als Vorfahren.....  Das kann auch komisch enden. Und wer hier verschissen hat, dessen Kinder haben da noch dran zu knabbern.

Ist für mich ein heikles Thema. darum ganz behutsam angehen. Ich wohne gerne hier und mag viele Besonderheiten des Dorflebens hier. Darum will ich das nicht belasten. Eventuell irgendwann einmal, wenn nach und nach immer mehr gute Freunde das mitbekommen haben. Aber das ist in Städten sicher leichter.

Offline cephalus

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #47 am: 15.02.2014 23:29 »
Ich kann schon verstehen, wie es einem peinlich sein kann, einer Gruppe zugerechnet zu werden, die von vielen schräg angesehen wird. Erst recht, wenn man selber so sozialisiert ist, diese Gruppe schräg anzusehen. Das trifft wohl auf viele von uns zu.


Hallo Michael,
ich verstehe q-rocker bestens, in meiner frühen Rockzeit habe ich den einen oder anderen Besuch eines Männerrocktreffens ad acta gelegt, als ich von Weitem die Kleidung der Teilnehmer gesehen habe.

Grund war meine eigene Unsicherheit, Sozialisation, mein enger Horizont und meine begrenzte Phantasie was Mann tragen kann und die Angst eben diesen Leuten zugerechnet zu werden, mit denen ich mich nicht identifizieren konnte.

Aber fast zwei Dekaden eigene Entwicklung ändern vieles:  Außer, dass ich nach wie vor eine Meinung habe, was mir gefällt, und was ich mir selbst an Bekleidung vorstellen kann, ist es mir wirklich egal, wer sich wie gekleidet, mit welcher Intention auch immer, in meiner Gesellschaft befindet, solange ich mit dem Menschen selbst zurecht komme.
Aber, es war eine lange Entwicklung, an deren Anfang ich mir nicht vorstellen konnte, dass es sie gibt, und wohin sie führt.

Ich denke man muss schlicht akzeptieren dass verschiedene Ansichten, Entwicklungsphasen und was auch immer existieren, die verschiedene Menschen in verschiedenen Phasen durchlaufen oder evtl. auch irgendwo, ganz am Anfang stecken bleiben.


LG
Cephalus



Offline MAS

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #48 am: 15.02.2014 23:45 »
Lieber Cephalus,

vielen Dank für Deine Beurteilung der Lage. Ja, damit kann ich was anfangen: Wir alle sind auf verschiedenen Punkten einer Entwicklung. Was einige von uns schon hinter sich haben, haben andere noch vor sich. Was mich betrifft, so bin ich auch noch nicht so weit, wie ich gerne wäre. Es gibt Menschen, die bewundere ich, weil sie weiter sind als ich. Wenn mir jemand sagt: "Bleib so wie du bist", lehne ich das ab und sage: "Nein, ich will mich lieber weiterentwickeln".

Ich will ja auch nur, dass q-rocker über seine Ansicht nachdenkt und sich weiterentwickelt. Deswegen kritiisere ich seine Ansicht. Nicht, um ihn auszugrenzen!

Dass er auf meine Kritik nicht eingeht, zeigt vielleicht, dass er darüber nachdenkt. Oder dass er mit ihr nichs anfangen kann. Ich hoffe ersteres!

LG, Michael
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Offline BerlinerKerl

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #49 am: 15.02.2014 23:48 »
@ Cephalus

Hast du gut geschrieben. Dies trifft meines erachtens auch den Punkt des Problemes.

Aus diesem Grund kann man jemanden hier nicht gleich empfehlen Anzuziehen, was ihm
gefällt. Der neue Rocker muss hier hineinwachsen, oder er ist schon soweit, dass er das
von sich aus diesen Schritt machen kann. Das sind besondere Typen, der weis was  er
will.

Klappt das dann auch noch in der Wohngegend hat er gewonnen.
Ich emanzipiere mich, wer kommt mit?

Offline DesigualHarry

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #50 am: 16.02.2014 01:17 »
Hallo!

Das war für mich und meinem Verhalten anderen gegenüber sehr entscheidend: Es geht nicht um besser oder schlechter, sondern die Erkenntnis das jedes Lebewesen auf einer ganz Individuellen Bewusstseinsstufe ist. Das was dem einen bereits zuviel ist, ist dem anderen gerade recht. Man lebt immer in einer subjektiven Welt.
Je mehr man sich dem ungewohnten oder unnormalem Öffnet, umso leichter fällt es einem das einfach so anzunehmen. Denn in der Natur draußen gibt es keine Grenzen, Grenzen sind alleine von Menschen erschaffen worden. Wenn man mit der heutigen Technik die längste Brücke baut die bis dahin möglich ist, in ein paar Jahrzehnten mit neuer Technik aber eine noch längere Brücke bauen kann, dann sind aber die Voraussetzungen von Seiten der Natur immer schon vorhanden gewesen. Da draußen ist kein Gott der einerseits Menschen einen freien Willen gibt, aber auf der anderen Seite vorschreibt was man damit anfangen darf. Es gibt von Seiten der Natur absolut keine Grenzen. Sonst hätte da schon längst einer mal bei all den Kriegen eingegriffen ;D...Wenn ich das für mich begreifen kann, dann tue ich mich sehr viel leichter... Etwas für mich unnormales ist einfach eine weitere Ausdrucksform im Raum der unbegrenzten Möglichkeiten.

Offline GregorM

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #51 am: 16.02.2014 08:09 »
Da steht  dann die Frage der Motivation dahinter. Jeder, der gerne seine weibliche Seite betont, der geht dann auch immer gerne einen Schritt weiter. Da kommt dann die Strumpfhose, Absätze und weiteres dazu.

Andere sind wirklich nur auf den Rock fixiert und wollen das maskuline bewahren (so geht es mir auch) und die stört es dann, wenn die Meinung der Anderen ihnen unterstellt, dass Sie schwul oder Transvestit oder .... sind. Ohne diese Spielarten des Mannes zu bewerten, ich möchte da nicht in den Topf mit hinein. Also lege ich Wert darauf, dass ich trotz Rock als Mann wahrgenommen werde. Und dann finde ich es für mich als störend, wenn ein Rockträger zu feminin wirkt. Also suche ich diese Gesellschaft nicht sondern meide die.

Hallo q-rocker, hallo alle,

sehr gut formuliert. Gemeinsam haben wir hier den Wusch, im Rock zu gehen, und am besten mit voller Akzeptanz und vollem Verständnis unseres Umfelds. Nun dreht es sich, wie du auch schreibst, bei vielen Männern nicht nur um den Rock, sondern auch mehrere Sachen, die von der Gesellschaft, den Frauen zugeordnet werden (dass einige der Auffassung sind, Bekleidung habe kein Geschlecht usw., hilft wenig).  
 
Und hier kann es ja soweit kommen, dass sich einige tatsächlich besser mit denen identifizieren können, die eigentlich Röcke am Mann ablehnen, als mit denen, die – in unseren Augen – zu weit Richtung Feminines oder Androgynes gehen? Dass sie nicht wünschen, von der Gesellschaft, in denselben Topf geworfen zu werden.  

MAS indiziert, dass DU damit ein Problem hast, zum Beispiel 14.02.2014 19:15:
Zitat
Erst recht, wenn man selber so sozialisiert ist, diese Gruppe schräg anzusehen.

Aber muss man ALLES akzeptieren und verstehen? Hat man nicht ein Recht dazu, etwas einfach abzulehnen? Und ohne, dass man deshalb ein „schlechterer“ Mensch ist?

Ich akzeptiere und verstehe nicht alles. Das ist mein Recht, wie es dein Recht ist. Es ist auch das Recht Michaels, dich und deine Gesichtspunkte nicht zu verstehen. Aber es ist NICHT sein Recht, dir vorzuwerfen, dass du anderer Meinung bist, als er.
 
Du bist nicht der einzige, der, wenn es zum Rocktragen kommt, Grenzen hat, und dem es nicht darum geht, IMMER weiter zu gehen.

Gruß
Gregor

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Gregor

Offline MAS

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #52 am: 16.02.2014 10:09 »
Hallo zusammen und einen schönen Sonntagmorgen!

Gregor, Du fragst:
Zitat
Aber muss man ALLES akzeptieren und verstehen? Hat man nicht ein Recht dazu, etwas einfach abzulehnen? Und ohne, dass man deshalb ein „schlechterer“ Mensch ist?

Mein Antwortversuch:
Akzeptieren, im Sinn von "für sich selber übernehmen", muss und kann man nicht alles. Also nein!
Verstehen im Sinn von "wissen, worum es geht" oder "sich in einen anderen Menschen hineinfühlen" kann man auch nicht immer. Und man kann es nicht erzwingen. Also auch hier: Nein.

Cephalus und Harry haben es meines Erachtens gut dargestellt: Bei diesem Verstehen gibt es verschiedene Bewusstseinesstufen. Genau so wie ein Grundschüler weniger weiß als ein Professor, so haben wir in allen Belangen des Lebens verschiedene Stufen oder Ebenen des Wissens und Verstehens. Es geht darum zu lernen und sich weiterzuentwickeln.

Natürlich kann man mit seiner eigenen Entwicklung aufhören. Das ist dann schade. Man kann es aber nicht erzwingen, da wir auch von Natur her unterschiedliche Fähigkeiten haben. Nicht jeder kann Leistungssportler werden und nicht jeder wirklich weise. Nur sich darauf zu beziehen, dass man ein Recht darauf habe, sich nicht weiter zu entwickeln oder zu meinen, man habe schon alles Erreichbare erreicht, halte ich für eine faule und bequeme Ausrede.

Genau so halte ich es für eine faule Ausrede, "der Gesellschaft" den schwarzen Peter zuzuschieben, zu sagen, "die Gesellschaft wird das nie tolerieren" und von dort her sich das Recht abzuleiten, selber auch nicht tolerant sein zu wollen.
Oder eben selber Menschen nicht zu respektieren, da man meint "die Gesellschaft" respektiere sie auch nicht.

Ein wichtiger Schritt ist schon einmal die Selbsterkenntnis, dass man nicht alles versteht. Das ist das sokratische "Ich weiß, dass ich nichts weiss". Und wenn ich weiß, dass ich etwas oder jemanden nicht verstehe, dann kann ich mich um Verständnis bemühen oder ich kann es einfach mal auf sich beruhen lassen, wenn das Verstehenwollen zu anstrengend ist. Dumm ist es aber, wenn ich sage: "Was ich nicht verstehe ist generell nicht zu verstehen, und Menschen, die ich nicht verstehe, meide ich lieber."

Sicher habe ich das Recht, die Straßenseite zu wechseln, wenn ein Transvetit auf mich zu kommt. Mir wäre es aber sehr peinlich, das zu tun. Peinlich mir selbst gegenüber und dem Transvestiten gegenüber.

Genau so wie es mir peinlich wäre, keinen Rock zu tragen, nur weil ich meine, dass es Menschen gibt, die meine Vorliebe für Röcke nicht verstehen. Wenn jemand meine Gesellschaft meidet, weil er es oder mich nicht versteht, tut mir das weh. Und ich will meinerseits niemandem weh tun.

Ist es zu viel verlangt, so viel Mitgefühl aufzubringen, sich in einen Menschen hineinzuversetzen und sich vorzustellen, dass es ihm weh tut, wenn man ihn meidet, nur weil er sich anders kleidet, als es mir gefällt? Wenn er damit jemandem schaden würde, dann wäre das was anderes. Aber schadet denn ein Mensch, der sich "unästhetisch" kleidet jemandem?

Das war jetzt mein Wort zum Sonntag.;)

LG, Michael


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Offline DesigualHarry

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #53 am: 16.02.2014 11:25 »
Hallo!

Dein letzter Beitrag Michael hat mir sehr gut gefallen :D



Offline GregorM

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #54 am: 16.02.2014 11:37 »
Hallo Michael,

eine Frage der eigenen Entwicklung? Eine Frage des eigenen Wissens oder der eigenen Ausbildung? Wird man dadurch wie per Definition toleranter anderen Meinungen und Auftreten gegenüber? Ich meine Nein.
Jeder Mensch, selbst der begabteste und am besten ausgebildete, muss nicht für alles Verständnis haben.  

Sonst solltest du als erklärter extrem toleranter Mensch auch dem extrem intoleranten Mensch gegenüber voller Verständnis sein und es nicht mit dessen Sozialisation, (unzureichender) Ausbildung usw. verbinden.
Bist wirklich du selbst so tolerant? Oder sollte es doch Grenzen geben? Und falls ja, wer sollte sie festlegen? Und nach welchen objektiven Kriterien?

Ich allerdings bin nicht das tolerant. Meiner Meinung nach darf jeder sich so kleiden, wie er auch möchte. Nur soll er nicht damit rechnen, dass ich es verstehe (Ausnahme, falls er nicht selbst dafür kann) und gar nicht, dass ich selbst davon Teil sein möchte und mit ihm in denselben Topf geworfen werden.  

Wer es schwer mit seinem Umfeld haben möchte, darf es mir auch Herzens gerne. Aber aus missverstandener Loyalität werde ich es nicht per Automatik für OK halten und gar nicht dazu auffordern, dass er so weitergeht – nur weil alles – in der Theorie – möglich und gerecht sein sollte.    

Gruß
Gregor
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Gregor

Offline MAS

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #55 am: 16.02.2014 12:18 »
Lieber Gregor,

zunächst: Intoleranz zu tolerieren ist kontraproduktiv. Würde ich Intoleranz tolerieren, würde ich hier nicht so viel diskutieren, sondern Eure Ausgrenzung von Menschen, die sich so kleiden, wie es Euch - also Dir und q-rocker - nicht gefällt, einfach erdulden.

Nein, ich argumentiere ja gerade gegen diese Respektlosigkeit den Menschen mit anderem Geschmack gegenüber.

Du schreibst:
Zitat
Wer es schwer mit seinem Umfeld haben möchte, darf es mir auch Herzens gerne. Aber aus missverstandener Loyalität werde ich es nicht per Automatik für OK halten und gar nicht dazu auffordern, dass er so weitergeht – nur weil alles – in der Theorie – möglich und gerecht sein sollte.
 

Was meinst Du, wie oft so gegen uns Rockträger argumentiert wird. Zweimal erlebte ich, dass jemand meinte, dadurch dass ich einen Rock trage, zeige ich, dass ich mich ausgrenzen wolle. Jetzt willst Du Leute ausgrenzen, die ihre Röcke anders tragen, als es Dir gefällt. Merkst Du nicht, wohin das führt?

Mich erinnert das an eine Geschichte aus der Nazeit: Zuerst holten sie die Juden, aber ich war ja kein Jude. Dann holten sie die Zigeuner, aber ich war je kein Zigeuner. Dann holten sie die Zeugen Jehovas, aber ich war ja kein Zeige Jehovas. Dann holten sie mich, aber es war keiner mehr da, der mir helfen konnte. (So ungefähr geht die Geschichte.)

Wir können von den Massenmenschen nicht erwarten, uns Rockträger zu respektieren, wenn wir den Respekt Transvestiten oder Menschen mit anderem Kleidungssgeschmack verweigern. Das wäre einfach unredlich!

Du schreibst:
Zitat
Jeder Mensch, selbst der begabteste und am besten ausgebildete, muss nicht für alles Verständnis haben.

"Verständnis haben müssen" scheint mir ein komischer Ausdruck. Das erinnert mich an meine Student(inn)en: "Müssen wir das auch alles wissen?", fragen Sie manchmal. Ich denke: "Wieso müssen? Ihr dürft! In Afghanistan würde es Euch verboten, das zu lernen. Hier habt Ihr die Chance, also macht was draus." Gesagt habe ich aber: "Das wäre schon gut, das zu wissen, aber in der Klausur kommt es nicht dran." Na ja, ob das die beste Antwort war ... ?

Ich erkläre es nochmal anders: Ich meine nicht, dass Du alles machen musst, was andere tun. Dir muss auch nicht alles gefallen. Du darfst auch jemandem sagen, dass Dir sein Kleidungsstil nicht gefällt. Aber diesem Menschen dann den Respekt zu verweigern und ihn auszugrenzen und zu sagen, mit ihm wolltest Du nichts zu tun haben, er könne sich gerne kleiden, wie er will, aber Du würdest Dich nicht gerne mit ihm sehen lassen, weil es Dir wichtiger sei, von den Massenmenschen toleriert zu werden, als Deinerseits ihn zu respektieren, das halte ich für unmoralisch!

So, das war noch ein Wort zum Sonntag! ;)

LG, Michael
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Lars

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #56 am: 16.02.2014 12:38 »
Hallo Michael,

eine Frage der eigenen Entwicklung? Eine Frage des eigenen Wissens oder der eigenen Ausbildung? Wird man dadurch wie per Definition toleranter anderen Meinungen und Auftreten gegenüber? Ich meine Nein.
Jeder Mensch, selbst der begabteste und am besten ausgebildete, muss nicht für alles Verständnis haben.

Mit eigener Entwicklung ist die seelische Entwicklung gemeint, nicht die sogenannte "Karriere". Das sind zwei verschiedene Baustellen. Es gibt viele Leute, die haben eine Top-Ausbildung, haben die Birne voll bis zum Anschlag, sind aber trotzdem menschliche Ar...l.cher. Die sind in der eigenen Entwicklung komplett stehengeblieben und versuchen, dies durch ihre wirtschaftliche Karriere zu kompensieren. Sorry für die drastische Formulierung.
 
Je weiter man sich selbt entwickelt und je mehr man bei sich ist, umso entspannter und toleranter wird man auch. Und sicherer im Auftreten mit einem ungewöhnlichen Outfit. Und auch der eigene Modegeschmack ändert sich parallel dazu. Wenn ich diesbezüglich so an meine eigene Entwicklung denke, muß ich über mich selbst schmunzeln. Gerade, wenn ich an den Anfang denke. Diese Entwicklung kann und wird aber kein Ende haben, da bin ich mir sicher ...
 
Grüße,
Lars

Offline BerlinerKerl

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #57 am: 16.02.2014 14:36 »
Etwas wirr aber ich versuche das mal den Gordischen Knoten zu öffen.

@ Gregor

Ich verstehe dich und kann es nachvollziehen.

@ MAS und Lars

auch eure Arrgumentation ist nachvollziehbar.

Ich habe eine eigene Meinung und kann sie auch mit gutem Gewissen vertreten.

Der Mann im Rock hat es schwer. Sehr schwer, obwohl die Seite schon alt ist und
die Rocker vielfältig sind. Ich für meine Person fühle mich in Gegenwart von Männern
die sich als Frau gekleidet sind sehr unwohl. Ich tolleriere das, weil die Personen es
wohl wollen und ein ändern nicht möglich ist, aber akzeptieren kann ich das nicht.

Warum nicht: Ein Mann im Rock wird auch von der Gesellschaft tolleriert aber auch nicht
akzeptiert. Das kann man täglich erleben. Aber der Mann hat die Wahl zu machen
was er will und nicht was angeblich durch die Modeindustrie vorgeschrieben wird.
Aber alles weitere ist einfach nur Overdressed.
Gerne ein Beispiel:
Ein Mann im Rock zieht sich noch bewusst Damenstiefel, FSH, und ein Oberteil mitSpitze
verziert an. Er meint, dass er stimmig ausschaut. Aber was sagt die Öffentlichkeit?
Ich toleriere, aber werde dies nie akzeptieren.

Übrigens, Intolerant ist ein Verhalten was jeder Mensch hat. Auch wenn man hier eine
Geschichte aus der Nazizeit mit zur Argumentation benötigt.
Wie ich immer schon geschrieben habe, bin ich zu anderen Menschen tolerant, weil sie mir mit
Verlaub nicht interessieren. Ich werde dies aber akzeptieren müssen, weil ich sie nicht ändern
kann. Aus diesem Grund kann man mich auch nicht in eine Schublade schieben. Ich bin eben
so wie ich bin. Das muss nicht jeder tolerieren aber akzeptieren.
...
Je weiter man sich selbt entwickelt und je mehr man bei sich ist, umso entspannter und toleranter wird man auch. Und sicherer im Auftreten mit einem ungewöhnlichen Outfit. Und auch der eigene Modegeschmack ändert sich parallel dazu. Wenn ich diesbezüglich so an meine eigene Entwicklung denke, muß ich über mich selbst schmunzeln. Gerade, wenn ich an den Anfang denke. Diese Entwicklung kann und wird aber kein Ende haben, da bin ich mir sicher ...
 
Grüße,
Lars

Nun, nur weil man sich entwickelt, wird man sich selbst und die eigene Meinung nicht über Bord
werfen und sich ändern. Vielleicht ganz junge Menschen, aber das gilt bestimmt nicht für uns
alten Hasen.
Ich habe mein Auftreten mit dem Rock für mich Akzeptiert und toleriere dies zu jederzeit. Aber werde
immer noch meine Meinung zu meinen Mitmenschen haben.
Meine Frau akzeptiert das, wird es aber nie tolerieren.

Ich emanzipiere mich, wer kommt mit?

Offline DesigualHarry

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #58 am: 16.02.2014 16:06 »
Hallo!

Das was es dem Mann im Rock schwer Macht sind eben die Ausgrenzungen von Andersdenkenden. Im Massendenken hat der Rock am Mann derzeit einfach keinen Platz. Jede weitere Einengung zu einem bestimmten Stil für den Mann mag zwar erstens mal einen Erfolg bringen, aber längerfristig ist es nur eine Verlagerung von Problemen. Derzeit leidet das Geschlecht Mann unter einer derartigen Konzentration auf maskulin dass darunter sehr, sehr viele Männer darunter heimlich leiden.  Man sollte einfach mal lieber zwei Schritte zurück gehen und einfach mal den Druck rausnehmen, dass man unbedingt den Mann geben muss.

Eigentlich ist es ganz einfach: Wenn all diese Ausgrenzungen irgendeiner Gruppe seitens der Gesellschaft  aufhören, kann sich der einzelne ganz frei nach seiner Bewusstseinsstufe darin entfalten. Der, der es lieber einfach mag, findet darin genauso seinen Platz, wie der der es auch mal anders mag. Es würde dadurch dermaßen viel Druck aus den Menschen genommen, dass damit schlagartig sehr, sehr viele Krankheiten verschwinden würden.

Ich persönlich habe mich schon dazu entschlossen so Leben zu wollen. Der Anfang ist sehr schwer...

Lg Harry :)

Offline MAS

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Re: Im Rock in Berlin
« Antwort #59 am: 16.02.2014 18:55 »
Lieber Lars, lieber Harry,

ich glaube, wir sind da so ziemlich auf einer Wellenlänge.  :)

Lieber Berliner Kerl,

Du schreibst:
Zitat
@ Gregor

Ich verstehe dich und kann es nachvollziehen.

Das trifft auf mich auch zu. Nur weil ich ihn verstehe und seine Empfindungen nachvollziehen kann, erlaube ich mir, ihn zu kritisieren. Ohne Verständnis sollte man niemanden kritisieren, sondern lieber nachfragen.
Natürlich kann es immer noch sein, dass ich nur meine, ihn zu verstehen, ihn aber in Wahrheit falsch verstehe.

Ich kenne das Gefühl der Peinlichkeit, wenn ich annehme, dass das, was ich gerade tue, anderen missfällt. Ich höre zum Beispiel gerne deutsche Volksmusik, sogar den Heino, aber wenn ich diese Musik höre und bestimmte andere Menschen kommen in den Raum, habe ich das Gefühl, von ihnen schräg angesehen zu werden. Das ist so ein gängiges Peinlichkeitsgefühl. Aber diesem Gefühl muss ich ja nicht nachgeben, weder indem ich dann andere Musik auflege, noch indem ich Hosen anziehe, noch indem ich zu einem Mann mit Kleid und Stöckelschuhen sage, ich wolle mit ihm zusammen nicht gesehen werden.

Bei Dir, Berliner Kerl, frage ich mal nach, was es mit diesen beiden Aussagen auf sich hat:

1.
Zitat
Ein Mann im Rock zieht sich noch bewusst Damenstiefel, FSH, und ein Oberteil mitSpitze
verziert an. Er meint, dass er stimmig ausschaut. Aber was sagt die Öffentlichkeit?
Ich toleriere, aber werde dies nie akzeptieren.

2.
Zitat
Ich habe mein Auftreten mit dem Rock für mich Akzeptiert und toleriere dies zu jederzeit. Aber werde
immer noch meine Meinung zu meinen Mitmenschen haben.
Meine Frau akzeptiert das, wird es aber nie tolerieren.

Was bedeuten die Wörter "tolerieren" und "akzeptieren" in diesen beiden Sätzen. Du tolerierst die beschriebenen Männer, akzeptierst sie aber nicht, Deine Frau akzeptiert Dein Rocktragen, toleriert es aber nicht. Da blicke ich jetzt nicht mehr durch. Erkläre mir das bitte mal.

Dann schreibst Du
Zitat
Nun, nur weil man sich entwickelt, wird man sich selbst und die eigene Meinung nicht über Bord
werfen und sich ändern. Vielleicht ganz junge Menschen, aber das gilt bestimmt nicht für uns
alten Hasen.


Ich meine doch: Solange man sich weiterentwickelt, so lange ändert man auch seine Meinungen, sofern man die alte Meinung als falsch erkannt hat. Natürlich nicht, wenn man sie als richtig erkannt hat.
Du hast allerdings recht damit, dass ältere Menschen sich weniger weiterentwickeln als jüngere. Zumindest trifft das auf die meisten zu. Ich kenne allerdings ältere Menschen, die sich immer noch weiterentwickeln und das sogar mehr, als manche andere jüngere Menschen, die ich auch kenne. Das mögen Ausnahmen sein. Aber so ist das nun mal mit der Elite: sie besteht aus Ausnahmen.
Also ich bin lieber eine Ausnahme, die sich weiterentwickelt als ein Durchschnittsmensch, der zu früh damit aufhört.
Unter dem heute so beliebten Schlagwort "lebenslanges Lernen" wird zumeist verstanden, dass man sein Leben lang flexibel für den sich ständig ändernden Arbeitsmarkt bleibt. Das meine ich aber nicht, wenn ich von lebenslanger Weiterentwicklung spreche, sondern das was Lars eine seelische Entwicklung nennt. Die aber kann man nicht erzwingen. Aber nur weil man sie nicht erzwingen kann, heißt das doch nicht, dass man nicht Werbung für sie machen kann oder gar sollte. Und wenn ich von meinem aktuellen Entwicklungsstadium aus einen Respekt für Menschen in ihrer Andersartigkeit entwickelt habe, dann argumentiere ich auch dafür, dass andere diesen Respekt aufbringen sollten. Es geht mir aber nicht darum, alles zu respektieren oder auch nur zu tolerieren, sondern die Grenze ist da, wo ein Mensch einem anderen Schaden zufügt. Und auch da, wo er andere Menschen an ihrer seelischen Entwicklung hindert, was ihnen ja auch Schaden zufügt.  


Desweiteren argumentierst Du, dass weil wir Rockträger von den Massenmenschen nicht aktzeptiert würden, wir die Männer in anderer Damenbekleidung auch nicht akzeptieren müssten.

Das bedeutet doch soviel wie, dass wir uns lieber an die Massenmenschen anbiedern sollten, um von ihnen akzeptiert zu werden und zugleich mit den Massenmenschen zusammen die Damenkleidungsträger ausgrenzen dürfen. Nach dem Motto: Wenn wir uns mit den Massenmenschen gemein tun geht es uns besser, als wenn wir uns mit den Damenkleidungsträgern solidiarisieren, weil eben die Massenmenschen die stärkere der beiden Gruppen sind.

Es geht Dir also nicht um Minderheitenrechte als Menschenrechte, sondern nur darum, von der Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder akzeptiert zu werden, auch wenn Du dafür andere Minderheiten ausgrenzen musst.

Verstehe ich Dich so richtig?

Die Frage geht auch an Gregor und q-rocker.

Verstehe ich Euch so richtig?  

Sollten wir Damenkleidungsträgern den menschlichen Respekt verweigern, damit die Massenmenschen uns Rockträger akzeptieren?

LG, Michael
Wer das Leben ernst nimmt, muss auch über sich lachen können.

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