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Röcke und mehr... => Rund um den Rock => Thema gestartet von: Mann im Rock am 09.02.2017 19:35

Titel: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 09.02.2017 19:35
Als rocktragende Männer in der Öffentlichkeit sind wir auch immer irgendwie Werbebotschafter, egal ob wir wollen oder nicht. Aber wir kleiden uns abweichend von der Norm und fallen mehr oder weniger auf. Aber selbst wenn wir weniger auffallen, ist es noch immer mehr als ein Mann in Jeans und Shirt.

Das Organon-Modell von Bühler ist eigentlich auf sprachliche Kommunikation ausgerichtet. Es lässt sich aber auch in nonverbalen Bereichen verwenden. Es gibt immer irgendwo einen Sender, einen Empfänger und eine Beziehung zwischen beiden. Der Sender will sich ausdrücken. Auf uns bezogen ist es der Mann, der sich mit Rock bekleidet. Zwischen Sender und Empfänger steht die Darstellung, die reine wertfreie Information, dass es auch Männer gibt, die Röcke tragen. Zuletzt wird ein Signal, ein Appell gesendet, gewollt oder nicht. Dieser Appell reicht dahin, auch andere noch unsichere Männer dazu zu bewegen, es doch auch einmal mit Rock zu versuchen, bis dahin, dass bei manchen Leuten die Einstellung gefestitgt wird, Röcke gehören allein den Frauen.

Zitat
Aus Video-Auswertungen und Befragungen zu einigen Experimenten meiner Arbeitsgruppe wissen wir, dass etwa ein Drittel der Menschen, in deren Sichtfeld eine rocktragende Versuchsperson beim Flanieren durch eine Fußgängerzone war, diese nicht wahrnahmen. Ein weiteres Drittel zeigte allgemeine, offene und wertneutrale Neugier. Ungefähr ein Viertel zeigte sich leicht irritiert. Nur 5-8% waren schockiert. Sie drehten sich um oder starrten mit weiten Augen und offenem Mund der Versuchsperson hinterher. (Die Zahlen sind Näherungswerte, die variieren können je nach Ort und Zeit)

Holgers Auswertungen geben schon einmal ein grobes Bild. 5-8% aller Leute reagierten schockiert. Das wäre nach dem Organon-Modell die Ebene des Appells. Allerdings würde ich Studien dieser Art verfeinern wollen. Denn der Ausdruck, wie man sich mitteilt, also wie man sich kleidet, spielt eine große Rolle für den gesendeten Appell.

Es reicht nicht allein aus, sich vor den Spiegel zu stellen, zu sagen "gefällt mir" und dann nach draußen zu gehen. Es wird die Interaktion mit allen anderen Personen vergessen, von denen man wahrgenommen wird. Insofern sollte auch immer der Gedanke eine Rolle spielen, wie man wirken könnte und wie man wirken will. Oder zum mindesten: Wie will man auf keinen Fall auf andere wirken?

Wenn ein Mann seinen Kleidungsstil lebt, wenn er sich mit Rock eher dezent und gefällig kleidet, wenn die Komposition stimmt, wird seine Umgebung tendenziell eher wohlgefällig reagieren. Ich habe starke Zweifel, ob dann überhaupt 5% der Leute schockiert reagieren, sondern vernachlässigbar wenige. Wenn jemand ums Verrecken auffallen will, ein Mann im Ballkleid an einer Dönerbude, dann werden es sicher mehr als 8% sein, die schockiert sind. Wenn die Absicht des Mannes im Ballkleid ein clowneskes Verhalten war, hat er sein Ziel erreicht. Wenn aber seine Intention darin lag, andere Männer dazu bewegen zu können, sich auch mal so zu kleiden, dürften sein Ausdruck und der gesendete Appell nicht zusammen passen. Er wird eher abschreckend wirken.

Selbst wenn man nach draußen geht und nichts weiter will, als seine Freude auszuleben, verkennt man damit, dass man Signale an seine Umwelt sendet. Insofern ist es wichtig, dass eine gedankliche Abstimmung erfolgt. Wenn die Umgebung nicht interessiert, sollte zumindest die Frage grundlegend sein, wie man auf keinen Fall wirken will. Positiv gesehen ist es die Frage, wie man sich kleidet, wie man seinen Stil findet, um mit seinem Ausdruck den gesendeten Appell etwas zu steuern. Und dieser gesendete Appell - wie soll der aussehen? Was will man erreichen? Wie will man wirken?

Ob man tatsächlich so ankommt, ist eine ganz andere Fragestellung. In vielen Fachrichtungen lernt man, wie man ein Thema behandelt, um das und das Ergebnis zu erreichen. In der Rhetorik lernt man dies und das, um Leute zu überzeugen. Immer ist man sich bewusst, dass man niemals alle wird überzeugen können, aber ein gewisser Teil wäre ganz schön. Wie groß dieser Anteil ist, gibt dann wieder Rückschlüsse auf die angewandte Rhetorik. Wenn man nicht ankommt, liegt es auch immer an einem selbst.

Entsprechend spielt es immer eine Rolle, welchen eigenen Stil man pflegt. Insofern sind auch Stilfragen von Bedeutung. Denn immer sendet der eigene Ausdruck ein Signal an andere. Und wie dieses Signal aussieht, liegt nicht allein im Bereich der anderen, sondern wir können hier einen Einfluss ausüben, eine Richtung anstreben. So ist es wichtig, sich immer die Frage zu vergegenwärtigen: Wie will ich wirken? Wie kann ich das erreichen? Und so manches Mal gilt: Weniger ist Mehr. Es gibt kein Ursache-Wirkungs-Verhältnis, sondern man interagiert.

Gruß Matthias

Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 09.02.2017 22:03
Na ja, solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" habe ich mir früher auch viele gemacht, was meist dazu führte, dass ich nicht tat, was ich tun wollte. Seit dem ich bei einer Meditation eine Vision bekam, wie es wäre, einfach zu tun, was ich für richtig halte, geht es mir besser.

LG, Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: JJSW am 09.02.2017 23:18
Lieber Micha
Da stimme ich Dir zu.
Solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" standen mir zu Beginn meines Röcke tragens auch im Weg.
Seit ich mich davon befreit hab, ist es ganz einfach mit dem Rock rauszugehen.

Trotzdem bin ich beeindruckt, was Holger und nun auch Matthias für umfangreiche Erörterungen zum Thema Röcke tragen schreiben können. Da staune ich nur. So tolle Texte bekomme ich nicht zustande.

Gute Nacht
Gruß
Jürgen
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 10.02.2017 00:38
Lieber Micha
Da stimme ich Dir zu.
Solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" standen mir zu Beginn meines Röcke tragens auch im Weg.
Seit ich mich davon befreit hab, ist es ganz einfach mit dem Rock rauszugehen.

Trotzdem bin ich beeindruckt, was Holger und nun auch Matthias für umfangreiche Erörterungen zum Thema Röcke tragen schreiben können. Da staune ich nur. So tolle Texte bekomme ich nicht zustande.

Gute Nacht
Gruß
Jürgen


Ich meine, ich will auch wirken. Ich habe auch ein missionarisches Bewusstsein. Aber ich denke, wenn ich mir jetzt so viel überlege, wie das, was ich tue ankommt und darüber vergesse, was ich tun will, dann geht doch der Schuss nach hinten los.

Ich brachte ja schon oft das Sandalen-Socken-Beispiel. Man kann beides ideologisieren, dass man keine Socken zu Sandalen trägt oder dass man welche trägt oder dass man erst gar keine Sandalen trägt ans "Herr von Welt". Ich trage gerne Sandalen, je nach Temperatur mit oder ohne Socken. Und da mache ich mit mit Absicht keine Gedanken mehr darum, was wer wohl darüber denken mag. Ich weiß, warum ich es tue, und erkläre es auch gerne, aber ich übe keinen vorauseilenden Gehorsam und mache keine Marktforschung, mit welcher der Trageweisen ich mehr Leute überzeuge.

LG, Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: JJSW am 10.02.2017 05:39
Schönen guten Morgen
Also mein Hirn schalte ich nicht komplett aus, wenn ich im Rock rausgehe.
Aber ich konnte noch keinen anderen Mann zum Röcke tragen überzeugen.
Daher hält sich mein missionarischer Eifer in Grenzen.
Ich kann nur zeigen, das es möglich ist, als Mann Rock zu tragen, bequem, komfortabel, luftig und mit eigenem Stil, abseits des Mainstream.

Wenn ich draußen im Rock bin und mich jemand darauf anspricht, gebe ich gerne bereitwillig Auskunft.

Und natürlich darf jeder seine Sandalen tragen wie er will.

Gruß
Jürgen
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 10.02.2017 08:27
Na ja, solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" habe ich mir früher auch viele gemacht, was meist dazu führte, dass ich nicht tat, was ich tun wollte. Seit dem ich bei einer Meditation eine Vision bekam, wie es wäre, einfach zu tun, was ich für richtig halte, geht es mir besser.

LG, Micha

Schade.Da scheint jemand die Abzweigung verpasst zu haben. Stichwort Interaktion. Der Weg führt nicht von A nach B und wieder zurück, sondern setzt sich in einer Spirale unendlich fort. Nicht in dem Sinne: Es ist egal, was andere denken,das wird irgendwann auch nur noch langweilig. Es geht vielmehr um ein experimentelles Probieren und Studieren und ein heikles Schauen und Wahrnehmen,wie die Wirkung ist. Es geht letzten Endes darum, Fremd- und Selbsteinschätzung zur Deckung zu bringen statt sie auseinander laufen zu lassen.
Grüß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: GregorM am 10.02.2017 08:32

Also mein Hirn schalte ich nicht komplett aus, wenn ich im Rock rausgehe.
Aber ich konnte noch keinen anderen Mann zum Röcke tragen überzeugen.
Daher hält sich mein missionarischer Eifer in Grenzen.


Hallo Jürgen,

woher weißt du, dass du niemanden dazu bewegt hast, Röcke zu tragen? Es ist doch sehr möglich, dass du einigen Impulse dazu gegeben hast.
Die, die dich gesehen haben möchten und die Idee gut fänden, brauchten ja nicht mit dir darüber zu reden.

Gruß
Gregor
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Peter am 10.02.2017 09:05
Aber ich konnte noch keinen anderen Mann zum Röcke tragen überzeugen.
Daher hält sich mein missionarischer Eifer in Grenzen.
woher weißt du, dass du niemanden dazu bewegt hast, Röcke zu tragen? Es ist doch sehr möglich, dass du einigen Impulse dazu gegeben hast.

Das ist sehr gut möglich. Ich weiss von mehreren, Clubkameraden beispielsweise, dass sie auch Kilts und dergleichen im Schrank haben, sich aber nicht trauen, diese im Alltag zu tragen.

Da reicht vielleicht schon ein kleiner Impuls, damit sie es eines Tages doch probieren. Na gut: bis jetzt hat es noch nicht geklappt.

Ausser man deklariert einen Abend als "Kilt-Abend", was wir schon gemacht haben, -dann tauchen sie direkt in grösserer Zahl auf  ::)

LG

Peter
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: JJSW am 10.02.2017 09:20

Also mein Hirn schalte ich nicht komplett aus, wenn ich im Rock rausgehe.
Aber ich konnte noch keinen anderen Mann zum Röcke tragen überzeugen.
Daher hält sich mein missionarischer Eifer in Grenzen.


Hallo Jürgen,

woher weißt du, dass du niemanden dazu bewegt hast, Röcke zu tragen? Es ist doch sehr möglich, dass du einigen Impulse dazu gegeben hast.
Die, die dich gesehen haben möchten und die Idee gut fänden, brauchten ja nicht mit dir darüber zu reden.

Gruß
Gregor


Hallo Gregor
Das kann sein, das ich Impulse gegeben habe, auch wenn ich die Resultate nicht direkt sehe. Ich werde meinen Weg im Rock weiter gehen.
Gruß
Jürgen
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 10.02.2017 19:05
Na ja, solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" habe ich mir früher auch viele gemacht, was meist dazu führte, dass ich nicht tat, was ich tun wollte.

Hallo Micha,
da stimme ich dir voll und ganz zu. Aber das war einmal, und der Weg geht weiter. Dein Denken scheint mir rückwärtsgewandt. Ja, all die Gedanken damals, was die Leute denken könnten, führten eher dazu, nicht zu tun, was man tun wollte. Bis man endlich dazu kam, sich von seinen eigenen Gedanken zu lösen und zu befreien, so dass man auch Röcke in der Öffentlichkeit tragen konnte.

Jetzt geht der Weg nicht zurück. Ich mache mir keine zermürbenden Gedanken mehr darüber, was die Leute denken könnten (Konjunktiv). Ich trage mal dieses mal jenes Outfit, nehme seismographisch war, welchen Grad an Erschütterung ich in der Umwelt wahrnehme. Ich nehme die Reaktionen der Mitmenschen auf (Imperativ). Wenn Holger von 5-8% total erschütterter Leute schrieb, bin ich eher unterhalb dieser Quote, vielleicht bei 1-2%. Ich weiß aber, wie ich diese Quote variieren und steigern kann und könnte, und ich tue es auch, wenn meine Stimmung danach ist. Und ich weiß, dass ich mir ein gewisses Maß nicht zumuten will, z.B. wenn sich jeder zweite oder dritte mit offenem Mund nach mir umdrehen würde.

Das ist das Zusammenspiel zwischen dem persönlichen Ausdruck und dem Wahrnehmen von Wirkungen. In diesem Zusammenspiel wird für mich deutlich, dass man sich als Mann durchaus seinen eigenen Stil herausbilden kann. Und dass man nicht unbedingt alles tun muss, nur weil es möglich ist, dass man sich kein Abendkleid, keinen Blümchenrock, kein Dirndl anziehen muss. Weil damit sorgst du dafür, dass alle Leute mit offenem Mund stehen bleiben und die Seriosität eines Mannes im Rock total in Frage gestellt wird.

Gruß Matthias


Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 10.02.2017 19:29
Zitat
Weil damit sorgst du dafür, dass alle Leute mit offenem Mund stehen bleiben und die Seriosität eines Mannes im Rock total in Frage gestellt wird.
Das, lieber Matthias, ist maßlos übertrieben.

Bestenfalls 10% der Leute bleiben mit offenen Mündern stehen, schätze ich.

Die Seriosität eines Mannes wird nicht durch die Klamotten, sondern durch die sexistische, frauenverachtende Denkweise mancher Leute in Frage gestellt.

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 10.02.2017 19:40
Na ja, solche Gedanken, "wie will ich wirken und was werden wohl die Leute denken" habe ich mir früher auch viele gemacht, was meist dazu führte, dass ich nicht tat, was ich tun wollte.

Hallo Micha,
da stimme ich dir voll und ganz zu. Aber das war einmal, und der Weg geht weiter. Dein Denken scheint mir rückwärtsgewandt. Ja, all die Gedanken damals, was die Leute denken könnten, führten eher dazu, nicht zu tun, was man tun wollte. Bis man endlich dazu kam, sich von seinen eigenen Gedanken zu lösen und zu befreien, so dass man auch Röcke in der Öffentlichkeit tragen konnte.

Jetzt geht der Weg nicht zurück. Ich mache mir keine zermürbenden Gedanken mehr darüber, was die Leute denken könnten (Konjunktiv). Ich trage mal dieses mal jenes Outfit, nehme seismographisch war, welchen Grad an Erschütterung ich in der Umwelt wahrnehme. Ich nehme die Reaktionen der Mitmenschen auf (Imperativ). Wenn Holger von 5-8% total erschütterter Leute schrieb, bin ich eher unterhalb dieser Quote, vielleicht bei 1-2%. Ich weiß aber, wie ich diese Quote variieren und steigern kann und könnte, und ich tue es auch, wenn meine Stimmung danach ist. Und ich weiß, dass ich mir ein gewisses Maß nicht zumuten will, z.B. wenn sich jeder zweite oder dritte mit offenem Mund nach mir umdrehen würde.

Das ist das Zusammenspiel zwischen dem persönlichen Ausdruck und dem Wahrnehmen von Wirkungen. In diesem Zusammenspiel wird für mich deutlich, dass man sich als Mann durchaus seinen eigenen Stil herausbilden kann. Und dass man nicht unbedingt alles tun muss, nur weil es möglich ist, dass man sich kein Abendkleid, keinen Blümchenrock, kein Dirndl anziehen muss. Weil damit sorgst du dafür, dass alle Leute mit offenem Mund stehen bleiben und die Seriosität eines Mannes im Rock total in Frage gestellt wird.

Gruß Matthias




Wobei mir da ein Verhalten an mir einfällt, das ich praktiere, weil ich eine bestimmte Reaktion verhindern möchte, obwohl ich keine empirische Erfahrung damit habe, dass sie einträfe: Bei Lehrveranstaltungen in der Uni trage ich lieber lange Röcke, weil ich nicht die Blicke der Studierenden auf meine Beine lenken möchte. Ich habe auch schon mal im kurzen Rock unterrichtet, ohne dass die Studis sich irgendwie anders verhalten hätten, und doch fühle ich mich im langen Rock in dieser Situation wohler.

Na ja, Matthias, ich nehme natürlich auch meine Mitmenschen wahr. Ich habe schon Zustimmmung und Ablehnung erfahren in Bezug auf meine Röcke oder - wie schon erwähnt - meine Sandalen. Und manchmal erfuhr ich zu demselben Kleidungsstück Zustimmung von einer und Ablehnung von einer anderen Seite. Nach wem soll ich mich dann richten?

Von Dir habe ich Ablehnung in Bezug auf meine Gelb-grün-blau-schwarz-Kombination erfahren. Seit dem trage ich die so nicht mehr und ärgere mich dabei über mich selber. Ich habe mir nämlich so gefallen, und gefalle mir immer noch, habe aber jetzt Angst davor, dass noch mehr Leute denken wie Du und mich deshalb ablehnen. Blöd, gell? Denn in Bezug auf den Rock mache ich mir inzwischen keine großen Gedanken mehr über Ablehnungen.

Ich muss also nochmal diese Farbkombination tragen, um wieder zu lernen, mich darin wohlzufühlen. Es hat ja sonst niemand gemeckert, auch nicht meine Frau, die schon sagt, wenn ihr eine Kombination nicht gefällt. Auch einer meiner Lieblingsröcke gefällt ihr nicht so wie mir.

Insofern wirst Du sicher verstehen, dass ich diese Stildiskussionen als stressig empfinde, weil, wenn ich mal damit anfange, werde ich immer unsicherer. Dann muss ich irgendwann tragen, was anderen gefällt, egal, ob es mir gefällt oder nicht.

LG, Micha

 
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 10.02.2017 20:01
Zitat
Von Dir habe ich Ablehnung in Bezug auf meine Gelb-grün-blau-schwarz-Kombination erfahren. Seit dem trage ich die so nicht mehr und ärgere mich dabei über mich selber. Ich habe mir nämlich so gefallen, und gefalle mir immer noch, habe aber jetzt Angst davor, dass noch mehr Leute denken wie Du und mich deshalb ablehnen.

Jetzt bin ich doch erstaunt, lieber Michael!

Erstaunt darüber, dass Du Dich so stark von einer (virtuellen) Meinungsäußerung in einem Forum beindrucken lässt. Entgegen den Erfahrungen, die Du im realen Leben gemacht hast.

Ich jedenfalls werde auch weiterhin die Sachen tragen, die ich für richtig halte. Wenn ich Lust habe, ist auch ein Dirndl dabei, um mal ein "Extrembeispiel" zu nennen.

Bin schon gespannt auf Deine Farbkombinationen in Heidelberg. Ich versichere Dir, dass mir schon etwas Gutes dazu einfallen wird, egal, was Du auswählst.

LG
Hajo



Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 10.02.2017 20:02
Und manchmal erfuhr ich zu demselben Kleidungsstück Zustimmung von einer und Ablehnung von einer anderen Seite. Nach wem soll ich mich dann richten?

Nach deinem eigenen Empfinden vielleicht?

Von Dir habe ich Ablehnung in Bezug auf meine Gelb-grün-blau-schwarz-Kombination erfahren. Seit dem trage ich die so nicht mehr und ärgere mich dabei über mich selber. Ich habe mir nämlich so gefallen, und gefalle mir immer noch, habe aber jetzt Angst davor, dass noch mehr Leute denken wie Du und mich deshalb ablehnen. Blöd, gell? Denn in Bezug auf den Rock mache ich mir inzwischen keine großen Gedanken mehr über Ablehnungen.

Dann ärgere dich über mich und trage deine Kombination wieder.

Insofern wirst Du sicher verstehen, dass ich diese Stildiskussionen als stressig empfinde, weil, wenn ich mal damit anfange, werde ich immer unsicherer.  

Wenn ich dir ein Nicht-Verständnis einräume, dann verstehe ich das. Du denkst bei Stildiskussion an einen allgemeingültigen, objektiven Stil? Ich denke an einen eigenen individuellen Stil, mit dem man seine Zusammenstellung von Kleidung wählt. Und wo man Reaktionen der Umwelt wahrnimmt und für sich verarbeitet. Verarbeitung heißt, man überdenkt es. Man nimmt sich zurück oder steht zu seiner Wahl, findet für sich selbst plausible Argumente und fühlt sich dabei bestärkt.

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 10.02.2017 22:03
Lieber Hajo,

ja, ich wundere mich auch. Aber ich bin eben nicht so souverän, wie ich es mit oft einrede.

Und sei bitte nicht zu gespannt auf meine Farbkombination. Sonst mache ich mir zu viele Gedanken über eine in meinen Augen nebensächliche Sache.

Lieber Matthias,

nee, um Objektivität geht es hier meines Erachtens nicht, sondern um einen Kampf darum, wer es schafft, seinen eigenen Geschmack in der Gesellschaft durchzusetzen.

LG, Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: DesigualHarry am 11.02.2017 00:34
Hallo!

Ich persönlich kann es nicht verstehen dass Menschen ihre Kleidung zur Diskussion freigegeben. Die Kleidung ist eines der ersten Dinge die das eigentliche Wesen des Trägers spiegeln. Die Diskussionen rund um "was geht oder was geht nicht" verhindern ein Ausarbeiten der eigenen Individualität. Nicht die Diskussionen sind es die einem weiterbringt, sondern das Durchleben von Situationen. Das Tun eines bestimmten Vorhaben schafft die Informationen die ich dann beim nächsten mal zur Verfügung habe. Diskussionen schaffen keine sinnvollen Informationen. Man kann aus einer Diskussion heraus keine sinnvolle Entscheidung treffen, weil sie Maximal ein Kompromiss ist.
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: minirocker am 11.02.2017 02:17
Hallo!

Ich persönlich kann es nicht verstehen dass Menschen ihre Kleidung zur Diskussion freigegeben. Die Kleidung ist eines der ersten Dinge die das eigentliche Wesen des Trägers spiegeln. Die Diskussionen rund um "was geht oder was geht nicht" verhindern ein Ausarbeiten der eigenen Individualität. Nicht die Diskussionen sind es die einem weiterbringt, sondern das Durchleben von Situationen. Das Tun eines bestimmten Vorhaben schafft die Informationen die ich dann beim nächsten mal zur Verfügung habe. Diskussionen schaffen keine sinnvollen Informationen. Man kann aus einer Diskussion heraus keine sinnvolle Entscheidung treffen, weil sie Maximal ein Kompromiss ist.

ich kann dem Gesagten voll und ganz zustimmen!
Sehr schoenes Schlusswort!

(((-: Minirocker
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 11.02.2017 09:22
Von Dir habe ich Ablehnung in Bezug auf meine Gelb-grün-blau-schwarz-Kombination erfahren. Seit dem trage ich die so nicht mehr und ärgere mich dabei über mich selber. Ich habe mir nämlich so gefallen, und gefalle mir immer noch, habe aber jetzt Angst davor, dass noch mehr Leute denken wie Du und mich deshalb ablehnen. Blöd, gell?

Hallo Micha,
das ist ein sehr schönes Beispiel.

Mal ganz anders: Ich versuche, einen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und eine gewisse Wirkung zu erzielen. Ich bemerke an der Resonanz von dir, dass da was ganz anderes zurückkommt. Jetzt gibt es ein paar Alternativen:


Ich nehme an, solche kommunikativen Prozesse wirst auch du aus deinem Alltag kennen, wenn du irgendein Thema darstellen möchtest, es in deinen Worten zum Ausdruck bringst, eine gewisse Reaktion erwartest, die dann aber vollkommen von dem abweicht, was du eigentlich erreichen wolltest. Wenn du an dem anderen interessiert bist, wirst du dein Thema auf andere Art verpacken und mitteilen, um letzten Endes eine Interpretation des anderen zu bekommen, die in dem Erwartungsbereich liegt, wie du es dir vorgestellt hast.

Wenn du etwas mitteilst und du nicht verstanden wirst, heißt das Nicht-Verstehen: die Wirkung, die du erzeugen wolltest, weichen erheblich ab von der Resonanz, die du vom Gegenüber bekommst. Was dann? Wirst du total verunsichert sein? Wirst du dich grämen und dich über dich selbst ärgern, wirst du deshalb eine bestimmte Art des Ausdrucks deiner Thematik unterlassen?

Was für kommunikative Prozesse gilt, gilt auch bei der Kleidung. Denn auch Kleidung ist ein Kommunikationsfaktor, wenn auch der nichtverbalen Art. Aber durch Kleidung teilt man der Welt etwas mit.

Ich bemerke an den Reaktionen von dir auch immer eine eigentümliche Angst oder Unsicherheit. Irgendein geäußerter Gedanke führt bei dir schnell zu der Entgegnung, das führe ja zur Uniformität. Warum? Vielleicht werden andere Gedanken deshalb gleich abgelehnt, weil sie die eigene Grundfeste erschüttern könnten? Vielleicht ist sowas nur eine Schutzmauer, die um einen selbst gezogen ist?

Ein rocktragender Mann teilt der Welt einfach ein Faktum mit: es gibt auch Männer, die Röcke tragen. Ein rocktragender Mann kann das auf vielerlei Art und Weise zum Ausdruck bringen, kurzer Rock, langer Rock, Bleistiftrock, Faltenrock usw. Der Ausdruck kann auf spezieller Freude an diesen oder jenen Kleidungsstücken beruhen. Der rocktragende Mann erzeugt auch immer eine Wirkung in der Umwelt. Diese Wirkung hängt aber auch von der Art und Weise des Ausdrucks ab: nicht jeder Rock wirkt gleich, nicht jeder Rock wirkt am Träger gleich. Meine Frage ist es nun: welche Wirkung möchte ich erreichen bzw. was möchte ich vermeiden? Und spüre ich an der Resonanz, dass ich halbwegs richtig oder falsch liege? Und wenn ich falsch liege, kann ich meinen Ausdruck verändern (wie du es tust, wenn du deine Farbenkombination nicht mehr trägst), oder ich kann mich danach fragen, ob ich den Ausdruck beibehalte, aber den Part überarbeite, welche Wirkung ich erreichen möchte.

Mal auf Hajo bezogen: Für mich ist die Wirkung, die er auf mich hat, Selbstdarstellung, Aufmerksamkeit zu erzeugen, auffallen um jeden Preis. Wenn das von ihm selbst angestrebt ist, wenn er sich so kleidet mit der Erwartung, auffallen, aus dem Rahmen fallen zu wollen, dann sind Selbst- und Fremdeinschätzung deckungsgleich. In diesem Sinne ist sein Ziel erreicht. Er demonstriert der Welt, dass alles möglich ist. Wenn aber die von ihm angestrebte Wirkung sein sollte, irgendwelchen unsicheren Männern als Muster zu dienen, wie sie sich selbst die ersten Male unauffällig im Rock in der Öffentlichkeit präsentieren könnten, schlägt sein Ansatz fehl.

Micha, wie du oftmals auf meine Diskussionsansätze reagierst, deine Angst und Unsicherheit vor Uniformität, wenn es um Stilfragen geht - verhältst du dich in kommunikativen Prozessen auch so? Erstmal eine Blockade aufbauen statt dich auf eine Thematik einlassen? Ich könnte mir vorstellen, dass es eher nicht so ist, dass du in Diskussionen offener bist, weil die Sache nicht so persönlich ist. Aber für mich gehört auch diese demonstrierte Unsicherheit in den Bereich der Stilfragen. Du zeigst, dass du doch nicht so ganz sicher und schnell ins Wanken zu bringen bist. Nur mal so als Frageansatz an dich selbst. Nochmal zu deiner Farbkombination:
du kannst es unterlassen, sie zu tragen, weil mein Feedback nicht so gut war.
Du kannst die grundlegende Thematik meines Feedbacks zu deinem Thema machen, eine gedankliche Auseinandersetzung mit Farbenlehre, und zu einer Schlußfolgerung kommen, dass die Farben nicht zusammen passen.
Du kannst diese Farbkombination aber auch zu deinem persönlichen Stil machen, sie weiter tragen und dich in deinem Selbstvertrauen gestärkt fühlen.

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 11.02.2017 09:32
Hallo!

Ich persönlich kann es nicht verstehen dass Menschen ihre Kleidung zur Diskussion freigegeben. Die Kleidung ist eines der ersten Dinge die das eigentliche Wesen des Trägers spiegeln. Die Diskussionen rund um "was geht oder was geht nicht" verhindern ein Ausarbeiten der eigenen Individualität. Nicht die Diskussionen sind es die einem weiterbringt, sondern das Durchleben von Situationen. Das Tun eines bestimmten Vorhaben schafft die Informationen die ich dann beim nächsten mal zur Verfügung habe. Diskussionen schaffen keine sinnvollen Informationen. Man kann aus einer Diskussion heraus keine sinnvolle Entscheidung treffen, weil sie Maximal ein Kompromiss ist.

Alles vollkommen richtig.

Aber eine entscheidende Sache wird dabei unterschlagen. Mal ein Beispiel: wenn ich im Hochsommer eigentlich nichts am Leib haben will, sondern ein Lendenschurz als meinen individuellen Ausdruck sehe und damit durch die Innenstadt spaziere, werde ich wohl ganz schnell erkennen, dass ich damit nicht weit komme. Sicher kann ich die Umwelt ausklammern, kann etwaige Reaktionen ignorieren. Aber die Umwelt, die Mitmenschen sind da, und ich bin Bestandteil dieser Umwelt.

Wie Holger sagte:
Zitat
Aber denkt auch an einen adäquaten Stil, der auf den ersten Blick deutlich macht worum es euch geht, denn da draußen seid ihr auch Botschafter einer Philosophie.

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 11.02.2017 09:33
Ich bin gerade auf dem Sprung, Matthias, und lese es heute Nachmittag, wenn wir zurück sind.

LG, Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 10:16
Zitat
Aber denkt auch an einen adäquaten Stil, der auf den ersten Blick deutlich macht worum es euch geht, denn da draußen seid ihr auch Botschafter einer Philosophie.

adäquat = „angemessen“, „sich deckend“, „passend“, „übereinstimmend"

Botschafter tragen in der Regel einen Anzug nebst Krawatte und Halbschuhen. Wäre ein adäquater Stil ein Businessrock, Blazer und Pumps?

Oder am Strand ein Badeanzug an Stelle einer Badehose?

Oder ein Abendkleid an Stelle eines Smokings in der Oper?

Oder ein Jeansrock an Stelle einer Jeanshose in der Freizeit?
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: GregorM am 11.02.2017 11:02

adäquat = „angemessen“, „sich deckend“, „passend“, „übereinstimmend"

Botschafter tragen in der Regel einen Anzug nebst Krawatte und Halbschuhen. Wäre ein adäquater Stil ein Businessrock, Blazer und Pumps?

Oder am Strand ein Badeanzug an Stelle einer Badehose?

Oder ein Abendkleid an Stelle eines Smokings in der Oper?

Oder ein Jeansrock an Stelle einer Jeanshose in der Freizeit?

Adäquat ist nicht nur eine Frage um Funktion, sondern auch um die Situation = die Umgebung und derer Auffassung, allerdings so lange es darum geht, für etwas ein Missionär oder Botschafter zu sein.

Gruß
Gregor
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 11:39
Manchmal frage ich mich, ob das hier ein Rockmodeforum oder ein Rockbeerdigungsforum ist.

Ich halte mich zukünftig an Harrys Statement und halte mich von einigen Diskussionen fern. Meine Standpunkte mache ich durch die Wahl meiner Kleidung hinreichend deutlich, z.B.:

"Kleidet ihr euch oder werdet ihr (von anderen) gekleidet?"

Wir bewegen uns bei der Auswahl der Kleidung im Bereich von tatsächlichen 0% Selbstbestimmung (z.B. Säuglinge, denn die können sich nicht selbst ankleiden) und theoretischen 100% Selbstbestimmung (alleine auf einer einsamen Insel).

"Was nicht verboten ist, ist erlaubt," und nicht: "Was nicht erlaubt ist, ist verboten."

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: cephalus am 11.02.2017 12:24
Wir bewegen uns bei der Auswahl der Kleidung im Bereich von tatsächlichen 0% Selbstbestimmung (z.B. Säuglinge, denn die können sich nicht selbst ankleiden) und theoretischen 100% Selbstbestimmung (alleine auf einer einsamen Insel).

"Was nicht verboten ist, ist erlaubt," und nicht: "Was nicht erlaubt ist, ist verboten."

Wo siedelst Du, Hajo, mein Motto an:
Ich kleide mich so, wie ich mich unter Berücksichtigung meier Umgebung, der Situation, des Ortes und meiner Stimmung am wohlsten fühleb
Irgendwie partiell fremdbestimmt, aber doch selbst entschieden...
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 13:15
Das Verorten auf der Selbstbestimmungs-Skala kann ich Dir nicht abnehmen. Das zu tun steht mir nicht zu.

Je nach Outfit verorte ich mich von 10 bis 80 Prozent.

10 Prozent bei der Arbeit (nur die Unterwäsche und einige Accessoires).

80 Prozent wenn ich ein exotisches Kleid (Dirndl) trage, nebst Zubehör und voll aufgebrezelt.

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: GregorM am 11.02.2017 14:45

"Was nicht verboten ist, ist erlaubt,"

Niemand hier bezweifelt das. Dass etwas erlaubt ist, bedeutet aber nicht, dass man es auch tragen muss. Nicht alles steht jedem.  

Gruß
Gregor
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 16:35
Dass etwas erlaubt ist, bedeutet aber nicht, dass man es auch tragen muss. Nicht alles steht jedem.  

Gruß
Gregor

Schon beklemmend, dass Du jegliche modische Abweichung am liebsten mit ganzen Löschzügen ersticken willst und bei fast jeder Gelegenheit betonst, was Mann nicht machen muss und dass Mann nicht alles steht.

Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass uns nicht der kleine Belt, sondern der große Belt trennt (jeweils ohne Brücken und geografisch nicht korrekt).

Mit größtem Bedauern
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Holger Haehle am 11.02.2017 16:54
Zitat
Aber denkt auch an einen adäquaten Stil, der auf den ersten Blick deutlich macht worum es euch geht, denn da draußen seid ihr auch Botschafter einer Philosophie.

adäquat = „angemessen“, „sich deckend“, „passend“, „übereinstimmend"

Botschafter tragen in der Regel einen Anzug nebst Krawatte und Halbschuhen. Wäre ein adäquater Stil ein Businessrock, Blazer und Pumps?

Oder am Strand ein Badeanzug an Stelle einer Badehose?

Oder ein Abendkleid an Stelle eines Smokings in der Oper?

Oder ein Jeansrock an Stelle einer Jeanshose in der Freizeit?

Also Hajo,

ich hatte angenommen, dass du im Job und zu offiziellen Anlässen schon längst Businesskostüme trägst.

Badeanzüge sind nicht nur adäquat, sondern auch gesund. Beim Wasserski trage ich eine schwarze Rashvest vom Surferlabel Quiksilver zur schwarzen Badehose als Sonnenschutz. Aussehen tut das schon sehr wie ein Badeanzug.

Wer sich im Dirndl wohlfühlt, sollte unbedingt zur Oper ein Abendkleid probieren.

Und das Letzte ist doch für unsereins selbstverständlich. Jeansröcke sind doch der Freizeitlook.
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 17:03
Zitat
Also Hajo,

ich hatte angenommen, dass du im Job und zu offiziellen Anlässen schon längst Businesskostüme trägst.
Im Job trage ich Sicherheitskleidung, wie alle Kollegen und Kolleginnen (sozusagen Unisex-Mode). Da gibt´s keine Spielräume, ist aber kein Problem.

Bei Betriebsversammlungen in der Zentrale oder ähnlichen Gelegenheiten  trage ich allerdings Businesskostüme oder -kleider. Auch bei Bürotätigkeiten, was allerdings sehr selten vorkommt.

Falls ich mal Karten für die Elbphilharmonie bekomme, wird ein langes Abendkleid ausgewählt.

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Rockio am 11.02.2017 17:56
Als rocktragende Männer in der Öffentlichkeit sind wir auch immer irgendwie Werbebotschafter, egal ob wir wollen oder nicht.
Nein, ich bin kein Botschafter, und schon gar kein Werbebotschafter.
Ich kann nur mich selbst vertreten und nicht für andere sprechen. Ich kann auch Falschinterpretationen anderer nicht vermeiden oder muss sie ständig ändern.

Die Gründe, warum Männer Röcke tragen, oder  die Frage, welchen Stil jemand für geeignet oder ungeeignet hält
finde ich mittlerweile äußerst uninteressant – nicht zuletzt die Diskussionen hier haben zu dieser Veränderung beigetragen.
 
Es gibt offenbar keine homogene Gruppe "rocktragende Männer".
Selbst kleinste gemeinsame Ziele, Gründe etc gibt es nicht, außer dass ein bestimmtes Kleidungsstück, der Rock (im weiten Sinn, incl. Kleider), mit dem sozialen männlichen Geschlecht sehr lose kombiniert wird. Warum sollte ich da für alle ein Botschafter sein?

Für die Teilgruppe, die immer gleich um (ihre?) Männlichkeit zu fürchten scheint, sobald etwas feminineres auftaucht, werde ich eh keine Werbung machen, da es mir ein einschränkender Gesichtspunkt ist, der zudem auf Unwissenheit oder Unwillen beruht, Dinge außerhalb der eigenen Norm zu akzeptieren.
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: GregorM am 11.02.2017 18:49

Schon beklemmend, dass Du jegliche modische Abweichung am liebsten mit ganzen Löschzügen ersticken willst und bei fast jeder Gelegenheit betonst, was Mann nicht machen muss und dass Mann nicht alles steht.


Ich betone nicht, was Mann nicht machen muss, nur dass er nicht ALLES muss. Und ist wohl besser, als hätte ich geschrieben, was Mann nicht machen darf?

Dass Mann nicht alles steht, dürfte wohl allen klar sein? Ob für Männer konzipiert oder für Damen, ist es so. Alles steht auch nicht jeder Frau. Weit davon.

Das, worum es geht, ist zu wählen. Was steht mir? Was steht mir nicht? Und natürlich: Was meine wohl die, für mich bedeutende, Umwelt davon?

Gruß
Gregor

Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 11.02.2017 18:53
Zitat
Es gibt offenbar keine homogene Gruppe "rocktragende Männer".

Die kann es nicht geben, weil Männer, die Röcke tragen, vermutlich sehr ausgeprägte Individualisten sind. Jedenfalls im Bezug auf Kleidung.

Die einzige Gemeinsamkeit ist das Tragen von Röcken (i. w. S.). Alle weiteren Dinge werden sehr, sehr unterschiedlich gehandhabt. Natürlich mit verschieden großen Überschneidungen, mal mehr, mal weniger.

Damit müssen wir leben.

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 11.02.2017 19:37
Von Dir habe ich Ablehnung in Bezug auf meine Gelb-grün-blau-schwarz-Kombination erfahren. Seit dem trage ich die so nicht mehr und ärgere mich dabei über mich selber. Ich habe mir nämlich so gefallen, und gefalle mir immer noch, habe aber jetzt Angst davor, dass noch mehr Leute denken wie Du und mich deshalb ablehnen. Blöd, gell?

Hallo Micha,
das ist ein sehr schönes Beispiel.

Mal ganz anders: Ich versuche, einen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und eine gewisse Wirkung zu erzielen. Ich bemerke an der Resonanz von dir, dass da was ganz anderes zurückkommt. Jetzt gibt es ein paar Alternativen:
  • ich teile etwas mit, du verstehst mich falsch, also bist du blöd
  • ich teile etwas mit, du verstehst mich falsch, also bin ich blöd, insofern ich meine Worte nicht auf dich abgestimmt sind.
  • ich teile etwas mit, du verstehst mich falsch, also könnte man gemeinsam in einem sokratischen Dialog den Kern erarbeiten.


Ich nehme an, solche kommunikativen Prozesse wirst auch du aus deinem Alltag kennen, wenn du irgendein Thema darstellen möchtest, es in deinen Worten zum Ausdruck bringst, eine gewisse Reaktion erwartest, die dann aber vollkommen von dem abweicht, was du eigentlich erreichen wolltest. Wenn du an dem anderen interessiert bist, wirst du dein Thema auf andere Art verpacken und mitteilen, um letzten Endes eine Interpretation des anderen zu bekommen, die in dem Erwartungsbereich liegt, wie du es dir vorgestellt hast.

Wenn du etwas mitteilst und du nicht verstanden wirst, heißt das Nicht-Verstehen: die Wirkung, die du erzeugen wolltest, weichen erheblich ab von der Resonanz, die du vom Gegenüber bekommst. Was dann? Wirst du total verunsichert sein? Wirst du dich grämen und dich über dich selbst ärgern, wirst du deshalb eine bestimmte Art des Ausdrucks deiner Thematik unterlassen?

Was für kommunikative Prozesse gilt, gilt auch bei der Kleidung. Denn auch Kleidung ist ein Kommunikationsfaktor, wenn auch der nichtverbalen Art. Aber durch Kleidung teilt man der Welt etwas mit.

Ich bemerke an den Reaktionen von dir auch immer eine eigentümliche Angst oder Unsicherheit. Irgendein geäußerter Gedanke führt bei dir schnell zu der Entgegnung, das führe ja zur Uniformität. Warum? Vielleicht werden andere Gedanken deshalb gleich abgelehnt, weil sie die eigene Grundfeste erschüttern könnten? Vielleicht ist sowas nur eine Schutzmauer, die um einen selbst gezogen ist?

Ein rocktragender Mann teilt der Welt einfach ein Faktum mit: es gibt auch Männer, die Röcke tragen. Ein rocktragender Mann kann das auf vielerlei Art und Weise zum Ausdruck bringen, kurzer Rock, langer Rock, Bleistiftrock, Faltenrock usw. Der Ausdruck kann auf spezieller Freude an diesen oder jenen Kleidungsstücken beruhen. Der rocktragende Mann erzeugt auch immer eine Wirkung in der Umwelt. Diese Wirkung hängt aber auch von der Art und Weise des Ausdrucks ab: nicht jeder Rock wirkt gleich, nicht jeder Rock wirkt am Träger gleich. Meine Frage ist es nun: welche Wirkung möchte ich erreichen bzw. was möchte ich vermeiden? Und spüre ich an der Resonanz, dass ich halbwegs richtig oder falsch liege? Und wenn ich falsch liege, kann ich meinen Ausdruck verändern (wie du es tust, wenn du deine Farbenkombination nicht mehr trägst), oder ich kann mich danach fragen, ob ich den Ausdruck beibehalte, aber den Part überarbeite, welche Wirkung ich erreichen möchte.

Mal auf Hajo bezogen: Für mich ist die Wirkung, die er auf mich hat, Selbstdarstellung, Aufmerksamkeit zu erzeugen, auffallen um jeden Preis. Wenn das von ihm selbst angestrebt ist, wenn er sich so kleidet mit der Erwartung, auffallen, aus dem Rahmen fallen zu wollen, dann sind Selbst- und Fremdeinschätzung deckungsgleich. In diesem Sinne ist sein Ziel erreicht. Er demonstriert der Welt, dass alles möglich ist. Wenn aber die von ihm angestrebte Wirkung sein sollte, irgendwelchen unsicheren Männern als Muster zu dienen, wie sie sich selbst die ersten Male unauffällig im Rock in der Öffentlichkeit präsentieren könnten, schlägt sein Ansatz fehl.

Micha, wie du oftmals auf meine Diskussionsansätze reagierst, deine Angst und Unsicherheit vor Uniformität, wenn es um Stilfragen geht - verhältst du dich in kommunikativen Prozessen auch so? Erstmal eine Blockade aufbauen statt dich auf eine Thematik einlassen? Ich könnte mir vorstellen, dass es eher nicht so ist, dass du in Diskussionen offener bist, weil die Sache nicht so persönlich ist. Aber für mich gehört auch diese demonstrierte Unsicherheit in den Bereich der Stilfragen. Du zeigst, dass du doch nicht so ganz sicher und schnell ins Wanken zu bringen bist. Nur mal so als Frageansatz an dich selbst. Nochmal zu deiner Farbkombination:
du kannst es unterlassen, sie zu tragen, weil mein Feedback nicht so gut war.
Du kannst die grundlegende Thematik meines Feedbacks zu deinem Thema machen, eine gedankliche Auseinandersetzung mit Farbenlehre, und zu einer Schlußfolgerung kommen, dass die Farben nicht zusammen passen.
Du kannst diese Farbkombination aber auch zu deinem persönlichen Stil machen, sie weiter tragen und dich in deinem Selbstvertrauen gestärkt fühlen.

Gruß Matthias


So, jetzt bin ich wieder da, Matthias. Ich hatte es vor unserm Ausflug heute ja schon überflogen und mir so unterwegs zwangsläufig auch schon ein paar Gedanken gemacht.

Kleidung als Kommunikationsmittel. Ja, das hat mir schon mal jemand gesagt. Das ist auch nicht verkehrt, aber primär dient Kleidung dem Schutz, und zwar dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen und auch dem Schutz der Psyche vor ungewollten Blicken auf den Körper, besonders wenn man so erzogen ist, dass Nackheit Scham verursacht.

Sekundär ist Kleidung auch Kommuniaktonsmittel und teilt dem Mitmenschen mit, welcher Gruppe ihr Träger angehört, welche Funktion in der Gesellschaft er erfüllt, welchen Rang er bekleidet usw. Bei der Bundeswehr habe ich mir antrainiert, bei einem mir unbekannten Kameraden auf die Schulter zu gucken, um seinen Rang zu erkennen und auf die Litze neben dem Rangabzeichen oder aufs Barett, um zu erkennen, welcher Waffengattung er angehört. Auch schaue ich bei den Polizisten, die hier in Siegburg unterwegs sind, auf das Wappen am Oberarm, um zu sehen, ob sie Bundespolizisten oder Landespolizisten sind, und manchmal sind da auch welche aus anderen Bundesländern dabei. Wenn ich in einem Supermarkt nach einem Verkäufer suche, hoffe ich, das ich ihn an seiner Arbeitskleidung von den Kunden unterscheiden kann. Und es lassen sich noch viele Beispiele finden, in denen Kleidung mir etwas über ihren Träger*ihre Trägerin mitteilt.

Wenn ich privat und zivil unterwegs bin, brauche ich solche Mitteilungen nicht zu versenden. In meinem Beruf, wenn ich in der Uni, als Forscher oder als Vortragender mit anderen Menschen zu tun habe, bin ich so in einem Zwischenstadium. Wenn ich forsche, beinhaltetet das meistens das Beobachten von Menschen, von denen ich nicht in gleichem Maße beobachten werden will. Sie sollen sich eher unbeobachtet fühlen. Da ist es sinnvoll, sich so zu kleiden, dass ich nicht auffalle, zumindest nicht negativ. Da kleide ich mich am besten so wie sie oder wie für sie gewohnte Besucher. Das nennt man dann ja auch Tarnung. Im Interview ist es auch besser, wenn mein Anblick ihn nicht von dem Thema ablenkt, über das ich ihn interviewen will. Wenn ich vortrage, will ich meine Zuhörer auch nicht von dem Vortragsinhalt ablenken. Solange Männer in Röcken in unserer Gesellschaft selten sind, muss ich da immer überlegen, ob ein Rock meinem Vorhaben schaden würde, indem er Aufmerksamkeit auf sich zieht oder gar Ablehnung hervorruft. Ich merke aber zunehmend, dass das sehr selten der Fall ist.

Ansonsten habe ich Bezüglich Kleidung die Einstellung, dass ich mir möglichst wenige Gedanken um sie machen möchte. Meine Erziehung und auch Selbsterziehung beinhaltet, dass Kleidung zu den Äußerlichkeiten gehört und dass Eitelkeit in Äußerlichkeiten eher ein Laster als eine Tugend ist. Eitelkeit in Innerlichkeiten auch, das stimmt.

Ich liebe das Rocktragen, weil ich Röcke schon immer schön, auch erotisch-schön fand, wenn ich sie an Mädchen sah, und eine dosierte Grenzüberschreitung zum Weiblichen wie jede dosierte Grenzüberschreitung einen Genuss mit sich brachte, auch als ich schon als kleiner Junge gerne die Röcke einer Freundin anporbierte. Dieses Anprobieren brachte dann auch die Erkenntnis, dass sie zudem sehr bequem sind. Erstmal öffentlich trug ich Röcke in Sri Lanka. Damit vermittelte ich den Srilankanern zugleich, dass ich ihre traditionelle Kleidung wertschätzte, und damit ihre Kultur. Das merke ich auch heute hier in Deutschland, wenn ich Südostasiaten begegne, dass sie meine Röcke, vor allem wenn sie sarongähnlich sind, sehr an mir schätzen. Also ist hier der Rock tatsächlich auch Kommunikationsmittel im oben erwähnten sinn des Ausweises einer Gruppenzugehörigkeit, wenn auch nicht der Gruppe der Südostasiaten, aber der Freunde Südostasiatischer Kultur. Bei anderen Leuten kann derselbe lange schwarze Men-in-time-Rock, den Srilankaner als Sarong identifizieren, die Assoziation wecken, ich sein ein Geistlicher oder ein Köbes (Bierkellner in Köln). Wenn ich dann sage, ich sei Religionswissenschaftler, fühlen sich die, die mich für einen Geisllichen hielten, oft bestätigt, auch wenn der Rock damit gar nicht zu tun hat.

Was Farbkombinationen angeht, so liebe ich vor allem Grün und Blau. Als Jugendlicher kleidete ich mich oft grün und wollte damit 1. auf meinen Streifzügen in Wald, Feld und Flur getarnt sein und 2. anderen Menschen zeigen, dass ich ein Naturfreund bin. Ja, da ist dann auch wieder Kommunkation dabei, da hast Du recht.

Seit Jahren merke ich, dass sich Menschen in unserer Gesllschaft oft so dunkel kleiden, so von Grau bis Schwarz. Auch die meisten Autos haben diese Farben. Das wirkt oft so düster, so unfreundlich. Ich hatte einmal das Erlebnis auf einer Tagung, das plötzlcih meine Stimmung aufhellte. Ich sah gegenüber von mir einen Mann in einem gelben Hemd sitzen, währden alle anderen, ich auch, grau bis schwarz gekleidet waren, allenfalls noch jeansblau dabei. Whow! Und nun habe ich diesen gelben Pullover. Warum nicht meinerseits dazu beitragen, dass sich die Stimmung anderer Menschen aufhellt, indem ich Gelb trage? Im Mittelalter galt Gelb als die Farbe der Schande. Deshalb mussten Juden gelbe Hüte tragen. Wie kam das? Gelb ist für micht die Farbe der Sonne und damit eine Farbe des Lebens (sofern nicht zu viel Sonne rüberkommt).

Farben haben alle ihre Wirkung auf die Psyche. Blau wirkt beruhigend, grün auch, rot dagegen die Aggrssivität oder Aktivität fördernd, schwarz fördert die Distanz, weiß sieht nach Sauberkeit und Reinheit aus usw. usf. Bunte Zusammenstellungen können insofern vielleicht verwirren, weil die Psyche nicht weiß, was sie fühlen soll. Hier im Forum wird aber doch so viel über die Farblosigkeit der meisten Gewandungen auf der Straße lamentiert. Dieses Lamanto wirkte so nach und nach auf mich, dass ich mich nun traute, mich auch mal etwas bunter und kontrastreicher zu kleiden. Ich dachte, das wirkt föhlich, unkonventionell, unkompliziert, ungezwungen. Es wirkt so, als habe ich einfach angezogen, was ich vorfand, ohne es gezielt aufeinandner abzustimmen - was auch tatsächlich so ist. Das passt so wieder zu meiner Grundeinstellung, auf Äußerlichkeiten keinen (so) großen Wert zu legen.

In der Öffentlichkeit Röcke und Kleider zu tragen soll so auch nur eine Botschaft vermitteln: Das geht auch für Männer! Und damit einhegehend möchte ich mitteilen, dass ich ein emanzipierter Mann bin, einer, der die Kultur des weiblichen Geschlechts nicht gering achtet, sondern die Grenze gerne durchlässig macht und sich nicht schämt, von jenseits der Grenze etwas für sich zu übernehmen, so wie ich auch von der Kultur Sri Lankas, die ich auch nicht gering- sondern hochachte, etwas übernehme. Rocktragen bedeutet somit für mich eine Antidiskriminierungsarbeit, nämlich eine Arbeit gegen eine Diskriminierung und statt dessen für eine Hochachtung eines von europäischen Männern so lange diskriminierten Geschlechts und so lange diskriminierter Kulturen. Es ist somit postkolonialistisch und postsexistisch.  

Ja, wenn ich so nachdenke, ist da tatsächlich Kommunikation im Spiel, wenn auch nur sekundär.

Primär möchte ich meinen Körper schützen und meine Psyche auch und mich körperlich und psychisch wohlfühlen.

Zum psychischen Wohlfühlen gehört  es auch, Röcke und Kleider zu tragen, die mir auch an Mädchen/Frauen gut gefallen, ohne dass ich mich deshalb als Mädchen/Frau verkleide. Und zum körperlichen Wohlfühlen gehört das luftige Gefühl um die Beine im Sommer, aber auch das weiche Gefühl von Strumpfhosen/Leggings im Winter. In beiden Fällen möchte ich nur kommunizieren, dass das geht, mehr nicht, und damit anderen, die es möchten, Mut machen, es auch mal versuchen.

So, mein Lieber, ich hoffe, dass ich das jetzt so kommuniziert habe, dass Du damit was anfangen kannst. Und ihr anderen hier auch alle.

LG, Micha




Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 11.02.2017 19:43
Ich betone nicht, was Mann nicht machen muss, nur dass er nicht ALLES muss. Und ist wohl besser, als hätte ich geschrieben, was Mann nicht machen darf?

Dass Mann nicht alles steht, dürfte wohl allen klar sein? Ob für Männer konzipiert oder für Damen, ist es so. Alles steht auch nicht jeder Frau. Weit davon.

Das, worum es geht, ist zu wählen. Was steht mir? Was steht mir nicht? Und natürlich: Was meine wohl die, für mich bedeutende, Umwelt davon?

Hallo Gregor,
meine grundlegende Frage ist die: Wenn ich mich anders als andere kleide, wenn ich als rocktragender Mann eine absolute Minderheit bin, die unterhalb von 1% liegt, wenn ich draußen mehr auffalle als andere, dann kann ich mich nicht freisprechen davon, dass ich mit meinem Ausdruck eine gewisse Wirkung erzeugen bzw. vermeiden will. Zumindest ist diese Frage in meinem Bewusstsein präsent, wenngleich bei einigen anderen hier im Forum nicht. Dieser gesamte Komplex formt für mich meinen persönlichen Stil. Was will ich vermeiden? Als Idiot oder Clown gesehen zu werden. Wie möchte ich wirken? Eher gefällig, dezent, in der Tendenz eher unauffällig, zumal ich auch keine Frauen in der Öffentlichkeit sehe, die alles Mögliche tragen, nur weil es möglich ist.

Wenn Selbstdarstellung, Egozentrismus, die Suche nach Aufmerksamkeit unterstelle, dann sehe ich es durchaus als legitim an, alles was möglich ist auch für sich selbst nutzen. Andererseits - von der Seite der Wirkung betrachtet - wird jemand, der alles nur Mögliche trägt, kaum einen Impuls an eine unsichere Männerschaft senden, es doch auch mal mit Rock zu versuchen.

Du scheinst diese Fragestellung ja zu verstehen. Aber wie macht man sowas bei anderen bewusst?

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 11.02.2017 20:10
Hallo Micha,
vielen Dank für deinen langen Beitrag. Ich muss ihn mir morgen nochmal auf der Zunge zergehen lassen.

Nur soviel:



Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: DesigualHarry am 11.02.2017 20:45
Hallo!

Ich frage mich gerade wem, wenn nicht mich selber soll ich sonst Darstellen?

Aber ich verstehe schon, dass es auch um die Gesellschaft geht. Aber das jetzt alleine an der Kleidung festzumachen ist für mich nicht Zielführend. Ich wollte in früheren Jahren auch unbedingt so sein, so wie sich die Gesellschaft den "Mann" vorstellt. Ich wollte auch dazugehören...Je mehr ich das aber versuchte, umso mehr wurde ich als Außenseiter abgestempelt. Ich entsprach einfach nicht dem Wunschbild...

Irgendwann hab ich damit begonnen Mein Leben zu leben. Ich tauschte die Cd's gegen Vinyl um, tauschte den Kompakten gegen einen Roadster ein, wenn alle ihr Smartphone zücken zücke ich meinen Sony Kasettenwalkmen oder da wo alle in Ihren Flat TV schauen genieße ich die Tiefenwirkung der Röhre oder tausche sehr oft die Hose gegen Rock... Nicht aus Protest sondern weil es meine Welt ist. Und seitdem läuft mein Leben auf sehr schönem Niveau. Jetzt höre ich von Bekannten und Unbekannten sehr oft ein "cool", "lässig" oder "man, der hat's gut.

Ich wollte es niemals anders als es jetzt ist... Und so denke ich sollte man immer den ganzen Menschen in seinem Lebensumfeld betrachten, und nicht sofort mit dem Finger auf jemanden zeigen, der nicht wem auch immer entspricht. Leider weiß ich das aus, inzwischen alter, Erfahrung, wie es sich anfühlt wenn die Leute mit dem Finger auf einem zeigen, damals war ich übrigens in Hosen.
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 11.02.2017 23:13
siehe unten
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 11.02.2017 23:14
Hallo Micha,
vielen Dank für deinen langen Beitrag. Ich muss ihn mir morgen nochmal auf der Zunge zergehen lassen.

Nur soviel:

  • Ich spüre eine Annäherung im Verständnis, was das eigentliche Anliegen betrifft.
  • Ich habe durchaus nichts gegen Farben, auch nicht gegen knallige. Mich stört nur Buntheit, ich setze lieber farbliche Akzente. Zu diesem Thema fand ich auch einen interessanten Artikel in der Zeit:
    http://www.zeit.de/zeit-magazin/2017/07/mode-stadt-jil-sander-modedesign-modegeschichte (http://www.zeit.de/zeit-magazin/2017/07/mode-stadt-jil-sander-modedesign-modegeschichte) Vielleicht wird dir damit noch deutlicher, was ich denn eigentlich mit Stil meine.


Gruß Matthias



Boah, das ist ja wieder so viel zu lesen, Matthias! Ich schaffe ja kaum meine Pflichtlektüre und das, was ich aus eigenem Interesse lesen will, da kann ich nicht so viel noch nebenher lesen.

Ich kann es mir aber vorstellen, was darin steht: Farben müssen zueinander passen und miteinander harmonieren.

Wie sieht es aber mit dem Stil des Nichtstils aus, mit dem Stil des Zufälligen: Man nimmt und zieht an, was gerade zur Hand ist?

Das darf natürlich nicht gekünstelt sein, sonst ist es nur Schein. Nein, man nimmt tatsächlich das, was gerade zur Hand ist. Bzw. ich trage eine Woche oder länger meine rot-karrierten Hemden, weil sie danach alle zusammen in die Waschmaschine kommen, damit die Maschine mit zueinander passenden Farben voll wird. Und während die gewaschen werden, trage ich blaue oder grüne oder graue Hemden.

Es geht mir gerade darum, mir keine Gedanken um den Stil zu machen!

LG,
Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: high4all am 12.02.2017 09:15
In dem Artikel geht es weniger um Farbe, als um den Mut, überhaupt Farbe zu tragen.

Zitat
Angst ist ein schlechter Stylist

Früher diente die Stadt als Bühne, auf der man mit seiner Kleidung ein Statement setzte. Heute ist diese modische Selbstinszenierung nur noch im Internet zu finden, auf der Straße herrscht langweilige Neutralität. Mehr Mut würde uns guttun. Von Ingeborg Harms

Interessant sind auch die Kommentare.

LG
Hajo
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 12.02.2017 09:22
Guten Morgen, Micha.
Ich kann es mir aber vorstellen, was darin steht: Farben müssen zueinander passen und miteinander harmonieren.
Es geht mir gerade darum, mir keine Gedanken um den Stil zu machen!

Nein, darum geht es nicht in dem Artikel. Lustigerweise geht es um einen ganz anderen Ansatz, den ich bewusst lebe und den ich auch als meinen Lebensstil betrachte. Seltsamerweise finde ich in deiner wie auch in anderen Meinungen ein Bewusstsein der gegenwärtigen Welt, aber dann eine Ablehnung: Nee, über Stil will ich nicht nachdenken.

Seit Jahren merke ich, dass sich Menschen in unserer Gesllschaft oft so dunkel kleiden, so von Grau bis Schwarz. Auch die meisten Autos haben diese Farben. Das wirkt oft so düster, so unfreundlich. Ich hatte einmal das Erlebnis auf einer Tagung, das plötzlcih meine Stimmung aufhellte. Ich sah gegenüber von mir einen Mann in einem gelben Hemd sitzen, währden alle anderen, ich auch, grau bis schwarz gekleidet waren, allenfalls noch jeansblau dabei. Whow! Und nun habe ich diesen gelben Pullover. Warum nicht meinerseits dazu beitragen, dass sich die Stimmung anderer Menschen aufhellt, indem ich Gelb trage? Im Mittelalter galt Gelb als die Farbe der Schande. Deshalb mussten Juden gelbe Hüte tragen. Wie kam das? Gelb ist für micht die Farbe der Sonne und damit eine Farbe des Lebens (sofern nicht zu viel Sonne rüberkommt).

Das ist Thema des Artikels. Und: Wer sich darüber Gedanken macht, beschäftigt sich mit Mode und mit Stil. Er ist schon mittendrin im Thema, mit dem er eigentlich nichts zu tun haben will.

Kleidung als Kommunikationsmittel. Ja, das hat mir schon mal jemand gesagt. Das ist auch nicht verkehrt, aber primär dient Kleidung dem Schutz, und zwar dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen und auch dem Schutz der Psyche vor ungewollten Blicken auf den Körper, besonders wenn man so erzogen ist, dass Nackheit Scham verursacht.

Das ist schon klar. Natürlich: Jeans an, Shirt drüber, das ist keine großartige Kommunikation, lediglich ein Rauschen im Einheitsgrau. Aber du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass ein Hochzeitskleid, ein Abendkleid, ein Kostüm, ein Anzug, Rüschen, Bommel usw. dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen dient? Du willst mir nicht erzählen, dass du primär mit dem Tragen eines Rockes ungewollte Blicke auf deinen Körper vermeiden willst? Dann könntest du ebenso gut eine Hose tragen. Dieser primäre Zweck ist kein Grund dafür, dass wir bevorzugt einen Rock tragen. Da muss schon ein bisschen mehr sein. Und da sind wir mittendrin im Thema Mode und Stil. Stil bedeutet in diesem Zusammenhang auch Lebensstil. Und du lehnst es ab, dir darüber Gedanken zu machen, obwohl du dir schon Gedanken darüber gemacht hast, für dich schon einiges umgesetzt hast? Liegt es vielleicht daran, dass das Wort "Stil" eine gewisse innere Abwehr verursacht? Dann gib mir dafür ein anderes Wort.

Gleichermaßen gilt: Rocktragende Männer heben sich ab, fallen auf. Es gab doch etliche Diskussionen darüber, dass ein Mann im Rock als schwul bezeichnet wurde. Das ist keine Kommunikation? Als Mann im Rock teilt man der Welt mit: es gibt auch Männer, die Röcke tragen. Schließlich leben wir nicht allein auf einer einsamen Insel, wo es vollkommen egal ist, ob man Lendenschurz oder Ballkleid trägt. Da reagiert niemand drauf. Aber wir leben in einer Welt mit Mitmenschen. Es gab etliche Diskussionsthemen darüber, ob und wie man als rocktragender Mann auffällt. Das ist keine Kommunikation? Im Gegenteil: das ist primär das Thema Kommunikation, weil die eigentlich primäre Funktion der Kleidung in den Hintergrund gerät. Sonst könnten wir Hosen tragen, Shirt drüber und fertig. Dann bräuchten wir darüber nicht zu reden.

Zitat
dass Kleidung zu den Äußerlichkeiten gehört und dass Eitelkeit in Äußerlichkeiten eher ein Laster als eine Tugend ist. Eitelkeit in Innerlichkeiten auch, das stimmt.

Diese Aussage geht mir auch leicht bitter runter. Erstens: rocktragende Männer heben sich ab von allen anderen Mitmenschen, und zwar aufgrund von Äußerlichkeiten. Ist das nicht schon eine gewisse Eitelkeit? Und zweitens: Ist der Ansatz nicht auch irgendwo sexistisch? Frauen machen sich Gedanken über Kleidung, über Mode, aber Männer machen sich Gedanken über Autos. Ein Auto als Statussymbol. Ist das keine Äußerlichkeit? Ist das keine Eitelkeit? Ein Auto ist primär nichts weiter als ein Mittel zur Beförderung von A nach B. Aber wer redet noch über die primäre Funktion eines Autos?

Gruß Matthias
 




Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 12.02.2017 10:56
Guten Morgen, Micha.
Ich kann es mir aber vorstellen, was darin steht: Farben müssen zueinander passen und miteinander harmonieren.
Es geht mir gerade darum, mir keine Gedanken um den Stil zu machen!

Nein, darum geht es nicht in dem Artikel. Lustigerweise geht es um einen ganz anderen Ansatz, den ich bewusst lebe und den ich auch als meinen Lebensstil betrachte. Seltsamerweise finde ich in deiner wie auch in anderen Meinungen ein Bewusstsein der gegenwärtigen Welt, aber dann eine Ablehnung: Nee, über Stil will ich nicht nachdenken.

Seit Jahren merke ich, dass sich Menschen in unserer Gesllschaft oft so dunkel kleiden, so von Grau bis Schwarz. Auch die meisten Autos haben diese Farben. Das wirkt oft so düster, so unfreundlich. Ich hatte einmal das Erlebnis auf einer Tagung, das plötzlcih meine Stimmung aufhellte. Ich sah gegenüber von mir einen Mann in einem gelben Hemd sitzen, währden alle anderen, ich auch, grau bis schwarz gekleidet waren, allenfalls noch jeansblau dabei. Whow! Und nun habe ich diesen gelben Pullover. Warum nicht meinerseits dazu beitragen, dass sich die Stimmung anderer Menschen aufhellt, indem ich Gelb trage? Im Mittelalter galt Gelb als die Farbe der Schande. Deshalb mussten Juden gelbe Hüte tragen. Wie kam das? Gelb ist für micht die Farbe der Sonne und damit eine Farbe des Lebens (sofern nicht zu viel Sonne rüberkommt).

Das ist Thema des Artikels. Und: Wer sich darüber Gedanken macht, beschäftigt sich mit Mode und mit Stil. Er ist schon mittendrin im Thema, mit dem er eigentlich nichts zu tun haben will.

Kleidung als Kommunikationsmittel. Ja, das hat mir schon mal jemand gesagt. Das ist auch nicht verkehrt, aber primär dient Kleidung dem Schutz, und zwar dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen und auch dem Schutz der Psyche vor ungewollten Blicken auf den Körper, besonders wenn man so erzogen ist, dass Nackheit Scham verursacht.

Das ist schon klar. Natürlich: Jeans an, Shirt drüber, das ist keine großartige Kommunikation, lediglich ein Rauschen im Einheitsgrau. Aber du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass ein Hochzeitskleid, ein Abendkleid, ein Kostüm, ein Anzug, Rüschen, Bommel usw. dem Schutz des Körpers vor Witterungseinflüssen dient? Du willst mir nicht erzählen, dass du primär mit dem Tragen eines Rockes ungewollte Blicke auf deinen Körper vermeiden willst? Dann könntest du ebenso gut eine Hose tragen. Dieser primäre Zweck ist kein Grund dafür, dass wir bevorzugt einen Rock tragen. Da muss schon ein bisschen mehr sein. Und da sind wir mittendrin im Thema Mode und Stil. Stil bedeutet in diesem Zusammenhang auch Lebensstil. Und du lehnst es ab, dir darüber Gedanken zu machen, obwohl du dir schon Gedanken darüber gemacht hast, für dich schon einiges umgesetzt hast? Liegt es vielleicht daran, dass das Wort "Stil" eine gewisse innere Abwehr verursacht? Dann gib mir dafür ein anderes Wort.

Gleichermaßen gilt: Rocktragende Männer heben sich ab, fallen auf. Es gab doch etliche Diskussionen darüber, dass ein Mann im Rock als schwul bezeichnet wurde. Das ist keine Kommunikation? Als Mann im Rock teilt man der Welt mit: es gibt auch Männer, die Röcke tragen. Schließlich leben wir nicht allein auf einer einsamen Insel, wo es vollkommen egal ist, ob man Lendenschurz oder Ballkleid trägt. Da reagiert niemand drauf. Aber wir leben in einer Welt mit Mitmenschen. Es gab etliche Diskussionsthemen darüber, ob und wie man als rocktragender Mann auffällt. Das ist keine Kommunikation? Im Gegenteil: das ist primär das Thema Kommunikation, weil die eigentlich primäre Funktion der Kleidung in den Hintergrund gerät. Sonst könnten wir Hosen tragen, Shirt drüber und fertig. Dann bräuchten wir darüber nicht zu reden.

Zitat
dass Kleidung zu den Äußerlichkeiten gehört und dass Eitelkeit in Äußerlichkeiten eher ein Laster als eine Tugend ist. Eitelkeit in Innerlichkeiten auch, das stimmt.

Diese Aussage geht mir auch leicht bitter runter. Erstens: rocktragende Männer heben sich ab von allen anderen Mitmenschen, und zwar aufgrund von Äußerlichkeiten. Ist das nicht schon eine gewisse Eitelkeit? Und zweitens: Ist der Ansatz nicht auch irgendwo sexistisch? Frauen machen sich Gedanken über Kleidung, über Mode, aber Männer machen sich Gedanken über Autos. Ein Auto als Statussymbol. Ist das keine Äußerlichkeit? Ist das keine Eitelkeit? Ein Auto ist primär nichts weiter als ein Mittel zur Beförderung von A nach B. Aber wer redet noch über die primäre Funktion eines Autos?

Gruß Matthias
 

Lieber Matthias,

ja, vielleicht ist es das Wort "Stil", an dem ich mich reibe, wobei aber "Lebensstil" für mich eher die Bedeutung von "Way of Life" hat oder "Lebensweise" und weniger von "Kleidungsstil" oder "Wohnstil". Das Wort "Stil" ist wohl, wie viele Wörter, mehrdeutig. Es gibt auch noch den Fahrstil usw.

Als Jugendlicher dachte ich mal: Mein Stil ist es, eine Wildlederjacke zu tragen, Rotwein und dunkles Bier zu trinken und Geo zu lesen.
Nichts gegen all das heute, aber wichtiger ist doch die innere Haltung.

"Haltung" ist ein Wort, das mir wichtiger ist als "Stil".

Um meinen Körper zu schützen kann ich Hose und T-shirt tragen, ja. Aber auch Rock und Hemd. Ist doch egal. Wenn mir ein Rock angenehmer vorkommt, warum sollte ich dann Hose tragen?

Und wieso soll es sexistisch sein, nicht eitel sein zu wollen? Auch bei Frauen ist Eitelkeit keine Tugend in meiner Werteskala. Und ob ich nun Eitel bin in Bezug auf Kleidung oder Autos oder was auch immer, ist doch egal. Ich habe gar kein Auto. Ich hatte bis 2006 ein sehr schönes und praktisches Auto, einen Ford Scorpio, Bj. 1988. Irgendwann wurden mit die Reparaturen zu teuer. Und da es eh die meiste Zeit rumstand und nur alle paar Wochen bewegt wurde, vermisse ich heute ein Auto nur selten.  

In Kairo habe ich mir ein Auto "ausgesucht", also nicht wirklich, aber mir vorgestellt, es zu haben: Einen Mercedes 180 Ponton aus den 50er Jahren. Der fuhr da als Taxi rum. Ja, das waren Stil-Gedanken. Genau so würde ein VW Variant aus den 60ern zu mir passen. Mein Onkel hatte so einen, als ich klein war, und ich fand es so praktisch, dass er hinten einen Laderaum und vorne einen Kofferraum hatte. Als Kinder sind meine Cousine und ich oft im Laderaum mitgefahren, wenn die Sitze von ihren und meinen Eltern besetzt waren. Das war schön! Später kam noch die Schäferhündin dazu.

Ich kenne Eitelkeit, aber wie gesagt, ist es für mich keine Tugend, im Gegensatz zu Bescheidenheit.

Und wie gesagt: Innere Haltung ist mir wichtiger als äußerer Stil. Der Stil sollte aus der Haltung heraus erwachsen, ganz von selbst, ohne bewusste Stilarbeit.

Sicher suche ich mir Dinge, auch Kleidung, auch nach ihrem Aussehen aus. Das entscheide ich aber nach meinem Geschmack und nicht nach einem Stil, den sie repräsentieren soll, von wegen Landadelsstil oder Großstadtstil oder Holzfällerstil oder Seemannstil usw. Das kann alles schön aussehen, aber ich bin nichts von dem, weder Landadeleiger, noch Großstädter, noch Holzfäller, noch Seemann. Ich bin Mittelstäder, halte mich aber viel in Großstädten und viel in Dörfern auf, auch viel dazwischen in der freien Natur. Ich arbeite hauptsächlich im Schreib- und Lesesessel zu Hause, in der Uni, in der Bahn. Ich sucher mir dazu Kleidung aus, in der ich mich wohlfühle und mir gefalle und hoffe, so respektiert und akzeptiert zu werden.

Den Zeit-Artikel habe ich gestern angelesen und überfolgen. Vielleicht lese ich ihn noch ganz. Aber dann muss ich anderes, was ich vorhabe, sein lassen. Mal sehen.

Vor einem Jahr ca. hatte ich einen Kontakt zu der Stilberaterin Katharina Starlay (http://www.starlay.de (http://www.starlay.de)). Die Frau hat mir gefallen, also ihre Haltung. Es gibt ihr nämlich nur vordergründig um Stil, sondern im Grunde um Haltung, wie ihrem Vorbild Freiherr von Knigge.

Lass uns doch über Haltung reden!

LG, Micha
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 12.02.2017 11:15
Und wie gesagt: Innere Haltung ist mir wichtiger als äußerer Stil.

Der äußere Stil ist ein Spiegel der inneren Haltung. Oder behältst du deine innere Haltung für dich allein und teilst sie nicht mit?

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: Mann im Rock am 12.02.2017 11:46
Ich frage mich gerade wem, wenn nicht mich selber soll ich sonst Darstellen?

Hallo Harry,
ich frage mich daraufhin: WER BIN ICH? Ich kann nicht behaupten, dass ich diese Frage für mich abschließend geklärt hätte.

Wenn jeder genau wüsste, wer er wäre, dann würde es solche Diskussionen nicht geben (Du erinnerst dich?):
http://ze.tt/nur-noch-leggings-tragen-dinge-die-maenner-tun-wuerden-wenn-sie-nicht-dafuer-verurteilt-wuerden/ (http://ze.tt/nur-noch-leggings-tragen-dinge-die-maenner-tun-wuerden-wenn-sie-nicht-dafuer-verurteilt-wuerden/)

Und da es solche Diskussionen gibt, gibt es nur wenige Leute, die authentisch sind. Die allermeisten sind Schauspieler.

Gruß Matthias
Titel: Re: Rocktragende Männer und das Organon-Modell
Beitrag von: MAS am 12.02.2017 12:23
Und wie gesagt: Innere Haltung ist mir wichtiger als äußerer Stil.

Der äußere Stil ist ein Spiegel der inneren Haltung. Oder behältst du deine innere Haltung für dich allein und teilst sie nicht mit?

Gruß Matthias

Doch, lieber Matthias, selbstverständlich teile ich meine Haltung mit bzw. lebe sie nach außen. Und ich kämpfe auch mit inneren Widerständen um meine Haltung, gegen den inneren Schweinehund, wie man so sagt.

Frau Starlay schenkte mir ein Buch über verantwortungsvollen Konsum, um mir zu zeigen, was ihre Haltung sei und für welche Werte sie eintrete. Ich muss gestehen, die meisten meiner Kleidungsstücke sind nicht fair gehandelt. Da lebe ich quasi nach außen nicht, was meiner Haltung enspricht. Die so grell grüne Jacke ist fair gehandelt. Sie ist also Ausdruck meiner Haltung. Aber sie wäre es auch, wenn sie eine andere Farbe hätte oder aus einem anderen Material wäre. Ihr Stil ist also nicht unbedingt Ausdruck meiner Haltung. Aber ihre Farbe ist Ausdruck meines Geschmacks, der aber nicht identisch ist mit meiner Haltung.

Haltung ist Arbeit. Manchmal anstrengend. Und manchmal oder zu oft entspreche ich ihr nicht, weil es mir zu anstrengend wäre, das zu tun. Dann ist sie eher ein Ideal, dem nachzukommen ich nicht ganz schaffe.

Stile kann man wechseln: Heute mal im Landadelsstil, morgen vielleicht im Seemannsstil. Das ist wie im Karneval. Ich denke, dieses Jahr kombiniere ich den roten Rock mit einer grünen Leggings. Das ist dann mein Karnevalsstil, den ich außerhalb des Karnevals so nicht trage.
Die Haltung sollte man nicht wechseln, außer wenn neue Einsichten das erfordern. Dann aber nicht heute so, morgen so, sondern nach neuer Stabilität suchen.

Die Stile, die Frau Starlay ihren Geschäftskunden empfiehlt sind heute anders als vor zehn Jahren oder gar vor 50 oder vor 200
Die Haltung, die sie empfiehlt, ist dieselbe wie zur Zeit Knigges. Zeitlos sozusagen.

LG, Micha