Autor Thema: Diskussion bei einem Glas Wein  (Gelesen 5025 mal)

Offline cephalus

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Diskussion bei einem Glas Wein
« am: 05.11.2010 12:28 »
Hi,
mir geht immer noch ein Gespräch vom gestrigen Abend durch den Kopf das ich mit ein paar Sozialpädagogen mit denen ich gelegentlich beruflich zu tun habe, hatte.
Sie bereuen obdachlose Männer, und versuchen sie wieder in Wohnung, Gesellschaft und Job zurück zu holen.
Sie erzählten mir wie schwer es oft sei, ihre Schützlinge davon zu überzeugen, sich „anständig“ zu kleiden, und, dass viele die auch schon wieder ein Dach über dem Kopf haben immer noch herumlaufen wie auf Platte. Ohne eine angemessene Kleidung sei eine Integration in die Gesellschaft schlicht unmöglich, selbst im Supermarkt werden sie schnellst möglich „abgeschoben“.
Sauberkeit sei das eine, aber auch die Einhaltung von Konventionen wäre wichtig:
Scheinbar hatten sie mal einen Mann betreut, der im Sommer immer Röcke und Kilts trug. Ihm klar zu machen, dass er sich diesbezüglich umstellen müsse, wenn er wieder in eine Gesellschaft jenseits der Straße aufgenommen werden wolle, schien besonders schwer zu sein.

Mein anschleißendes Bekenntnis zu Röcken warf die Anwesenden sichtlich aus der Bahn.

Wir einigten uns dann darauf, dass man innerhalb der Gemeinschaft schon die eine oder andere Regel übertreten darf ohne ausgeschlossen zu werden, wer aber von außen hinein will muss sich strickt an alle Vorgaben halten – wie auch Jugendliche, die in eine Clique aufgenommen werden wollen.

LG Cephalus

Offline Peter

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Re: Diskussion bei einem Glas Wein
« Antwort #1 am: 05.11.2010 19:41 »
Wir einigten uns dann darauf, dass man innerhalb der Gemeinschaft schon die eine oder andere Regel übertreten darf ohne ausgeschlossen zu werden, wer aber von außen hinein will muss sich strickt an alle Vorgaben halten ....

Hi,

das ist so, genau wie in anderen Lebensbereichen: im Straßenverkehr wie auch z.B. im Sport. Erst muß man die Regeln kennen und einhalten können, erst dann (unter Abwägung eventueller Konsequenzen) kann man diese vielleicht auch mal übertreten. Ich denke da an gelegentliches "zu-schnell-fahren"oder die "Schwalbe" im Strafraum beim Fußball ;-)

LG

Peter aus T.
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zuruecksehnen werden.

Offline ChrisBB

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Re: Diskussion bei einem Glas Wein
« Antwort #2 am: 06.11.2010 22:42 »
Hi,

ich glaube, die einzige, wenn auch sicher selten vorkommende, Ausnahme wäre, wenn jemand zum Beispiel schon beim Vorstellungsgespräch für einen neuen Job einen Rock trägt und danach eingestellt wird. Dann ist der Zugang zum neuen Milieu gelungen trotz oder eben mit Rock.

Gibt es hier jemanden, dem das gelungen ist? (Ich meine, noch jemanden mit dieser Erfahrung im hinteren Bereich meiner Erinnerung zu haben...)

Gruß,
ChrisBB

P.S. Mitarbeiter der Firma Utilikilts meine ich ausdrücklich NICHT. Dort ist das Tragen eines Kilts Einstellungsvoraussetzung.

Offline Jürgen64

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Re: Diskussion bei einem Glas Wein
« Antwort #3 am: 06.11.2010 23:59 »
Hi,

ich glaube, die einzige, wenn auch sicher selten vorkommende, Ausnahme wäre, wenn jemand zum Beispiel schon beim Vorstellungsgespräch für einen neuen Job einen Rock trägt und danach eingestellt wird. Dann ist der Zugang zum neuen Milieu gelungen trotz oder eben mit Rock.

Gibt es hier jemanden, dem das gelungen ist? (Ich meine, noch jemanden mit dieser Erfahrung im hinteren Bereich meiner Erinnerung zu haben...)


Hall ChrisBB,

ich war das. Sowohl den Hauptjob als Außendienstler als auch den Nebenjob im örtlichen Rewe erhielt ich bei jeweils einem zufälligen abendlichen Bier in der Kneipe. Dabei sprach ich die Rewe-Filialleitung, die ich als solche kannte, persönlich und direkt an und ignorierte dabei meinen Cordrock schlicht wie diese auch. Dennoch, Rewe schreibt das Tragen der zur Verfügung gestellten einheitlichen Arbeitskleidung vor, wozu für Männlein wie Weiblein eine schwarze Hose gehört. Da mir die Damengröße 38 besser passt, erhalte ich kommentarlos diese.

Anders verlief es in meinem Hauptjob: ich kam mit meinem Nachbarn an der Theke ins Gespräch. Dabei trug ich Jeansmini (das war im Juli), T-Shirt und Sandalen. Nach einiger Zeit, ich habe nicht auf die Uhr gesehen, meint er unvermittelt zu mir "Du bist aber auch ein Verkäufer, zu 100 %!" Ich antwortete "ja, nur zur Zeit ohne Job, da mein Arbeitgeber eine Pleite hingelegt hat!" Er meinte: "Das geht gar nicht, komm' morgen zu mir, Du hast einen Job!" Im Gespräch am nächsten Tag meinte er, dass mein überzeugendes Auftreten mit dem Rock für ihn der ausschlaggebende Faktor war.

Meine Kleidung für den Job ist ihm egal, solange das Ergebnis stimmt. Für die Kunden mache ich mir da keine Gedanken: sicherlich werde ich bei dem einen oder anderen gerade deswegen verlieren. Andererseits aber gewinne ich sicherlich wie auch den Job selbst bei dem einen oder anderen gerade dadurch! Und ich habe einen Gesprächseinstieg den ich kenne und in dem ich absolut sicher bin! Nur beim aktuellen Projekt, wo wir die Kirche als Auftraggeber haben, muss ich mich leider zurückhalten.

Gruß
Jürgen
Sei Du selbst. Von den anderen gibt es schon genug!


Offline Jürgen64

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Re: Diskussion bei einem Glas Wein
« Antwort #4 am: 07.11.2010 00:12 »
Wir einigten uns dann darauf, dass man innerhalb der Gemeinschaft schon die eine oder andere Regel übertreten darf ohne ausgeschlossen zu werden, wer aber von außen hinein will muss sich strickt an alle Vorgaben halten – wie auch Jugendliche, die in eine Clique aufgenommen werden wollen.


Hallo Cephalus,

selbst das glaube ich nicht! Ungepflegt ja, da stimme ich Dir absolut zu, das kommt nirgendwo gut an. Auch im Stil nicht passend, also Sportkleidung bei einer festlichen Abendveranstaltung zum Beispiel oder Jeans wenn andere Businessoutfit tragen, das geht nicht. Aber gepflegt und passend mit Rock, das geht wenn es überzeugend rüberkommt. Natürlich wirst Du immer wieder auf Menschen stoßen, die das ablehnen, aber Du wirst auch immer wieder auf Menschen stoßen die gerade das gut finden; aus eigener Erfahrung kann ich sagen: unterm Strich hast Du gewonnen! Alles andere sind nur die Barrieren im eigenen Kopf. Wenn Du selber nicht überzeugt bist, dass das richtig ist was Du da tust, so merkt das Dein Umfeld und du hast verloren.

Ich sehe das ähnlich wie bei einem ganz gewöhnlichen Stadtbummel mit Rock: natürlich gibt es vereinzelte Lästerer, aber Du wirst von viel mehr Menschen äußerst neugierig positiv angesprochen. Unterm Strich ist das ein absoluter Gewinn gegenüber dem gleichen Bummel in vergleichbarem Hosenoutfit.

Gruß
Jürgen
Sei Du selbst. Von den anderen gibt es schon genug!


 

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