Autor Thema: Nachruf auf Ferdi  (Gelesen 8497 mal)

Offline MAS

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Nachruf auf Ferdi
« am: 30.09.2008 11:33 »
Sein letzter Sommer.

Ferdi La Roche – ein Nachruf
15.11.1939 (oder so) - ??.09.2008

„Nächstes Jahr gibt es auch wieder einen Sommer“, hatte Ferdi noch zu einem Freund aus Hannover gesagt, als der meinte, dieses Jahr klappe der Umzug nach Köln nicht mehr.

Ja, es wird wohl einen Sommer geben im nächsten Jahr, aber keinen Sommer mit Ferdi.

Ein Freund ist tot. Und merkwürdigerweise weiß ich noch nicht, an welchem Tag er genau starb, im September 2008. Nachbarn stutzen, weil seine Zeitung noch im Briefkasten steckte und trotz Regen das Fenster offen stand. Die Polizei öffnete die Wohnung. Ferdi hatte einen Schlaganfall gehabt und starb anschließend im Krankenhaus. Er hatte allein gelebt, geschieden, mit nur wenig Kontakt zu Kindern und Enkeln. Ich hatte seit ein paar Tagen vergeblich versucht, ihn zu erreichen und ließ es mir dann von einer Nachbarin berichten.

Nun war er nicht nur mein Freund, sondern eine Person der Öffentlichkeit, nicht wenige Leserinnen und Leser des Folkigen und des Interreligiösen Rundbriefes kannten ihn, so dass ein Nachruf in diesem Rahmen gerechtfertigt ist.

Gelegentlich nahm er am Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit und am Interreligiösen Gesprächskreis in Bonn teil. Gerne besuchte er Folk-Konzerte, liebte besonders die Lokal Heroes, Le Clou und Till Nine und auch Sahara. Er stellte für Religions for Peace Köln/Bonn und für das Internetportal für Folk- und Weltmusik in Bonn, Rhein-Sieg  und Umgebung kostenlos Platz im Internet zur Verfügung und betreute die Seiten zusammen mit mir. Ab und zu schrieb er auch eine Konzertrezension.

Seine Hauptleidenschaft aber war eine andere, und über diese Gemeinsamkeit lernte ich ihn auch im Mai 1999 kennen: Das Röcketragen und der Kampf um die Emanzipation der Männer vom selbstverschuldeten Hosenzwang. Auch wer ihn nicht persönlich kannte, dem fiel er im Straßenbild auf, wenn er im Sommer mit kurzen Röcken durch Bonn, Sankt Augustin oder Siegburg ging oder radelte. Zahlreichen Männern deutschlandweit oder gar weltweit, die den Hosenzwang leid waren, machte er Mut und ging ihnen als Vorbild voraus und zeigte, dass „die Leute“ gar nicht so intolerant sind, wie man oft meint. Manchmal schimpfte er gewaltig über Frauen, die meinen, Emanzipation sei nur für sie da, aber er war kein Frauenfeind. Nur war eben sein Wahlspruch: „Emanzipation ist keine Einbahnstraße.“
Manche Leute lächelten über seine kurzen Röcke, aber da stand er drüber. Sie waren viel mehr Ausdruck eines unbändigen Freiheitsdranges und einer ungebrochenen Lebensfreude. Freiheit war sein großes Thema, auch schon als er als junger Mann CB-Funk betrieb und einen Piratensender installierte.
Und er liebte den Sommer. Nicht, dass er wie ich im Winter Hosen trug, nein, da trug er lange Röcke, aber der Sommer war seine Jahreszeit. Sobald die ersten Frühlingssonnenstrahlen etwas Wärme ins Rheinland schickten, war er draußen unterwegs und zeigte den Männern, wie man das Leben jenseits gängiger Männlichkeitsklischees genießen kann. Die Anzugträger nannte er gerne „Pinguine“, war zu ihnen aber genau so freundlich wie zu jedem. Sein Selbstbewusstein strahlte aus und zeigte den Menschen: Der steht zu dem, was er tut.

Außer im „realen Leben“ war Ferdi sehr präsent im Internet. Zwei Männerrockforen betreute er mit, in zahlreichen anderen diskutierte er eifrig. Doch ich bin froh, dass ich ihn persönlich kannte, denn das Internet repräsentiert nur einen kleinen Teil eines Menschen. Und doch lohnt sich ein Blick auf seine Homepage: http://freenet-homepage.de/skirtman144/index.html.

Was er gar nicht mochte, war Streit zwischen Freunden. Im August gab es Streit, in den er nicht involviert war, der ihm aber nahe ging. Die Aussöhnung erlebte er nicht mehr oder vielmehr, er forcierte sie durch seinen Tod. Rocktragende Männer sind genau so wenig Heilige wie hosentragende. Ferdi war auch kein Heiliger und wollte auch nie einer sein, auch kein Männerrockpapst oder Botschafter der deutschen Männerrockbewegung, wie er manchmal genannt wurde. Er wollte nur ein Mensch sein, ein freier Mensch in einer freien Welt. Ich hoffe, er hat jetzt mehr Freiheit als er sich je zu erträumen wagte und einen ewigen Sommer!

Ich schließe mit einem Witz über den Ferdi sicher herzlich gelacht hätte, und den meine Frau Petra gestern brachte: Wenn Ferdi jetzt da oben im Himmel ist, muss er aufpassen, dass ihm niemand unter den Rock schaut.


Michael A. Schmiedel, 30.9.2008


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Offline MAS

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #1 am: 30.09.2008 16:46 »
Liebe Freunde,

ich erreichte eben Ferdis Tochter Annette.

Ferdi starb am 11.9.2008

Er liegt beerdigt im Bonner Süd-Friedhof. Da soll rechts am Eingang eine Kapelle stehen und in der zweiten Reihe das Familiengrab La Roche liegen.

Die Kondolenzanschrift ist: Ingo La Roche, Kirschallee 40, 53115 Bonn.
Das ist sein Sohn.

So, ich bin jetzt gleich off-line, und suche Gundi.

Liebe Grüße,
Michael
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Offline Jürgen64

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #2 am: 30.09.2008 19:18 »
Hallo Michael,

danke für die Information! Dann werde ich ihm wohl noch einen oder mehrere Besuche abstatten.

Gruß
Jürgen
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Offline Ben

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #3 am: 30.09.2008 20:15 »
Ein Nachruf, der sehr nahegeht, Michael!

Danke dafür.


Offline M.L.

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #4 am: 30.09.2008 20:57 »
ich möchte auch mein Beileit aussprechen.
Ich habe Ferdi  nie Persönlich kennen lernen dürfen  Aber ich finde es richtig schade.
Er fehlt uns in der Männer Röck Bewegung Er war ein Forreiter und Freund.
Liebe grüsse auch an die Angehörigen.
Herzliches beileit M.L.

Offline Brezel

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #5 am: 30.09.2008 22:15 »

Ein Nachruf den Ferdi sehr gut beschreibt.

Ich hatte das Glück mich mit Ferdi mal in Düsseldorf, mal bei Gabi, zu treffen.

Trauer gruß

Ralf

Offline Robin

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #6 am: 30.09.2008 22:41 »
Die Nachricht von Ferdis Tod hat mich sehr traurig gemacht.

Ferdi kannte nicht nur aus dem Internet-Foren, sondern konnte ihn in den letzten Jahren auch auf einigen Treffen live kennen lernen. Er hat in seiner engangierten Art Mut gemacht, sich dem Hosendiktat zu entziehen. Nicht vergessen werde ich seine freundliche offene respektvolle Art allen Menschen gegenüber.

Er wird uns fehlen.

RobinWF

Offline Ce_Jäger

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #7 am: 01.10.2008 00:42 »
dass macht betroffen.
Habe Ferdi nicht persönlich gekannt, nur von den Foren und den Internetseiten.

da fehlen mir die Worte zum Ausdruck der Trauer.

...gruß
Ce.
...ob Hose oder Rock - was sollte es denn für einen Unterschied für mich machen?

Offline kalotto

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #8 am: 01.10.2008 11:49 »
Danke Michael, für den schönen Nachruf. Mit Ferdi ging ein guter Freund, von uns, wie ich, Nachrichtentechniker, sehr belesen und mit exzellentem Fachwissen, ein interessanter, humorvoller, agiler, selbstbewusster, experimentierfreudiger Mann, der einen zu Ungewöhnlichem ermunterte, sich mit seiner Meinung und förderlicher Kritik nicht hinterm Berg hielt.
   Ferdi, wegen dir trage ich wieder Röcke, durch dich lernte ich Syriel kennen, die mir einen wunderbaren Kilt machte, wir verbrachten herrliche Tage in Siegburg bei den Weihnachts und Mittelalter märkten. Unerwartet und viel zu früh wurdest du aus unserer Mitte gerufen, wir vergessen dich nie.
Ruhe in Frieden, kalotto
Unisex=Einbahnstraße? Dann bin ich Geisterfahrer ;)
Er kam sich underdressed vor und nähte sich Röcke

Offline MAS

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #9 am: 06.10.2008 13:48 »
Petra und ich waren am Freitag an Ferdis Grab. Sie machte ein Foto. Kann man das hier einfügen, von meiner Festplatte aus?

Ich hänge die Datei hier mal an.

Aj ja, es klappt ja. Ferdis Grab ist das kleine Urnengrab im Vordergrund, mit den gelben Blumen darauf. Der Stein trägt momentan nur die Namen seiner Eltern. Sein Vater hieß auch Ferdinand.

LG,
Michael
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Offline GerdG

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #10 am: 10.10.2008 20:44 »
Ferdi ist tot, und ich kann das noch kaum fassen. Ferdi, der unerbittliche Vorkämpfer Männern im Rock. Er war nicht mein Freund, denn ein Freund muss man getroffen haben, und ich bin Ferdi nie begegnet. Und doch war er wie ein Freund, denn ich lese seit acht Jahren seine Berichte, und ich wäre ihm gerne begegnet. 
Ende September (25. und 26.) war ich in Köln, und ich habe dann mehrmals gedacht, könnte ich nur in Verbindung mit Ferdi kommen, damit wir uns sehen könnten. Ich kannte aber seine Anschrift nicht, seine Telefonnummer nicht. Und angeblich wäre das ja auch schon Wochen zu spät für eine Begegnung.  Erst nach meiner Rückkehr las ich von seinem Tod. „Nachruf auf Ferdi“. Ich verstand erstens die Überschrift nicht. Dazu reichte mein deutsch nicht.

Ich werde Ferdi und seine Berichte tief vermissen. Ich bin Kiltträger; er bevorzugte den Rock aus der Frauenabteilung,  war aber allen Richtungen der Nicht-Hose tolerant gegenüber, wie wir alle es auch sein sollten.
Schrieb er doch nicht am 20. August (an Minirocker 13:01) „… ich bin nur ein Mann, der gerne und mit Begeisterung und Freude Röcke aller Art trägt“?
Das ist, soweit ich es sehen kann, das überhaupt letzte, was er im Männerrock-Forum schrieb. Danach gab es Schweigen, bei Ferdi außergewöhnliches Schweigen. In diesem Forum war er weiterhin etwas tätig, aber viel weniger als früher.
Und nun ist er tot. Alleine und fast ohne Kontakt mit seiner Familie, wie Michael schreibt. Eine Woche alleine ohne etwas zu können, nicht mal um Hilfe schreien, aber noch am Leben. Was für ein schreckliches Ende. Hat er sich noch Gedanken machen können? Ob das alles es sich nun auch gelohnt habe?
Ich habe ehrlich geweint um Ferdi, der nicht mein Freund war, und doch wie einer es war. Und warum sollten auch nicht Männer weinen können? 
 Ein spätes Nachruf auf einen Mann, dem Röcke so bedeutend waren. Vergessen wir ihn nicht. Setzen wir doch das unermüdliche Streben Ferdis fort, die Nicht-Hose aller Art in Frieden zu verbreiten - zu seinem Ruhm und zu seiner Ehre.     

GerdG

Offline MAS

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Re: Nachruf auf Ferdi
« Antwort #11 am: 11.10.2008 15:41 »
Lieber Gerd,

vielen Dank für Deinen Text. Zuerst las ich aus Versehen: Ferdi ist nicht tot", und tatsächlich wünsche ich mir so was wie ein "Atschibätsch, ich lebe noch!"

Ich habe Ferdi ja oft getroffen, aber das letzte Mal am 6. August, und seine letzte E-Mail an mich war vom 28.9.
Aber man muss einen Menschen nicht unbedingt persönlich treffen, damit er ein Freund wird, es gibt ja auch Brieffreunde und so wohl auch Internetfreunde. Warum nicht?

Er hat nicht eine Woche da gelegen, aber vielleicht zwei Tage, mindestens aber einen. Ob er dabei bei Bewusstsein war, weiß ich nicht. Aber die Gedanken, die Du formuliert hast, sind mir auch oft durch den Kopf gegangen. Aber siene Nachbarin hat noch am 7.9. mit ihm gesprochen, und sein Todestag war der 11.9., d.h. er wurde am 10.9. gefunden.

Eben fuhr ich noch an der Straßenbahjnhaltestelle vorbei, wo er oft zu mir einstieg oder nach einem gemeinsamen Unternehmen wierder ausstieg. An der Stelle vermisse ich ihn sehr!

Liebe Grüße,
Michael
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