Hallo Micha,
Das Dumme ist nur, dass das Sein der Dinge unser Dasein weniger bestimmen als unser Für-das-Sein-halten.
Unser Dasein wird eigentlich ganz alleine durch uns selbst, durch das "Sein" bestimmt. Unser äußerer Anschein ist etwas, das das Dasein von anderen mitbestimmen kann, wenn sie es zulassen. Wie die Stabheuschrecke nutzen wir es, um die Reaktionen von anderen zu beeinflussen. DEREN Reaktionen und DEREN äußerer Anschein wird zu uns zurückreflektiert und nur wenn wir dieses Feedback aufnehmen und verarbeiten, bestimmt es unser Dasein.
Jetzt wird es auch für mich kompliziert, lieber Joe. Ich lese Deinen Beitrag als ein Plädoyer für eine Sichtweise des Daseins als Vernetzung. Stimmt das?
Du bist aber nicht vom Daseins-Begriff Martin Heideggers beeinflusst, oder? Bei ihm gehört zum Dasein Bewusstsein, zum Sein nicht unbedingt. Aber ich verstehe ihn nicht so ganz.
Was bei bei der Überlegung aber wieder einfällt: Wir denken ja in Sprache, in Wörtern. Wortbedeutungen können wir enger oder weiter fassen. Jo versteht "Mann" und "Frau" als rein biologische Begriffe, Rockability als rein soziologische. Soziologisch oder psychosozial ist es richtig, dass wir unsere Identität und auch die Identitäten, die wie anderen zuschreiben, mit anderen abgleichen, parallelisieren. Mit den Identiäten als Mann oder Frau schwingt so vieles mit: aufgeteilte biologische Rollen bei der Reproduktion, damit verbunden unterschiedliche Rollen bei der Aufzucht der Nachkommen, unterschiedliche hierarchische Ebenen in der Gesellschaft, unterschiedliche Kleidungsvorschfriften usw. usf jeweils je nach Gesellschaftlich unterschiedlich bis auf - und da gebe ich Jo Recht - bei der Reproduktion. Nur würde ich nicht so weit gehen wie Jo und "Mann" und "Frau" auf die Reproduktionsfunktion zu reduzieren. Da wir Menschen durch unsere jeweilige Sozialisation ja in Denkgewohnheiten hinein erzogen wurden, ist das, was wir Denken für uns Wirklichkeit, auch wenn wir je nach Sozialisation verschiedenes denken. Da setzt dann der Dialog ein, wenn wir uns über diese Unterschiede hinweg verständigen wollen. Wenn wir aber die gesamte menschliche Kultur auf Biologismen reduzieren, bleibt nicht viel - erst recht nicht vom religiösen Glauben, der Jo doch auch wichtig ist.
LG!
Micha