Oh, da kommen wir wieder in die diffizilie Begriffsdefinition. Wie schon Vorredner sagten, ist wohl die Selbstbezeichnung der 'Betroffenen' wichtig, vor allem für sie selbst. Dann ist eben die Abgrenzung zu anderen in Einzelheiten abweichenden Gruppen vermutlich besonders wichtig.
Ich merke, dass ich aufgrund vorwärtsschreitenden Alters in einigen Bezeichnungen - z.B. auch was Schuhtypen betrifft - längst nicht mehr up-to-date bin und manchmal - z.B. bei Schuhen oder bei Genderdiffenrenzierungen - ich auch gar keine so große Lust habe, mich zu aktualisieren.
Drum bleibe ich gerne eher bei den Begriffen, die sich bereits relativ eingebürgert haben, und öffne mein Mindset erst für neue Kategorien, wenn ich merke, dass sie eine relative Relevanz erhalten, oder mich stärker tangieren könnten.
Der Begriff "
Cross-Dresser" oder Crossdresser ist in meinem Mindset eigentlich schon seit den frühen 80ern verankert. Weil hier im Forum immer mal wieder die Frage aufgeworfen wurde und wird, ob wir alle hier im Forum nicht irgendwie Cross-Dresser seien, muss ich darum durchaus etwas dagegen halten - nämlich: weil es das nicht ist.
Fange ich erst mal mit tangierenden Begriffen an (ohne zu sehr in Details zu gehen) :
Transvestitismus ist das Tragen einzelner Accessoires oder Kleidungsstücke des anderen Geschlechts bis hin zur vollkommenen Aneignung aller Kleidungsstücke des anderen Geschlechts. Die Gründe können recht vielfältig sein, vom Spielen einer Rolle (im Alltag oder zum Beispiel im Theater) bis hin zum Ausdruck dessen, dem anderen Geschlecht sich angehörig zu fühlen in den unterschiedlichsten Ausprägungen).
Ein
Transvestit jedoch ist, anders als man nun meinen könnte, nicht generell der 'Ausübende von Transvestitismus', sondern ist begrifflich sehr viel enger gefasst. Hierzu zitiere ich
Wikipedia: "Ein Transvestit ist laut Duden ein „Mann, der sich [zum Lustgewinn] wie eine Frau kleidet, frisiert, schminkt“."
Also die Begriffe "Transvestit" und "Transvestitismus" bezeichnen inhaltlich essentiell von einander zu unterscheidende Merkmale im jeweiligen Gesamtkonzept.
Aus der
gleichen Seite zitiere ich: "
Cross-Dressing: das Tragen von Kleidung eines anderen Geschlechts in der Öffentlichkeit oder privat, üblicherweise nicht in übertriebener Form wie beim Drag; früher wurde die Bezeichnung Transvestitismus auch für Cross-Dressing verwendet."
Nun ist Wikipedia ein (potentiell sich ständig wandelndes) Werk, das nicht auf einer fest definierten Autorenschaft basiert, sondern verschiedenen "Co"-Autoren bestehende Artikel ergänzen, umschreiben, umdeuten, bis hin zu größeren Grabenkämpfen zwischen verschiedenen Deutungsmustern. Drum ist es nicht so verwunderlich, dass obiges Zitat zum "Cross-Dressing" zum Artikel Transvestitismus sich inhaltlich nicht wirklich so klar im gegenwärtigen Artikel zum "
Cross-Dressing" findet, sondern sehr viel differenzierter, ja nahezu durchweg anders gedeutet dargestellt ist.
So bleibt die klarer umrissene Deutung von "
Cross-Dressing" oder "
Crossdresser" noch immer eher im Unklaren. Drum beziehe ich mich bei "meiner" Einordnung lieber auf das, wie es mir sonstwo in den Medien oder auch von einzelnen Menschen immer wieder begegnet, also ausserhalb der Deutungsmuster von Wikipedia oder hier im Forum.
Am ehesten beschreibt eben die Definition im
Artikel "Transvestitismus" den in meinen Augen gängigen Begriff für "Cross-Dressing" (hier nochmal in Wiederholung) :
"Cross-Dressing: das Tragen von Kleidung eines anderen Geschlechts in der Öffentlichkeit oder privat, üblicherweise nicht in übertriebener Form wie beim Drag; früher wurde die Bezeichnung Transvestitismus auch für Cross-Dressing verwendet."Oder ich bringe den "
Crossdresser" kurz auf diese Formel:
"Ich, Mann, aber zeige mich als Frau" - und im Grunde auch mit der Absicht, Mann bleiben zu wollen
und Frauen zu begehren - trifft diese Absicht nicht zu oder auch nur eine dieser Teilabsichten nicht zu, dann grenzt es an oder ist es bereits das: ein Transvestit.
Die meisten Crossdresser und viele Transvestiten üben das auch nur in "Teilzeit", also gelegentlich aus, selten Vollzeit. Ein Mensch auf dem Weg zu einer beabsichtigten Geschlechtsangleichung wird dann auch eine Phase eines Vollzeit-Transvestiten durchlaufen. Ein Vollzeit-Crossdresser wird vermutlich, gleich seiner sexuellen Neigung, dann auch eher als Transvestit bezeichnet werden können.
Im Grunde fällt mir nur ein Forumsfreund ein, der meiner Einschätzung nach, kraft Aussage seiner Bilder, sehr häufig das klassische Crossdressing auszuüben scheint - und dazu braucht er noch nicht mal eine Perücke!.
Wenn ich mich sonst hier im Forum umschaue, so fallen mir nur sehr wenige ein, die gelegentliche Crossdresser oder "gar" gelegentliche Transvestiten sind - und wenn, so leben viele auch zeitweise jene Freiheit aus:
"Ich, Mann, trage aber keine Hose und sonst ist nichts relevantes mit mir" (auch hier gleich der sexuellen Neigung)
und zwar gemeinsam mit allen anderen restlichen Männern hier im Forum.
Und beim Lesen von dem Artikel hab ich mich gefragt ob wir auch irgendwie nicht binär, qeer, halb-, fast-, mitteltrans oder irgendwie oder was sind?
Insofern, Zwurg, zielt Deine Frage, ob wir nicht alle ein wenig dies oder das seien, auf eine Zielscheibe, bei der Du mit keinem Deiner Schüsse alle von uns gleichzeitig treffen kannst - bildlich gesprochen.
Von all diesen Katgegorien, die Du anführst, oder Dein Artikel ins Spiel bringt, wirst Du irgendjemanden hier im Forum finden, der sich dort am ehesten zuordnen wird, aber eine für uns alle gültige Schublade zu finden, wird uns nicht gelingen.
Auch werden 'Aussenstehende', die auf jeden von uns blicken, nicht alle die selbe Schublade bedienen, um uns einzusortieren. Die einen werden mich als 'queer' sehen, die anderen werden mich als 'Transvestit' bezeichnen, andere als 'Schwulie', andere als "recht hat er", andere einfach als 'Wolfgang', einige bezeichnen mich als "der Römer", ein paar vielleicht als "der normalste Mann im Land", wieder andere als 'Deppsche' oder als 'Transmann' oder 'transgender'.
So schwierig all die Definitionen, so schwierig auch die Verwendung dieser Begriffe. Und die korrekte Definition in möglichst viele Köpfe reinzukriegen ist wahrscheinlich schwerer, als in die Köpfe reinzukriegen, dass es Männer gibt, die einfach (auch mal oder immer) keine Hosen tragen.
Oh ja, das einzige, was uns definitiv eint, die einzige Schublade, die für uns alle passt: "Wir wollen nicht auf immer und ewig, und auf Gedeih und Verderb, darauf festgelegt sein, Hosen tragen zu müssen!"
Schublade zu, Zettel drauf: "Hosenverweigerer"!.