Autor Thema: Die Entscheidung - Rock oder Beziehung  (Gelesen 147397 mal)

Offline Ferdi

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #45 am: 04.10.2004 19:38 »
Hallo Rici und Michael!

Erst mal zum Bier, Michael. Rici hat nichts gegen das Getränk Bier, auch wenn sie Wein bevorzugt, ich trinke gerne beides. Aber sie meint das so: Man kann ein gepflegtes, fachmännisch gezapftes, lecker aussehendes Bier richtig geniessen, zelebrieren (das habe ich auf der Wies'n und auch in Kölner Brauhäusern getan), man kann aber auch (und das meint Rici) mit fleckigem Unterhemd, transpirierend, weil zwei Tage nicht mehr geduscht, mit 'ner Bierflasche in der Hand diese hemdbekleckernd ausnuggeln, die Füsse auf dem Tisch haben und wie Rici es beschrieben hat, seine Frau rumkommandieren. Dabei einen Geruch wie eine Mischung aus Stinktier, Neandertaler und räudigem Hund verströmen. Aber, die Frau eines solchen Lebewesens sieht dann bestimmt aus wie die legendäre Frau Flodder, mit kalter Zigarre im Mund, "sexy" Kittel und Gummistiefeln. Ich habe das in meiner Gesellenzeit als Radio-und Fernseh-Servicetechniker alles schon gesehen. Igittigit! Soviel dazu.

Aber Rici, mit dem Machtfetisch bringst Du mich wieder auf neue Gedanken. Von daher habe ich das noch nie betrachtet. Ich glaubte auch, Fetisch hätte was mit sexueller Erregung zu tun. Wenn dem aber tatsächlich so ist, dann ist das ein Armutszeugnis, was sich diese Menschen da ausstellen. Nun ja, wenn man  nix auf der eigenen Pfanne hat, dann muss man eben so tun als ob. Das Schlimme nur ist, dass dadurch geballte Inkompetenz auf Posten kommt, auf denen sie immensen Schaden anrichten. Siehe Manager Karstatt et al.

Du schriebst: Es erregt sie, Männer zu demütigen (also Hosen anzuzuziehen) und sie ihre Macht spüren zu lassen. Nun ja, wenn Männer sich dadurch gedemütigt fühlen, dass eine Frau Hosen anhat, dann würde ich mal sagen, dass ihr Selbstwertgefühl auf dem Nullpunkt ist. Aber ich habe mit meinen Röcken ähnliche Erfahrungen gemacht. Manche Frauen sind regelrecht eifersüchtig darauf, wenn sie sehen, dass ich mit einem Minirock und meinen glatten, sommerbraunen Beinen mehr zu bieten habe als sie. Einige sagen das auch (Wenn ich solche Beine hätte wie Sie, dann würde ich auch kurze Röcke tragen). Da bin ich stolz drauf, obwohl ich eigentlich nix dazu kann, denn ich habe mich ja nicht selber gemacht. Aber manchmal räche ich mich schon dafür, wie ich früher von der Ex behandelt worden bin. Einladungen zu intimeren Kontakten lehne ich meistens genüsslich ab, um mich dann an den völlig verständnislosen Gesichtern zu erfreuen (so ein Rockträger muss doch platzen vor Geilheit). ;D Aber ich habe auch mit mir sympathischen Frauen schon schöne Zeiten erlebt. Nur - die suche ich mir selber aus, da bin ich dank meiner Röcke in einer sehr komfortablen Situation.

Das ist es, was mir so viel Zufriedenheit mit mir selber bringt, dass ich mich total befreit habe von allen gesellschaftlichen Bevormundungen, Rollenklischee-Erpressungen, Erwartungshaltungen, und - ganz besonders wichtig - dass ich mich von allen Beeinflussungs- Verführungs- und Ãœberredungsstrategien der Frauen immunisiert habe und damit zu einem wirklich glücklichen, selbstbestimmten und unabhängigen Lebensstil gefunden habe. Ich mache nur noch, was mir selber gefällt und guttut und pfeife darauf, was mir andere einreden wollen.

Schöne Grüsse,
Ferdi
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Offline ElBuitre

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #46 am: 04.10.2004 19:53 »
Hallo zusammen,

als Ex-Transvestit und jetzt bekennender Rockträger mit nicht verheimlichter femininer Seite (so wie Hirti), melde ich mich auch mal zu diesem sehr wichtigen und interessanten Thema.

Was ist Fetischismus: Wikipedia gibt auf zwei Seiten (über http://de.wikipedia.org/wiki/Fetischismus zu erreichen) folgende Auskunft (Auszüge):

Fetischischmus (Psychologie): Unter sexuellem Fetischismus (aus dem lateinischen facere - machen, tun und dem portugiesischem feitico - Zauber, Wahn) versteht man eine Variante der Sexualität, bei der ein Mensch im Zusammenhang mit Gegenständen, Handlungen oder Situationen eine sexuelle Lust verspürt. Sie wird höchstwahrscheinlich durch Erlebnisse in der frühen Kindheit ausgelöst. Der Fetischismus kann sich soweit steigern, dass das Interesse an gewöhnlichen sexuellen Aktivitäten nicht mehr vorhanden ist, nur noch der fetischistische Trieb ausgelebt wird und zwischenmenschliche Kontakte vernachlässigt werden. [...]

Man kann den sexuellen Fetischismus unterscheiden nach: [...]
Gegenständen, in der Regel Kleidungsstücke (unter anderem Schuhe in jeder Form (Stiefel, High Heels und ähnliche), Strümpfe, Strumpfhosen, Unterwäsche, Korsetts, Handschuhe, Windeln, Turnhosen).
[...]

Vor allem in der BDSM-Szene wird sehr oft Kleidung aus Lack, Leder und Latex getragen und diese Kleidung auch als Fetischkleidung bezeichnet, ohne dass jedoch notwendig das oben gesagte über den Fetischismus zutrifft.

Auch außerhalb der Sexualität wird der Begriff gebraucht, wenn eine besondere (übertriebene) Hingabe an ein Objekt oder an eine Idee zu erkennen ist.
 
---:---

Fetischischmus (Religion):
Fetischismus (v. portugiesisch feitiço Zauber) ist der Glaube an materielle Dinge, denen besondere Kräfte innewohnen. Er ist vom Ahnen- oder Gottesglauben zu unterscheiden. Ein Fetisch ist durch i.w.S. vorgeschriebene Rituale beeinflussbar, durch welche er seine Kraft im Sinne von Magie entfaltet.

Fetische sind der Glück, Nutzen und Macht bringende Talisman und das Unheil und Feinde abwehrende Amulett. Elemente des Fetischismus sind allen Religionen eigen. (siehe Reliquienverehrung).

Man unterscheidet kollektive und Individualfetische.
Fetische kommen oft bei Naturvölkern und schamanistisch geprägten Kulturen vor und werden dort auch in der Naturheilkunde eingesetzt.

(*** Ende der Auszüge von Wikipedia ***)


Da fallen mir mehrere Dinge auf:
1) Röcke werden da als Gegenstand eines Fetisch NICHT erwähnt, was daran liegen mag, dass sie entweder ein untergeordnete Rolle spielen, oder eher entsprechend stark tabuisiert werden. Letzteres hat Ricarda ja schon beschrieben: dass es da ein nicht zu vernachlässigendes Klientel gibt...
2) Selbst wenn der Sachverhalt gar nicht vorliegt, wird entsprechende Kleidung trotzdem als Fetischkleidung bezeichnet -- kann ich von mir bestätigen, selbst im langen Lederrock wird SOFORT diese Schublade aufgezogen, abgesehen von dem unausweichlichen Schwulen-Stempel, den man verpasst kriegt.
3) Irgendwo sehe ich den Fetischaspekt von Hosen und Krawatten (für Frauen) eher in Richtung der religiösen Begriffsbestimmung: Stichwort Macht mit seinem Sinnbild, dem (männlichen) Anzugträger. Auch hier hat Ricarda schon sehr schön erläutert, dass viele (Geschäfts-)Frauen dies wirklich so handhaben.
4) Im Sinne des Schlusssatzes der psychologischen Begriffserklärung -- also in der übertagenen Bedeutung des Wortes -- sehe ich mich als Fetischisten, und alle anderen Rockträger mit Verve und Elan ebenso: Schliesslich tun wir es mit Hingabe zum Objekt und zur Idee, und von mir kann ich sagen, dass ich es in der ersten Zeit auch übertrieben habe... und, so gesehen habe ich auch einen Strickjacken- und Rolli-Fetisch.

Resümee: Mensch kann alles so hindrehen, wie er's braucht. Speziell Männer (denke ich) suchen ja immer nach einfachen, klaren und rationalen Ja/Nein-Entscheidungen. Aber so eindimensional ist die Sache halt nicht.

Grüsse,
El Buitre (der jetzt in seinem Lieblingsrock und -Strickjacke, also Fetischklamotten *ggg*, zu einem Pizza-Essen geht).

Offline MAS

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #47 am: 04.10.2004 20:06 »
Hi Ferdi,

mir ist schon klar, dass sie das Klischee des Biertrikers meinte. Aber wir als Rockträger wissen ja, wie das so ist mit Klischees.

Zum Fetischismus: Ursprünglich ist das ja ein Begriff, den christliche Missionare solchen Religionen gaben, die einen von Menschen hergestellten Gegenstand verehrten (oder aus der Perspektive der Missionare zu verehren schienen). Später wurde der Begriff ausgedehnt auf jede Geisteshaltung, die Gegenständen eine besondere Stellung gab, und da ist eine besondere sexuelle Bedeutung eines Gegenstandes nur eine Möglichkeit.

Es gibt auch einen Wikipedia-Artikel darüber:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fetischismus, der noch eine andere Facette des Begriffs angibt, den Machtfetischismus aber nicht erwähnt. Wer will (Ricci?), kann ja den Artikel bearbeiten und ergänzen.

Sláinte!

Michael
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Offline karber

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #48 am: 04.10.2004 20:22 »
Rock ist KEIN Fetisch!

Einen Rock zu tragen hat nichts mit Fetisch zu tun. Es ist eine Philosophie! Einfach eine Lebenseinstellung die nach aussen gekehrt ist. Die Gesellschaft akzeptiert es eben nur teilweise.

Wie Rici aber ganz richtig durchschaut hat (und es exzellent ausdrückte), hat es schon etwas mit Machtgehabe zu tun, wenn Frauen eine bestimmte Art von Kleidung umgehängt haben. Schaut euch doch einmal um! Viel zu oft sieht man diese Frauen in Positionen in denen sie sich schwer tun und sich doch krampfhaft daran festkrallen.

Meist ist das Tragen von Hosen bei Frauen allerdings eine Gedankenlosigkeit und/oder eine falsche Vorstellung von 'Sicherheit'. Dabei meinen sie sich dem 'starken' Geschlecht mehr annähern zu können. Sehr häufig ist es aber doch so, dass sich die weiblichen Merkmale extrem stark unter den (zu engen/zu dünnen) Hosen, fast schon vulgär abzeichnen. Gerade diese Frauen ziehen aber Hosen an, damit sie bei starkem Wind, hinsetzen und bewegen, nicht darauf achten müssen, ob etwas ganz kurz unter einem (nur bei entsprechend weiten und kurzen Röcken möglich) Rock 'hervorblitzt'. Eigentlich sind diese Frauen sehr, sehr arm und zu bedauern. Sie verschenken durch das Hosentragen soviel ihrer Reize und Weiblichkeit.

Vielleicht aber meinen auch einige, dass eine Hose sexy ist. Könnte auch möglich sein. Für mich ist es aber mit Sicherheit nicht so. Möglicherweise habe ich aber auch eine völlig falsche Sichtweise.

Nachdenklich Karl


Offline Ferdi

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #49 am: 04.10.2004 20:27 »
Hallo ElBuitre!

Schön, Dich wieder zu lesen. War echt schön in München mit Dir.

Vorsicht bei "Wikipedia"! Eine der Adminas dort ist eine Hardcore-Feministin und löscht gnadenlos alles raus, was ihr nicht in den Kram passt. "Wikipedia" ist mit derselben Skepsis aufzunehmen wie der Sowjetrundfunk!

Gruss,
Ferdi
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TomC

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #50 am: 04.10.2004 21:36 »
Unter sexuellem Fetischismus (aus dem lateinischen facere - machen, tun und dem portugiesischem feitico - Zauber, Wahn) versteht man eine Variante der Sexualität, bei der ein Mensch im Zusammenhang mit Gegenständen, Handlungen oder Situationen eine sexuelle Lust verspürt.

Oh, Schreck ! Ich ein "Meine-Ehefrau-Fetischist" ! Gibt es dafür ein Forum oder eine Therapie ? ;D

Offline MAS

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #51 am: 04.10.2004 22:42 »
@Karber:

Schreibe doch lieber "Rock ist  für mich kein Fetisch". Oder bist Du sicher, für alle Menschen der ganzen Erde zu sprechen?

@Ferdi:
Na immerhin ist dieser von mir geschriebene Wikipedia-Artikel nicht raus geschmissen worden:
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4nnerr%C3%B6cke
und dieser auch nicht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Real_Ale

 :)

Michael
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Offline karber

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #52 am: 04.10.2004 23:30 »
@MAS
Dachte bei meinem Beitrag eher an die Besucher dieses Forums. Durch die Meldungen habe ich einfach die Meinung, dass hier der überwiegende Teil den Rock eben nicht als Fetisch sieht.

Natürlich kann und ist der Rock (Röckchen) auch Fetisch sein. Denke da z.B. an Röckchen für Zofenoutfit, oder Vorlieben für Brautkleider und Rüschenröckchen mit zig Lagen. Diese Art von Kleidung würde ich schon etwas in Richtung Fetisch verschieben.

Anders sieht es wiederum mit Strümpfen zum Rock aus.   Hier kann es nur praktisch oder auch schon Fetisch sein. Viele tragen den Rock ja (unter anderem) wegen der Freiheit darunter. Da hat also ein Slip nicht wirklich Platz. Zu den Strümpfen (sind wahrscheinlich Strumpfhosen wegen der Freiheit vorzuziehen) gibt es wiederum die halterlose Version, aber auch Strapse. Wie verhält es sich eigentlich damit bei den überzeugten Rockträgern hier im Forum?

Grüsse Karl

Offline ANAP

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #53 am: 05.10.2004 00:12 »
Hallo Hirti,
wollte Dir schon früher antworten, hatte aber ein kleines technisches und ein kleines zeitliches Problem.
So, nun aber los. Du bist wirklich etwas neugierig, will Dir aber trotzdem antworten, bzw. es wenigstens versuchen.
Also erfahren habe ich, dass mein Mann Röcke trägt bzw. tragen will, indem ich eines schönen Tages zwei Kleider in seinem Schrank vorfand. Wie ich reagiert habe? Zugegebenermaßen nicht mit großer Freude. Den einen Grund habe ich Dir ja schon ansatzweise erklärt in meinem letzten Beitrag an Dich (welche Chance habe ich als Frau, einen Typen zu halten, der evt. zum "anderen Ufer" hinüberschippert?), ein weiterer lag in der folgenden Fragestellung: Was denken "die Leute" über eine Frau, die mit einem Mann zusammen ist, der (vielleicht) gar kein Mann ist? Ist sie dann vielleicht auch gar keine "richtige" Frau? Denn irgendwie müssen die ja zusammen passen.
Auch wenn mir mittlerweile klar geworden ist, dass Rock am Mann keineswegs identisch sein muss mit "beginnender Bewußtwerdung darüber, dass man(n) im falschen Körper steckt, ja viele hier sogar glaubhaft versichern, dass diejenigen gerade am allerwenigsten in Röcken herumlaufen, bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass dieser Gedanke ziemlich verbreitet ist, und ich bei weitem nicht die einzige bin, die zuerst "daran" dachte. Dazu nur ein kleines Beispiel: Als unsere damals zwanzigjährige Tochter bemerkte, dass ihr Vater Feinstrumpfhosen trägt, sagte sie folgendes: "O Gott, mein Vater eine Transe, das ist ja nur peinlich". Womit wir schon beim nächsten Problem angelangt wären: Unsere Kinder. Unser vierjähriger Sohn läßt sich bisweilen die Fingernägel von seinen großen Schwestern lackieren, weil er das "cool" findet (und weil ihm natürlich auch gefällt, dass seine großen Schwestern ihn "mitspielen" lassen). Wenn er dann mit seinen lackierten Fingernägeln in den Kindergarten kommt, sagen regelmäßig alle anderen Kinder zu ihm, unabhängig vom Geschlecht, dass sich doch nur Mädchen die Fingernägel lackieren und nicht Jungs. Auf meine Frage, warum sich denn nur Mädchen ihre Fingernägel lackieren dürfen und dass ich der Meinung bin, dass das auch die Jungs dürfen, kommt bei den meisten keine Widerrede, allerdings merkt man doch sehr genau, dass schon im zarten Alter von vier oder fünf Jahren klar ist, was - wenn schon nicht normal -so dann doch wenigstens üblich oder gängig ist. Unser Sohn selbst sagt garnichts wenn ihn ein anderes Kind darauf anspricht. Vielleicht, weil er dazu noch keine Meinung hat, vielleicht aber auch, weil er sich als Kind noch nicht gegen solche "Angriffe"/Äußerungen wehren kann, da es ihm dazu noch an der sprachlichen und intelektuellen Fertigkeiten fehlt. An seinem Gesichtsausdruck merke ich zumindest, dass es ihm nicht ganz so paßt, dass er von den anderen Kindern deswegen zumindest belächelt wird.
Wie würden diese Kinder reagieren, wenn sie wüßten, dass sein Vater Röcke trägt? Und wenn die Kinder schon in diesem jungen Alter "wissen", was Mädchen tun und was Jungs tun, woher wissen sie es?  Von ihren Eltern? Aus den Beobachtungen ihrer Umwelt?
Hast Du, lieber Hirti, Dich schon einmal gefragt, wie sich ein Kind fühlt, dessen Vater von seinen Freunden oder Spielkameraden belächelt - um nicht zu sagen ausgelacht - wird?
Ich selbst habe das als Kind erfahren (mein Vater trug zwar keine Röcke, gab aber aus anderem Grund genug her, um sich über ihn lustig zu machen), und ich kann Dir sagen, das ist sehr verletzend und fühlt sich außerordentlich "besch..." an.
Womit wir schon beim nächsten Problem angelangt wären. Ich hatte nie Probleme intelektuell nachzuvollziehen, dass einem Mann in Punkto Kleiderordnung nicht die selben Rechte zustehen sollten, wie einer Frau. Wenn eine Frau entscheiden darf, ob sie lieber eine Hose oder einen Rock/ein Kleid anziehen will, warum sollte ein Mann das nicht auch dürfen? Trotzdem hatte ich bei dem Gedanken, dass mein Mann in aller Öffentlichkeit im Rock herumläuft ein verdammt "beschi..." Gefühl. Ich bin sehr lange nicht dahinter gekommen warum. Bis mir klar wurde, dass es genau dieses Gefühl war, das ich als Kind empfand, als sich andere Leute über meinen Vater lustig machten. Ich habe dieses Gefühl nicht bewußt in Zusammenhang mit dem Rocktragen meines Mannes gebracht, aber die ganze gesellschaftliche Situation um das Rocktragen meines Mannes herum war hervorragend "geeignet", um von meinem Unterbewußtsein mit diesem Gefühl "fremd" besetzt zu werden. Um es deutlicher zu sagen: Das ganze "Drumherum" war genau so, dass mein Unterbewußtsein ein "deja- vue- Erlebnis" hatte, und mir das "passende" Gefühl dazu sendete. Ich habe mindestens ein Jahr gebraucht, um das heraus zu finden. Seitdem mir aber klar ist, dass das ungutes Gefühl, das ich immer in Zusammenhang mit dem Rocktragen meines Mannes empfunden habe eine Fremdbesetzung mit einer früher erlebten ähnlich gearteten Situation ist, ist es viel leichter geworden für mich die Situation als das zu sehen was sie wohl ist: Als der Versuch eines Mannes, für sich die selben Rechte zu beanspruchen die jede Frau für sich beansprucht, nämlich das zu tragen, was einem gefällt oder worin man sich wohl fühlt, unabhängig davon ob es ein Rock/ein Kleid oder eine Hose ist.
Lieber Hirti, vielleicht sind ja auch die Emotionen Deiner Freundin von einem "deja-vue-Erlebnis" fremdbesetzt. So heftig wie sie bei ihr sind (zumindest Deiner Beschreibung nach) halte ich das nicht für ausgeschlossen.
Nun, lieber Hirti, wie Du Dir nun denken kannst, war nicht immer alles "Friede, Freude, Eierkuchen" bei uns; auch die Tatsache, dass ich auf der intelektuellen Ebene der Argumentation meines Mannes voll zustimmen konnten, andererseits aber dieses "besch..." Gefühl hatte, hat zu manchen zwiespältigen Handlungsweisen geführt: So gingen wir zusammen Röcke kaufen, sogar beiden das gleiche Modell (Partnerlook!), waren auch schon zusammen im Rock unterwegs andererseits gab es auch wieder Situationen, wo ich mir gewünscht hätte, damit nie konfrontiert worden zu sein; ich wollte meinen "alten" Mann zurück haben, ohne Rock versteht sich, und damit basta! Ging aber nicht.
Was mir letztendlich am weitesten brachte war die Tatsache, dass mich diese Kombination zwischen intelektuellem Verstehen einerseits und diesem unguten Gefühl andererseits selbst etwas "stuzig" gemacht hatte, aber bis zur o.g. "Auflösung" des Rätsels waren viele - auch unschöne - Diskussionen notwendig.
In Punkto Röcketragen in der Öffentlichkeit sieht es bei uns im Moment so aus, dass mein Mann Röcke trägt wann immer er (meist alleine)unterwegs ist (und er ist sehe viel unterwegs!), außer in unseren unmittelbaren Umgebung. Zu zweit waren wir schon `ne Weile nicht mehr im Rock unterwegs, kommt sicher aber wieder (hängt vielleicht auch ein Stück weit damit zusammen, dass ich selbst kein übermäßiger Rockfan bin). Da wir, wie gesagt, Kinder haben und die (zumindest die größeren) klar zum Ausdruck gebracht haben, dass ihnen das vor ihren Freunden peinlich ist, und auch viele dieser Freunde öfter bei uns im Haus sind, zieht mein Mann zuhause seine Röcke nur noch  im Büro und abends (auch) im Wohnzimmer an, wenn wir zwei dann alleine sind.
Allerdings sind wir alle ja noch im Lernprozess, so dass dieser momentane Zustand ja nicht der letzte Stand der Dinge bleiben muss.
So, jetzt habe ich aber keine Lust mehr, Dir meine "Seelenlage" weiter aufzudröseln. Hoffe es hilft Dir/Euch ein bißchen weiter.
Vorerst mal liebe Grüße von
ANAP






Offline karber

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #54 am: 05.10.2004 00:58 »
@ANAP
Rec ht interessant deine Ausführungen. Trifft ziemlich genau meine Vorstellungen von der Möglichkeit Röcke zu tragen. Gerade bei Kinder ist das Umfeld ein wesentlicher Bestandteil ihrer Persönlichkeitsbildung. Kinder sind untereinander wesentlich grausamer als sich Erwachsene vorstellen können. Kinder zu Aussenseiter abzustempeln, aus welchen Gründen auch immer, ist einfach niemanden erlaubt. Ich finde du hast mit deinem Mann einen gesunden Kompromiss gefunden. Kann euch beiden dazu nur gratulieren.

@hirti
Hoffentlich kannst du die ganzen Meldungen verarbeiten. Fast in jedem Abschnitt der Foren hast du Ideen geliefert bekommen. Vielleicht klappts doch mal mit einem Treffen.

Noch was allgemein zu dem Thema Rock oder Beziehung: Kleidung oder andere Äusserlichkeiten sollten eigentlich in unserer, ach so toleranten Welt, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Oder ist die Toleranz nur gespielt? Geht sie nur soweit, wie sie jedem Einzelnen in den Kram passt?

Grüsse Karl


JuergenB

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #55 am: 05.10.2004 09:25 »
Hallo ElBuitre,

dank Deines Vortrages weiß ich nun daß ich Fetischist bin! Ich habe eine Plüsch-Ente im Auto auf der Hutablage, die aufpaßt daß ich unfallfrei fahre ;D

Andererseits: Fetischismus im sexuellen Sinne bedeutet für mich in seiner vollen Ausprägung, daß sexuelle Erregbarkeit ausschließlich in Verbindung mit dem Fetisch möglich ist; ein Ansatz von Fetischismus ist m. E. zu erkennen, wenn die sexuelle Erregbarkeit durch den Fetisch gesteigert wird. Beides trifft für mich auf den Rock oder andere Kleidungsstücke nicht zu. Aber auf meine Frau! Ist das schlimm, einen Fetisch zu haben? Dann muß ich meine Frau wohl irgendwie loswerden! :o

@ all

Es gibt bei Parsimony auch ein Forum der schwulen Anzugfetischisten. Diese Titelseite habe ich meinem Chef mal ausgedruckt und heimlich in sein Fach gelegt ;D

Meine Grundeinstellung: jeder Mensch traut dem anderen genau die Schlechtigkeiten zu, über die er selber verfügt. Diese These hat sich bislang immer wieder bestätigt Wenn Manni Manta sich ein überdimensionales Rohr als Potenzersatz unter seine Karre hängt und sich daran aufge_lt, dann ist es auch nicht verwunderlich, daß er dem Rockträger Fetischismus unterstellt. Muß ich mich da angesprochen oder gar angegriffen fühlen? Es bestätigt nur meine These, genauso wie wenn die von Ricarda beschriebene anzugtragende Frau entsprechende Kommentare losläßt. Menschen, die keine Fassade um sich herum aufbauen, haben mir noch nie entsprechende Kommentare entgegengebracht!

All das bedeutet aber nicht, daß ich nicht auch diese Menschen achte. Ich finde es nur traurig, daß sie genau ihr eigenes Tun abwertend beurteilen! Wegen mir soll Manni ruhig seinen Manta (sinnbildlich, es gibt auch andere Autos) verschönern und Frau Anzug tragen, wenn ihnen das gefällt. Sie können aber nicht verhindern, daß ich damit ihre eigene Aussage für mich werte.

Gruß
JürgenB

Offline MAS

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #56 am: 05.10.2004 09:41 »
@Karber:

Hi Karl,

ob ein Gegenstand als Fetisch betrachtet wird, hängt m.E. nicht in erster Linie von ihm, sondern von den Menschen ab, die ihn so sehen oder eben nicht. Dass die Männer hier im Forum und in der Männerrockbewegung es nicht tun liegt an ihnen/an uns, und nicht am Rock. Der ist vollkommen unschuldig daran, wie wir ihn sehen.

@ANAP:
Ich glaube, das ist ein Fall, den die Psychologen "Ãœbertragung" nennen. Wie auch immer, jedenfalls zeigt mir Deine Geschichte wieder deutlich, dass Kinder die sozialen Konventionen, die sie durch Nachahmen erlernen, als quasinatürliche Gesetze hinnehmen. Wenn sie merken, dass die anderen Menschen - wobei zuerst die signifikanten Anderen, also die Bezugspersonen gemeint sind, später dann aber auch die Gleichaltrigen - etwas als peinlich empfinden, übernehmen sie es unbewusst und machen es zu ihrem eigenen Gefühl. Das geht wirklich recht unreflektiert vor sich. Das kritische Nachdenken über die eigene Sozialisation ist eine Sache der Pubertät und die Kritik über das aufmüpfige Verhalten der Pubertät eine Sache des reiferen Alters. Wer noch reifer wird, kann dann zu allem eine kritische Distanz einnehmen und sehr reflektiert seinen weiteren Weg suchen. Leider ist auch für viele Erwachsene die soziale Plausibilität - der Herdentrieb - weit wichtiger als die sachliche Auseinandersetzung mit Argumenten, weil erstere emotional ist und letztere intellektuell, und Emotionen sind uns zunächst einmal näher. Ich bin ja auch so erzogen und musste mir Emotionen anerziehen, die denen der Scham und der Peinlichkeit, die das Aus-der-Reihe-tanzen mit sich brachte, entgegen wirkten. So berührt es mich heute peinlich, wenn ich daran denke, dass ich mich früher nicht getraut habe, im Rock aus zu gehen, denn das kommt mir als ehrenrührige Feigheit vor, und feige will ich nicht sein. Feigheit und Stolz sind aber auch Emotionen. Man muss halt gucken, dass man Gefühle und Verstand/Vernunft in Harmonie bekommt.

Liebe Grüße,

Michael
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Offline ANAP

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #57 am: 05.10.2004 10:35 »
Zitat
Waren diese Männer vielleicht auch alle schwul??

Hallo Heinz,
ich weiß nicht, ob diese Männer alle schwul waren, vermutlich (ich weiß es nicht genau, da ich überhaupt nicht weiß, um wen es sich da handelt) waren sie aber der Kleiderordnung ihrer Zeit angepaßt?!

Liebe Grüße von ANAP

Zitat
ich glaube eines ist mit der Zeit vergessen worden: Als die erste Fau sich in Hosen auf die Straße wagte wurde sie, soweit ich gehört habe, fast gesteinigt!
Hallo Günter,
vielen Dank dafür, dass Du diesen Sachverhalt noch mal in die Diskussion eingebracht hast.

Liebe Grüße von ANAP


TomC

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #58 am: 05.10.2004 11:07 »
Moin, Moin !

Frauen reagieren auf Männer in Röcken nicht anders, als die Männer auf Frauen in Hosen reagierten. Da wurde gesagt, daß sei keine Frau mehr, ein Mannweib oder sonst etwas. In den fünfziger Jahren war der Weg noch zielmich steinig. Gab' mal eine tolle Sendung im Deutschlandradio darüber. Junge Frauen auf dem Lande fuhren in die nächst größere Stadt und zogen sich unterwegs um, weil sie im Heimatdorf nicht in Hosen gesehen werden durften. Equivalent waren in den 50ern Väter auch dagegen, daß junge Mädchen "diese dünnen Strümpfe" trugen. Das alles gehörte sich nicht. Heute tragen Frauen was sie wollen und selbst Feinstrumpfhosen gibt es in Kindergrößen. Der Weg dahin war allerdings lang. Ich weiß, wir Männer nehmen gerne eine Abkürzung, aber ich fürchte die gibt es nicht. Es wird auch keinen Knall geben und alle Männer tragen Röcke. Aber es werden mehr und das, so glaube ich, stetig.

Gruß Tom C.

Offline Gatito

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Re:Die Entscheidung - Rock oder Beziehung
« Antwort #59 am: 06.10.2004 09:11 »
Hola,

kleine Frage, ich trage Rock, oft FSH, Schmuck und dezentes Make-up. Gelte ich nun als Fetish-Tucke?

@El Buitre: Du bist der einzige der mich bislang r/l gesehen hat, bei allen Treffen war ich geschminkt.....

adios, Gatito
Vielleicht müssen wir erst das loslassen was wir waren um das zu werden was wir sein werden. Carrie Bradshaw


 

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