Und Männer in Gruppen und alle im Rock, mal ehrlich: über 95% der Umwelt denkt an Schwule.
Und wenn wir den Rock ohne das Stigma Homosexuell salonfähg machen wollen, dann ist das weniger hilfreich.
Dieses Zitat ist schon etwas älter und ich weiß nicht, wie vor elf Jahren die Reaktionen auf Männer in Röcken war, aber ich mache heutzutage die Erfahrungen, dass es eben nicht jeder mit Homosexualität verbindet. Natürlich gibt es Menschen, die mich für schwul halten mögen, aber das sind bei weitem keine 95 %, sondern deutlich geringer. Wie bereits an anderen Stellen erzählt, gab es bei meiner letzten Einrichtung vereinzelte Eltern, die Angst davor hatten, dass ich als männlicher Erzieher im Rock die Kinder schwul machen könnte. Hier mal einige Reaktionen von Menschen, mit denen ich mich unterhalten habe.
Vater eines Kindes: "Die sind dumm. Ist doch egal, ob mein Sohn schwul wird. Wir sind da tolerant. Wer einen Rock trägt, ist nicht gleich schwul, sonst wäre ganz Schottland schwul. Ich habe die Mutter mal gefragt, ob sie lesbisch ist, weil ich sie jeden Tag nur in Hosen sehe."
Koch der Kita: "Woher wollen die wissen, ob du schwul bist? Nur weil du einen Rock trägst? Sie sollten dich erstmal fragen, bevor sie irgendwas behaupten."
Erzieherin: "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass du schwul sein könntest. Ich habe anfangs gar nicht gecheckt, dass du einen Rock trägst, weil ich dachte, es wären Shorts. Mir ist das erst nach drei Tagen aufgefallen und ich dachte mir: 'Er macht es richtig.', weil ich weiß ja selbst, wie schön man sich im Rock und Nagellack fühlt."
FSJlerin: "Männer in Röcken sind so hot. Ich liebe K-Pop (= südkoreanischer Pop) und da tragen die Männer auch Röcke und Crop Tops. In Südkorea würdest du von den Mädels gefeiert werden."
Ich könnte die Liste noch weiter fortsetzen. Wie man sieht, schließen viele nicht direkt auf Homosexualität und hielten mich sogar für hetero, obwohl ich das nie geäußert habe. Ich habe mich nämlich nie als hetero "geoutet", weil ich finde, dass meine Sexualität rein gar nichts mit meiner Arbeit zu tun hat. Ich frage doch auch nicht die Eltern, wie es im Bett läuft, ob sie schon mal einen Dreier hatten oder gerne in Swingerclubs gehen.
Zumal man seit der woken Bewegung mehr und mehr in eine bestimmte Ecke gedrängt wird, in die die meisten nicht gehören und nicht wollen.
Ich habe viel mehr den Eindruck, dass man in den letzten Jahren immer weniger in irgendwelche Schubladen gesteckt wird und wenn ich Berichte von langjährigen Rockträgern wie Wolfgang oder Michael lese, scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Da haben auch gerade die Aufklärungsarbeiten der sogenannten "woken" oder "queeren" Bewegungen dazu beigetragen, weil dort sehr häufig betont wird, dass Kleidung, Geschlechtsidentität, Sexualität und Geschlechtsausdruck vier verschiedene Dinge sind, die miteinander nichts zu tun haben und bei jedem Menschen individuell sind. Ich denke, dass viele Menschen da mittlerweile deutlich besser und schärfer differenzieren können als noch vor paar Jahren. Eigentlich sind wir in gewisser Weise auch
Nutznießer dieser Szenen, weil wir die Früchte von ihrem politischen Aktivismus tragen. Ich denke, man kann das nicht voneinander entkoppeln und es zeigt doch, dass "queere" Rechte, die auf dem ersten Blick mit einem heterosexuellen männlichen Rockträger vielleicht nichts zu tun haben mögen, letztendlich auch unsere Freiheits- und Menschenrechte sind.