Lieber Yoshi,
also ich habe überhaupt nichts gegen Dich, sondern nur sachlich argumentiert, dass ich eine Satire für als solche kenntlich gemacht zu sein für nötig halte. Wenn in der heute-show eine Satire vorkommt, hat sie dort ihren richtigen Platz. Sollte dieselbe Satire aber im heute-journal auftauchen, wäre sie dort Fehl am Platze, weil man sie eher nicht als solche erkennen würde.
Was Dirndl und Kilts angeht, gebe ich zu Bedenken, dass ein nichtschottischer Mann im Kilt eine ethnische Grenze überschreitet, ein nichtbayerischer Mann im Dirnd eine ethnische und eine geschlechtliche Grenze überschreitet, also eine Grenze mehr. Das begründet dann auch unterschiedliche Reaktionen.
LG, Micha
Hi Micha,
Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Wieso überschreitet ein Kleidungsstück eine geschlechtliche Grenze? In einem anderen Thema habe ich gelesen, Kleidung sei (weitestgehend) geschlechtsneutral, man kann nicht sagen, ein Rock sei ein Damenrock, nur weil er von Frauen getragen wird. Es ist vielmehr ein Stück Stoff, zu einer Röhre genäht.
Das mit den ethnischen Grenzen empfinde ich zu der postulierten Toleranz kontraproduktiv. Toleranz soll Grenzen erweitern, wenn nicht gar auflösen.
Mein Vorschlag wäre eher von ethnischen und geschlechtlichen Unterschieden, oder Varianten zu sprechen, die aber geographisch grenzüberschreitend sein können, denn ethnische Unterschiede sehe ich bei Westeuropäern (Schotten - Deutsche) eher weniger.
LG
Zareen
Lieber Zareen,
als normatives Ziel unterschreibe ich Dein Postulat. Ich wollte mit meinem Beitrag beschreiben, was in den Köpfen der meisten Menschen - auch hier im Forum - vor sich geht: Da ist ein Kilt schottisch und männlich, so dass man als nichtschottischer Mann nur eine Grenze überschreitet, wenn man ihn trägt. Ein Dirndl ist den gängigen Denkgewohnheiten - immerhin heißt "Dirndl" auf Standarddeutsch "Mädchen" - bayerisch und weiblich, so dass man als nichtbayerischer Mann zwei Grenzen überschreitet, wenn man ihn trägt. Wohlgemerkt, immer gemessen an den gängigen Denkgewohnheiten.
Kleidungsstücke sind ähnlich wie Wörter Codes, die für sich selbst ohne sie interpretierende Menschen keinerlei Bedeutung haben. Aber genau wie Wörtern gibt man ihnen Bedeutungen und damit auch Bewertungen. Wenn man ihnen die Bedeutung nimmt, kann man mit ihnen nicht mehr kommunizieren.
Wenn wir hier den Kilts und Dirndln und anderen Röcken und Kleidern ihre ethnische und geschlechtliche Bedeutung nehmen wollen, und das Denken der Menschen diesbezüglich ändern wollen, dann ist das eine Deprogrammierung, so als wenn man jemandem seine Sprache abgewöhnen und eine neue beibringen will. Das kann man machen. Wir wollen es ja und somit eine Paradigmenwechsel in Bezug auf die Bedeutung von Kleidung herbeiführen. Aber noch bestehen alte Paradigmen, und sind wirksam und wirklich in den Köpfen der Menschen und damit in der Gesellschaft.
Und somit reagieren Menschen einfach verunsichert, wenn ein Mann eine Grenze überschreitet und zweimal verunsichert, wenn er zwei Grenzen überschreitet. Die eine Grenze haben die Forenmitglieder hier schon überschritten und sind somit durch einen Nichtschotten im Kilt nicht verunsichert, aber die andere Grenze ist in vielen Köpfen noch wirksam, so dass sie sich durch einen nichtbayerischen Mann im Dirndl noch verunsichert fühlen. Und Verunsicherung wird nicht selten mit Aggression begegnet.
Verstehst Du, was ich meine?
LG, Micha
PS: Ich rede jetzt nicht davon, dass gerade das Überschreiten von Grenzen einen Reiz ausmachen kann, der wegfiele, fielen die Grenzen weg.