Autor Thema: Gottes Plan für Rockträger  (Gelesen 28275 mal)

culture skirt

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #15 am: 17.02.2020 13:40 »
In einer Offenbarungsreligion kann ich ja nicht nach meinen Wünschen das Wort Gottes interpretieren. Ich müsste es so annehmen, wie es von der höchsten Autorität gemeint ist oder die Religion wechseln.
Wenn es den Chefe geben sollte, dann entkommst du ihm so oder so nicht. Da hilft auch kein Schulwechsel wie beim Direktor.

Ich finde es insgesamt schwierig zu verstehen. Ich wünschte die Heilige Schrift wäre mit juristischer Exaktheit formuliert.
Ich habe mal kurz ein sehr religiöses lesbisches Paar auf der Gaypride in Taipei getroffen und war mir wegen ihrer Voreingenommenheit nicht sicher, ob ich ihren Interpretationen Glauben schenken soll. 
Dann könnte man es sich nicht mehr zurecht biegen, wie man es gerade braucht. Darum sind Gesetze klar definiert. Die Bibel und der Koran nicht.
Lesben werden in der Gesellschaft eher toleriert und akzeptiert als Schwule und Männer in der Kleidung des schönen Geschlechts.

Viele Grüße
Jule

Ich meine, es gibt in den Religionen so viele Vorstellungen und Richtlinien, denen man ja nicht allen gerecht werden kann, wenn man sie wörtlich nimmt. Wie aber trifft man Entscheidungen, welche man für sich als gültig und verpflichtend betrachtet und welche nicht?
D.H. "man" ist das falsche Wort, besser: Wie macht Holger das?

LG, Micha
Hallo Michael,

das halte ich nicht für zielführend. Dann kann man alles entkräften und alles wird beliebig. Oder gibt es in der rechten Szene auch unterschiedliche Vorstellungen die man nicht wörtlich nehmen sollte, gut finden kann und differenzieren sollte? Oder nur bei den Dingen, wo sie einem selbst genehm sind?

Viele Grüße
Jule

Offline Holger Haehle

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #16 am: 17.02.2020 16:01 »
Bist Du denn ein gläubiger Christ, Holger, dass Du Dir diese Fragen stellst, die doch nur innerhalb des christlichen Glaubens von Bedeutung sind?

LG, Micha

Naja Micha, die Dame kann ja recht haben. Immerhin deckten sich ihre Ansichten schon sehr weit mit dem was ich aus meinem Katholischen Umfeld kenne. Aber es irritiert mich, wenn es dann doch keine Einigkeit gibt, obwohl unzählige Experten sich mit der korrekten Interpretation beschäftigen. Theologie ist doch eine Wissenschaft. Gleichwohl gehörte das Lesbenpaar zu einer Kirche, die Gottes Gebot anders liest. Gottes Wort ist doch das eine Wort für alle. Glaube ist doch keine Quantenmechanik, wo mit einer Handlung mehr als ein Ergebnis möglich ist.

Ich bin nicht gerne im Ungewissen. Ich glaube dort, wo ich mangels Wissen keine andere Wahl habe. Und ich mag es, wenn ich etwas nicht mehr glauben muss, wenn ich durch Erkenntnis zu Wissen komme. Mehr Klarheit und eine logische interessensunabhängige und verbindliche Interpretation der Bibeltexte wünsche ich mir.

Ein Gott, der die Liebe selbst ist und sich gleichzeitig an Bekleidungsfragen stört und queere Menschen aus seiner Gemeinschaft ausschließt, ist widersprüchlich. Aber da ist sich die Diakonin mit vielen anderen Christen einig, dass das so in Ordnung ist. Wer hat jetzt recht.

Der Hinweis auf den Neuen Bund ist da schon hilfreich. Aber das AT ignorieren geht doch auch nicht. Da stehen immerhin die 10 Gebote drin. Und Jule, wenn der Herr dein Gott im 11. Gebot nicht will, das du Hand anlegst, dann lass es sein. Wenn es Gott gibt, du es aber nur nicht weißt, dann könnte sich deine Verfehlung rächen. Denn wenn Gott ist, also wahrhaftig ist, dann ist er universell und nicht nur innerhalb des Christentums von Bedeutung. Das hat Konsequenzen auf andere Religionen und Ungläubige.

Offline MAS

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #17 am: 17.02.2020 16:29 »

Ich meine, es gibt in den Religionen so viele Vorstellungen und Richtlinien, denen man ja nicht allen gerecht werden kann, wenn man sie wörtlich nimmt. Wie aber trifft man Entscheidungen, welche man für sich als gültig und verpflichtend betrachtet und welche nicht?
D.H. "man" ist das falsche Wort, besser: Wie macht Holger das?

LG, Micha
Hallo Michael,

das halte ich nicht für zielführend. Dann kann man alles entkräften und alles wird beliebig. Oder gibt es in der rechten Szene auch unterschiedliche Vorstellungen die man nicht wörtlich nehmen sollte, gut finden kann und differenzieren sollte? Oder nur bei den Dingen, wo sie einem selbst genehm sind?

Viele Grüße
Jule

Es geht nicht um Beliebigkeit, Jule, sondern um Ambiguität, also Mehrdeutigkeit. Religion ist ja keine Mathematik. Sie arbeitet mit Metaphern, Allegorien, Gleichnissen, Symbolen usw., weil sie letztlich das Umbeschreibbare als Quelle und als Objekt hat. Und das tut sie bzw. im Plural: das tun die Religionen oder präziser: das tun religiöse Menschen in ganz verschiedenen Kontexten. Dabei können ganz unterschiedliche Symbole herauskommen, die dasselbe bedeuten. So gilt es für Juden als Gott gegenüber unföflich, ihm mit nacktem Kopf zu begegnen. Deswegen ziehen Juden zumindest in der Synagoge immer eine Kopfbedeckung an. Christen machen es genau umgekehrt: wenn sie eine Kirche betreten, ziehen sie ihre Kopfbedeckung ab, aber aus demselben Grund. Bieliebig ist das aber nicht, sondern kontextuell. Es ist eher so, dass Beliebigkeit ein Extrem ist, dass dem Sinn von Religion genau so entgegengesetzt ist wie ihr Gegenteil, der Fundamantalismus, das andere Extrem.

Die sog. rechte Szene ist ja selbst eine extreme Szene, gewissermaßen ein poltischer Fundmantalismus. Sie übertreibt Heimatliebe zum Nationalismus und pervertiert sie dadurch sogar, indem sie lehrt, wer seine Heimat liebe, müsse Menschen, die in ihr fremd sind, hassen oder gar deren Heimaten, je nachdem. Aber ja, differenzieren muss man da trotzdem auch, wie beim religiösen Fundamentalismus auch. Es gibt immer solche und solche.

LG, Micha

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Offline MAS

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #18 am: 17.02.2020 17:06 »
Bist Du denn ein gläubiger Christ, Holger, dass Du Dir diese Fragen stellst, die doch nur innerhalb des christlichen Glaubens von Bedeutung sind?

LG, Micha

Naja Micha, die Dame kann ja recht haben. Immerhin deckten sich ihre Ansichten schon sehr weit mit dem was ich aus meinem Katholischen Umfeld kenne. Aber es irritiert mich, wenn es dann doch keine Einigkeit gibt, obwohl unzählige Experten sich mit der korrekten Interpretation beschäftigen. Theologie ist doch eine Wissenschaft. Gleichwohl gehörte das Lesbenpaar zu einer Kirche, die Gottes Gebot anders liest. Gottes Wort ist doch das eine Wort für alle. Glaube ist doch keine Quantenmechanik, wo mit einer Handlung mehr als ein Ergebnis möglich ist.

Ich bin nicht gerne im Ungewissen. Ich glaube dort, wo ich mangels Wissen keine andere Wahl habe. Und ich mag es, wenn ich etwas nicht mehr glauben muss, wenn ich durch Erkenntnis zu Wissen komme. Mehr Klarheit und eine logische interessensunabhängige und verbindliche Interpretation der Bibeltexte wünsche ich mir.

Ein Gott, der die Liebe selbst ist und sich gleichzeitig an Bekleidungsfragen stört und queere Menschen aus seiner Gemeinschaft ausschließt, ist widersprüchlich. Aber da ist sich die Diakonin mit vielen anderen Christen einig, dass das so in Ordnung ist. Wer hat jetzt recht.

Der Hinweis auf den Neuen Bund ist da schon hilfreich. Aber das AT ignorieren geht doch auch nicht. Da stehen immerhin die 10 Gebote drin. Und Jule, wenn der Herr dein Gott im 11. Gebot nicht will, das du Hand anlegst, dann lass es sein. Wenn es Gott gibt, du es aber nur nicht weißt, dann könnte sich deine Verfehlung rächen. Denn wenn Gott ist, also wahrhaftig ist, dann ist er universell und nicht nur innerhalb des Christentums von Bedeutung. Das hat Konsequenzen auf andere Religionen und Ungläubige.

Lieber Holger,

Du gehtst zu naturwissenschaftlich an den Glauben heran. Wusstest Du, dass überproportional viele Fundamentalisten Naturwissenschaftler oder Ingenieure sind und wenige Geisteswissenschaftler? Weil erstere immer unfehlbare Rechnungen suchen, eindeutig wahre Aussagen, während letztere die Ambiguität bejahen. Lies dazu meine Antwort an Jule.

Theologie ist eine Wissenschaft, die aber einem anderen Wissenschaftsverständnis folgt als die MINT-Fächer. Deswegen wird sie von vielen Fundmanalisten ja abgelehnt, wenn sie historisch-kritische und psychologische und soziologische Forschung betreibt. Letztlich ist immer der Mensch ihr Forschungsobjekt, und Gott oder das Absolute nur mittelbar.

Wenn ich theologisch herausfinden will, wie wir uns verhalten sollen und ob eine religiöse Aussage dazu wahr ist oder nicht, frage ich, welche Funktion die hinter der Aussage liegende Vorstellung erfüllt. Nehmen wir das Beispiel mit der Kopfbedeckung: Sollen wir nun Gott gegenüber unsere Häupter bedecken oder nicht? Es ist ja kein Selbstzweck, barhäuptig in das Gottes- oder Gegetshaus zu gehen oder mit Kopfbedeckung. In der jüdischen Tradition ist es eine Angelegenheit von ganz privater Atmosphäre, barhäuptig zu gehen. Das macht man zu Hause. Es ist da sowas wie Nacktheit am Kopf. Nackt zeigt man sich aber nicht hochrangigen Menschen. Und so auch Gott nicht. Also zieht man seine Kippa an. In der europäisch-christlichen Tradition ist es so, dass Hüte einen hohen Rang symbolisieren. Der Ranghohe lässt seinen Hut an, der evtl. auch noch mit Hoheitsabzeichen versehen ist, der Rangniedere zieht seinen aus Höflichkeit dem Ranghöheren gegenüber. Das kommt auch noch aus der Zeit, als Ritter ihre Helme zogen, um sich erkennbar zu machen. In beiden Fällen geht es also um das Erweisen von Respekt Gott gegenüber. Das hat auch weniger mit jüdich und christlich zu tun als mit südwestasiatisch und europäisch. Muslime und orientalische Christen lassen auch eher eine Kopfbedeckung an, wenn sie beten. Die Christen, sofern sie noch nicht europäiisiert sind.

Genau so kannst Du fragen, welchen Sinn andere Kleiderordnungen haben. Sie sollten die gesellschaftliche Ordnung untermauern. In früheren Gesellschaften, in den Zeiten, in denen die Bibel und andere in den heute großen Religionen als Heilige geltende Schriften geschrieben wurden, herrschten patriarchale Gesellschaftsformen, in denen zudem alles kollektiv geregelt war, was mit Geschlecht zu tun hatte, also auch Liebe, Ehe usw. Die jeweilige Position in der Gesellschaft, also ob männlich oder weiblich, ledig, verheiratet oder verwitwet, niedrig- oder hochrangig, wurde in der Kleidung ausgedrückt. Die Kleiderordnung zu missachten bedeutete, die Gesellschaftsordnung zu missachten, und das bedeutete, die Heilige Ordnung, die Hierarchie, zu missachten.

Wir befinden uns heute und vor allem in Europa aber in einer ganz anderen Gesellschaftsordnung, in der Demokratie, Individualismus, Gleichrangigkeit die Fundamente darstellen (bei aller Unvollkommenheit ihrer konkreten Ausbildung).

Heute ist es so, dass verschiedenen Paradigmen - ein Begriff von dem Physiker Thomas Kuhn, der ihn auf Wissenschaftsgeschichte anwandte, den Hans Küng auf Religionsgeschichte übertragen hat - parallel zueinander existieren. Hier die Definition des Wortes: „Gesamtkonstellation von Überzeugungen, Werten und Verfahrensweisen, die von den Mitgliedern einer bestimmten Gemeinschaft geteilt werden“ (Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt 2. Aufl. 1976, S. 186).
Hier kannst Du Küngs Paradimenmodell mal angewandt auf das Judentum ansehen: https://www.global-ethic-now.de/gen-deu/0b_weltethos-und-religionen/0b-pdf/paradigmenwechsel-judentum.pdf, hier auf das Christentum: https://www.global-ethic-now.de/gen-deu/0b_weltethos-und-religionen/0b-pdf/paradigmenwechsel-christentum.pdf und hier auf den Islam: https://www.global-ethic-now.de/gen-deu/0b_weltethos-und-religionen/0b-pdf/paradigmenwechsel-islam.pdf

Menschen, die verschiedenen Paradigmen innerhalb derselben Religion anhängen, verstehen einander oft weniger, als Menschen, die ähnlichen Paradigmen in verschiedenen Religionen anhängen. Der Dialog zwischen den Paradigmen ist oft schwieriger als der zwischen den Religionen.

Nochmal zur Kleiderordnung: Nehmen wir das Beispiel "islamisches Kopftuch". Islamistinnen versuchen oft, ein Paradigma einer der vergangenen Epochen wiederzubeleben. Sie lesen in Koran und Sunna Hinweise auf die Pflicht, die erotischen Stellen des Körpers zu bedecken und tun das, weil sie meinen, Gott habe das befohlen. Islamistische Männer meinen, die Pflicht zu haben, das zu überwachen und Frauen, die das missachten, zu bestrafen. Musliminnen, das das moderne oder gar nachmoderne Paradigma verinnerlicht haben, fragen, welche Funktion das Kopftuch denn erfüllen solle und kommen historisch-kritisch zu der Meinung (man kann auch "Erkenntnis" sagen), dass das Kopftuch über Jahrhunderte lang, die freie, durch ihre Familie und das Gesetz geschützte Frau auszeichnete, während Slavinnen keines tragen durften und so auch nicht vor Vergewaltigung geschützt waren. Also hatte das Kopftuch die Funktion, die Frau vor männlichen Übergriffen zu schützen. Inserer modernen, säkularen Gesellschaft heute aber erfüllt es diese Funktion nicht mehr. Man ist als Frau eher geschützt, wenn man sich unauffälliger kleidet. Kopftücher fallen aber auf. Somit erfülle man den Rat Gottes, sich so zu kleiden, dass man geschützt ist, eher, wenn man kein Kopftuch trägt.

Versuche mal, so an die religiösen Fragen heranzugehen.

LG, Micha
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Offline Seravajan

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #19 am: 17.02.2020 18:10 »
Die Männer tragen erst seit der Franz. Revolution nur noch Hosen. Gemäss unserem Priester ist die Franz. Revolution einer der grössten Sündenfälle. Und dennoch meinen sie, dass Männer mit wenigen Ausnahmen (zB Kilt) nur Hosen tragen müssen.
Die grösste Gleichschaltung aller Zeiten wirkt bis in unsere Tage nach mit den negativen Auswirkungen. Übrigens hatte der christliche Glaube durch die Franz. Revolution ziemlich gelitten und durch die Industrialisierung und die heutige Technologie wurde das noch schlimmer. Sogar die röm. kath. Kirche steckt in einer tiefen Krise. Unsere Kirche, die ein Ableger der röm. kath. Kirche ist, bedauert die Krise sehr. Wir haben aber deswegen regen Zulauf, weil wir den kath. Glauben so zelebrieren, wie er eigentlich sollte.
Wenn Männer wirklich Männer wären, könnten sie auch ganz souverän Röcke und/oder Kleider tragen, anstatt sich durch das ausschließliche Tragen von Hosen beweisen zu müssen, daß sie Männer seien.
Nils Pickert

Offline MAS

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #20 am: 17.02.2020 18:18 »
Welcher Kirche gehörst Du an, lieber Seravajan? Der Alt-Katholischen? Oder der Pius-Bruderschaft? Oder welcher sonst?

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Offline Holger Haehle

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #21 am: 17.02.2020 18:35 »
Danke Micha,

ich erlaube mir mal deinen Text auszudrucken, um ihn mir in Ruhe zu Gemüte zu führen. Das ist ja alles sehr spannend. Dein Absatz zu den früheren Gesellschaften, in den Zeiten, in denen die Bibel und andere in den heute großen Religionen als Heilige geltende Schriften geschrieben wurden, zeigt vielleicht mein Problem. Denn wie du schreibst, herrschen damals patriarchale Gesellschaftsformen. Und jetzt gehe ich davon aus, das ein offenbarender Gott seine Religion unabhängig von gesellschaftlichen Vorgaben formuliert, schließlich geht es ja um metaphysische Wahrheiten.

Ich habe aber immer wieder den Verdacht, das entweder Menschen ihre spirituellen Sehnsüchte als Religion offenbaren oder die göttliche Offenbarung  durch die patriarchale Lupe des damaligen Zeitgeists verfälschend wieder- und weitergegeben wurde. Was ist Gottes Wort und was ist Menschenwerk? 

Ich meine, auch ohne einen realen Religionsstifter kann eine konstruierte Religion durchaus ein humanistisches und moralisches Konzept zur Lebenstherapie ergeben. Mehr Archäologie, Soziologie und Psychologie in der Theologie könnte da Klärung schaffen. Ich fände es schade, wenn Menschen wegen ihrer Kleidung oder Sexualität ausgegrenzt werden, obwohl der Gott das gar nicht so gemeint hat, aber er von Menschen vertreten wird, die das wegen einer latenten Homophobie so nicht sehen wollen.

Vielleicht hat Jule teilweise recht, wenn er quasi andeutet, dass so mancher Prophet in seiner Verklärung psychologische Hilfe gebraucht hätte. Jedenfalls wurde der Turm zu Babel zu Ende gebaut und nicht durch Sprachverwirrung verhindert. Das ist sozusagen schwarz auf weiß in Keilschrift in Originalschrifttafeln belegt.

Jedenfalls habe ich den Eindruck, Fundamentalisten sind näher an den Originalschriften und somit näher an dem was Gott wirklich will. Aber was ist, wenn auch beispielsweise die orthodoxen Juden oder vedischen Hindus nur einem älteren Zeitgeist erliegen. Natürlich suche ich Klarheit und die Diakonin hatte einfache Lösungen. Ich weiß nur nicht, in wie weit sie theologisch recht hat. Aber natürlich muss es einfache Lösungen geben. Wie sonst kann ein einfacher Menschen Gott finden.

Offline MAS

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #22 am: 17.02.2020 19:31 »
Lieber Holger,

die moderne christliche Theologie bezeichnet die Bibel als Gotteswort durch Menschenwort.

Wir haben in allen Religonen sehr verschiedene Paradigmen aus ganz verschiedenen Zeiten parallel zueinander laufen. Teilweise entstehen dadurch Situationen, in denen zueinander nicht passende Sichtweisen zusammenkommen, also Anachronismen. Das ist m.E. bei Fundamentalismen der Fall. Sie übertragen Sichtweisen einer Entwicklungsstufe in den Kontext einer anderen.
Es kommt aber noch was anderes dazu: Evolutionspsychologisch sind wir alle kaum unterschieden von den Urmenschen. Zum Beispiel neigen wir alle dazu, hinter einer Bewegung einen Beweger zu vermuten. Wir personalisieren gerne.  Diesem Personalisierungsdrang entspricht auch unsere Vorstellung eines personalen Gottes. Wir sehen ihn ähnlich wie einen Menschen, der was denkt und sagt, fühlt und will, handelt oder auch mal nicht handelt.

Es gab und gibt immer wieder Denker, die Gott oder das Absolute apersonal oder transpersonal beschreiben. Oder gar als im herkömmlichen Sinne grund- und sinnlos. (Das führt jetzt vielleicht zu weit, weil ich dadurch den Theismus verlasse, in dem wir uns ja momentan diskursiv bewegen. Lassen wir das also.)

Aber auch theistisch kann ich mir einen Gott vorstellen, der nicht wie ein Mensch handelt, sondern durch die Naturbewegungen inklusive durch das menschliche Denken. Das Problem ist nur, dass wir Menschen eine reflexive Bewegung machen, indem wir über uns nachdenken. Das Denken denkt über sich selbst nach. Und so denkt Gott durch das menschliche Denken über sich selbst nach, aber das einzelne menschliche Denken fasst das nicht alles. Das menschliche Denken ist gebrochen und abhängig von vielem. Von Gott her aber passt es. (Ach Mist, ich verhaspele micht. Ich bin es nicht gewohnt, von Gott her zu denken und das theologisch auszudrücken was ich mystisch fühle.)

Ich versuche es nochmal vom Menschen her: Menschen machen religiöse/spirituelle Erfahrungen, die sie interpretieren müssen. Die Interpretation findet immer im Rahmen der kulturellen Prägung statt. Die ist aber global und geschichtlich sehr vielfältig und unterschiedlich. So lesen sich Bücher wie das I Ging, die Veden, das Dau De Djing, der Pali-Kanon, die Bibel, der Koran, das Kitab al-Aqdas usw. usf. sehr unterschiedlich. Wenn wir - theistisch gesprochen - Gottes Willen daraus erkennen wollen, müssen wir sehr vorsichtig sein. Man findet ihn zwar im Geschriebenen, aber eher zwischen oder hinter den Zeilen als in ihrer wortwörtlichen lexikalischen Bedeutung. Es gibt keine Garantie, die Schriften richtig zu verstehen. Auch Theologie gibt diese Garantie nicht. Selbst Fundamentalisten können für sich passende Interetationen finden, mit denen sie klar kommen. Ja, "passen" ist das Schlüsselwort. Jeder muss einen für sich passenden Zugang finden, will er etwas von diesen Schriften haben. Das ist aber keine Willkür, denn wir bestimmen nicht willkürlich, was passt. Es hat nichts mit Lust und Laune zu tun, sondern mit dem Finden des richtigen Schlüssels für ein vorhandenes Schlüsselloch. Deswegen ist es auch sinnlos, darüber zu streiten.

Ach, das ist  nicht so einfach zu erklären.

Jedenfalls sind die Fundamentalisten nicht näher an der ursprünglichen Bedeutung der Heiligen Schriften, sondern haben nur einen für sich passenden Schlüssel gefunden, von dem sie fälschlicher annehmen, es sei er einzige richtige für alle Menschen. Aus der Sicht eines modern-liberal Gläubigen begehen sie einen Anachronismus. Aber sie haben für sich einen Weg der Komplexitätsreduzierung gefunden, mit dem sie leben können, der für Modern-liberlale aber nicht gehbar ist. Umgekehrt ist der sehr komplexe modern-liberale Weg für Fundis nicht gehbar. Menschen sind unterschiedlich und brauchen unterschiedliche Formen von Religiosität/Spiritualität.

Wenn ich das so richtig sehe, suchst Du einen für Dich passenden Weg.

LG, Micha 
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Offline MarkM

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #23 am: 17.02.2020 21:22 »
Lieber Holger,

wenn jemand so genau weiß, wie die Diakonin, die Dir begegnet ist, was Gottes Wille für uns im Jahr 2020 ist, dann schrillen bei mir alle Alarmglocken. Was Du - aus meiner Sicht - erlebt hast, ist eine Form des geistlichen Machtmissbrauchs, den die katholische Kirche in Deutschland unter anderem im Synodalen Prozess aufzuarbeiten versucht. Ich kann aber respektieren, dass es in dieser Gemeinde bestimmte Ansichten gibt, welche Kleidung im Gotteshaus angemessen ist.

Dein Erlebnis als Messdiener - ich kenne einige ältere Geistliche, die in ihrer Studentenzeit geschätzt haben, dass man im Sommer unter der Soutane (ein bodenlanges Gewand) nur die Badehose anziehen musste. Aber das ist schon lange her... Vergiss den Rüffel Deines Kaplans!

Theologisch hat Micha schon ganz viel gesagt. Als Ergänzung noch meine Einschätzung, dass 5 Mose 22,5 eine herausfordernde Textstelle ist. Schon alleine die Übersetzung "Kleidung" ist nicht eindeutig - die Einheitsübersetzung von 2016 spricht von "Ausrüstung" des Mannes... Die Stelle kann auf die Unterschiedlichkeit von Frau und Mann hinweisen - wenn jede(r) seine Rolle ausfüllt, ist das zum Wohle der Familie und des Volkes. Es kann aber auch um eine Abgrenzung von Formen der Götterverehrung von Nachbarvölkern gehen. Und ich habe keinen Text gefunden, in dem diese Stelle mit unserem heutigen Wissen um die vielen Stufen zwischen Frau und Mann gelesen wurde.

Einen schönen Abend wünscht
MarkM


Offline MarkM

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #24 am: 17.02.2020 21:29 »
Und noch etwas,

es gibt genug Regionen auf der Erde, wo Männer traditionell Röcke oder Kleider tragen. Wie viele von ihnen Christen sind, weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, dass sie sich nicht von ihrer traditionellen Kleidung trennen müssen, wenn sie Christen sein wollen. Da gab es schon bei den Aposteln eine Auseinandersetzung, ob man erst beschnitten werden muss - wie ein Jude - um dann Christ werden zu können. Die Entscheidung war "nein". Du kannst Christ werden/sein einfach mit dem was Du mitbringst - an Vergangenheit, Kultur, Kleidungsstilen..

Einen schönen Abend und eine gute Nacht wünscht
MarkM

Offline MAS

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #25 am: 17.02.2020 21:38 »
Lieber Mark,

die Frage der Beschneidung ist ein ganz anderes Kaliber als die der Kleidung. Die Beschneidung geht auf die Erzählung des Bundes zwischen Abraham und Gott zurück. Das ist also mehr als eine Verhaltensanordnung. Für Juden und Muslime ist sie noch heute ein Beweis dieses Bundes. Dieses Zeichen zu kündigen war für Paulus mehr, als nur die Gesetzesfrömmigkeit als unwichtig darzustellen. Sie war ein ganz klarer Bruch mit dem Judentum und für die Entstehung des Christentums als eigener Religion viel zentraler.

Zudem brachte sie dem Christentum in der Mission bei Angehörigen anderer Religionen ein Wettbewerbsvorteil. Die Juden waren damals im Römischen Reich auch sehr erfolgreich in der Bekehrung zu ihrer Religion. Aber für Männer war der Preis ungleich höher als für den Übertritt zum Christentum.

Aber ungeachtet dessen finde ich Deine beiden Beiträge sehr gut.

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« Antwort #26 am: 18.02.2020 00:08 »
Ich kann aber respektieren, dass es in dieser Gemeinde bestimmte Ansichten gibt, welche Kleidung im Gotteshaus angemessen ist.
Waren Adam und Eva obenrum nicht nackt? ^^

Offline MAS

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« Antwort #27 am: 18.02.2020 00:26 »
Ich kann aber respektieren, dass es in dieser Gemeinde bestimmte Ansichten gibt, welche Kleidung im Gotteshaus angemessen ist.
Waren Adam und Eva obenrum nicht nackt? ^^

Vor dem Sündenfall auch unten rum. Aber es war auch kein Gotteshaus, sondern der Garten Eden.

LG, Micha
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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #28 am: 18.02.2020 00:31 »
Aber es irritiert mich, wenn es dann doch keine Einigkeit gibt, obwohl unzählige Experten sich mit der korrekten Interpretation beschäftigen.
Der Allgemeinheit sind deine Experten egal. Für die gehört sich das nicht und fertig.
Zitat
Theologie ist doch eine Wissenschaft.
Solange du das glaubst, wirst du immer diese Probleme und Aufklärungsarbeit haben.

@Quantenmechanik. Darum ist Glaube auch keine Wissenschaft. Und das Wort von Frauen wiegt anders als das von einem Mann. Bei mir auf Arbeit gibts auch Einen, der sich offen dazu bekennt, dass er Schwule eklig findet, aber nichts anstößiges bei zwei Frauen findet, wenn sie sich küssen. Ich hab ihn dann gefragt, was den Unterschied bei ihm ausmacht. Er meinte, dass Männer untereinander Krankheiten verbreiten und es unnatürlich ist, wenn sich Männer was einführen und es hässlich aussieht. Bei Frauen sei das was anderes, weil es sauberer ist und anatomisch von der Natur vorgesehen. Mit den Röcken an Männern sieht er es ähnlich. Auch wenn er es wohl oder übel duldet, solange er selber nicht so rumlaufen muss.

Zitat
Der Hinweis auf den Neuen Bund ist da schon hilfreich. Aber das AT ignorieren geht doch auch nicht.
Die Mehrheit, wie ich auch, weiß doch gar nicht, was und wo im 1. noch im 2. oder 3.? Testament drinnen steht.

Zitat
Da stehen immerhin die 10 Gebote drin. Und Jule, wenn der Herr dein Gott im 11. Gebot nicht will, das du Hand anlegst, dann lass es sein. Wenn es Gott gibt, du es aber nur nicht weißt, dann könnte sich deine Verfehlung rächen. Denn wenn Gott ist, also wahrhaftig ist, dann ist er universell und nicht nur innerhalb des Christentums von Bedeutung. Das hat Konsequenzen auf andere Religionen und Ungläubige.
Was willst du damit sagen? Dass alle in die Hölle wandern, weil sie mal Selbstbefriedigung oder andere "Schweinereien" gemacht haben? (Das glauben die Araber und Moslems auch.) Für die wichtigsten Gebote, die man in einer Gesellschaft einhält, reicht das StGB aus.

Viele Grüße
Jule

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Antw:Gottes Plan für Rockträger
« Antwort #29 am: 18.02.2020 07:41 »
Jule, immerhin gibt Du nicht nur zu, dass Du religiös unmusikalisch bist, sondern auch ein religiös analphabetisch. Daher entgeht Dir auch vieles an Verständnis für Religion.

Und Verständnis für verschiedene Wissenschaftsverständnisse hast Du auch nicht.

Ich würde mal sagen, Du praktizierst eine ähnliche Koplexitätsreduzierung, wie viele religiöse Fundamentalisten es tun, bist also gewissermaßen ein areligiöser Fundamentalist.  Findest Du Dich in dieser Zuschreibung wieder?

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