Vorgestern war ich an einem zugefrorenen See in der Nähe. Ich war dabei einige Fotos zu machen, als ein älteres Ehepaar ein paar Meter davon Halt machten, um wohl auch die Aussicht zu genießen. Sie sprachen miteinander über nichts. Eigentlich hätte ich gern auch ein Selfie gemacht, aber als sie stehenblieben, ging ich weiter. Eine halbe Stunde später kehrte ich um und nahm auf dem Rückweg noch einige Fotos. Dann tauchte plötzlich das Paar wieder auf.
„Ist es nicht kalt?“, fragte der Mann etwas zögernd und vorsichtig.
Ich lächelte ihn an und sagte: „Aber ja, für die Hände ist es doch eigentlich verdammt kalt heute.“ (Ich trage fast nie Handschuhe).
Sie sahen beide etwas verblüfft aus; er wollte aber nun nicht aufgeben: „Sind Sie vielleicht Schotte?“
„Aber nein!“ Ich lächelte ihn freundlich an, ließ aber als ob ich nicht richtig verstanden hatte, warum er danach fragte.
Nach einigem Zögern: „Ja, also meine Frau und ich haben darüber geredet, warum Sie wohl diese Bekleidung tragen?“
Ich stellte mich verwundert vor. „Ah, Sie meinen den Kilt?
„Eh Ja.“
„Aber das kann ich Ihnen mit nur einem Wort erklären: Lebensstil.“
Sie sahen aus, als hätten sie es begriffen. Höfliches Gelächter und „einen noch schönen Tag“.
Was sie wirklich daraus bekommen haben, weiß ich ja nicht. Aber klar möchten sie gerne wissen, warum ein Mann auf die Idee kommt, einen Kilt zu tragen. Und da reicht der Anblick nicht aus.
Nur, sie hätten wohl nicht Jedermann diese Frage gestellt. Sie taten es nur, weil ich als Person ihnen nicht allzu fremd oder merkwürdig vorkam. Ich vermute deshalb, ich lag innerhalb der Rahmen, mit denen sie sich identifizieren könnten, auch wenn er wohl nie selbst dazukommen würde, einen Kilt oder anderen Rock zu tragen und seine Frau ihn nicht dazu überreden möchte.
Gruß
Gregor
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