Gedanken über das Tragen von Röcken, aber Winterbetrachtungen, da hier die Strumpfhose eine zentrale Rolle spielt.
Jede Strumpfhose fühlt sich vor dem Anziehen bei der Kleiderauswahl um Welten besser an als eine Hose, leichter, weicher, geschmeidiger. Eine Strumpfhose mit Hose? Oh nein, es gilt ein Entweder-Oder. Und zum Entweder gehört dann natürlich ein Rock, der dann die Nähte verdeckt.
Beim Tragen ist nicht ständig das Bewusstsein darüber da, was man trägt. Gut, das Bewusstsein eines abweichenden Verhaltens wird man offenbar nie ganz los, aber mit der Zeit wird es kleiner und kleiner. In manchen Situationen flammt es auf, einige Male positiv, beim Bücken z.B. (bequemer mit Strumpfhose als mit Hose), hier und da neutral, wenn das Gefühl da ist, von jemandem wahrgenommen zu werden und der Gedanke da ist, das liegt am Rock. Umgekehrt in Herrenklamotten, wenn das Hemd und Unterhemd aus der Hose rutscht und der Rücken kalt wird oder Zug kriegt, dann denke ich auch an die Variante mit Body und Strumpfhose, wo nichts rutscht und alles warm bleibt.
Das Bewusstsein über die Kleidung, die man gerade trägt, hängt natürlich auch davon ab, was man trägt. Es hängt ab von Kleidung, die man neu kauft, oder neue ungewohnte Kombinationen aus Formen, Farben, Mustern, die man tragen will. Hat man sich an manche Kombinationen gewöhnt, verschwindet dieses ständige Bewusstsein, versucht man neue, vielleicht gewagtere Kombinationen bleibt eine leichte Aufgeregtheit präsent, weil man dann doch mehr schaut, wie die Umwelt reagiert. Der Grad des Bewusstseins über die Kleidung ist also abhängig vom eigenen Selbstbewusstsein.
Welches sind meine Motive? Gut, Bequemlichkeit der Kleidung ist schon genannt. Irgendwo gibt es sicher auch ein missionarisches Motiv, einen Mann im Rock der Welt präsentieren, der dazu auch ganz gefällig wirkt und möglicherweise unsicheren Männern einen Impuls vermitteln kann, dass es gar kein Problem sein muss, einen Rock zu tragen. Aber was ist eine gefällige Präsenz? Ich denke da z.B. an den Begriff Brückenkombination von Holger.
Hier sind halt Stilfragen im Vordergrund. Kleidung unter dem ästhetischen Aspekt. Gut, in der Hinsicht hab ich schon Resonanz hier im Forum bekommen, dass sowas ja langweilig ist, dass man sich lieber mit theoretischen Fragen beschäftigt: was ist unisex? Sind wir Crossdresser, Transgender, gender bender? Komischerweise sind es diejenigen Leute, die sich als eingefleischte Rockträger bezeichnen, die Stilfragen langweilig finden.
Erstens: was gefällt mir selbst? Ok, ich habe ein gewisses Repertoire von Kleidungskompositionen, die sind für mich ok, manchmal auch toll. Damit kann ich in der Öffentlichkeit mit gutem Selbstvertrauen auftreten.
Zweitens: wie ist die wahrgenommene Resonanz von außen? Sofern mich niemand anmacht und niemand in meine Richtung stiert, sehe ich das auch als ok, als gesellschaftliche Tolerenz.
Drittens: was tun bei neuen Klamotten? Oder beim Versuch, neue Kombinationen zu tragen? Da gibt es erstmal Unsicherheit bei Punkt 1 und Punkt 2. Wie wäre es einen rosa Rock mit gelber Strumpfhose, lila Shirt und hellgrüner Jacke zu kombinieren? Muss ich dazu ein Foto einstellen? Oder kann man gleich bei der Vorstellung sagen, dass das alles nicht passt? Gut, ein extremes Beispiel, aber es gibt da eine Menge von alltäglichen Fragen. Ich verstehe manche Frau, wenn sie sagt, dass sie nichts anzuziehen habe, obwohl der Kleiderschrank überquillt. Man möchte gern mal ein ganz bestimmtes Teil tragen, einen Rock z.B., um den sich dann alles andere dreht. Und manchmal passt gar nichts dazu. Was in Männerklamotten ganz einfach ist: "Jeans on, irgendein Shirt dazu, passt schon" ist oft mit Rock, Strumpfhose, Oberteil nicht ganz so einfach.
Um sowas einschätzen zu können, schau ich mir rocktragende Frauen in der Öffentlichkeit an. Was tragen sie? Wie kombinieren sie? Trifft das auch meinen Stil? Oder könnte es meinen Stil erweitern? Ich ziehe diese und jene Kombinationen an, mache Fotos von mir selbst und schau, ob es passt und was am besten passt. Ich schau mir auch Katalogbilder an, welche Zusammenstellungen dort die Frauen tragen, und was für mich auch möglich wäre. Das alles ist weitaus anstrengender als irgendwelche Diskussionen über Begriffsdefinitionen.
Alles in allem frage ich mich nur, warum solche Stilfragen kaum Resonanz hier im Forum finden. Ja, früher trugen Frauen Röcke, irgendwann Hosen. Aber macht sich noch irgendeine Frau Gedanken um die historische Entwicklung? So hätte ich auch den Wunsch, hier auf das Forum bezogen, dass die theoretische Ebene mal langsam überwunden wird und man sich mehr mit praktischen Dingen beschäftigt.
Gruß Matthias