Das Patriachat ist der Universalschuldige für alle Geschlechtsunterschiede für eine breite Mehrheit von Menschen unserer Gesellschaft. Daher überrascht nicht, daß es auch als Schuldiger für das Rockverbot für Männer gefunden wurde.
Doch wie funktioniert das? Die Begründung lautet: Die Hose ist ein Herrschaftssymbol, das von dem Mitgliedern der Herrschenden gegenseitig eingefordert wird.
Nun frage ich: Funktioniert das auch mit anderen Symbolen so?
Der Bart wäre ein naheliegendes Symbol, denn er hat den Vorteil, daß die Frauen da garantiert nicht mithalten können. Auf dieses Symbol wird aber in auffälliger Weise verzichtet.
Nehmen wir ein weiteres männlich konnotiertes Kleidungsstück: die Krawatte. Sie kann in noch stärkeren Maße als Herschaftssymbol angesehen werden als die Hose, denn in betrieblichen Hierarchien wird sie üblicherweise von den Ranghöheren getragen. Frauen tragen sie nur in so extremen Ausnahmefällen wie Männer Röcke. Der Krawattenträger taugt folglich als Patriachatssymbol. Da wäre es doch naheliegend, daß Männer dieses Symbol beim Kontakt mit den Frauen besonders gerne zeigen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Krawatte leidet unter starker Unbeliebtheit bei den Männern. Sobald die Männer nicht mehr im Dienst (!) sind, ziehen die meisten schnellstmöglich die Krawatte aus. Zahlreiche Männer verweigern sich ganz der Krawatte, ohne dadurch ihre Männlichkeit eingeschränkt zu sehen. Es sind vorwiegend deren Frauen, die das Tragen der Krawatten in der Freizeit einfordern. Ich kann keinen Grund erkenne, weshalb es bei der Krawatte so anders läuft, wenn der Grund für den Hosenzwang die Einforderung des Herrschaftssymbol Hose sein soll.
Schauen wir noch auf ein anderes Detail der Herleitung im Artikel. Im 18. Jahrhundert war die Hosenform strumpfhosenartig, und diente zum zeigen der Schönheit der Beine ihres Trägers, wird berichtet. Heutzutage ist es umgekehrt. Strumpfhosen gelten als Frauenkleidung und die Männer sollen die Beine unter Hosen verbergen, weil sie per se als häßlich angesehen werden. Das ist ein auffälliger Wechsel in der Argumentation, der die These, daß da eine Kontinuität sei, unglaubwürdig macht.
Wie das Privileg, Hosen tragen zu dürfen, im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Pflicht wurde, ist nur schlecht angedeutet. Daß der Adel als feminin verachtet wurde, wirkt schon seltsam angesichts der Tatsache, daß damals Europa in weiten Teilen vom Adel regiert wurde, und auch von Adligen die angeblich unadlige Hose getragen wurde.
Letztlich bleibt auch die Frage, was ein Herrschaftssymbol taugt, wenn alle Untertanen es selbstverständlich tragen.
Kurz: diese ganze Argumentation ist unglaubwürdig, und die Frage, wie das Rockverbot entstand, ist wieder offen.
Man kann den Blickwinkel aber auch umdrehen, und fragen, wie überzeugend die These vom Patriachat ist, wenn demnach die Herrscher sich ein Verbot auferlegen, wo sie ihren Untertaten völlige Freiheit lassen. Nun, dieses Indiz allein reicht noch nicht um die Patriachtsthese zu widerlegen, aber es ist ein Anstoß nach weiteren Argumenten zu suchen, und ich habe für mich überzeugende gefunden. Damit verlasse ich den Themenbereich des Forum, und führe sie deswegen nicht aus.
Gruß,
Jo