Rollenmodelle wurden geschaffen, damit man sich einordnet. Abweichungen sind ein unfreundliches Verhalten für das eine Rechtfertigung erwartet wird. Es gibt eine Menge Beispiele, wo Menschen für abweichende Bekleidung bestraft wurden.
Ein Beispiel aus Deutschland im Bezug auf Tanz:
"Nach der Polizeiverordnung vom
30.5.1913 werden diejenigen Tänzer, welche Schiebe-, Wackel-, oder sonstige anstößige Tänze ausführen, laut Paragraphen 183 des Reichsstrafgesetzbuches mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder entsprechender Geldbuße bestraft."
Wie diese verbotenen Tänze getanzt wurden, erfahren wir aus einem Polizeibericht:".... daß bei öffentlichen Tanzveranstaltungen der sogennante Bärentanz oder Abarten desselben in einer Weise getanzt werden, die das Sittlichkeitsgefühl verletze und bei Saalbesuchern Ärgernis errege. Es sind nämlich bei diesem Tanze nicht nur die dabei üblichen plumpen und humpelnden Bewegungen ausgeführt worden, sondern hat die Tänzerin dabei häufig die Beine seitwärts so abgespreizt, daß man die Unterkleider, Strümpfe usw. sah, oder sie hat beim Beugen des einen Beins nach vorwärts, das andere Bein so weit rückwärts am Boden entlang gestreckt, daß sich der Kleiderrock hochhob und nicht nur der mit dem Strumpf bekleidete Unterschenkel, sondern sogar ein Stück des nackten Oberschenkels sichtbar wurde. Derartige Auswüchse kann ........ die Polizeibehörde nicht dulden."
Von der Geziehmlichkeit des Anzugs.
Die Gesellschaft rächt sich an Demjenigen, was ihrem Sinn, ihrem Geist, ihrem Gefühl nicht angenehm ist oder gar zum Verdruß Anlaß gibt, indem sie es zum Gegenstand des Spottes macht, und sich das Vergnügen des Witzes und der Bosheit dadurch verschafft.
Ein durchaus geselliger Anzug soll der körperkichen Bildung der Person, die ihn trägt, ihren Verhältnissen überhaupt und dem Augenblick, da sie ihn trägt, gemäß, er soll schön an sich, und den Vorstellungen von Schönheit derjenigen Person entsprechend sein, welche sich darin zeigt.....
(zitiert aus G. Richter, Lexicon der Sittsamkeit ovn A bis Z, 1974)
.... Schlimmer sind die Verstöße der Kleidung gegen Verhältnisse, an denen das moralische Wesen des Menschen Theil hat, und werden immer schlimmer, je wichtiger dieser Antheil wird.
(Seidler, "Bestimmung und Veredlung der Jungfrau",
1847)
Wenn Rollenmodelle dem Zusammenleben und der Orientierung dienen, ist das ok. Aber sie sind nicht in Stein gemeißelt, wie die obigen Beispiele zeigen, über die wir heute lächeln mögen. Wie weit ermöglichen die heutigen Rollenmodelle die Individualität des Einzelnen. Sind die Frauen- und Männerbilder so weit gefasst, dass sie beispielsweise Männer in Röcken/Kleidern beinhalten oder sind sie so eng gefasst wie im 19.Jahrhundert?
Wenn Abweichungen als unfreundlicher Akt gesehen und bestraft werden, werden Rollenmodelle zu einem Instrument der Unterdrückung und Anpassung.