Aus Chris´ Dirndl-Thread hier herüber geholt:
Nun habe ich gelesen, was du dort (also jetzt hier im Thread -skm) geschrieben hast, und ich kann dir sehr gut folgen.
Du bist nicht Crossdresser, hast du dir entschlossen. Begründung, wie ich es verstanden habe, du trägst nur weibliche Kleidung, sonst bist du Mann.
Wenn ich Bilder von dir sehe, sehe ich auch, wie ich früher mehrmals geschrieben habe, eindeutig einen Mann – in Damenklamotten (außer Schuhwerk).
Aber ob das bedeutet, dass du in den Augen anderer, nicht Crossdresser bist, weiß ich ehrlich nicht. Laut deiner eigenen Definition grenzt du dich davon ab, aber sieht es die große Welt, die sich nicht mit dem Begriff Crossdresser auseinandergesetzt hat, es so?
Keine Ahnung.
Ich weiss es.
Die "große Welt", in der ich mich bewege, sieht mich nicht als Crossdresser.
Und zwar lieferst Du die Antwort selbst (was ich ja auch so bereits erwähnt habe) :
Zum Wort Crossdresser: ... es wird kaum verwendet.
... Es wird sehr wenig verwendet und fast ausnahmslos von Eingeweihten, die, soviel ich gelesen haben kann, es viel netter finden als das Wort Transvestit. Vielleicht deshalb gibt es Crossdresser-Foren und nicht Transvestiten-Foren, wobei die Mitglieder mir mehr als Crossdressers sind – in meiner Auslegung vom Crossdressing.
Ja, aber Deine Auslegung deckt sich nicht mit der Verwendung der Community, die sich unter dem Begriff "Crossdresser" versammelt.
Und Du sagst es: sie sind mehr als das, was Du in Deiner Auslegung von Crossdresser steckst.
Du kannst selbst nachschauen, die Crossdresser-Foren haben eine größere geistige Nähe zu TV und TS (Transvestiten und Transsexuellen) als ich es hier im Forum beobachte.
Und wenn ein Crossdresser sich mal traut, nicht immer als Frau "aufgetakelt" unter die Leute zu gehen, dann haben sie den Ausdruck (habe ich neu gelernt) Hybrid-Modus. In deren Augen sind die meisten von uns im Hybrid-Modus, d.h. "Frauenklamotten", jedoch verbergen sie nicht nach bester Möglichkeit ihre männliche Identität.
Jedoch sind die meisten von "uns" auch nicht im Hybrid-Modus, weil für deren Community das eher "faule Crossdresser" sind, die sich manchmal (aber nicht immer) mehr trauen als die Kern-Community.
Aber was sagen die nicht-Eingeweihten dann über einen Mann, der sich wie eine Frau kleidet, und ihnen der Begriff Crossdresser fremd oder unbekannt ist? Ich habe ein bisschen rundgefragt, ganz unwissenschaftlich und nicht repräsentativ. Die Antwort: Trans. Er ist Trans. Ob transsexuell oder Transvestit oder Crossdresser oder nur in Damensachen, er ist Trans.
Ja, "trans" ist eine der Worte, die vielen Leuten auf der Zunge liegen könnten.
Was die Leute denken, kann ja formal erst mal sein:
- Adjektiv ("Der ist dies und jenes"), z.B. trans
- Subjekt ("Der ist ein/eine ..."), z.B. Crossdresser, Transe, Transvestit, Spinner, Depp
Wobei das Wort Crossdresser den Leuten nicht im Sinn liegt. Viele haben es vielleicht schon ein, zwei Mal irgendwo gehört - wenn Du sie fragst, werden sie das Wort analysieren und sagen, dass sie wüssten, was Du meinst (wenn auch mit sicherlich zumeist falschen Vorstellungen), aber im Hirn präsent ist dieses Wort eben nicht.
(Hab ich inzwischen schon 17mal gesagt.)Und das adjektiv "trans" steht als Oberbegriff für alles was eben in diesem Zusammenhang mit "trans" beginnt: transgender, transsexuell, transvestitisch, bestenfalls noch transident, ...
Der Begriff "Transe" hingegen wird in meiner Beobachtung nur dann verwendet, wenn sofort eine negative Grundhaltung demgegenüber ausgedrückt werden soll, was aber auch eher als Oberbegriff verwendet wird für alles, wo die eben eines der genannten Adjektive zutreffend ist. Wobei bei ablehnender Grundhaltung fast nur Transsexuelle oder Transvestiten im Sinn sind.
Ich kann Dir aber sagen, was die Leute wohl denken in Bezug auf mich. Und zwar z.T. über Umwege, vieles auch in der direkten Kommunikation:
"Mann im Rock" (ist leider weniger geworden, liegt aber auch an mir, schon alleine, dass ich inzwischen mehr Kleid trage als Rock)
"Mann in Frauenkleidern" (muss ich mit leben, ich habe aber auch mein Repertoire an Mustern, Farben, Formen sehr erweitert)
manche fragen:
"Stehst Du auf Männer oder Frauen?" (also z.B. schwul)
sehr selten:
"Fühlst Du Dich als Frau / Willst Du Frau werden?" (also trans, vor allem transgender, ggf. transsexuell)
Dazu passen punktuelle Einzelbezeichnungen:
"Römer"und
"Der trägt immer nur Frauenkleider" - "Will aber keine Frau sein!" - "Ja, er will keine Frau sein!" (Gespräch zweier älterer Frauen, zufällig mitgehört,
ich berichtete.)
Es hat mich noch niemals-nie jemand gefragt, ob ich ein Crossdresser sei. Dieses Wort existiert nicht in den Köpfen ausserhalb der Szene und der Entourage, wobei eben wir auch davon Entourage sind - also die "Eingeweihten", die diesem Wort eben öfters begegnen, weil sie in einer gewissen Szene stecken - wir ja ebenso. Timper würde Blase sagen. Ausserhalb dieser Blase gibt es dieses Wort nicht in der Bevölkerung. Sie basteln sich lieber eine Beschreibung bestehend aus mehreren Worten, wie "Mann in Frauenkleidern".
Und ja, selbst in der Crossdresser-Community wird immer mal darüber nachgedacht, wie Männer, die in Männererscheinung nur was anderes als Hose tragen, wie diese bezeichnet werden sollen. Es gibt dafür noch kein greifbares Wort. Es gibt noch keinen Begriff dafür, weil wir als Gruppe noch nicht in den Köpfen angekommen sind, auch wenn viele Menschen Verständnis für uns aufbringen und begriffen haben, was wir sind.
Es wird an uns paar Hanseln liegen, diesen Begriff zu prägen.
Wenn ich mich im Internet umschaue, dann scheint, wir sind deutlich in der Minderzahl verglichen mit der Crossdresser-Community. Vielleicht fallen uns die vielen Crossdresser in der Öffentlichkeit gar nicht auf, weil die meisten es so geschickt anstellen, dass im flüchtigen Vorbeilaufen nur selten offenbart wird, dass diese Frau eigentlich gar keine echte Frau ist.
Gefühlt habe ich in meinem ganzen Leben vielleicht 15 Crossdresser entdeckt. Geschätzt vielleicht 100 Männer in Röcken, wobei ich da auch nicht sagen kann, inwieweit die sich in die LGBTQ-Szene einpassen.
Was ich auch maximal zweimal, nicht öfter, zu hören bekam, dass ich als "queer" bezeichnet wurde. Queer ist ein deutlich weiterverbreiteter Begriff in der Bevölkerung, wird aber auch selten verwendet. Zumindest selten in Bezug auf mich. Mir scheint, aber auch Queer ist mehr ein Wort, das fast nur in der Community verwendet wird - einer deutlich größeren Community als die Crossdresser-Community.
Wahrscheinlich werden "wir" zunehmend mit "queer" in Verbindung gebracht werden, wenn wir nicht selbst dafür sorgen, als "Mann im Rock oder Kleid" erkannt und anerkannt zu werden.
Immerhin wird es heute - zumindest in Westeuropa - nicht mehr durchweg negativ bewertet, wenn jemand Trans ist.
Ja, Micha. Ganz klar. Da kann ich aktuell noch etwas beisteuern. Aus Gründen der Beitragslänge verschiebe ich das aber auf später.
Ich glaube, dass das, was die Menschen mehrheitlich für sich formulieren, stark vom Alter abhängt.
Für ältere bleibt Ratlosigkeit oder schwul, wenn es jünger wird, vielleicht trans, Transvestit oder Crossdresser und noch jünger sind Begriffe wie enby, gendercreative oder einfach nur Experimentierfreude in den Köpfen.
Vor 30 Jahren haben die damals jüngeren meist mit Ablehnung auf nicht geschlechtskonformes Aussehen reagiert, heute ist es ihnen, den jetzt jüngeren, eher egal, oder es gibt Zustimmung - und gelegentlich sogar Bewunderung, dass ein Alter, wie ich, es sich traut.
Cephalus, weitestgehend d´accord. Genau so ist es.
Wie eben bei Micha schon angeklungen, kann ich aktuell was beisteuern, dass das von Dir gesagte noch einmal deutlich untermauert.
Dass die älteren ratlos seien, oder schwul vermuten, kann ich aus meiner Erfahrung - schon aus den frühen 90er Jahren und noch viel mehr von heute - deutlichst verneinen. Das sind eher die 40-jährigen, die in diesen Kategorien gedanklich steckenbleiben. Ich habe viel Kontakt mit Älteren, die fast immer sofort erkennen, was bei mir Sache ist. Das mag nicht repräsentativ sein, aber hochgradig auffallend.
Es geht nicht darum was (unsereins) darunter versteht sondern xy auf der Straße. Und Gregor hat recht. Xy auf der Straße wird sich selten die Mühe machen und das bis ins Atom aufzuschlüsseln. Je mehr und je ungewöhnlicher das Outfit wird , je weiter es sich vom nur Rock entfernt desto schneller wird Transvestit gesagt. Bestenfalls Crossdressing. Es ist doch eine Illusion zu glauben das die Menschen da nach Hintergründe suchen. Wer mit Kleid oder Dirndl und Heels auch ohne Zweithaar durch die Straßen geht wird dann einsortiert.
Also, je mehr umso schneller wird einsortiert. Lässt sich kaum ändern.
Nein: Bestenfalls Crossdressing - nein. Das Wort ist nicht in den Köpfen, siehe oben.
Und was die Leute sagen - und ich habe viel Gesprächskontakt mit flüchtigen Begegnungen - weicht auch von "Transvestit" deutlich ab.
Ansonsten Timper, hast Du insgesamt tendenziell recht.
Also, je mehr umso schneller wird einsortiert. Lässt sich kaum ändern.
Wenn Du damit meinst: je mehr "weibliche" Merkmale eingesetzt werden, desto schneller wird ein Urteil über Dich gefällt: Ja, bestimmt.
Wenn Du damit meinst: je mehr "weibliche" Merkmale eingesetzt werden, desto fester wird man in feststehende Schubladen einsortiert, auch wenn sie nicht auf Dich zutreffen. Ja, auch das wird zutreffen.
Abschließend noch mal Gregor:
Die Frage ist dann nur, wie weit kann man gehen, ohne, in den Augen der anderen, Trans zu sein?
Gruß
Gregor
Das ist eine sehr weitreichende Frage. Von der ersten Tendenz her: siehe die Beurteilung aus der Feder von Timper.
Um es kurz aus meiner Erfahrung anzureißen:
Hängt viel von Deiner Ausstrahlung ab. Je sicherer Dein Auftreten, desto eher wirst Du wohl tendenziell richtiger einsortiert. Je offener Du in der Kommunikation (angefangen von Anschauen, Lächeln, Grüßen bis hin zu Reden) gegenüber Fremden bist, desto eher wirst Du tendenziell richtiger einsortiert.
Das heisst: Je sicherer und je offener, desto mehr kannst Du Dir erlauben, ohne in den Augen der meisten als "trans" angesehen zu werden!