Nicht 100% authentisch, aber doch sehr nahe. Würde vielleicht wo anders hinpassen, aber dort habe ich (derzeit) keine Rechte.
Viel Spaß beim Lesen meiner 'Doku Geschichte'. Laßt mich wissen, was ihr davon haltet und mit was ihr euch vielleicht sogar identifizieren könnt.
LG. Peter.
Folge 1 – Durch Wald und Dorf
‚Hmmmm…‘, überlege ich, da bin ich nun einem Rock und Kleider Forum beigetreten und selbst? Einem Forum, dessen Mitglieder es längst praktizieren. Das, bei dem mir Angst und Bange ist? Nämlich in Rock und Kleid die Öffentlichkeit zu erobern.
Also pack deine zwei Hasenfüße, steck sie in eine Strumpfhose. Nimm deinen Minirock und geh. Du hast einen Termin bei deiner Physiotherapeutin, die derlei bei dir ja schon kennt. Im Nebendorf, hinter dem Berg, auf dem du selbst wohnst.
So denke ich. Innerlich zittere ich. Muss das denn wirklich sein, frage ich mich. Und: was ist, wenn…?
Ja, es muss sein. Punkt.
Also angezogen, Strumpfhose, Rock. Ich schiebe den kurzen Minirock auf meine Taille, lege ihn am Saum zweimal zusammen. Ich ziehe meine Tarnung, die Hose des Trainingsanzugs, drüber an. Und verberge damit mein Röckchen.
Ich ziehe die zwei Jacken, draußen ist es kalt, nur zwei Grad Plus, an, nehme meinen Rucksack und gehe, nachdem ich das Haus zugesperrt und das Tor geschlossen habe.
Natürlich steht Oliver, mein Nachbar, an seinem Gartentürl. Ich rede kurz mit ihm, frage ihn nach seinem Befinden. Egal, wie kalt oder schlecht das Wetter ist, Oliver steht immer da. Zumindest um diese Zeit. Er ist mein Lieblingsnachbar, freundlich und immer zu einem Schwatz aufgelegt. Er hat nur einen Nachteil für mich: er redet gerne und nicht positiv über einen anderen Nachbarn. Der nicht heterosexuell ist und seine Fingernägel rot lackiert und überlang trägt.
Heute mache ich den Schwatz kurz und verabschiede mich. Ich erreiche den Waldrand fünfzig Meter weiter, betrete den Pfad, der zwischen den kahlen Bäumen nach oben geht. Ich gehe einige Meter den Weg, der sich durch den Wald sanft nach oben schlängelt und sehe in einiger Entfernung eine Frau mit einem weißen Hund an der Leine. Sofort siegt mein Hasenfußdenken: was ist, wenn sie mich so sieht? Dabei, fällt mir erst viel später ein, habe ich ja noch die Hose an.
Ich weiche aus, gehe einen der anderen Pfade, die den Wald durchziehen. Mitten im Wald ziehe ich mich um, die Hose aus. Ich ziehe den Rock nach unten, meine Schuhe wieder an. Oh Gott, ist es schön, die kalte Luft an meinen Beinen, unter der 40 den Stützstrumpfhose zu spüren! Den Druck, den sie auf meine Haut ausübt, zu fühlen. Das Bewusstsein, endlich einen Rock im Freien zu tragen, im Denken.
So gehe ich weiter, bis zur Forststraße, die am Bergkamm entlang läuft. Ich biege ab, Richtung Westen, gehe auf der Straße. Zweihundert Meter weiter treffe ich auf die nächste Spaziergängerin mit Hund. Was ist wenn…? Instinktiv halte ich die Hose in meiner Hand vor mich. Es könnte ja sein, dass der Rock dann wie eine kurze Hose aussieht. Mein Herz klopft laut. Als ich an ihr vorbei gehe, grüße ich sie und werde auch gegrüßt. Nun werde ich wohl mit einem unfassbar ungläubligen Blick bestraft werden. Doch nichts geschieht, die Frau sieht mich gar nicht an! Ich gehe weiter, atme tief durch.
Den ganzen restlichen Weg durch den Wald begegne ich niemanden mehr. Universum sei Dank. Am Waldrand, die ersten Häuser meines Zieldorfs sind in Sicht, siegt wieder der Hasenfuß. Ich ziehe die Hose, unsichtbar, weil abseits von der Straße, wieder an.
Der Weg geht durch eine Siedlung von Einfamilienhäusern. Das einzige, das mir begegnet, ist der Lieferwagen einer Heizungsfirma. Kurz denke ich, dass der Fahrer nicht sehen kann, was ich unter der Hose anhabe und ich damit einen Vorteil ihm gegenüber habe. Verrückt – oder nicht?
Der Weg verzweigt auf die Hauptstraße. Hier fahren einige Autos und ich bin froh, getarnt zu sein. Vor Blicken. Ich quere die Hauptstraße, gehe am Gemeindeamt vorbei, dann an der Schule. Endlich erreiche ich das Haus, in dem sich die Praxis meiner Therapeutin befindet. Ich läute, werde eingelassen. Immer noch in Hose.
Nach der Therapiestunde lässt sich die Therapeutin zeigen, dass ich einen Rock trage. Vor einigen Monaten hatte ich sie meinerseits angesprochen. Weil sie, eine junge und zierliche Frau, immer so schöne phantasiereiche Röcke und Kleider trägt. Nachdem zwischen uns Offenheit im Umgang miteinander herrscht, hatte ich ihr meine Schwäche genannt.
Heute führt unser kurzes Gespräch und die Erfahrung am Weg hierher dazu, dass ich die Hose im Rucksack lasse und mit dem Rock an der Luft und deutlich zu sehen, zurück gehe. Nun kommt die Nervenprobe. Ich gehe die Hauptstraße entlang. Das erste Auto kommt. Von hinten. Noch geben mir die abgestellten Fahrzeuge Deckung. Nichts passiert. Ich erreiche die Straßenstelle ohne Deckung. Keine parkenden Autos mehr.
Ein Auto kommt von hinten. Schon rechne ich mit Hupen, Gelächter, vielleicht geöffnete Fenster und Tuntenrufe. Nichts passiert! Ich gehe weiter. Meine Nerven vibrieren weiter. Mehrere Autos von vorne. Autos mit zwei Menschen darin. Niemand sieht mich offensichtlich an, keine Finger in meine Richtung. Alles ignoriert mich, mich, der ich wie… Ja, wie – wie ein Mann im Rock aussieht. Etwas ganz normales – kann das sein?
Noch mehr Autos. Ein Polizeifahrzeug kommt von vorne. Schon sehe ich vor mir, dass der Wagen mit den zwei Polizistinnen vor mir stehen bleibt. Ich werde verhaftet, die Handschellen klicken an meinen Gelenken. Ich werde in eine Zelle gesperrt, zwischen illegalen Sexarbeiterinnen und Betrunkenen verbringe ich die Nacht. Wegen Erregung eines öffentlichen Ärgernisses. Das wäre dann wirklich öffentlich. Und peinlich, demütigend? Doch auch der silberfarbene Wagen mit den blauen und roten Streifen fährt vorbei. Ich sehe ihm nach.
Endlich entspanne ich mich, quere die Straße, gehe wieder durch die Siedlung. Ein Spaziergänger begegnet mir. Er sieht mich nicht einmal an. Im Wald treffe ich niemanden mehr. Oliver ist weg gefahren. So gehe ich im Rock bis nach Hause.
Genügend Abenteuer für heute. Doch demnächst… Folge 2 – oder?