Neues von draußen ...

[Langes Elend]

Hallo zusammen,

nach längerer Abstinenz hier und einer parallel verlaufenden Probierphase muß ich doch mal ganz kurz von meinen jüngsten Erlebnissen berichten:
Vor wenigen Wochen war ich das erste Mal im Rock draußen. Ich bin nicht nachts um die Häuser geschlichen, sondern habe mir eine relativ belebte Straße ausgesucht für diesen Anlaß. Geparkt habe ich in einer Seitenstraße, um nach dem Aussteigen nochmal alles sortieren zu können und den Puls etwas runterzubringen. Und was soll ich sagen: Es war erstaunlich einfach und ich hatte meine innere Ruhe relativ schnell wieder zurück. Allerdings war ich dann doch noch zu aufgeregt, um eventuelle Reaktionen wirklich wahrnehmen zu können. Hat aber alles soweit geklappt und es war sehr motivierend für weitere Aktionen.
Der nächste Schritt sollten normale tägliche Erledigungen sein, wie z.B. einkaufen oder tanken fahren.
Da hat das geneigte Publikum mehr Zeit, einen in Augenschein zu nehmen, was ich anfangs als Nachteil gewertet habe.
Ich habe mich auch dabei erwischt, z.B. vor einem Supermarkt im Auto sitzenzubleiben und die Leute zu "analysieren", die da rein- und rausgingen. Einige Versuche, mit Rock in einen solchen Laden zu gehen, habe ich daraufhin abgebrochen ... zuviel analysiert und nachgedacht ;-)
Oder an der Tanke: wenn ich beim drauffahren irgendein prolliges Auto an einer der Säulen habe stehen sehen, bin ich weitergefahren ...
Mittlerweile ist dies alles kein Thema mehr, rein in den Laden und gut ist. Es macht einfach Laune.
Reaktionen bisher: keine. Auch keine negativen Erlebnisse, wie Pöbeleien oder Gelächter.
Wobei die Blicke, die man so erntet, manchmal köstlich sind. Einige scheinen schlicht überfordert zu sein mit dem Gesehenen.
 
Das einzige, was ich noch nicht getan habe, ist im Rock bei mir durchs Dorf zu laufen. Dazu fehlt mir noch die Courage.
Nur vom Auto ins Haus, wenn ich zu faul bin, mich wieder umzuziehen.
So ist es neulich geschehen, und prompt wurde ich von einer Nachbarin erwischt. Ich habe ganz trocken "hallo" gesagt, während ihr ein "schick!" entfleucht ist. Da dies nicht ironisch klang, habe ich es mir gleich nochmal bestätigen lassen. Es hat ihr offensichtlich wirklich gefallen. Das ging runter wie Öl ...
 
Hab auch mal ein Bild in die Galerie geladen:
http://www.rockmode.de/index.php?action=gallery;sa=view;id=910
So oder ähnlich war ich die letzten Tage unterwegs.

Grüße,
L.

[GregorM]

Hallo L,

ein sehr schöner und positiver Bericht. Du bist ja in kurzer Zeit weit gekommen und hast glücklicherweise auch dabei festgestellt, dass es so ziemlich unkompliziert ist, im Rock zu gehen, für die Umwelt wie auch – und noch wichtiger - für dich selbst.

Dein Outfit auf dem Bild sieht auch sehr gut aus. Selbst würde ich wohl beim ärmellosen Oberteil auf die Strumpfhose verzichten, oder zur Strumpfhose ein Oberteil mit langen Ärmeln verwenden. Nur Kleinigkeiten und Ausdruck einer subjektiven Auffassung. Wie du vielleicht gesehen hast, bin ich nicht so sehr für Strumpfhosen, obwohl ich bei kaltem Wetter auch manchmal eine trage, und zu einem kurzen Rock machen sie natürlich früher einen Sinn als unterm Kilt. Also Daumen hoch und auch weiterhin viel Spass im Rock!

Bequemer kleidet Mann sich nicht. 

Gruß
Gregor

[Jo 7353]

Hallo L,

Gratulation zu dem Mut es endlich zu wagen und dem gelungenen Start, insbesondere mit der Nachbarin!

Du beschreibst gut das, was normalerweise beim ersten Rocktragen passiert, nämlich außer etwas Bammel von Dir und erstaunten Blicken von den anderen nichts.

Gruß,
Jo

[eff]

Hallo,
auch ich finde es gut, wenn immer mehr Männer diesen Schritt "wagen" - eigentlich ist es ja kein Wagnis!, sondern nur eine Überwindung der eigenen Blockade. Was L. schreibt kann ich gut nach vollziehen. Ging mir so ähnlich. Einen Rock trage ich auch erst seit ca. 2 Jahren, bisher aber nur bei uns zu Hause und in der näheren Umgebung (Hundespaziergang durch Wald, Feld und Flur). Einziger Kommentar bisher von Nachbarn: "Das steht dir aber gut." Bekleidet war ich mit Jeansrock, Poloshirt und Birkenstocksandalen (ohen Socken natürlich).

Für mich ist der Rock zu einem "Symbol für Freizeit und Urlaub" geworden. Zur Arbeit oder zum Einkaufen war ich bisher nur in konventioneller Kleidung. Meine Frau meint dazu, das die Leute in unserem  Städtchen "noch nicht soweit seien um das zu verstehen oder zu akzeptieren", deshalb besser nicht. Ausserdem das Gerede etc.; diese Gründe kommen ja öfters vor. Ich bin bisher ihrem Wunsche gefolgt. Aber an anderen Orten, oder bei uns in der näheren Umgebung, kein Problem.

In diesem Jahr waren meine Frau und ich 2 Wochen in Urlaub (Dänemark) - ich nur im Rock . Und das überall - und siehe da, es war überall kein Problem. Der größte Anteil war "Nichtinteresse seitens der Bevölkerung", der Rest positives Lächeln oder Daumen hoch. Nur ein Paar schien mir aus etwas größerer Distanz das Thema "Rock am Mann" zu diskutieren (schien mir so, weil sie mich dauernd im Blick hatten).

Zusammenfassend kann ich nur sagen, es war das erste Mal, dass ich über einen längeren Zeitraum Rock getragen habe. Es war ein schönes Gefühl. Bleibt zu klären, ob die Leute in meiner Heimatstadt wirklich "noch nicht soweit sind". Aber damit lasse ich mir noch etwas Zeit. Ich denke trotzdem: Irgendjemand muss ja mal anfangen. Gesteinigt o. ä. werde ich bestimmt nicht.

eff

[GregorM]

Als ich vor wohl 15 Jahren anfing, im Kilt zu gehen, war ich wirklich überzeugt, dass genau dort, wo ich wohnte, würden alle total ohne Verständnis dafür sein, dass ein Mann – ICH – im Kilt gehen könnte. Dem zufolge tat ich es dann auch nur, wenn ich wirklich weit von zu Hause entfernt war. Und dort, Fremderorts registrierte ich keine Probleme. Die Deutschen waren viel toleranter, als wären die Dänen, glaubte ich. Als es sich zeigte, es war kein Unterschied, dann wären die Dänen in den mir weit entfernten Teilen bestimmt toleranter als die, die in meinem Ort wohnte, war ich sicher. Als ich dann endlich wagte, mir im eigenen Ort im Kilt zu zeigen, musste ich erkennen, dass sie genau so tolerant waren wie die anderen.

Deshalb Eff, trage ruhig deine Röcke im eigenen Ort.

Gruß
Gregor

[cephalus]

Als ich dann endlich wagte, mir im eigenen Ort im Kilt zu zeigen, musste ich erkennen, dass sie genau so tolerant waren wie die anderen.

Die Menschen sind wohl überall weitgehend gleich, Gregor, aber es bleibt ein Unterschied:
Je weiter ich von zuhause entfernt bin, desto unwahrscheinlicher wird es Menschen zu begegnen, die mich kennen, die ich wieder treffe, und die für mich in irgendeiner Form relevant sind.

LG
Cephalus

[Wachkatze]

Langes Elend und Eff,

traut euch ruhig auch im eigenen Ort.

Die ortsbekannten Stänkerer finden so oder so immer was zum lästern.

Bei den Damen im Ort werdet ihr euch wundern, wer so alles gerne ein flottes Männerbein sieht.(Es werden garantiert ein paar Damen dabei sein, denen ihr das nie im Traum zugetraut habt.)
Bei den Herren wird euch spätestens ab 30° der heimliche Neid sicher sein.(Mift, der hats schön kühl...)

^^

[McKenna_BW]

Hallo

ich sag auch nur "nix wie raus in die Öffentlichkeit" und wenn jemand nen blöden Satz sagt einfach "hei, noch nie einen Rock getragen? Na da hast das beste versäumt"! Los lassen, so halte ich das, das gibt die besten Gespräche!

Ich mache zwischenzeitlich auch grundsätzlich im Rock Straßenmusik ( in Stuttgart ), egal ob einfarbig oder bunt!
Gestern sagte eine Frau " na das ist doch mal was anderes, sieht klasse aus"!

Also, mutig voran und weiterhin viel Spaß

Grüßle vom Folk"Rocker" aus BW, McKenna_BW

[GregorM]

Die Menschen sind wohl überall weitgehend gleich, Gregor, aber es bleibt ein Unterschied:
Je weiter ich von zuhause entfernt bin, desto unwahrscheinlicher wird es Menschen zu begegnen, die mich kennen, die ich wieder treffe, und die für mich in irgendeiner Form relevant sind.

Hallo Cephalus,

genau. Und das ist ein wesentlicher Grund, warum ich im Kilt und nicht im Rock gehe. Den Kilt kann ich viel leichter rechtfertigen als einen regulären Rock.

Wer es möchte, könnte „zuhause“ im Kilt gehen, aber fern von zuhause im Rock. Wer es nicht kariert liebt, könnte sich einen schwarzen, aber sonst traditionellen Kilt kaufen.
     
http://www.heritageofscotland.com/Casual-Kilts/8-Yard-Men-s-Kilt--Polyviscose--Black/pid,904,cid,15859834,product.php

Gruß
Gregor

[DesigualHarry]

Hallo Gregor!

Vor wem must du dich eigentlich Rechtfertigen? Ich hab auch immer geglaubt ich muss mein Rocktragen vor den Leuten Rechtfertigen. Hab meine Krankheit immer Vorangeschoben um einen Grund für den Rock zu haben. Aber so ist man immer Spielball der Gesellschaft, so muss man sich immer vor jeder Situation Rechtfertigen. Nein, Ich trage Rock weil ich es genau so mag. Wenn es jemanden nicht gefällt kann ich es deswegen auch verstehen, weil es eben seine Meinung ist. Wenn ich mir selber dieses Recht nehme, kann ich auch die anderen verstehen, die nicht so denken wie ich. Auf der anderen Seite lerne ich aber so neue Leute kennen denen es gefällt.

lg Harry

[GregorM]

Hallo Harry,

wenn ich einen Kilt trage, fragen natürlich die, die mich kennen und es zum ersten Mal sehen, natürlich, warum, und es ist ziemlich unkompliziert, ihnen es zu erzählen, und für sie zu verstehen.

Träge ich nun einen Rock aus der Frauenabteilung, würden sie auch fragen, und mir würde es vielleicht nicht viel schwieriger sein, ihnen es zu erklären, aber für sie zu verstehen.

Ich habe sozusagen die leichte Lösung gewählt, und da ich mich im Kilt wohlfühle, und meine Frau auch dem Kilt den Vorrang gibt, ist der mein Favorit.
 
Das heißt also nicht, dass ich etwas gegen normale Röcke habe. Nur finde ich den Kilt für mich praktischer.

Gruß
Gregor

[DesigualHarry]

Hallo Gregor!

So wie du deine Situation jetzt beschrieben hast, kann ich es auch verstehen. Dein voriges Posting war für mich ein bisschen unklar, so als würdest du ab und zu mal Lieber im Rock gehen. Aber man sieht es ja in deinen Bildern, dass du dich im Kilt Wohlfühlst. Sieht ja auch klasse aus

lg Harry

[Langes Elend]

Hallo zusammen,

danke für die bisherigen Reaktionen! Das baut auf ...
 
 
Als kleinen Nachschlag die Erfahrungen der letzten Tage:
 
Tatort Aachen Hauptbahnhof: Ich habe etwas weiter entfernt geparkt und bin zum Bahnhof gelaufen. Schönes Wetter und viel los draußen ... Keine Reaktionen. Wollte mit dem Zug nach Lüttich fahren, leider knapp verpasst. Der danach erfolgte Nahrungserwerb und -verzehr vor Ort verlief auch unspektakulär. Die Bombe kam dann auf dem Rückweg zum Auto: eine große Gruppe Schüler (Abiturienten oder Studenten) kam mir in einem langgezogenen Troß entgegen, so ca. 30 Leute. Da mußte ich dran vorbei, wohl oder übel. Einzelnes Gelächter und Gekicher und auch einige Pfiffe mußte ich über mich ergehen lassen .... Aber ich habs ja drauf angelegt. Feige die Straßenseite wechseln oder abbiegen ist nicht   
 
Heute in Köln, Zoo- und Flora-Gegend: eine Frau so um die Mitte 30, nicht unattraktiv, kommt mir entgegen. Auf meiner Höhe verlangsamt sie ihren Schritt und sagt: "Hübscher Rock!" und lächelt mich an. Hab mich auch bedankt für das Kompliment. Mehr war nicht drin, dazu kam das zu überraschend. In dieser Hinsicht muß ich noch deutlich cooler werden. Kann sicherlich nette Konversation ergeben, so eine Situation.
 
Soviel für heute. Und geht raus, Leute ....
 
Grüße,
L.

[hirti]

Super!
Das freut mich für dich dass du so positive Erlebnisse hast und die weniger positiven auch gar nicht so schlimm sind. In dem Fall stimmt der Spruch: "Was dich nicht umbringt, macht dich härter." Je öfter du auch mal solche Reaktionen wie die von der Gruppe erlebst, desto mehr sind sie dir egal, bzw. desto schlagfertiger reagierst du, wenn du Lust hast, überhaupt drauf zu reagieren.

Du musst dir aber auch mal das Außergewöhnliche an der positiven Reaktion vor Augen halten!!
Wie oft ist es dir bisher passiert dass du von einer unbekannten Person auf deine tolle Hose angesprochen wurdest? Na? Eben. Und das ist schon etwas Besonderes das immer wieder Freude macht.

Liebe Grüße!