Autor Thema: Im Schottenrock wird man bemerkt  (Gelesen 8519 mal)

Offline GregorM

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Im Schottenrock wird man bemerkt
« am: 08.09.2010 19:17 »
Hallo alle,

ich war heute Nachmittag im Baumarkt und kaufte einige MDF-Platten, die ich ausgesägt haben möchte.

Als ich zum Ladentisch des dortigen Sägewerks kam um meine Bestellung abzugeben, wurde ich so begrüsst:

"Aber dich habe ich doch auch Samstag Morgen gesehen"

"Bist du das sicher?"

"Ja, du gehst im Kilt, und Samstag sah ich einen Mann im Kilt, muss doch du gewesen sein, denn Kilts sieht man ja sehr selten".

"Ja, das ist richtig, aber wir sind doch einige hier. Wo war es?"

Er nannte eine Adresse und eine Zeitpunkt.

"Ja, dann war's ich".

Dann fing er mit der Arbeit an, aber ganz sicher war der Schottenrock ihm OK.

Das hätte ich in Hosen nie erlebt.

Gruß
Gregor

 
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Gregor

Offline cephalus

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #1 am: 09.09.2010 00:25 »
Hi Gregor,
das stimmt, nicht nur für den Kilt.
Ich wurde mal, fast ein halbes Jahr nachdem ich auf einem Fest im Rock anwesend war, von zwei älteren Damen angesprochen: "sie sind doch der Mann mit dem Rock?!"

Und das obwohl ich eine Hose trug.

Obwohl mir nicht auffiel, dass ich auffalle, was mir auch nicht gefallen hätte, fiel ich wohl mehr auf, als mir gefiel... ;)

Cephalus

PS: gibts im Dänischen eigentlich die Höflichkeitsform "Sie" oder ist sie nur unüblich?

Offline GregorM

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #2 am: 09.09.2010 06:42 »
PS: gibts im Dänischen eigentlich die Höflichkeitsform "Sie" oder ist sie nur unüblich?

Hallo Cephalus,
 
ja, die Höflichkeitsformen Sie (De) und Ihnen (Dem) gibt es, werden aber heute fast nie verwendet.
Hätte ich Gelegenheit dazu, mit der Königin zu sprechen, würde ich natürlich Sie und Majestät sagen, aber sonst kaum.

Vor rund zehn Jahren habe ich kurz mit der dänischen Vizestaatsministerin und Ministerin des Innern gesprochen. Sie hat sofort du zu mir gesagt und ich natürlich dann auch du zu ihr.
Gemischte Formen (Sie/du) kennen wir nicht (länger). Das heißt, dass auch in der Schule sind die Schüler automatisch und ab ersten Tag per du und Vornamen mit ihren Lehrern und Lehrerinnen.

Es gibt doch noch sehr alte Frauen - fast keine Männer - die sich beleidigt fühlen, wenn man du zu ihnen sagt. Noch mehrere fühlen sich aber beleidigt, säge man zu ihnen Sie, denn das könnte ein Zeigen sein, dass man sie für uralt hielten.

Mit dem Wegfallen der Höflichkeitsform Sie sind übrigens auch Herr, Frau und Fräulein sowie Titel in der Anrede verschwunden.

Damit ist es viel demokratischer als zum Beispiel in England und in den USA, wo man nie im Zweifel ist, ob mit you Sie (you sir, you madam, you miss) oder du gemeint wird.

Der Du-Prozess startete ungefähr gleichzeitig damit, dass die Frauen anfingen, auch bei der Arbeit überwiegend in Hosen zu erscheinen, hat aber damit keine Verbindung. Die Werbeagenturen und die Marketingabteilungen der großen Firmen führten hier an. Die letzten, die sich übergaben, waren vermutlich die Banken, aber selbst sie schreiben jetzt du zu ihren Kunden. Früher sagten sie du, aber schrieben Sie.

Gruß
Gregor
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Offline cephalus

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #3 am: 09.09.2010 11:24 »
Hi Gregor,
aber selbst sie schreiben jetzt du zu ihren Kunden. Früher sagten sie du, aber schrieben Sie.

wie unterschiedlich Nachbarländer doch oft sind...

Beworben wird man bei uns von einigen Firmen mit der Anrede Du, aber im persönlichen Kontakt gilt eigentlich immer Sie. Seltene Ausnahmen irritieren mich immer etwas ;)
Und ganz persönlich ist mir im geschäftlichen Umgang mit Fremden "Sie" auch deutlich lieber.

LG
Cephaus


Offline GregorM

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #4 am: 13.09.2010 18:11 »
wie unterschiedlich Nachbarländer doch oft sind...

Hallo Cephalus,

und wir haben wohl die Du-Form von den Schweden übernommen. Sie waren noch früher mit dem Du als wir Dänen, hatten aber auch einen guten Grund dazu, denn bei ihnen war es kompliziert mit Sie (Schwedish: ni).

Zu Personen, die einem Fremd waren, sagte man wie heute noch in Deutschland und damals auch bei uns Sie. Kein Problem damit. Wenn man aber den Namen dieser Person kannte oder kennen sollte, weil man ihr mal vorgestellt worden war, aber noch per Sie war, war es sehr unhöflich nur Sie (ni) zu sagen. Man musste dann diese in der dritten Person und mit Namen anreden, also „möchte Herr Peterson vielleicht eine Tasse Kaffee trinken?“ Auf Schwedisch: „Dricker herr Peterson kanske en kopp kaffe?“ und auf Dänisch: „Vil De have en kop kaffe“ oder „Vil De have en kop kaffe, hr. Peterson?”

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Offline Kiran

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #5 am: 13.09.2010 19:04 »
Und so kann man hier sogar noch seine Geschichtskenntnisse erweitern.

@GregorM neugierig: Gilt das sinngemäß auch für die Norweger?

Kiran

Offline Ingemar

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #6 am: 14.09.2010 11:29 »
Hallo Gregor!

Das mit Du sagen stimmt hauptsächlich für Schweden, es ist nur die Königliche Familie die nicht mit Du angesprochen werden dürfen unter "normale" leute in Schweden, für mich als Katholisch gibt es aber eine Ausnahme mehr und das ist Der Bischof, zu ihm sagt man Bischof und Vorname. Wir sind aber ein bisschen mehr "relaxed" als sie in Dänemark als wir nicht im Umgang mit die königliche mehr Majestät verwenden sondern wir sagen Kungen/Drottningen/Kronprinsessan/Prinsen/Prinsessan.

Grüsst

Ingemar
Katholischer Rockträger aus Göteborg wer zum Brotgewinn als Hausmeister in der Altersfürsorge arbeitet.

Offline GregorM

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #7 am: 14.09.2010 19:24 »
@GregorM neugierig: Gilt das sinngemäß auch für die Norweger?

Hallo Kiran,

ja, das gilt weitgehend auch für die Norweger. Eine Ausnahme könnte es doch noch sein. Wir sagen, wie in Schweden, nunmehr fast ausschließlich Du und Vorname. Die Norweger verwenden zum Teil, soviel ich weiß, noch manchmal die Form Du und Familienname.

Du und Familienname ging/geht wohl auch noch mit Männern. Aber du und schlicht Rasmussen bei einer Frau oder Fräulein klang/klingt nicht gut. Deshalb gingen wir Dänen wohl zu Du und Vornamen über.

Gruß
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Offline GregorM

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #8 am: 14.09.2010 19:30 »
es ist nur die Königliche Familie die nicht mit Du angesprochen werden dürfen.

Hallo Ingemar,

allerdings ist es bei uns nicht verboten, Du zu der Königin zu sagen, aber es wäre höchst unpassend. Man braucht auch nicht die ganze Zeit Majestät zu sagen. Bei einem Interview reicht es (offentsichtlich), wenn es ein paar mal gesagt wird. Die restliche Zeit kann man einfach Sie sagen, ohne unhöflich zu sein.

Gruss
Gregor
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Offline Peter

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #9 am: 15.09.2010 17:33 »
Du und Familienname ging/geht wohl auch noch mit Männern. Aber du und schlicht Rasmussen bei einer Frau oder Fräulein klang/klingt nicht gut. Deshalb gingen wir Dänen wohl zu Du und Vornamen über.

Hallo,

so was gibt es doch auch in Deutschland, wenn ich mich richtig erinnere: das Hamburger "DU"?

Ich war mal mit einem Bekannten in Blankenese auf dem Markt und da haben sich die Leute in der Art angeredet:

"Frau Meier, kannst du mir mal ein Pfund Kartoffeln geben", -

"Wieviel kostet das hier, Herr Müller?"...

LG

Peter aus T.

 
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Offline MasinAD

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Re: Im Schottenrock wird man bemerkt
« Antwort #10 am: 15.09.2010 17:43 »
so was gibt es doch auch in Deutschland, wenn ich mich richtig erinnere: das Hamburger "DU"?

Das ist das Münchener Du, im Gegensatz zum Hamburger Sie (gleicher Link, weil im gleichen Artikel beschrieben) und dem Berliner Er.

LG
Masin


 

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