Es gibt im Deutschen keine Endung, die einer Bezeichnung das männliche Geschlecht zuordnet, sondern nur eine, die das weibliche Geschlecht zuordnet. So ist die Sprache tatsächlich nicht geschlechtssymetrisch. Hast Du schon eine Endung für Diverse? Ich brauche das nicht, da ich nicht jeder Menschenbezeichnung eine eindeutige Geschlechtsbezeichnung unterstelle.
Gruß,
Jo
Wie ich weiter oben geschrieben habe, ist die einzige mir bekannte Endung Witwe / Witwer wobei Witwe die Grundform ist.
Zum Thema ist in der Wochenendausgabe der STZ ein schöner Artikel, den ich niemandem vorenthalten möchte:
Patriarchinnen und Patriarchen
Sprachdebatte Wie wird man der Gleichberechtigung in unserer Schrift gerecht? Vielleicht schlichtweg mit mehr Gelassenheit.
Jörg Scheller
Dieser Tage wird eifrig über gute und angemessene Sprache gestritten. Drehten sich die Debatten vor einigen Jahren vor allem um Herkunft und Hautfarbe, stehen nun das biologische und soziale Geschlecht im Mittelpunkt: Binnen-I, Gendersternchen, generisches Maskulinum oder Femininum? Diese Auseinandersetzungen sind begrüßenswert. Sie laden dazu ein, das Bewusstsein für den Zusammenhang von Sprache und Macht zu stärken. Ihrerseits zum Machtinstrument werden sie jedoch, wenn sie in Forderungen nach Normierung münden.
Dann nämlich weicht die zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung dem kühlen Geist der Verordnungen. Für ihn ist Sprache nur ein technisches Medium der Macht. Vergessen wird, dass Sprache ein poetisches, künstlerisches und wunderbar anarchisches Medium ist, mit dem wir unser persönliches Verhältnis zur Welt nicht nur zum Ausdruck bringen, sondern ja erst herstellen. Je normierter die Sprache ist, desto stärker lockt sie Höflinge, Karrieristen, Opportunisten an. Diese bedienen sich der ?guten? Sprache nicht aus Überzeugung. Sondern weil die Macht es so will: So also muss man sprechen und schreiben, um Erfolg zu haben? Alles klar!
Für Wendehälse ist das Sprachreglement wie die Krawattenpflicht. Das führt auf lange Sicht zu Verzerrungen. Systeme, die nicht von Überzeugung getragen werden, korrumpieren. Besser ist es, die Auseinandersetzung frei, offen und kritisch zu halten. Dergestalt muss eine jede und ein jeder sich durch den eigenen Sprachgebrauch positionieren. So viel Anarchie, so viel Pluralismus verträgt die Kommunikation locker. Wenn verständlich wird, was zum Ausdruck gebracht werden soll und keine herabwürdigende Absicht vorliegt, ist ein Nebeneinander von Binnen-Is, Gendersternchen, herkömmlichen Sprech- und Schreibweisen sowie eigensinnigen Neuschöpfungen kein Problem. Im Gegenteil ? das Künstlerische und Poetische der Sprache wird gewahrt, kreative Kapriolen sind möglich, der persönliche Weltbezug wird transparent und die Hofschranzen haben es schwer.
Davon abgesehen stehen Welt und Sprache in keinem monokausalen Verhältnis. Im Türkischen und Japanischen etwa gibt es kein grammatikalisches Geschlecht. Die perfekten Sprachen gegen das Patriarchat, sollte man meinen. Doch in Japan wie auch in der Türkei gibt es starke patriarchale Strukturen. Wie wäre es also, weniger Energie in die Arbeit an Symbolen und mehr Energie in handfeste politische Arbeit zu stecken? Anstatt die Welt durch die Sprache verändern zu wollen, könnte man auch versuchen, die Sprache durch die Welt zu verändern.