Fern der Heimat in einer Gegend, in der Dich kein Mensch kennt, gibt es wahrlich keinen Grund zur Kapitulation.
Menschen die ich kenne, haben mich noch nie wirklich abgeschreckt - die kenne ich ja
Nein, mein größter Gegner bin und war ich immer selbst.
Und trotzdem, konnte mir doch noch einen Ruck geben und bin in diesem silbernen Kleid zu Restaurant gefahren.
Es fiel mir dieses Mal, wie gewohnt, nicht mal schwer die Türe von Auto und Restaurant zu öffen.
Als ich hinein ging, war ich etwas überrascht, wo ich reserviert hatte: Gehobener hatte ich erwartet, aber das ganze Ambiente war dann doch noch eine Stufe darüber.
In meinem Kopf arbeitete es, während ich brav an der Empfangstheke auf einen Kellner wartete: Alles ältere Herren (bin ich ja auch) und gut gekleidet.
Ja, für eine Frau war ich passend gekleidet. Leichtes Unbehagen, oder Unsicherheit? stellte sich ein. Die elegante Flucht war, nicht nur aufgrund der namentlichen Reservierung, nicht wirklich eine Option.
Während ich meinen Gedanken nachhing, hörte ich von hinten ein „Ma’m do you have a reservation“. Ich checke die Gäste und überlege, ob ich hier richtig bin, und ob ich mich hier wohlfühlen kann und will, während hinter mir ein „Haben die Dame reserviert“ ziemlich nah an mein Ohr kommt.
Mit einem Mal wird mir klar, was wohl ich gemeint bin.
Ich drehe mich fast erschrocken um und sehe dem Kellner ins Gesicht, der absolut erschrocken ist, und mich, sich in aller Form entschuldigend, zu meinem Platz geleitet.
Das war ein Novum für mich, das ist mir seit Jahrzehnten nicht mehr passiert, dass ich für eine Frau gehalten wurde – auch nicht von hinten.
Während des ausgiebigen Dinners, vielen mir immer wieder zwei Frauen, wohl 10 Jahre jünger, und gut in schönen Kleidern gekleidet auf, die fortwährend zu mir sahen.
Als mein Nachtisch kam, stand eine der Damen auf, kam zu mir und äußerte sich begeistert über mein Kleid. Wir wechselten ein paar Worte auf Englisch bis ihre Begleitung mich aufforderte mich doch an ihren Tisch zu setzen.
Nichts für schüchterne Menschen wie mich.
Aber unter etwas Nachdruck gab ich doch klein bei und setzte mich zu den durchaus attraktiven, Damen, wie sich herausstellte, Norwegerinnen.
Wir unterhielten uns, relativ lange, über alles Mögliche, bis dann doch irgendwann nochmals eine Nachfrage zu meinem Kleid kam: Woher ich es hätte, warum ich es tragen würde, dass sie es toll fänden, und dass es so schade sei, dass ihre Männer / alle Männer, so langweilig und unkreativ oder feige bei der Wahl ihrer Klamotten seien.
Ich glaube der Abend hätte noch viel länger dauern können, hätten die Damen nicht ganz so viel Wein konsumiert: Wenn man selbst absolut nüchtern ist, weil man noch Autofahren muss, dann sind angetrunkene Gesprächspartner anstrengend bis nervig – besonders wenn sich zusehends die Muttersprache ins Englisch mischt.
Zumindest hat mich der Abend etwas mit dem Land versöhnt.
Da ich, realistischer Weise, wohl nicht an die Handyfotos der einen Norwegerin kommen werde, habe ich selbst nochmal Fotos gemacht.
Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen. Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.