Autor Thema: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil  (Gelesen 15350 mal)

Offline cephalus

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #15 am: 17.05.2013 11:30 »
Hallo Michael!

Spontan würden mir:
unangepasst, eigenbrötlerisch, abartig, schwul, weltfremd, kauzig, verschroben, freidenkend, transsexuell, avantgardistisch, pervers, nonkonformistisch, mutig oder naiv einfallen.
Das jetzt mal ohne Nachdenken…
Nicht, dass das meine Ansichten wären, aber alle dürften draußen in irgendwelchen Köpfen herumgeistern. Vielleicht auch unseriös, aber sicher nicht an erster Stelle.
Ob jetzt die negativ belegten die positiv assoziierten oder die neutralen Begriffe in der Gesellschaft überwiegen, kann ich nicht beurteilen.

Oft wird sich sie Assoziation mit dem Kennenlernen des Rockträgers auch verändern.

Liebe Grüße
Cephalus

Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #16 am: 19.05.2013 23:04 »
Hallo Cephalus,


ja, da hast Du wohl recht. Wobei die meisten dieser Wörter eher positiv bewerten würde:
unangepasst, kauzig, freidenkend, avantgardistisch, nonkonformistisch, mutig

Diese bewerte ich als neutral:
weltfremd, eigenbrötlerisch, schwul, transsexuell, naiv

Und diese als negativ:
abartig, verschroben, pervers

Und "unseriös"  für mich auch negativ.

Andere Meiungen dazu?

LG, Michael

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miau

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #17 am: 20.05.2013 14:51 »
Diese bewerte ich als neutral:
weltfremd, eigenbrötlerisch, schwul, transsexuell, naiv

Also, wenn man mit einer dieser Eigenschaften bezeichnet wird, dann ist das eindeutig beleidigend - unabhängig davon, ob man diese selbst als negativ empfindet.

Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #18 am: 20.05.2013 15:22 »
Hallo Miau,

in vielen Fällen magst Du Recht haben, aber ich meinte jetzt nur, wie ich diese Begriffe bewerte.

Zu einer Beleidigung gehören aber immer zwei: Die beleidigende Absicht des Senders und das beleidigte Empfinden des Empfängers.

Und wenn man sich beleidigt fühlt, kann man überlegen, ob man sich provozieren lassen oder deeskalieren will.

Wenn man deeskalieren will, kann man z.B. antworten: "Na und? Ist das was Schlimmes?"  oder "Und wenn es so wäre? Wäre das was Schlimmes?", und dann das Gespräch auf eine sachliche Ebene bringen.

LG, Michael
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Offline Albatros 55

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #19 am: 20.05.2013 20:01 »
Hallo ! Über die Wortglauberei würde ich mir nicht so viele Gedanken machen, da sie eh selten vorkommen. Vielleicht von Menschen, die noch in der Pubertät stecken oder von Leuten, die weit in der Vergangenheit leben.
Die Regel ist das bei Weitem nicht !! In letzter Zeit war ich oft mit meinem langen Jeansrock einkaufen im Supermarkt und Kaufhäusern. Es war (fast) so wie Hose tragen. Hier und da neugierige Blicke mehr nicht.  Mutige Frauen (!) sprechen einen an. Und das endet mit Daumen hoch. Nur einmal wurde ich von einer jungen türkischen Frau angesprochen, ob ich schwul sei. Ich fragte sie locker : ist man schwul wenn Mann einen Rock trägt ? Und was ist mit dir ? Bist du lesbisch ?  " Verdutzt schaute sie mich an und meinte " wieso ? ". Ich gab ihr zu verstehen, dass sie eine Hose trägt, was ja eigentlich dem Manne vorbehalten sei. Wenn schon, dennschon. Naja, hin und her, für und wider, sie konnte meine Fragen am Ende nicht mer Paroli bieten. Und dann kam die Frage, die man eigentlich am Anfang von sich gibt : " Warum trägst du denn einen Rock ?". Ich  antwortete : " Aus dem gleichen Grund warum die diese enge Jeans trägst ... " - Mir gefällts - Ende des Gesprächs. Aber einen gab sie noch von sich : " Der Rock war bestimmt teuer, wo hast du ihn gekauft ... " Ein normales Gespräch oder ?
Gruß in die Rock'er Runde
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Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #20 am: 20.05.2013 20:07 »
Hallo Albatros,

ich mache ja auch solche positiven Erfahrungen.

Nun kamen aber nach Jahren der Ruhe erstens meine Schwester, dann mein Lieblingsonkel mit Kritik:

Sie meinen in etwa, die Menschen seien nicht so lieb, wie ich sie mir zurechtdenken würde. Das Grundgesetz habe für viele keine wichtige Bedeutung. Es zähle oft nur Anpassung an die, von denen man Geld haben wolle, also Arbeitgeber, Vorgesetzte, Kunden usw.

Das ist halt die große Frage: Wie wichtig sind einem die eigenen Ideale oder auch die Ideale der Gesellschaft bei Widerstand und zu erwartenden wirtschaftichen Nachteilen? Das muss jeder für sich beantworten.

Was allerdings meine Schwester und mein Onkel nicht sehen ist, dass es Chefs usw. gibt, die das Rocktragen zumindest tolerieren oder sogar respektieren.

Mein Onkel kann auch nicht so recht nachvollziehen, was für einen Vorteil das Rocktragen haben soll, außer "es frei baumeln lassen zu können" wie er etwas scherzhaft sagte. Ich erzählte vom freien luftigen Gefühl um die Beine herum, vor allem aber vom Gefühl der Freiheit von Konformitätszwängen. Das kann er wohl ein weinig nachvollziehen, aber ob es ihm wert wäre, dafür gegen Widerstädne anzugehen, bezweifele ich.

Zudem kommt aber auch ein einfach konservativer Geschmack und Vorstellung von "korrektem Auftreten" usw. hinzu. Meine Schwester habe ich schon dazu gebracht, nicht von "korrekter", sonderm von "konformer" Kleidung zu reden. Das ist schon mal ein Fortschritt.

Aber mich regt es schon auf, dass nach Jahren der vermeintlichen Toleranz plötzlich solche Kritik kommt. Es stellt sich dabei heraus, dass sie jahrelang zwar Toleranz geübt haben, aber sich nie ernsthaft mit der Frage, warum ich es eigentlicht tue, beschäftigt haben. Und das, das gebe ich ihnen Recht, wird auf viele Leute zutreffen, die sehen, sich wundern, es in eine Schulade stecken, mit anderen darüber reden, die sich auch nur wundern, ohne es zu verstehen, aber unsereinen nie ansprechen. Damit müssen wir wohl leben, dass viele Leute urteilen, ohne sich um ein Verständnis zu bemühen.

Und wenn dann nach Jahren doch der Mund aufgemacht wird, erschrickt es mich. Kritik statt Respekt zu ernten, enttäuscht. Aber ich mache weiter mit der oben genannten dritten Möglichkeit, mit Geduld, Ausdauer, Gleichmut und viel Freude an gewonnen Freiheiten. Und nachwievor mit einem gewissen Stolz, aber ohne Hochmut.

(Das meisten hatte ich eben schon für eine E-Mail geschrieben und hier hinein kopiert. Das hier ist alsi die Zweitverwendung des Textes, passt hier aber auch gut rein.)

LG, Michael
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Offline Albatros 55

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #21 am: 20.05.2013 20:31 »
Hi Michael !

Wie gesagt, nicht so viel grübeln. Arbeit ist Arbeit und Freizeit ist Freizeit. Während der Arbeit Rock tragen geht bei mir nicht.  Ich kämpfe auch nicht dagegen an. In der Freizeit aber in einer Großstadt, ist das ein anderes Ding. Nein, das würde mir auf den S. ... gehen immer mich neu erklären zu müssen, warum ich einen Rock gern trage. Eigentlich müssen deine Verwandten selbst auf die Antwort kommen und die lautet num mal, weil es uns gefällt.
Ein Mann muß (!!!) eine Hose tragen, sehe ich überhaupt nicht ein. Wer das nicht akzeptieren will, mit dem beschäftige ich mich auch nicht sonderlich. Sicherlich ist das von Fall zu Fall anders. Meine Frau toleriert es nicht, dass ich einen Rock trage, wenn ich mit ihr unterwegs bin. Zu Hause kein Problem. Auch weiß sie, dass ich outdoor Röcke trage, wenn sie auf Arbeit ist. Das toleriert sie ebenfalls. Sie wäscht sogar meine Röcke mit und hängt sie draußen auf die Wäscheleine.
Der goldene Mittelweg ist immer und überall der beste. Wer es nicht verstehen will, wird es auch in 100 Jahren nicht verstanden haben. Ich bin ich !!! Die Andere leben nicht mein Leben und wissen auch nicht, wie ich fühle und denke.
Nicht wir sind " abartig " ( Verzeihung ! ) sondern die Gesellschaft und deren Normen.
Ich liebe meinen langen Jeansrock und es bleibt bei meinen positiven Erfahrungen. Möglich, dass die Leute hinter meinem Rücken tuscheln. Was ich nicht weiss macht mich nicht heiss ! Es ist mein Leben ! Irgendwann steige ich einmal in die Kiste. Soll ich mir ständig Vorwürfe machen nicht das getan zu haben, was ich am liebsten getan hätte, nämlich Röcke tragen !
Gruß nochmals in die Rock'er Runde
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Offline Tine

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #22 am: 20.05.2013 20:33 »
Zu einer Beleidigung gehören aber immer zwei: Die beleidigende Absicht des Senders und das beleidigte Empfinden des Empfängers.

Und wenn man sich beleidigt fühlt, kann man überlegen, ob man sich provozieren lassen oder deeskalieren will.

Hallo Michael,

manchmal reicht auch einer, und zwar der, der die Äußerung als Beleidigung empfindet. Da muss der Absender noch nicht mal beleidigend gedacht haben, sondern sich nur vielleicht ungeschickt ausgedrückt haben. (Das ist manchmal gar nicht so schwer...)
Sicher vor Beleidigung ist derjenige, der so in sich ruht, dass er, selbst wenn der Absender beleidigend wirken wollte, nicht beleidigt ist, weil er sich nicht treffen lässt. Nur wer ist schon so selbstsicher?

Zu Deiner Schwester und Deinem Onkel: Es ist ein Prozess, sich damit auseinanderzusetzen und keine einmalige Angelegenheit. Ich unterstelle den beiden aus meiner Sicht keine Ignoranz und auch keinen Unwillen, sich mit Deinem Rock-tragen und dessen Motiven zu beschäftigen, sondern vermute mehr, dass sie es gewissermaßen bis jetzt ausgeblendet haben, um die -wohl tatsächlich gute- Beziehung nicht auf's Spiel zu setzen.
Fakt ist, dass ein Mann im Rock immer noch einen Großteil der Mitmenschen zu irritieren vermag. Und je näher die Menschen dem Rockträger stehen, desto größer ist die Irritation.
Um das nicht durchschlagen zu lassen, blenden einige die Irritation mehr oder weniger unbewusst aus. Irgendwann kommt es halt dann wieder hoch. Und dann kommen eben Fragen oder Kritik mit Zeitverzögerung.
Andere gehen gleich auf Konfrotation. Diejenigen, die es von Anfang an ganz vorbehaltslos akzeptieren, dürften nach meiner Einschätzung die Minderheit darstellen.
(Ich habe mit einigen Leuten aus der Verwandschaft Gespräche zu meinem Mann im Rock geführt. Die wenigesten fanden gleich beim ersten Auftritt im Rock statt, außer die Leute waren total dagegen. Das kam eigentlich immer gleich und meist auch volle Breitseite.)

Viele Grüße
Tine

PS: "Weltfremd" halte ich eher für negativ, dafür finde ich verschroben weniger schlimm als negativ, aber auch noch nicht neutral... Alles Ansichtssache halt...  ;)

Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #23 am: 20.05.2013 22:05 »
Gute Worte, Tine! Danke!


Ich glaube auch nicht an einen bösen Willen. Eher an negative Lebenserfahrungen mit je eigenen Chefs und anderen Menschen, verbunden mit einer eigenen Konservativität in Stilfragen und einer gewissen Oberflächlichkeit, was die Frage nach Motiven angeht.

Für letzteres spricht ja beider Ansicht, das ich zu viel (!) denke.

Was mir Sorgen macht ist, dass ich durch diese Erlebnisse zu einer negativen Einstellung anderen Menschen gegenüber kommen könnte, und überall nur unehrliche Scheintoleranz vermuten könnte, wenn der direkte Widersrpruch ausbleibt. Und diese negative Einstellung könnte dann dazu führen, dass andere Menschen, die das spüren, dann mir gegenüber tatsälich ablehend würden. Die könnten dann den Rock als Vorwand verwenden, mich abzulehnen, auch wenn sie das nicht zugeben, sondern irgendetwas anderes vorschieben würden. Jeder Mensch hat und macht Fehler, in der Arbeit, in der Kommunikation, usw. Wer will, findet schnell einen Grund.

Ich halte es eigentlich lieber so, dass ich meinen Mitmenschen einen weiten geistigen Horizong zumute, ihnen demzufolge offen und positiv begegene, somit Sympathie empfinde und ausstrahle, und auch selbige zurück bekomme.

Na, meine Frau meinte eben, ich hätte doch so viele positive Rückmeldungen von Vorgesetzen und von gleichrangigen Kolleg(inn)en bekommen, da müssten mich die Kritiken der Verwandtschaft eigentlich nicht beunruhigen. Aber wie Du so schön und richtig sagst, Tina, bei nahen Menschen irritiert es um so mehr. So bin ich durch meine Schwester und meinen Onkel nun mehr irritert, als wenn es von Fremden gekommen wäre. Vice versa!

LG, Michael
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Lars

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #24 am: 20.05.2013 23:51 »
Ich halte es eigentlich lieber so, dass ich meinen Mitmenschen einen weiten geistigen Horizont zumute ...

Und genau das fällt mir zunehmend schwerer ...
Das hat mit dem Rocktragen primär eigentlich nichts zu tun. Ich hinterfrage schon länger,
wie und warum unser geld- und konsumgeiles System überhaupt funktionieren kann und warum
die wenigsten Konsequenzen daraus ziehen. "Man kann sowieso nichts ändern" ist der Tenor.
Wenn man es doch tut, erntet man meistens Unverständnis ...
 
Das Rocktragen hat dem insofern Vorschub geleistet, daß das tägliche Leben kommunikativer geworden ist
und man mit vielen Leuten ins Gespräch kommt, mit denen man sonst nie in Berührung gekommen wäre.
Auch geht man aufmerksamer durchs Leben, beobachtet seine Mitmenschen mehr.
Es ist quasi eine Milieustudie im Kleinen, die man da abzieht, und das ist das eigentlich Faszinierende daran.
Und trotz der meist positiven Erlebnisse, die natürlich weit mehr im Gedächtnis haften bleiben, komme ich wieder
auf meinen ersten Satz zurück ...
 
Grüße aus Köln
Lars

Offline cephalus

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #25 am: 20.05.2013 23:56 »
Hallo Michael,


Was mir Sorgen macht ist, dass ich durch diese Erlebnisse zu einer negativen Einstellung anderen Menschen gegenüber kom[…]tatsälich ablehend würden. Die könnten dann den Rock als Vorwand verwenden, mich abzulehnen, auch wenn sie das nicht zugeben, sondern irgendetwas anderes vorschieben würden.

Auf diese Deine Befürchtungen fällt mir eigentlich fast nur ein, was Du selbst formuliert hast:

Für letzteres spricht ja beider Ansicht, das ich zu viel (!) denke

Du wirst nie die Gedankengänge einzelner anderer Menschen voraussehen oder nachvollziehen können, schon gar nicht die von vielen Dir unbekannten Leuten.

Genaugenommen bleibt Dir, nicht nur beim Thema Rock, als einzige Option, den für Dich, zu diesem Zeitpunkt, komfortabelsten Weg aus der pragmatischen Abwägung deiner Wünsche gegen die Reaktionen der Umgebung zu suchen.
Was andere Menschen wie verarbeiten, was sie bis zu diesem Zeitpunkt erleben und was sie im Laufe der Zeit beeinflusst ist unvorhershbar.

Die Reaktion deiner Angehörigen kann ich sehr gut verstehen, verhalte ich mich doch in vielen Fällen ähnlich:

Wenn ich mich über das Verhalten oder die Entscheidungen von Personen in meinem Umfeld wundere oder sie nicht nachvollziehen kann, werde ich in der Regel dazu kein negatives Statement abgeben, es sei den ich halte sie für gefährlich oder verwerflich.

Das mache ich, weil ich
1.   evtl. mir erst eine Meinung bilden will, gerade wenn es ein neues Thema ist,
2.   den anderen nicht durch Kritik belasten will, wenn es keinen triftigen Grund dafür gibt,
3.   ich davon ausgehe, dass der andere einen , in meinen Augen „falschen Weg“ selbst  erkennt,
4.   und ich mir nicht anmaßen will, meine wenig relevante Ansicht gegen die Entscheidungen eines anderen zu stellen.


Trotzdem kann sich im Laufe der Zeit oder der Vorgänge  durchaus die Situation ergeben, dass ich ein Thema plötzlich aufgreife, das vor Jahren seinen Anfang genommen hat, einfach weil sich meine Situation oder die des anderen geändert hat, oder ich schlicht lange gebraucht habe mir eine Meinung zu bilden.

Es stellt sich dabei heraus, dass sie jahrelang zwar Toleranz geübt haben, aber sich nie ernsthaft mit der Frage, warum ich es eigentlicht tue, beschäftigt haben.

Auch hier möchte ich deine Angehörigen etwas in Schutz nehmen.
Habt ihr über das „warum“ gesprochen? Vermutlich nicht?

Ich selbst habe weder die Motivation noch die Kapazität jedes mir nicht sofort nachvollziehbare Handeln meiner Umgebung zu hinterfragen und zu durchleuchten, erst Recht nicht das, welches für mich keine besondere Bedeutung hat.
Ich werde vermutlich auch nicht immer erkennen, von welcher Bedeutung es für den anderen ist, wenn er es nicht ausdrücklich formuliert.

Summa sumarum sind und bleiben wir für fast alle Außenstehenden Exoten, die mit den von mir formulierten Begriffen in Verbindung gebracht werden, die keinem schaden und auch keinem durch ihre Kleidung nützen und so, in den allermeisten Fällen weitgehend emotionslos hingenommen werden.

LG
Cephalus






Offline DesigualHarry

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #26 am: 21.05.2013 00:21 »
Hallo!

Ich habe die Erfahrung gemacht dass man eine Beleidigung nur dann als solche wahrnimmt, wenn man mit dem was man tut sich nicht  sicher ist. Wenn man dauernd Gedanken Kreisen hat, ob das richtig ist was man tut, empfindet man viel schneller etwas als Beleidigung. Seitdem ich aber in meinem innerem die Sicherheit und das wissen habe, dass ich als Mensch das Recht habe mich so zu kleiden das ich mich Wohlfühlen kann, komme ich nur mehr sehr selten in eine Sitiuation die man als Beleidigung auffassen könnte.

Richtige Beleidigungen sind mir nichts fremdes. Leider hab ich in meiner Jugendzeit und frühen Erwachsenzeit deren sehr viel in mich hineingestopft. All diese Beleidigungen sind einfach durch diese ganzen Machtstrukturen vom "Mann sein" entstanden. Ich wollte damals Dinge machen die man zwar als Mann halt so macht, die mich aber eigentlich nie wirklich interessierten. Seitdem ich mich davon löste und die Dinge mache die ich selber tun mag, sind auch diese ganzen Beleidigungen verschwunden.

Wenn man dann mal in solche Bereiche vorstoßen kann wo man auf äußere Kommentare (auch positive) nicht mehr angewiesen ist, dann bekommt das Leben auf einmal eine unglaubliche Dynamik. Bisher hatte ich eine Handvoll solcher Tage, die mit Abstand die schönsten in meinem Leben waren. Das war dann wirklich ein Gefühl von Freiheit... :D

Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #27 am: 21.05.2013 06:59 »
Halo zusammen,

danke für die qualitativ hochstehenden Beiträge!

Nur ganz kurz, bevor ich gleich nach Bielefeld fahre:

Cephalus:
Doch, mit meiner Schwester habe ich schon vor 13 Jahren über meine Motive kommuniziert. Und mit meinem Onkel, wenn auch nicht über Röcke, aber doch über manch andere weltanschauliche Themen.

Harry:
Dein letzter Absatz
Zitat
Wenn man dann mal in solche Bereiche vorstoßen kann wo man auf äußere Kommentare (auch positive) nicht mehr angewiesen ist, dann bekommt das Leben auf einmal eine unglaubliche Dynamik. Bisher hatte ich eine Handvoll solcher Tage, die mit Abstand die schönsten in meinem Leben waren. Das war dann wirklich ein Gefühl von Freiheit... Cheesy
erinnert mich an das Buch "Rocktage" von Dana Bönisch (http://de.wikipedia.org/wiki/Rocktage). Da geht es nicht um Röcke, aber Rocktage sind für den Protagonisten der Geschichte eben solche Tage. an denen er das Leben spürt, im Gegensatzu zu "Spülhandschuhtage", an denen er alles wie durch einen Schleier wahrnimmt. Diese Sitationen sind wunderbar darin beschrieben. Leider endet das Buch wertherisch.

Lars:
Vollkommen d'accord!

So, jetzt muss ich los.
LG, und habt einen schönen Tag!
Michael
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Offline Jürgen64

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #28 am: 21.05.2013 21:12 »
Hallo Leute,

diese Diskussion finde ich seit langem mal wieder richtig interessant!

@Michael:

zur Aussage "Sender und Empfänger": was ist das denn, wenn zu mir einer "schwul" sagt und ich antworte "tut mir leid für Dich, aber ich bin schon vergeben"? Ich sage ja in dem Moment nicht, dass ich an eine Frau vergeben bin, sondern zeige ihm dass seine als Beleidigung gedachte Aussage bei mir nicht zieht wie gewünscht.

zur Aussage "Arbeitgeber": da sind auch viele Befürchtungen im Spiel, die Menschen äußern, die Dir eigentlich Gutes wollen. Auch meine Mutter meinte, als ich vor 4 Jahren arbeitslos wurde "jetzt wissen alle, dass Du Rock trägst, jetzt bekommst du nie wieder eine Stelle". Ok, ich hab die Stelle bekommen, als ich neben meinem jetztigen Chef im Mini am Tresen saß und er nach einer Stunde Smalltalk meinte "Fang morgen bei mir an!" Das kann meine Mutter bis heute nicht verstehen.

Gruß
Jürgen
Sei Du selbst. Von den anderen gibt es schon genug!

Offline MAS

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Re: Theorie zum Gefühl der Freiheit und dem Gegenteil
« Antwort #29 am: 21.05.2013 22:15 »
Hi Jürgen,

köstlich!

Es kommt so maches zusammen im (Miss)verständnis mancher Leute: Z.B. wurde ich im selben Zusammenhang, in dem der Rock kritisiert wurde, ausgeschimpft, ich hättevor Jahren auf einer Goldenen Hochzeit ein altes, verschlissenes oder schmutzuges T-shirt. getragen. Das stimmt zwar nicht, es war nur nassgeschwitzt, weil ich auf der Feier mit Cousins ein Tretbootwettrennen gemacht hatte. Meine Frau meinte, hätte ich zu dem übrigens einwandfreien T-shirt eine Hose getragen, hätte niemand das T-shirt kritisiert.

Sich will mir niemand von der Verwandtschaft was Böses. Sie sind sich nur einfach gar nicht bewusst, wie seihr sie die Grenze zum Mobbing fast erreichen. Ich bin dann der, der seinen Kopf durchsetzen will und ihnen was aufzwingen will. Dabei will ich niemanden zwingen, Rock oder sonst was zu tragen. Lustig oder traurig: Ich sagte zu meinem Onkel, ich hätte doch zumindest von meiner Verwandtschaft einen weiteren geistigen Horizont erwartet. "Nein", war seine Antwort.

Ich will aber nicht böse mit ihnen sein, sondern ganz friedlich meinen Weg weiter gehen. Vielleicht erkennen die Männer und Frauen ja irgendwann einmal, dass es ein Beitrag zur Gleichberechtigung der Geschlechter ist. Man muss es ihnen allerdings erklären, von selbst kommen sie nicht darauf.

Zwei schöne Erlebnisse heute:

Ein Student sprach mich auf den Rock an und meinte, er habe erfahren, ich hätte damit in Sri Lanka angefangen. (Woher er da weiß, weiß ich nicht, vielleicht hat er es im Internet gefunden.) Seine Eltern stammen aus Sri Lanka. Er meinte, dort habe er auch Sarong getragen, nur Probleme mit dem richtigen Zusammenknoten gehabt. Hier in Deutschland sei es aber ungewohnt, und es sei ihm anfangs komisch vorgekommen, mich im Rock zu sehen. Nun finde er es aber okay.

Wieder in Siegburg im Bahnhof hob ein Junge den Daumen und sagte: "Hübsch sieht das aus". Wahrscheinlich war das nicht ganz ernst gemeint und ich antwortete: "Danke gleichfalls". Der Junge guckte an sich herunter und ein anderer Junge meinte: "Der ist doch nicht hübsch."

Beste Grüße in die Runde1
Michael
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