Ja, natürlich nehme ich die anderen 'Mitwelt'-Einflüsse da mit hinein.
Eigentlich ist das Wort 'Erziehung' ja eigentlich für unser weichgespültes westeuropäisches 21. Jahrhundert längst nicht mehr zeitgemäß.
Da wird der Zögling erzogen. Die Erziehungsberechtigten ziehen den Zögling da hin, wo sie ihn möchten, wo sie glauben, dass es gut wäre, in der Regel, was die Gesellschaft vorgibt, dass es richtig sei. Das meiste, was Eltern versuchen weiterzugeben, ist ja nicht das, was sie sich selbst gedacht haben, sondern was ohnehin in der Gesellschaft als Strömungen vorhanden ist. Die Eltern bündeln die Strömungen nach bestem Wissen und Gewissen, fügen ein paar ganz individuelle Färbungen mit hinzu und drängen den Zögling dahin, dies in dieser Weise anzunehmen.
Erziehung ist ein Drangsal. Erziehung ist eine Formung, Prägung, ein Überstülpen.
Soweit die negative Darstellung. Dass das alles auch seine guten Seiten hat (oder haben kann), will ich jetzt gar nicht vertiefen. Nur soweit, dass letztlich auch all unsere Errungenschaften, Kultur und Wissen damit an die Nachwelt übertragen wird.
Doch natürlich haben Eltern nur begrenzten Einfluss. Aktive Erziehung findet nicht nur im Elternhaus statt, auch bei den Großeltern, beim Babysitting, im Kindergarten etc. Passive Erziehung geschieht durch sehr viel mehr noch, durch Freunde des Kindes (bzw. durch Kontakte mit Gleichaltrigen, also lange bevor es mit dem Wort 'Freund' irgendetwas anfangen kann), die alltägliche Beobachtung (Wahrnehmung der Mitwelt) und nicht zuletzt auch irgendwann durch sowas wie Medien; von Schule, Sportverein, Reitunterricht etc. erst gar nicht zu sprechen.
Alles das ist aktive und passive Erziehung - Prägung ist vielleicht das allgemein besser verständliche Wort.
Und in der Erziehung / Prägung wirken nicht nur die Anforderungen an das Kind, sondern auch die, die nicht zum Anforderungskatalog gehören, aber dennoch beobachtbar sind, und - auch wenn ausserhalb des Anforderungskatalogs - durch Inhalte der Erziehung / Prägung als Bilder mitgeprägt werden.
Bei dem Beispiel aus der Schweiz haben wir gesehen, dass die Kindergartenkinder weitgehends bereits von Klischeedenken durchzogen waren. Und dabei sind die Kinder doch noch so jung und haben noch viel Spannendes in der Welt und über die Welt zu erfahren, was sie in ihren jungen Jahren noch alles gar nicht wissen können. Mit Sicherheit überwiegt bei diesem Klischeedenken nicht der biologische Drang, so denken zu müssen, sondern, was die Kinder bereits von der Welt erfahren haben und wie ihnen die Welt verständlich gemacht wurde.
Einen Feuerwehrmann zu denken, entspringt nicht angeborenen Genen, sondern der Information, die die Kinder über die Welt erhalten haben. Da steckt schon ein ganzes Netz von Kultur drin in dem Bild, wenn ein Kind an die Feuerwehr denkt. Wahrscheinlich ist das Konzept Feuerwehr erst später erfahren worden, nachdem das Kind 'Mama' und 'Papa' benennen konnte - ganz viel 'erzogener', 'gedrängter' Prägung ist bereits nonverbal, unbewusst in der Phase geschehen, bevor das Kind merkt, dass es mit gezielten Lauten reproduzierbar sich mitteilen kann.
Insofern ist der Einblick in die frühkindlichen Geschlechterklischees von Kindergartenkindern schon eine gehörige Portion zu spät, um trennen zu können, was kulturell bedingt ist und was notwendigerweise aus den Chromosomen entspringt.
Vielleicht mischen die Chromosomen letztlich unheimlich viel mit - nicht zuletzt ist 'Kultur' ja auch im Zusammenspiel mit den Chromosomen, der 'Biologie', entwickelt worden. Vielleicht sind aber sämtliche Rollenklischees aus dem zähen Brei der Kulturgeschichte erwachsen, wo ganz viel Machtausübung, Aggression und Arglist mit formgebend waren. Ich möchte meinen, das wird man mit der besten Wissenschaft nicht zweifelsfrei auseinander trennen können. Darum werden wir wohl uns immer nur auf Vermutungen stützen können und ... der eine glaubt dies, der andere jenes, und noch ein anderer das... Ein Kulturkampf der Vermutungen...