In einigen Threads wird immer wieder die Frage gestellt, warum geht es nicht weiter? Wieso ist der Männerrock immer noch das Modethema einer Minderheit? Hatten nicht schon die Hippies und 68er den Unisex erfunden? Und haben nicht Gaultier, Kenzo, Armani und andere Stardesigner in den 90er Jahren mit Macht versucht eine Welle loszutreten für den Männerrock?
Ein paar Antworten kennen wir bereits. Dazu gehören das geistige Erbe der femininen Rockkonnotation aus dem 18. Jahrhundert das immer noch lebendig ist, und das gruppendynamische Verhaltensrepertoire aus archaischen Zeiten, das resistent macht für Veränderungen.
Ich möchte hier speziell auf die konservative Natur des Menschen in Hinblick auf Veränderungen abheben. Hintergrund sind weitere Untersuchungen zu denen in meinem Buch „Rock wie Hose – Auf der Suche nach dem Menschen hinter dem Geschlecht“, die wir an der „Wenzao University of Languages“ im Bereich Wirtschaftsdeutsch durchgeführt haben. Da geht es um den Widerstand der späten römischen Gesellschaft gegen die barbarische Germanenhose. Die war zeitweise per kaiserlichem Erlass den Beamten und Soldaten verboten worden. Der Widerstand gründete damals in einer Sorge um eine gewachsene und verinnerlichte kulturelle Tradition, dessen Erbe patriotisch gesinnte Römer zu verteidigen suchten. Interessant ist, dass der konservative Geist damals den Rock und heutzutage die Hose verteidigt. Es geht eben nicht um den Rock oder die Hose an sich, sondern um Veränderungen, die als zu dramatisch empfunden werden. Wichtig ist hier zu erkennen: Die Geschwindigkeit und nicht das Kleidungsstück ist das eigentliche Problem bei der Implementierung von Neuem.
Wir sind gerade dabei in unserer Marketingklasse praktische Antworten darauf zu finden, die in die aktuelle Mode einfließen sollen. Erste Überlegungen für Männermodelabel empfehlen erstmal, keine Röcke aktiv zu bewerben. Wichtiger ist es die allgemeine Wahrnehmung von Männermode zu verändern, denn aktuell ist die Mode insgesamt weiblich. Das haben schon Karl Lagerfeld und Vivienne Westwood festgestellt. Männermode muss vielseitiger und bunter werden. Das Schönmachen für Männer muss ganz allgemein hoffähiger werden. Erst mit diesen Voraussetzungen kann man über Knickerbocker und andere weite Hosen und Hosenröcke nächste Schritte implementieren. Das konservative Wesen der Menschen braucht Zeit sich an Veränderungen zu gewöhnen. Eine Männerrockkultur muss wachsen. Die Rockkampagnen der Stardesigner in den 90er Jahren haben in ihrer Intensität einen eher abschreckenden Effekt gehabt auf die Männermehrheit, die sich nur am Rande oder gar nicht mit Mode beschäftigte. Der Ottonormalmann muss herangeführt werde an andere Sichtweisen von Mode. Wichtig sind dabei die jungen Männer und Jugendszenen, weil es hier ein progressives Potenzial für Veränderung gibt.
Ganz praktisch heißt das für den Modeherbst: Männer sollen auch die langen dünnen Strickjacken anziehen, die hier in Taiwan plötzlich alle Frauen offen tragen, so dass sie beim Gehen lässig hinterher flattern. Die haben schon mal eine Kleiderlänge, genauso wie Tuniken und Longshirts. Zu den Longshirts könnte man wie in den 70er Jahren dann auch einen Gürtel tragen.
Meine Empfehlung an euch hier im Forum: Tragt etwas weniger Rock und sucht mal ganz allgemein und unabhängig vom Rock oder Kleid nach Bekleidungsalternativen für einen modernen Mann. Auch mit Leggings und Longshirts lässt sich was Männliches machen. Gerade dort, wo ihr keinen Rock tragen könnt (z.B. im Büro) kann Mann auch ohne Rock andere wegweisende Modeakzente setzen.