Seit dem 9-€-Ticket bin ich intensiver Bus- und Bahnbenutzer. Nun kam es erstmals, aber interessanterweise in den letzten zwei, drei Wochen gleich zweimal vor, dass ich im Bus im vorderen Bereich auf einem Vierersitz zu sitzen kam, wo man sich gegenübersitzt und da jeweils ein männlicher Jugendlicher (meist breitbeinig, geht ja auch kaum anders in Jeans) entgegen der Fahrtrichtung saß, aber nach ziemlich kurzer Zeit aufstand, um den Platz zu wechseln. Kann sein, dass es jedesmal der selbe Jugendliche war. Vielleicht aber auch zwei verschiedene.
Kann auch sein, dass eventuell weiter hinten jemand zugestiegen war, den er kannte, das weiss ich nicht. Jedenfalls schien es mir, dass in beiden Situationen es den jungen Männern unangenehm war, mit mir in Rock oder Kleid in einer Sitzgruppe zu sitzen. Und sie sich womöglich auch demonstrativ umsetzten.
Das ist das einzige, wo mir einfällt, dass ich potentiell minderwertig behandelt wurde. Daraus formuliere ich aber keineswegs eine wie auch immer geartete Diskriminierung.
Drum musste ich schmunzeln neulich, als eine dahergelaufene Frau, die mich ansprach, immer wieder einfließen liess (neben den Bekundungen, wie gut sie es fände, dass ich Rock/Kleid trüge), dass ich (eigentlich sprach sie von "ihr") ja auch immer und überall diskriminiert würde. Es dauerte eine gute Weile, bis sie beim vermutlich dritten Mal verstand, dass ich nicht "trans"-irgendwas bin.
Es fällt tatsächlich einigen schwer zu glauben, dass ein "normaler" Mann bereitwillig ohne weitere Begleiterscheinungen Rock oder Kleid trägt. Ja, bei einigen mag da die Angst vor Fettnäpfchen bestehen, mit non-binären Personen umgehen zu können. Zwar bin ich nicht non-binär, aber es gibt wohl Menschen, die nichts anderes sich vorstellen können.
Yoshi, in Deinem Erzieher-Umfeld sind die Kolleginnen da ja sicherlich noch mehr sensibilisiert, was Identitätsfragen anbelangt.
Allerdings werde ich ziemlich oft auf meine Kleidung angesprochen und nahezu immer wird eine Begeisterung ausgedrückt. Hemmungen, einen anzusprechen, scheinen längst nicht so weit verbreitet zu sein. Vielleicht hängt das aber auch oft von den Situationen und Umfeldern ab, in denen ich mich bewege. Da sind Hemmschwellen oftmals ohnehin eher etwas kleiner. Wobei ich nicht selten auch en passant auf offener Straße angesprochen werde, also ohne irgendeinen Zusammenhang wie ein Weinfest oder einem Weihnachtsmarkt. Nicht selten scheint das aber auch daran zu liegen, dass ich eben wirklich auf den Straßen auch präsent bin und es oft heisst, sie wollten mich eigentlich schon immer mal ansprechen.