Wann habt ihr das letzte Mal eine Crossdresserin gesehen?
Das Wort Crossdresserin existiert nicht mal.
Naja, in zutreffenden Fällen wird es diese Wortbildung vielleicht auch geben.
Wann ich das letzte Mal eine Crossdresserin sah? Keine Ahnung, vielleicht häufiger als es mir bewusst wurde, vielleicht häufiger als ich denke. In Bezug auf Frauen denke ich eben eher an 'Lesbe' oder an 'Kampfemanze' - wobei dazu einiges mehr braucht als nur männlich wirkende Klamotten anzuziehen. Eine Frau in Hemd, Schlips und Männeranzug ist noch nicht automatisch in meinen Augen eine 'Lesbe', 'Kampfemanze' und schon gar nicht Corssdresserin - denn: bei einem Mann-zu-Frau-Crossdresser reichen ja auch nicht die Kleidungsstücke, da muss mehr hinzukommen, um dem Erscheinungsbild einer Frau zu entsprechen.
In Mainz hatten wir vor knapp 120 Jahren eine Crossdresserin - oder Transvestitin, die jahrelang in der Öffentlichkeit nur als Mann auftrat. Bis sie aufflog. Und ins Gefängnis kam. Sie hatte sich dadurch Rechte erschlichen, die damals nur einem Mann vorbehalten waren. Zum Beispiel ging sie arbeiten. Bei einem großen Mainzer Unternehmen. Sie war (mit einem Mann) verheiratet und tat dies aus wirtschaftlichen Gründen.
Crossdressing hat oft die Ziele, sich dadurch etwas herausnehmen zu dürfen, die als Erscheinung im eigenen Geschlecht verwehrt bleiben.
Bei Crossdressern mag es die Kleidung sein, die sie mit dem Erscheinungsbild einer Frau eben ungescholten tragen dürfen. Es mögen aber auch noch andere Attribute sein, die den Reiz ausmachen. Z.B. mit der Haarpracht spielen zu dürfen. Sich schminken zu dürfen. Andere Bewegungsabläufe darstellen, Gesten ausführen und Haltungen einnehmen zu dürfen. Vielleicht auch die Sehnsucht, nicht immer Dominanz ausstrahlen zu müssen, auch zart und verletzlich sein zu dürfen - alles Dinge, die ein Mann im einzelnen vielleicht darf, oft aber nicht macht, in der Gesamtheit aber auch bei einem Mann nicht willkommen sind.
In puncto Crossdresserin fällt mir aktiv eine Frau ein, wo ich monatelang brauchte, bis ich kapierte, dass sie eine Frau ist. Sie agiert zwar offensiv mit ihrem weiblichen Vornamen, widerspricht aber niemandem, der eine der sehr ähnlich klingenden männlichen Vornamen für sie fälschlicherweise verwendet. Den Vornamen falsch zu verstehen, passierte nicht nur mir, sondern beobachte ich immer wieder. Erst "seine" Frau, eine sehr hübsche, klärte mich nach monatelangem Irrflug auf:
Sie hatte sich in der Schule in einen Jungen verguckt. Und wie sie ihren Freundinnen davon gestand, sagten die Freundinnnen ihr, dass das gar kein Junge sei, sondern ein Mädchen. Das konnte "seine" jetzige Ehefrau aber damals nicht glauben, bis sie es mit eigenen Augen selbst herausfand. Sie war - und ist es eigentlich bis heute - aber nicht lesbisch. Aber die Liebe zu der Person war stärker, dass es ihr letztlich egal war, dass ihr Traumjunge ein Mädchen war. Und jetzt sind sie seit zwei, drei Jahren verheiratet, zuvor schon gut 10 Jahre zusammen und ein überaus glückliches Paar.
Hier könnte ich tatsächlich noch sagen, dass "er", wie die Frau oft wahrgenommen wird, tatsächlich eine Crossdresserin ist. Diesem Paar begegne ich mal mehr, mal weniger, im Moment so alle 2 Wochen.
Doch auch hier ist es strenggenommen keine Crossdresserin, da beim Crossdressen, im Gegensatz zu Transvestiten, zumeist nicht die spezifische Sexualität ausgedrückt wird. Deswegen ist es eher eine Transvestitin. Doch auch mit Kurzhaarschnitt und Fußballklamotten könnte sie rein optisch auch als Frau durchgehen (die Stimme ist aber ausgesprochen tief, die Art sich zu bewegen und auszudrücken ebenso sehr männlich).
Eigentlich wollte ich in diesem Beitrag so gar nicht und so tief wieder auf die Definitionen eingehen. Eigentlich wollte ich meinen vorherigen Beitrag etwas aus einer anderen Sichtweise umformulieren.
Denn ich schrieb: "Ganz falsch, Gregor" wegen Deiner Worte:
Aber ich sehe auch das Problem, das damit verbunden werden kann, denn wie kann man echter Crossdresser sein, wenn erst alles allem erlaubt ist, und deshalb niemand einen Crossdresser im Straßenbild erkennen kann? ...
Einigen ein schrecklicher Gedanke?
Und ich schrieb:
Recht gebe ich Dir, Gregor, dass für manchen CD (aus der CD-Szene) der Reiz des Crossdressings vielleicht reduziert wird, weil es eben genau vor allem die Kleidung war, die ihn überwiegend in die Frauen-Darstellung getrieben hat. Ja, die Zahl der CDs dürfte etwas zurückgehen - aber es wird weiterhin etliche geben, die auch nach einer erhöhten Bekleidungsfreiheit für den Mann noch weiterhin zeitweise eine Frau darstellen wollen.
Ja, die Zahl dürfte etwas zurückgehen.
Allerdings habe ich es bewusst etwas übertrieben. Wenn bislang weiblich konnotierte Bekleidung auch für den Mann auf der Straße erreichen würde, dann: Ich kann mir vorstellen - und ich habe nur einen begrenzten Einblick in die CD-Szene - dass eine beträchtliche Anzahl von CDs den Reiz verlieren würden, den Aufwand zu betreiben, um unter der Vorspiegelung eines Frauendaseins Damenkleidung tragen zu dürfen. Ja, ich kann mir vorstellen, dass die Zahl der aktiven CDs
sich deutlich reduzieren würde. Also, dass die CD-Szene
deutlich an Zulauf verlieren würde. Und
nicht nur einige, wie in meinem vorherigen Beitrag formuliert,
sondern etliche.
"Einige" hatte ich zunächst eher polemisch formuliert, um den Unterschied stärker zu gestalten zwischen den Erscheinungsformen Crossdresser (
zeitweiseDarstellung einer Frau
ohne Bezug auf die eigene sexuelle Neigung) und "Mann im Rock" (ohne Darstellung eines Frauendaseins).
Zusammenfassend kann ich sagen: Ja, Gregor, die CD-Szene wird an Zulauf verlieren. Du schriebst ja: "Für einige bestimmt ein grässlicher Gedanke." Aber die, die abwandern, dürfte das nicht ein grässlicher Gedanke sein, sondern eher eine Befreiung, weil es für sie bisher wirklich der gangbare Ausweg darstellte, die geliebte Kleidung tragen zu dürfen.
Und die, die CDs bleiben, dürfte es auch eher kein grässlicher Gedanke sein, weil es andere Dinge sind, die den überwiegenden Reiz am CD´ing ausmachen. Ja, es dürfte dann schwieriger werden, um als Frau erkannt zu werden bzw. um als Frau durchzugehen - da müssen sie sich vielleicht mehr ins Zeug legen. Das mag ärgerlich sein. Aber für die, die aus mehr als nur aus Kleidungsgründen CDs bleiben, dürfte mehr Bekleidungsfreiheiten beim Mann auch kein grässlicher Gedanken sein.
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Aber ich lese hier in den Profilen der Forumsmitglieder immer wieder, dass es einigen wichtig ist, manchmal auch als Frau wahrgenommen zu werden.
Ich denke, wir haben aktive Crossdresser (vielleicht aus der Szene, oder auch ohne Vernetzung in die Szene) mitten unter uns hier im Forum - vermutlich auch überwiegend in der schweigenden Mehrheit der hier Versammelten. Es wäre schön, wenn da aus erster Hand uns Einblicke gewährt werden würde. Dann bräuchten wir nicht ausschließlich in unserer doch sehr eingeschränkten Vorstellungswelt herumstochern.
Ich habe gesehen, dass während ich hier am Beitrag schreibe, wohl auch Kolleg*in Marianne sich zu Wort gemeldet hat. Ich habe bewusst noch nicht gelesen, was dort geschrieben steht, weil ich zuerst meinen eigenen Sermon dazu loswerden wollte. --- Edit: Oh!!! Da hatte ich mich verguckt! Schade!!! Aber trotzdem habe ich auch den zwischenzeitlichen Beitrag von Kollege Stadtneurotiker noch nicht gelesen. Das kommt jetzt - dann wird aber an diesem Beitrag hier nichts mehr nachträglich am Inhalt geändert.