Autor Thema: Kleider und mehr  (Gelesen 26220 mal)

Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #15 am: 12.01.2017 08:25 »
Was den historischen Bezug angeht, das interessiert dann, wenn ich zu bisher "fremden Dingen"  einen sachlichen und belegbaren Bezug herstellen möchte.... und das ist nun mal in der Pädagogik zwingend notwendig. Offensichtlich hattest du in deiner Schulzeit diesbezüglich wenig professionell agierende KolllegInnen :-\
Was die sinngemäß sagten, war mir schon klar. Mir ist aber nicht klar, was mit "könnten damit ja nun gar nicht....," gemeint ist. Der Historische Kontext kann lediglich dazu dienen, aufzuzeigen, wie die Könige früher gekleidet waren. Für schwul können und werden sie die Männer von damals trotzdem halten. Ich hatte eine 1 in Geschichte und wir hatten auch die Monarchien behandelt. Marie Antionette und Ludwig XIV. Trotzdem wäre ich nicht auf die Idee gekommen, mich wie der Sonnenkönig anzuziehen oder römische Legionäre. Da wurde von einer fernen Zeit berichtet, die nichts mit unserer Welt zu tun hat. Dass der Bezug zur Mode nicht hergestellt wird, könnte daran lliegen,dass allgmein Mode in den Schulen nicht behandelt und näher gebracht wird wie Werken und Technik oder Informatik. Sonst käme man vielleicht darauf, ungewöhnliches auszuprobieren, was für einen als Kind längst der Vergangenheit angehört und unmodisch, primitiv erscheint. Dass ich mal ein Kleid anprobieren sollte, bot mir nämlich mal eine Frau an, als wir (noch in meiner 1.Ausbildung) Warenkunde hatten und uns für das Verkaufsgespräch ein, zwei Kleidungsstücke raussuchen sollten.


Ein sachlicher, belegbarer Bezug ist wichtig, um die angebliche Allgemeingültigkeit von Gewohnheiten und Prägungen zu widerlegen. Dass Stereotyp vom schwulen Männerrock, ist so ein Beispiel für einen verbreiteten Volksglauben ohne Beleg. Alle meine schwulen Bekannten stehen auf klassische Männlichkeit. Für Röcke ist da kein Platz.

Unsere Erfahrungen, egal ob sie richtig oder falsch sind, beeinflussen uns mehr als faktisches Wissen. Deswegen heißt es ja: Glauben versetzt Berge und nicht Wissen versetzt Berge. Das macht es so wichtig, zu hinterfragen, wozu die Volksseele sich manchmal so schnell emotional hinreißen lässt. Stereotype vereinfachen das Leben. In unserer Urzeit war es z.B. hilfreich von einem Fremden feindliche Absichten zu erwarten und eine Verteidigungsbereitschaft einzunehmen. Inzwischen hat die Welt sich ein paar Mal gedreht. Die Zeiten haben sich geändert, nicht aber einige archaische Verhaltensmuster. Das macht Vorurteile auf Basis unserer Alltagsprägungen auch im 21. Jahrhundert aktuell. Wir generieren superschnell Überzeugungen schon nach wenigen Eindrücken. Meinungsevaluation ist in der Regel nicht angesagt.

Insofern weist Nico auf ein Dilemma, das umso dringender angegangen werden muss. Ich merke jedenfalls, dass die Hardcore-Konformisten an meiner katholischen Bildungseinrichtung mit ihren pauschalen Sissy-Vorwürfen gegen mich ins Schwitzen kommen, weil ich ihre Angriffe kontern kann. Das wird sie nicht gleich überzeugen, dafür sind sie emotional zu sehr auf ihr Vorurteil eingeschossen, aber ich gewinne Respekt und moderatere Extremisten werden nachdenklich. Denn Nico, es geht wieder Mal darum, nicht nur ein Problem zu sehen, sondern auch eine Lösung zu versuchen, auch wenn die zäh ist.

Offline MAS

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #16 am: 12.01.2017 08:44 »
Unsere Erfahrungen, egal ob sie richtig oder falsch sind, beeinflussen uns mehr als faktisches Wissen.

Was wäre denn eine falsche Erfahrung, Holger?

M.E. kann man Erfahrungen falsch interpretieren (z.B. eine Fatamorgana als Oase) und fälschlicherweise verallgemeinern, aber die Erfahrung selbst kann doch nicht falsch sein, oder?

LG, Micha
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Offline Asterix

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #17 am: 12.01.2017 10:44 »

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Entspricht das Bild der Wahrheit oder ist es ein "Fake"?
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Offline MAS

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #18 am: 12.01.2017 11:22 »
Die Haare auf dem Kopf sind sicher ein Fake! ;D

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Offline Asterix

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #19 am: 12.01.2017 12:35 »
Die Haare auf dem Kopf sind sicher ein Fake! ;D

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Witzbold! ;D
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Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #20 am: 12.01.2017 16:14 »
Unsere Erfahrungen, egal ob sie richtig oder falsch sind, beeinflussen uns mehr als faktisches Wissen.

Was wäre denn eine falsche Erfahrung, Holger?

M.E. kann man Erfahrungen falsch interpretieren (z.B. eine Fatamorgana als Oase) und fälschlicherweise verallgemeinern, aber die Erfahrung selbst kann doch nicht falsch sein, oder?

LG, Micha

Wenn ich in der Wüste am verdursten bin und eine Lichtspiegelung nicht als Fatamorgana, sondern als Oase interpretiere, kann das zu Entscheidungen führen, die tödlich enden. Das wäre dann möglicherweise eine falsche Erfahrung.
Komplizierter wird es beim Fußball, wenn Millionen Fans den gleichen Spielzug live sehen  und die eine Hälfte ruft Abseits. Grundsätzlich kommt hier Platons Höhlengleichnis zur Anwendung.

Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #21 am: 12.01.2017 16:32 »
[...]
Was die Sache mit Mann im Rock in  der Kirche angeht, ist das sichtlich stark von der Gemeinde abhängig - in den meisten Fällen dürfte das aber auf wenig Gegenliebe stoßen...egal ob nun Mönch mit Kutte oder nicht. Gerade in konservativen Gemeinden ist das völliges no Go :-X
[...]

LG Mike
Mahlzeit :)

also was "konservative Gemeinde" (was versteht man unter konservativ ;););) ) betrifft:
aus erfahrung kann ich sagen:
in unserer hardcore-fundamentalisten-Gemeinde hab ich kein Problem mit Kilt oder Rock. Gibt immer mal wieder interessante Gespräche - aber NIE(!) kam in irgendeiner weise etwas wie "no Go"

Kann natürlich auch daran liegen dass ich mich für mich Angenehm/gut kleide und nicht um andere zu provozieren. Oder Oder Oder :)

gruß
Ce.

Du machst mich neugierig. Nenn doch bitte mal Beispiele für konservative, hardcore und progressive Gemeinden. Und warum denkst du, haben die unterschiedliche Haltungen, obwohl es nur eine Bibel gibt. Amelia Bloomer und ihre Reformhosen für Frauen stießen in den 1850er Jahren auf den erbitterten Widerstand  der Kirche. Heute tragen selbst die Nonnen unseres Ursulinenordens häufig Jeans. Wie kann man diesen Wandel theologisch erklären. Hat der politische und gesellschaftliche Zeitgeit Einfluss auf die theologische Auslegung? Haben deshalb neben dir weitere Männer im Rock eine Zukunft in modernen Gemeinden?

Offline high4all

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #22 am: 12.01.2017 17:05 »
Lieber Holger, die Frage

Zitat
Hat der politische und gesellschaftliche Zeitgeit Einfluss auf die theologische Auslegung?

ist sicher eine rhetorische Frage, oder?

Denn die hast Du im Grunde hiermit schon beantwortet:

Zitat
Amelia Bloomer und ihre Reformhosen für Frauen stießen in den 1850er Jahren auf den erbitterten Widerstand  der Kirche. Heute tragen selbst die Nonnen unseres Ursulinenordens häufig Jeans. Wie kann man diesen Wandel theologisch erklären.

Theologisch lässt sich fast alles begründen, auch völlig gegensätzliche Positionen.

Ob das im Lichte der Bibel richtig ist, steht auf einem anderen Blatt. Hier ist jeder einzelne Christ zu (selbst-)kritischen Prüfungen aufgefordert.

Prüft alles und das Gute behaltet! (1.Th.5:21)
Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

Never be limited by other people's limited imaginations. (Dr. Mae Jemison)

Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unsern Kleidern. (Heinrich Heine

Offline mikewellies

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #23 am: 12.01.2017 17:32 »
[also was "konservative Gemeinde" (was versteht man unter konservativ ;););) ) betrifft:
aus erfahrung kann ich sagen:
in unserer hardcore-fundamentalisten-Gemeinde hab ich kein Problem mit Kilt oder Rock. Gibt immer mal wieder interessante Gespräche - aber NIE(!) kam in irgendeiner weise etwas wie "no Go"

Kann natürlich auch daran liegen dass ich mich für mich Angenehm/gut kleide und nicht um andere zu provozieren. Oder Oder Oder :)

gruß
Ce.


.......ich will hier nicht zum Bashing bestimmter Gemeinden ausholen..., aber das Thema LESBITQ mit Leuten zu diskutieren, die   der ein oder anderen Kreationisten-Gemeinde angehört, (oder anderer "Urchristen") ist ungefähr so .wie mit dem Teufel (den es ja eigentlich auch nicht gibt) über Weihwasser zu reden. Ich schreibe ab und an auch in einem christlichen Forum - mein lieber Mann, da bekommst du Dinge zu hören (ähm besser zu lesen), da weiß ich oft nicht, was das noch mit christlich zu tun haben soll. Die Begriffe Akzeptanz & Toleranz sind dort echte Fremdwörter...... . Ich habe seit 16 Jahren die Unterrichtsbefugnis für ev. Religion.....und bin mit meiner sehr liberalen Einstellung noch nie angeeckt, bzw. musste mir da was von außen anhören. Aber was ich z.T. in den Foren erlebe, ist schon mehr als abenteuerlich :-X
In der Ruhe liegt die Kraft.....

Offline Mann im Rock

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #24 am: 12.01.2017 19:07 »
Ja, man kann neben Röcken und Kleidern auch andere Dinge bei den Frauen finden, die männertauglich sind. Ich bin der Meinung, jede Kleidung und jedes Accessoires ist grundsätzlich für jeden geeignet. Das ist immer nur eine Frage des Geschmacks und des individuellen Zuschnitts.

Ja, nicht ganz. Die Medien schaffen oft und gern ein Bild von Frauen, sexy, attraktiv, mit kurzem Minirock, mit tiefem Ausschnitt. Seltsam eigentlich, dass die ganze feministische Bewegung hier nichts ausrichten konnte. Wir wissen ja alle, dass es eine Chimäre ist, die uns da dargeboten wird. Die allerallerwenigsten Frauen laufen auf der Strasse so rum. Und sowas wäre auch nicht männertauglich und nicht seriös.

Aber du hast recht, wenn ich auf der Strasse, in Kaufhäusern, Supermärkten schaue, was Frauen tragen, dann kann ich manches Mal auch für mich selbst was daraus ableiten, nämlich genau das:
Dabei entdecke ich neue Ausdrucks- und Wohlfühlmöglichkeiten als Mann.

Gruß Matthias
Wenn es uns gelingt, uns aus unseren eingebildeten Beschränkungen zu befreien und unser inneres Feuer anzuzapfen, dann sind die Möglichkeiten unbegrenzt. (Dean Karnazes)

androgyn

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #25 am: 12.01.2017 21:22 »
Ja, nicht ganz. Die Medien schaffen oft und gern ein Bild von Frauen, sexy, attraktiv, mit kurzem Minirock, mit tiefem Ausschnitt. Seltsam eigentlich, dass die ganze feministische Bewegung hier nichts ausrichten konnte. Wir wissen ja alle, dass es eine Chimäre ist, die uns da dargeboten wird. Die allerallerwenigsten Frauen laufen auf der Strasse so rum. Und sowas wäre auch nicht männertauglich und nicht seriös.
Darum heißt es logischerweise auch feministisch und nicht maskulinistisch. Der Feminismus ist historisch daraus gewachsen, die Frau von der Herrschaft des Mannes zu befreien. Aus welchen Grund hätten Feministinnen zu der Zeit der Frauenbewegung, für die Anliegen der Männer kämpfen sollen?  In den 68ern wurde von den Frauen der Softie und sensible Mann heraufbeschwört. Der war dann aber doch nicht so der heiße Liebhaber, der sich um seine Angebetene kloppt. Der Macho blieb bis heute für Frauen der interessantere Männertyp, auch wenn sie das nicht offen zugeben. Der weiche Mann dient allerdings gut zur Aufzucht der Kinder und wollen den vielleicht aus diesem Grund nicht verprellen.

Was ist eigentlich mit "männertauglich und nicht seriös" gemeint?

Offline MAS

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #26 am: 13.01.2017 01:15 »
Unsere Erfahrungen, egal ob sie richtig oder falsch sind, beeinflussen uns mehr als faktisches Wissen.

Was wäre denn eine falsche Erfahrung, Holger?

M.E. kann man Erfahrungen falsch interpretieren (z.B. eine Fatamorgana als Oase) und fälschlicherweise verallgemeinern, aber die Erfahrung selbst kann doch nicht falsch sein, oder?

LG, Micha

Wenn ich in der Wüste am verdursten bin und eine Lichtspiegelung nicht als Fatamorgana, sondern als Oase interpretiere, kann das zu Entscheidungen führen, die tödlich enden. Das wäre dann möglicherweise eine falsche Erfahrung.
Komplizierter wird es beim Fußball, wenn Millionen Fans den gleichen Spielzug live sehen  und die eine Hälfte ruft Abseits. Grundsätzlich kommt hier Platons Höhlengleichnis zur Anwendung.

Okay, das würde ich als falsche Interpretation der Erfahrung "Sichtung eines Flimmerns am Horizont" beschreiben. So wie im Höhlengleichnis sich bewegende Schatten erfahren werden aber verschiedenes daraus interpretiert wird.

Da sieht man mal wieder, wie unterschiedlich man mit Wörtern umgehen, wie unterschiedlich man sie interpretieren kann.

Ich habe manchmal mit Leuten zu tun, die sagen, Erfahrung sei authentisch, erlerntes Wissen nur Theorie.


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Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #27 am: 13.01.2017 12:03 »
[...]
Was die Sache mit Mann im Rock in  der Kirche angeht, ist das sichtlich stark von der Gemeinde abhängig - in den meisten Fällen dürfte das aber auf wenig Gegenliebe stoßen...egal ob nun Mönch mit Kutte oder nicht. Gerade in konservativen Gemeinden ist das völliges no Go :-X
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LG Mike
Mahlzeit :)

also was "konservative Gemeinde" (was versteht man unter konservativ ;););) ) betrifft:
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Da du recht locker mit dem Rocktragen in der Gemeinde umgehst, würde ich gern von dir wissen, was du mir als Dozent an einem College der Ursulinen empfehlen würdest. Im Moment bin ich da sehr zurückhaltend.

Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #28 am: 13.01.2017 12:05 »
Unsere Erfahrungen, egal ob sie richtig oder falsch sind, beeinflussen uns mehr als faktisches Wissen.

Was wäre denn eine falsche Erfahrung, Holger?

M.E. kann man Erfahrungen falsch interpretieren (z.B. eine Fatamorgana als Oase) und fälschlicherweise verallgemeinern, aber die Erfahrung selbst kann doch nicht falsch sein, oder?

LG, Micha

Wenn ich in der Wüste am verdursten bin und eine Lichtspiegelung nicht als Fatamorgana, sondern als Oase interpretiere, kann das zu Entscheidungen führen, die tödlich enden. Das wäre dann möglicherweise eine falsche Erfahrung.
Komplizierter wird es beim Fußball, wenn Millionen Fans den gleichen Spielzug live sehen  und die eine Hälfte ruft Abseits. Grundsätzlich kommt hier Platons Höhlengleichnis zur Anwendung.

Okay, das würde ich als falsche Interpretation der Erfahrung "Sichtung eines Flimmerns am Horizont" beschreiben. So wie im Höhlengleichnis sich bewegende Schatten erfahren werden aber verschiedenes daraus interpretiert wird.

Da sieht man mal wieder, wie unterschiedlich man mit Wörtern umgehen, wie unterschiedlich man sie interpretieren kann.

Ich habe manchmal mit Leuten zu tun, die sagen, Erfahrung sei authentisch, erlerntes Wissen nur Theorie.


LG, Micha

Natürlich ist Erfahrung authentisch, aber das ist nicht gleichbedeutend mit richtig. Erfahrung ist immer eine Mischung aus physikalischer, sensorischer Wahrnehmung und der individuellen Verarbeitung als Eindruck. Die Kriterien zur Interpretation sind in der Regel weder standardisiert noch evaluiert. So kommt es bestenfalls zu Überzeugungen, ab nicht sicher zu Wissen.

Aristoteles Kriterien für empirisches Wissen sind noch strenger. Und in der modernen Erkenntnistheorie und mit den Logikgesetzen der Informatik wird es noch pingeliger. Da mag man dann Sokrates beipflichten, der gesagt hat: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“

Kommunikation kann, dass erleben wir gerade bei einigen eskalierenden Streitigkeiten hier im Forum, ein Minenfeld sein, wenn es an Sensibilität und Einfühlungsvermögen mangelt. Wie dividiert man unterschiedliche Erfahrungen auseinander, wenn man auch unterschiedliche Erfahrungen mit Befindlichkeiten hat? Wie kann ein Konsens entstehen, wenn sich zwei Welten nur partiell überschneiden? In den Schulen lernen sie heute Kommunikationstheorie. Meine Tochter hat mittlerweile mehr Verständnis für die blöden Jungs. Da steckt eine Menge kognitive Psychologie drin. Das Prinzip vom „Unsichtbaren Gorilla“ und das „Linda-Prinzip“ sind verständlicher und praxisnäher als Platons Höhlengleichnis.

Manchmal finde ich es schon schade, wenn ich aus der Literatur Fakten aus Standardwerken zusammentrage und mir im Forum Pseudowissenschaftlichkeit vorgeworfen wird, indem andere Erfahrungen angeführt werden, die die Person überzeugender findet. Und es bleibt beim Vorwurf, weil ein Beleg neben der Überzeugung nicht nachgereicht wird. Das ist schon eine enorme Leistung, sich so ad hoc nur mit der eigenen Erfahrung gegen die Fachwelt zu stellen.

Wir alle haben unterschiedliche Erfahrungen und Meinungen. Deswegen ist es ja so wichtig, wenn wir verstanden werden wollen oder andere verstehen wollen, dass wir gegebenfalls andere Fühler ausfahren oder auf einer anderen Wellenlänge senden und empfangen müssen.

Jedenfalls möchte ich keinen der am Streit Beteiligten verlieren. Der Fokus liegt im Moment angesichts blanker Nerven auf das Trennende. Wägt ab, bedenkt auch, was ihr verlieren könnt.

Offline Holger Haehle

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Re: Kleider und mehr
« Antwort #29 am: 13.01.2017 12:14 »
Lieber Holger, die Frage

Zitat
Hat der politische und gesellschaftliche Zeitgeit Einfluss auf die theologische Auslegung?

ist sicher eine rhetorische Frage, oder?

Denn die hast Du im Grunde hiermit schon beantwortet:

Zitat
Amelia Bloomer und ihre Reformhosen für Frauen stießen in den 1850er Jahren auf den erbitterten Widerstand  der Kirche. Heute tragen selbst die Nonnen unseres Ursulinenordens häufig Jeans. Wie kann man diesen Wandel theologisch erklären.

Theologisch lässt sich fast alles begründen, auch völlig gegensätzliche Positionen.

Ob das im Lichte der Bibel richtig ist, steht auf einem anderen Blatt. Hier ist jeder einzelne Christ zu (selbst-)kritischen Prüfungen aufgefordert.

Prüft alles und das Gute behaltet! (1.Th.5:21)

Wenn sich theologisch fast alles begründen lässt, auch völlig gegensätzliche Positionen, wo bleibt dann die allgemeine Verbindlichkeit? Wie kann etwas wahr sein, wenn es mehr als eine Antwort gibt? Das haben die Pfarrer in meiner Jugendzeit immer sehr betont, und gegebenfalls anderen Positionen heftig widersprochen. In ferneren Tagen wurden Kritiker offizieller theologischer Auslegungen sogar für vogelfrei erklärt und exkommuniziert. Luther kann davon ein Lied singen. Eine Religionslehrerin hat mal gesagt: „Ja glaubt ihr denn, Jesus Jünger haben dessen Botschaft jeder anders gepredigt?“ Die Erklärung fand ich sehr überzeugend. Genauso wie den späteren Hinweis auf die Dogmatik. Deswegen verstehe ich es noch nicht ganz, warum meiner Mutter in Hosen in den 60er Jahren der Zutritt zur Heiligen Messe vom Küster verwehrt wurde und warum viele Nonnen im Alltag heute Hosen tragen dürfen? Der Bibeltext ist doch immer noch der gleiche. Ist es nicht Sünde Gottes Wort zweifelhaft oder wechselhaft zu deuten?

Welches Argument bleibt mir dann, wenn ich Rocktragen für alle Geschlechter, so wie zu biblischen Zeiten, gegenüber dem Campus-Pfarrer vertreten will.


 

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