Hallo,
auch von mir ein herzliches Servus an die Alpen-Rocker und auch sonst an alle...
Zitat karber: "ich muss euch hier einmal ein grosses kompliment für euren mut und eure einstellung aussprechen. entweder habt ihr bisher wirklich nur positive erfahrungen gemacht, oder ihr unterdrückt oder verdrängt eventuelle negative erfahrungen."
Hhm, ich denke, natürlich werden die meisten von uns auch schon negative Erfahrungen gemacht und verarbeitet haben: Also ich z.B. bin nach meinem 'Coming Out' regelrecht in einen Rockrausch gefallen und habe mir am Anfang durchaus einige stilistische Schnitzer geleistet, sowohl was das Kleidungsstück wie auch mein Auftreten betrifft. Wenn es in der Tat einfach nur unpassend aussieht, und man sich dazu noch unpassend benimmt, dann bekommt man die Quittung, logisch. Aber, eine Frau in Opa's zu grossen Buxen, die breitbeinig und mit den Armen rudernd durch die Stadt bummelt, wird auch schief angeschaut -- allerdings vielleicht nicht sofort in eine sexuelle Schublade gesteckt, das stimmt wohl. Aus den Fehlern muss man halt lernen und sie nicht verdrängen. Da musste wohl jeder von uns durch, mutmasse ich. Und trotz aller Hilfe (durch Foren wie dieses z.B.) muss man selbst den Weg zu einem eigenen Stil gehen und kann dabei auch mal straucheln, da helfen angelesene Erfahrungen nicht wirklich, glaube ich. Nun, das meiste was wir lange verdrängt oder unterdrückt haben, wird wohl die Lust auf das Röcketragen gewesen sein...
P.S.: In meiner Jugend als Punk in Bayern hatte dort schon eher Probleme, aber wir waren damals auch öfter in Wien, und ich habe dabei diese Stadt als äusserst tolerant und gelassen kennengelernt, in München oder Berlin hatten wir immer viel mehr Ärger mit den verhassten Spiessern...
Zitat von revolucion: "Ich glaube, ich werde mich für die Brutalomethode entscheiden. D.h., mal groß ausgehen, die ganze Nacht lang, in viele Lokale rein, in die Masse mich stopfen, dort wo mich niemand kennt."
Also, da habe ich es genau umgekehrt versucht: erst alle Leute, die einen als Mensch schon länger kennen (von der Bäckersfrau, über die guten Bekannten bis zu besten Freuden) davon überzeugen, dass man im Rock immer noch derselbe ist, der man in Hosen auch schon war -- das scheint Dir ja auch bereits teilweise gelungen zu sein --, und dann mit der gewonnenen Sicherheit sich ins Unbekannte, also das normale anonyme Tagesgeschäft oder Nachtleben auf der Strasse stürzen... nur um nach und nach festzustellen, dass in einem schlichten Rock und mit völlig natürlichem Auftreten tatsächlich kein Hahn danach kräht. Also, in Berlin erntet einer in Haferlschuhen, Krachledernen und Tirolerhut AUF JEDEN FALL mehr Blicke als jemand in Sneakers, kurzem Jeansrock und T-Shirt, oder wegen mir auch in einem langen Hemdkleid im Safari-Look -- was ich z.B. öfters trage.
Mein 'Coming Out' als Mann im Rock, ausserhalb der Wohnung, war übrigens am Sylvesterabend 2003, auf einer Party bei Freunden wo sich alle kannten. Es hat eine geschlagene halbe Stunde gedauert, bis der erste meinen schwarzen Rock überhaupt bemerkte. So unspektakulär hatte ich das nicht erwartet... aber das gab mir das Selbstvertrauen, einen Neujahrsvorsatz zu fassen, dem ich bisher ohne Probleme treu bleiben konnte: Hosen nur noch in äusserst begründeten Notfällen, oder wenn ich wieder Lust darauf kriegen sollte -- war bisher nicht der Fall.
Beste Grüsse von der Spree
El Buitre