Wenn Du im Krankenhaus arbeitest und einen Kittel trägst, wirst Du kaum beachtet, es sei denn alle anderen tragen grüne Kittel und Du einen roten. Arbeitest Du in Mitten von Anzugträgern und trägst einen Blaumann, wirst du ebenso auffallen. Genau wie der Bauleiter neben den Betonbauern.
Vielleicht erzähle ich mal was aus meiner Vergangenheit als Mechaniker. Ich arbeite in einer großen Textilfirma und war mit Umbauten an Textilmaschinen betraut. Für meine Tätigkeit waren Latzhosen nicht sonderlich bequem, da ich oft an, unter und in den Maschinen herumkriechen musste, um Reparatur- und Umbauarbeiten vorzunehmen. Mich störten die Träger, die oben rieben oder wenn sie lockerer eingestellt waren, dass dann beim Bücken der Latz so tief hinunterhing, dass man durch die Hose zum Boden sehen konnte. Kurz gesagt, ich mochte sie nicht.
Ich manchte gerade nebenher eine Ausbildung in der Finanzierungsbranche. Die Hosen, die ich also nicht für die spätere Tätigkeit in der Bankbranche brauchen konnte, trug ich genau wie die Hemden auch, in der Mechanikertätigkeit auf. Eines Morgens war ich in schwarzer Hose und weißem Hemd gekleidet, als alle Kollegen lachten und meinten, das ich wohl gerne heute der Chef wäre und heute nicht arbeiten wolle. Ich entgegnete nur, es sind Arbeitssachen. Damit war es für mich durch, aber das Gelächter und Getuschel hielt weiter an.
Bei einer Reparatur an diesem Morgen mussten wir zu dritt unter einer Maschine arbeiten, um sie mit Teilen umzurüsten. Es war eine Arbeit, bei der man mit fettigen und staubigen Teilen in Berührung kam und auch Flusen und Schmierreste sich am Boden befanden, auf dem wir zur Arbeit lagen. Zur Pause war dann die Maschine fertiggestellt und wir konnten uns reinigen und zur Brotzeit gehen. Komischerweise war meine Hose und mein Hemd nur voller Staub und Fusseln, kein Fett - ich hatte mich auf ein Stück Wellpappe gelegt. Mit Druckluft abgeblasen und ich war fast ganz sauber. Das konnten meine Kollegen nicht begreifen, denn die waren dreckig und wunderten sich über meine nahezu saubere Kleidung. Ich entgegnete nur lachend: "Ich arbeite hier als Mechniker, nicht als Putzlappen!" Und im Pausenraum dann Unverständnis, denn wir hatten alle die gleiche Arbeit getan, doch sahen hinterher unterschiedlich aus. Ich erzählte von dem Geheimnis des Unterlegens von einer Wellpappe am Boden und alle lachten über meine zwei Kollegen, die es eben nicht so gemacht hatten wie ich und sich direkt auf den zwar warmen aber schmutzigen Hallenboden gelegt hatten. ich wiederholte dabei den Spruch und es war herzlich lustig. Vergessen war der Hohn vom Morgen.
Ich trug ja auch jeden Tag ein frisches Hemd oder T-Shirt. Mir war es egal, dass ich oft besser aussah als in der Hiranchie über mir stehende und ich fand es sogar lustig, wenn eine Delegation mal wieder unseren Maschinensaal durchschlenderte, ich Rede und Antwort stehen durfte und dann hinterher sich erst aufklärte, dass ich der Mechaniker bin und nicht der Saalmeister. Aber ich wusste auch was über die Maschinen zu erzählen, denn ich hatte sie aufgestellt und wartete sie. Der Saalmeister rief mich schließlich immer, wenn es über eine Kleinreparatur hinausging oder ein Umbau anstand. Dort wurde ich später oft gelobt oder auch mal für Fragen hinzugezogen, die einer nicht standardisierten technischen Lösung bedurften. Irgendwie haben wir alles lösen können: mit Mut, Improvisationstalent und eben dem nötigen Wissen und Fertigkeiten.
Kleidung macht Leute heißt es so schön, so gab es auch Maschinenführerinnen, die im Rock oder Kleid arbeiteten. Da ging ich natürlich besonders gern in diese Reihen, denn ein Lächeln gabs da immer zu holen. Viele waren auch traurig, als ich 1999 kündigte und nach abeschlossener Ausbildung und in die Berater- und Betreuungstätigkeit für Bauherren wechselte. Ende 2002 habe ich die Branche gewechselt und bin heute im Vertrieb und Service in täglichem Kundenkontakt.
Ich weiß nicht, was Du beruflich machst. Wenn zu uns jemand käme in diesem Outfit für EDV? Ja. Für die Vorstellung einer kreativen Firma? Ja. Sachen anliefert oder abholt? Ja. Als Kunde der sich für was hochwertiges interessiert? Ja. Von der Dachdeckerfirma und mal aufs Dach will? Häää? Vielleicht war das von Dir beschriebe Outfit etwas zu glamurös für Deine Tätigkeit? Vielleicht solltest Du einfach mal auf jemanden zugehen und sagen: "Wie ich sehe, ist Ihnen meine Hose aufgefallen. Finden sie, dass ich zu dieser Hose besser ein Shirt mit Streifen oder ein unifarbenes tragen sollte?"
Einfach mal nicht von den Schuhen sprechen. Die sind doch eh total verdattert, wenn Sie angesprochen werden. Wenn es ein freundliches Gespräch ist und Du schon beim ersten Satz sympathisch lächelst, bist Du auch das Gesprächsthema, aber eben positiv! Mach einfach was draus und dreh den Spieß um, wenn Spießer Dich belästigen! (Mit Spießer meine ich das gezielte anpieksen anders gekleideter durch Blicke) Vielleicht hatten Sie aber auch noch nie einen so gut gekleideten, großen Mann mit langen, gepflegten Haaren gesehen....