Nur beim Gesehen werden können wir mehr werden. Beim Sehen nicht. Denn was sollten Männer sehen können, die sie dazu inspirierten, selbst in Röcken zu gehen, wenn sie eben keine Männer im Rock sähen oder Bilder von Männern in Röcken? Bilder, die ihnen dabei so glaubhaft vorkämen, dass sie sich überzeugt fühlten, einige täten es tatsächlich, und es ginge?
Ohne das Internet, wo ich lesen konnte und als Dokumentation Bilder sehen konnte, dass es Männer gab, die sich in Röcken und Kilts hinausbewegten, war ich nie selbst dazu gekommen. Über Mode zu lesen hätte mich nicht dazu gebracht. Bilder von Männern im Rock auf dem Laufsteg auch nicht. Denn was hat Laufsteg mit Realität zu tun?
Ein anderes Problem mit Mode ist, dass Mode kommt, und Mode geht. Wenn wir eine Saison mit vielen Männern im Rock erleben sollten, könnte es im nächsten schon vorbei sein? Und was ist wohl schlimmer als Mode von gestern? Besonders für die, die Mode als Waffe benutzen möchten.
Wenn ich durch die Stadt gehe, werde ich im Laufe von einer Woche von zigtausenden gesehen. Sie werden einem Mann im Rock/Kilt exponiert. Die allermeisten aber nur einmal und (höchstwahrscheinlich) nur von mir. Wenn einer davon es selbst gerne täte (nicht sehr wahrscheinlich), wird er sich dadurch vielleicht näher als Ziel gekommen fühlen. Andere, denen der Gedanke weiter entfernt sind, müssen viele Male einem Mann im Rock exponiert werden. Und dann gerne nicht nur von einem, sondern von mehreren.
Deshalb: Je mehr wir sind, und je mehr wir gesehen werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass sich einer doch traut – und sich sogar traut, sich im Rock hinauszubewegen.
Gruß
Gregor
PS. Ich bin überzeugt, mehrere hier wären nicht dazu gekommen, im Rock zu gehen, hätten sie nicht auf dem Internet Männer im Rock sehen können. Noch besser wäre es, könnten mehrere Männer uns im realen täglichen Leben sehen.