Autor Thema: Ich trage familiäre Verantwortung  (Gelesen 2710 mal)

culture skirt

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Ich trage familiäre Verantwortung
« am: 04.02.2021 00:27 »
Gestern hatte ich mich mit meinem Kollegen über dies und jenes unterhalten unter anderem fing er wieder mal mit Gender an und dass er Pink schön findet. An Mädchen (nicht an Männern), dass aber heute gleich als sexistisch gilt, was er nicht nachvollziehen kann. Selber würde er das aber nicht anziehen, weil er sich darin unwohl fühlen täte, hat er gesagt. Ich sagte darauf, dass halt sein Geschmack ist, wenn er sich darin nicht wohlfühlt. (kann man sich in Farben unwohl fühlen? Oder gefällt einem nur nicht die Farbe zu seinem Gesicht, Haut was auch immer?).
Jedenfalls sagte er dann, dass das nicht nur sein Geschmack ist, sondern viel mehr, dass er auch familiäre Verantwortung trägt und er dadurch mehr Nachteile als Vorteile erleiden wird. Ich wusste worauf er hinaus wollte. Fragte aber nochmal dumm nach was er damit meint. "Bei meiner Frau, meinen Kindern. Meinen Eltern. Meine Frau würde gleich fragen, ob was mit mir nicht stimmt und mein Sohn würde auch ganz doof gucken". Die Argumente dass er auch Komplimente bekommen könnte statt Ablehnung, ließ er sich erst gar nicht drauf ein (in Bezug auf andere  Sachen).

Und was die Vorbildfunktion von uns betreffen könnte, gab auch einen klaren Standpunkt. "Ich freu mich, wenn ich schöne Frauen sehe. Das ist richtig schön. Aber keene Typen. Die sind mir sowas von piep egal was die tragen oder wie die aussehen."

Ich wüsste mal gern, was er sagen würde, wenn ich ihm von hier paar Fotos zeigen würde. Sonderlich überzeugen wird es ihn wohl aber nicht. Und so dürfte wohl die Mehrheit der meisten Männer auch ticken. Auch wenn sie das nicht zugeben oder direkt ins Gesicht sagen.

Jedenfalls ist der obere Standpunkt am wichtigsten und aufschlussreichsten, wenn zum Beispiel Familienväter an uns vorbeilaufen, und sehen, dass wir vogelfrei, also ohne Kind und Kegel sind und deshalb kaum Vorbildfunktion sind. Schon gar nicht bei 35 oder 40 jährigen Vätern. Ich nicht, weil ich keine eigne Familie habe und andere nicht, weil sie nicht mehr in der Alterzielgruppe sind.

Viele Grüße
Jule
Jule


Offline MAS

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #1 am: 04.02.2021 00:40 »
Das ist eben Parallelisierung: Man denkt, was man denkt, weil man es denkt.

Teils ist das unser Erfolgsmodell, weil es Gesellschaften zusammenhält, teils ist es unser Nachteil, weil es neue Ideen und individuelle Entwürfe erschwert.

Wir sind eben - meistens zumindest - zuallererst soziale Wesen, die danach fragen: Was denken die andern über uns?

Ohne diese für uns zentrale Frage wäre dieses Forum überflüssig.

LG, Micha
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Offline Skirtedman

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #2 am: 04.02.2021 01:40 »
Zitat vom Beitrag obendrüber:

Ohne diese für uns zentrale Frage wäre dieses Forum überflüssig.

Ja, Michael, das ist die wirklich zentrale Erkenntnis!

Und Jule, ja, ich muss Dich für Deinen ungewöhnlich wertfreien (relativ wertfreien) und ungewöhnlich konstruktiven Beitrag mal loben.

Ist so, wie Du das Gros von uns Forumsteilnehmern analysiert hast: wir sind kein mustergültiges Beispiel für 30-jährige oder 40-jährige Männer, die im Sozialgefüge eingebunden sind und "Verantwortung" übernommen haben.

Da schwingt natürlich mit, der Familie, die man gegründet hat, für die man die Verantwortung (zum Glück) übernommen hat (und nicht wegläuft, wie es doch noch viele machen), ein gesellschaftlich positives Klima zum Gedeihen zu schaffen. Da spielt Geld als Grundressource natürlich ganz oben mit, da steht aber auch soziale Verflechtung recht hoch, um sich in Gemeinschaftsfeldern wohlzufühlen, aber auch in schwierigen Zeiten (Entwicklungsphasen der Kinder, wirtschaftliche Bedrohungen etc) gegenseitig abgefedert zu wissen. Und in Normalzeiten verbringt man nciht nur schöne Nachmittage an Wochenenden miteinander, sondern packt gemeinsam beim Andern mit an, nicht zuletzt, um die Grundressource Geld zu schonen und nicht alles Dienstleistern und Handwerkern und Geräteverleihern überlassen zu müssen.

Ja, diese sozialen Verflechtungen, die kennen viele von uns vielleicht gar nicht mehr, oder kannten sie nie. Das ist aber, was junge Väter, junge Familien umtreibt, was man nur in begrenztem Maße riskieren möchte. Gefährdet werden könnte das zum Beispiel durch zeitintensive Hobbys, durch einseitige Pflege von Freunden bei Auslassung des Rests der Familie, durch hochbetontem politischem Aktivismus (es sein denn, er ersetzt die Verflechtungen wieder auf seine Weise), durch Anschaffungen, die nur das Ego eines Familienmitglieds befriedigen und dem Rest der Familie deutlich weniger, zu wenig Geld noch zur Verfügung steht.

Mit eine Bedrohung könnte sein - oder wird es wohl zumindest als solche wahrgenommen -, wenn sich ein Familienmitglied betont atypisch verhält, zum Beispiel der Mann auf einmal Röcke trägt. Ja, ich kann verstehen, dass ein Mann, der eigene Neigungen - gleich welche - zurücksteckt dem Wohl der Familie zuliebe, dass er abwägt, es sei keine gute Idee, seine Familie und das verflechtete Umfeld mit dem Ausbrechen aus der ihm zugeschriebenen Hosenrolle zu konfrontieren. Er tut das, aus bestem Wissen und Gewissen, weil er empfindet, er trage Verantwortung. Und ein Ausbrechen sei unverantwortlich.

Und erst im Job. Da werden Existenzängste geweckt, was sagen die Kollegen, fangen sie an zu mobben, viel schlimmer, was wird der Chef sagen, der Vater wird nicht mehr befördert, der Vater wird gar entlassen!?

Deswegen liegt es an uns allen, die wir nicht (mehr) oder noch nicht in jener Verantwortung stehen, durch unsere Präsenz da draussen in der Welt in unseren Röcken und Kleidern den Eindruck zu erwecken, es sei keine Schande, als Mann keine Hosen zu tragen. Ein Leben  ohne Hosen ist möglich als Mann. Bei allen möglichen genau diesen Eindruck erwecken! Bei Omas, bei Kindern, bei Busfahrern, bei Kassiererinnen, bei Ärzten, bei Kollegen von 30-jährigen Vätern, bei Chefs von 40-jährigen Vätern, bei 25-jährigen Männern, die von Freiheit und Familie träumen. Bei all denen müssen wir zeigen: uns gibt es, wir sind keine Eintagsfliegen, wir halten das durch, auch morgen noch, nächste Woche, auch 15 Jahre. Es geht!

Dann werden auch junge Familienmütter langsam langsam ihre Zweifel und Ängste verlieren, Chefs werden langsam langsam nachsichtiger werden, Schwiegermütter werden ihre Töchter seltener zu Trennung raten wegen eines Familienvaters mit Rock im Kleiderschrank und ganz sachte und leise und langsam langsam werden dann auch Männer mit Verantwortung anfangen zu denken: "Naja, ich riskiere ja eigentlich gar nicht meine berufliche oder soziale Stellung".

Deswegen: es liegt an uns, an jedem einzelnen von uns, egal ob in Verantwortung oder ohne familiäre Verantwortung, uns draussen zu zeigen, auf der Straße, in Vereinen, bei Anlässen, dass es uns gibt, uns, als Männer erkennbare Hosenlose.

Wir tragen die Verantwortung, dass Männer mit Verantwortung es sich bald mal leisten können, aus dem ihnen vorgezeichneten Lebensmodell in Hosen ausbrechen zu können, ohne Kopf und Kragen und familiäres Glück zu riskieren. Wegen so ein bisschen blödem Stoff sollen sich Männer doch nicht bevormunden lassen. Die Erde dreht sich weiter - und dass sie es tut, müssen wir es allen zeigen!

Davon abgesehen haben wir in unseren Reihen hier im Forum auch einige Beispiele von Männern mit familiärer Verantwortung. Und mit Rock. Und mit Kleid.

Vielleicht solltest Du, Jule, auch mal mit Schlabber-T-Shirt und Schlabberrock kommen. Das überzeugt Deinen Kollegen mit Verantwortung vielleicht eher.

Ja, und zeig Bilder!

Gruß
Wolfgang

culture skirt

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #3 am: 04.02.2021 02:10 »
Ich glaube du hast was falsch verstanden. Er ist weder an Röcken noch an anderen Sachen interessiert. Er sagte nur, wenn er so aufkreuzen würde. Selbst seine Frau hat keine, wie er mal sagte. Er trägt so wie er sagt (und so siehts auch aus) immer die gleichen Klamotten seit 12 Jahren. Er findet es auch nicht gut, wenn Männer Frauensachen tragen, duldet es aber, solange niemand ihn damit belästigt oder bedrängt ("ich geh doch auch nicht auf die Straße und demonstriere, dass ich heterosexuell bin. Die wollen alle umerziehen.").

Den Knoten bei Männern die in Verpflichtungen stecken, könnten nur Männer mit eigener Familie auflösen, aber keine Männer ohne eigene Familie. Da passiert doch genau das beschriebene. Und Außenstehende haben doch auch gar keinen Einblick in dein Privatleben und wie deine Stellung ist. Cephalus ist selbstständig und nicht von einem Chef abhängig und auch so gutsituiert, was die Stellung nochmal anders bewertet. Als Werbebotschafter braucht es irgendeinen Influencer, der  den ganzen Tag nichts anderes macht. Die Welt funktioniert nicht mehr wie 1990 oder vor 2000.

Gruß
Jule


Offline Skirtedman

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #4 am: 04.02.2021 04:25 »
Ich glaube du hast was falsch verstanden. Er ist weder an Röcken noch an anderen Sachen interessiert. Er sagte nur, wenn er so aufkreuzen würde.

Ja, genau das hatte ich verstanden. Und mich auch genau da drauf bezogen.

Den Knoten bei Männern die in Verpflichtungen stecken, könnten nur Männer mit eigener Familie auflösen, aber keine Männer ohne eigene Familie.

Nein, eben nicht. Weil sie viel stärker in der gesellschaftlichen Verflechtung stecken, beobachtet, beurteilt und gestraft werden. Deswegen muss der Impuls von Männern ausgehen, die nicht so viel riskieren müssen.

Und Außenstehende haben doch auch gar keinen Einblick in dein Privatleben und wie deine Stellung ist.

Genau das ist ja aber auch wiederum unser Vorteil. Nunja, etliche werden es schon raffen, wenn ich z.B. überwiegend alleine auftauche, dass ich für keine Großfamilie die Verantwortung trage. Wenn ich aber immer präsent bin, dann heißt das, dass ich nicht 15 Stunden am Tag an Playstation oder Hartz-4-TV rumhänge, und ich auch mal ansprechbar bin, und zeigen kann, dass ich gar nicht so ein komischer Kauz bin, wie sie alle vielleicht zuerst dachten.

Und wer für möglich hält, dass ich Vater erwachsener Kinder sein könnte, Kreativer oder Privatier, der kann sich vielleicht sogar eine höhere Stellung denken als sie in Wahrheit existiert. Meine Stellung nicht zu kennen, ist vielleicht sogar ein Vorteil. Und wer merkt, dass ich mich für Kunst, kulturelle Dinge, Wissenschaft und Genuß wie Wein im öffentlichen Raum bzw. bei Veranstaltungen interessiere, der hält mich wahrscheinlich auch nicht unbedingt für den letzten Heuler unserer Gesellschaft.

Drum: Rausgehen, was das Zeug hält. Im Rock. Im Kleid. Sympathisch sein. Offen sein. Nicht die Welt überzeugen wollen und trotzdem lächeln. Bei Veranstaltungen. Im Verein. Bei Sportfesten oder der Feuerwehr. Das alles hilft, nicht für Abschaum gehalten zu werden.

Als Werbebotschafter braucht es irgendeinen Influencer, der  den ganzen Tag nichts anderes macht.

Nein, ich glaube Du hast da etwas falsch verstanden.

Ja, das braucht es, um die Heranwachsenden zu beeinflussen, sie zu infiltrieren. Wie Du aber siehst, es sind eher Ältere, die als Mann auf den Trichter kommen, Röcke zu tragen oder Kleider. Die haben nicht mehr so viel zu verlieren wie junge Väter oder 16-jährige Jungs. Entgegen sonstiger Moden muss der Impuls von den Älteren ausgehen und nach und nach die Gesellschaft erreichen, auch die jüngeren Männer. Der Gesellschaft müssen die Ängste genommen werden vor Alternativen zu Hosen für Männer. Das geht nur, wenn es genügend tun. Und das geht nur, wenn die es tun, die es sich leisten können.

Also hoch vom Sofa, rein in den Rock, raus unter die Menschen. Daheim sterbe die Leut. Daheim versackt die Idee. Draussen ist das Leben.

Auch Influencer müsse unner die Leut. Sonst wird´s schnell uninteressant.

Offline Skirtedman

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #5 am: 04.02.2021 05:12 »
Ich wüsste mal gern, was er sagen würde, wenn ich ihm von hier paar Fotos zeigen würde. Sonderlich überzeugen wird es ihn wohl aber nicht.

Vielleicht solltest Du, Jule, auch mal mit Schlabber-T-Shirt und Schlabberrock kommen. Das überzeugt Deinen Kollegen mit Verantwortung vielleicht eher.

Online GregorM

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #6 am: 04.02.2021 07:56 »
Gestern hatte ich mich mit meinem Kollegen über dies und jenes unterhalten unter anderem fing er wieder mal mit Gender an und dass er Pink schön findet. An Mädchen (nicht an Männern), dass aber heute gleich als sexistisch gilt, was er nicht nachvollziehen kann. Selber würde er das aber nicht anziehen, weil er sich darin unwohl fühlen täte, hat er gesagt.


Hallo Jule,

nur du hier kennst deinen Kollegen, aber wie ich es lese, ist ihm deine Kleidungsweise nicht uninteressant. Er spricht "wieder mal" über Gender, und sagt, dass er Pink schön finde. Dass er Männer und damit sich selbst davon ausschließt, ist, meiner Meinug nach, eine Verteidigung, eine Rationale, warum er dass nicht selbst machen kann. Weil er die möglichen Reaktionen befürchtet. Eben das Kernproblem für uns.

Aber ich finde es sehr positiv, dass er überhaupt  darüber spricht. Das zeigt, dass er weiter ist, als die meisten Männer, die schweigen, wenn es um anderes als Fußball und Autos und sonst alltägliche, ungefährlige Dinge handelt.

Gruß
Gregor

   
Gruß
Gregor

Offline MAS

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Antw:Ich trage familiäre Verantwortung
« Antwort #7 am: 04.02.2021 08:55 »
Ich denke auch: Je mehr Männer, egal welchen Alters und welchen familiären und beruflichen Standes im Alltag in der Öffentlichkeit Röcke/Kleider tragen, destn normaler wird der Anblick für andere und desto kleiner die Hürde, es auch selbst mal zu probieren.

LG, Micha
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