Autor Thema: Wie früher  (Gelesen 2824 mal)

Offline JoHa

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Antw:Wie früher
« Antwort #15 am: 23.09.2024 22:14 »
Mir behagt es mittlerweile, meine Kleidung sowohl meiner Stimmung als auch der Gelegenheit anzupassen. Morgen werde ich bei mildem Wetter mein Fahrrad im kurzen Rock und FSH bei der Werkstatt abholen, Pflanzen für unseren Garten aussuchen, im Supermarkt Lebensmittel kaufen und bei OBI ein paar Bretter abholen, um unsere Gartenbank instand zu setzen. Danach mit Hose die Bank reparieren und streichen. Da meine Familie und Freunde mich so, wie ich mich zeige, unterstützen, warte ich immer noch (fast sehnsüchtig) auf Kritik Unberufener.
Kein Wunder, wenn ich am Ende aller Karriereleitern, diese Haltung einnehmen kann.
Nicht Johannes. Joachim!

Offline cephalus

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Ich hab’s getan.
« Antwort #16 am: 23.09.2024 23:19 »
Fern der Heimat in einer Gegend, in der Dich kein Mensch kennt, gibt es wahrlich keinen Grund zur Kapitulation.

Menschen die ich kenne, haben mich noch nie wirklich abgeschreckt - die kenne ich ja  ;) Nein, mein größter Gegner bin und war ich immer selbst.

Und trotzdem, konnte mir doch noch einen Ruck geben und bin in diesem silbernen Kleid zu Restaurant gefahren.
Es fiel mir dieses Mal, wie gewohnt, nicht mal schwer die Türe von Auto und Restaurant zu öffen.
Als ich hinein ging, war ich etwas überrascht, wo ich reserviert hatte: Gehobener hatte ich erwartet, aber das ganze Ambiente war dann doch noch eine Stufe darüber.
In meinem Kopf arbeitete es, während ich brav an der Empfangstheke auf einen Kellner wartete: Alles ältere Herren (bin ich ja auch) und gut gekleidet.
Ja, für eine Frau war ich passend gekleidet. Leichtes Unbehagen, oder Unsicherheit? stellte sich ein. Die elegante Flucht war, nicht nur aufgrund der namentlichen Reservierung, nicht wirklich eine Option.
Während ich meinen Gedanken nachhing, hörte ich von hinten ein „Ma’m do you have a reservation“. Ich checke die Gäste und überlege, ob ich hier richtig bin, und ob ich mich hier wohlfühlen kann und will, während hinter mir ein „Haben die Dame reserviert“ ziemlich nah an mein Ohr kommt.

Mit einem Mal wird mir klar, was wohl ich gemeint bin.
Ich drehe mich fast erschrocken um und sehe dem Kellner ins Gesicht, der absolut erschrocken ist, und mich, sich in aller Form entschuldigend, zu meinem Platz geleitet.
Das war ein Novum für mich, das ist mir seit Jahrzehnten nicht mehr passiert, dass ich für eine Frau gehalten wurde – auch nicht von hinten.
Während des ausgiebigen Dinners, vielen mir immer wieder zwei Frauen, wohl 10 Jahre jünger, und gut in schönen Kleidern gekleidet auf, die fortwährend zu mir sahen.
Als mein Nachtisch kam, stand eine der Damen auf, kam zu mir und äußerte sich begeistert über mein Kleid. Wir wechselten ein paar Worte auf Englisch bis ihre Begleitung mich aufforderte mich doch an ihren Tisch zu setzen.
Nichts für schüchterne Menschen wie mich.
Aber unter etwas Nachdruck gab ich doch klein bei und setzte mich zu den durchaus attraktiven, Damen, wie sich herausstellte, Norwegerinnen.
Wir unterhielten uns, relativ lange, über alles Mögliche, bis dann doch irgendwann nochmals eine Nachfrage zu meinem Kleid kam: Woher ich es hätte, warum ich es tragen würde, dass sie es toll fänden, und dass es so schade sei, dass ihre Männer / alle Männer, so langweilig und unkreativ oder feige bei der Wahl ihrer Klamotten seien.
Ich glaube der Abend hätte noch viel länger dauern können, hätten die Damen nicht ganz so viel Wein konsumiert: Wenn man selbst absolut nüchtern ist, weil man noch Autofahren muss, dann sind angetrunkene Gesprächspartner anstrengend bis nervig – besonders wenn sich zusehends die Muttersprache ins Englisch mischt.
Zumindest hat mich der Abend etwas mit dem Land versöhnt.
Da ich, realistischer Weise, wohl nicht an die Handyfotos der einen Norwegerin kommen werde, habe ich selbst nochmal Fotos gemacht.

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Offline Lars

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Antw:Wie früher
« Antwort #17 am: 23.09.2024 23:34 »
Yeeeeeessssssssssss, geht doch  8)
 
Hat der Name des Restaurants zwei Wörter und fängt mit T an?
 
Und man kann dort nur schön gekleidet rumlaufen und die anderen schönen Menschen bewundern, das ist einfach galaktisch da ...
Schützen die Grünen die Natur?
Oder müssen wir die Natur vor den Grünen schützen?

Offline Skirtedman

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Antw:Wie früher
« Antwort #18 am: 24.09.2024 10:53 »
Ah, Cephalus, die Geschichte geht doch runter wie Öl!!!

Das alles hättest Du so nicht erlebt, wenn Du aus vorauseilendem Gehorsam (wem gegenüber?) (Dir?) Dich in Deine Notfall-Jeans gesteckt hättest.

Freilich tut mir leid, dass Du den Status der beginnenden Sprachverwirrung erleben musstest. Das ist meistens der Zeitpunkt, wo man dann anfangen kann, zunehmend sich non-verbal auszutauschen.  :D  Aber Frau und Kinder daheim hätten diese Geschichte ab da vermutlich nicht mehr gut gefunden. Es zeigt aber wieder einmal, dass man auch als hosenloser Mann Sympathien einfahren kann.

Unabhängig von dem gehobenen Anspruch Deiner Lokalität, so wie Du das uns beschrieben hast, muss ich aber generell sagen, dass Hosen gegen Rock auszutauschen alleine in der Regel nicht ausreicht. Man kann das zwar machen, und man liegt mit Jeansröcken hierbei meistens auf der sichersten Seite. Besser aber ist es, man setzt sich mit der neu errungenen Kleidung und mit seinem Erscheinungsbild intensiver auseinander, so wie Du das gemacht hast. Du bist mit Deiner Kleidungswahl schon mindestens eine Stufe über schlichtem Rock/Kleid-gegen-Hosen-Austausch. Und so bist Du sicherlich auch mindestens schon auf der zweiten Stufe, wo man als hosenloser Mann noch mehr Sympathien ernten kann.


Offline Timper

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Antw:Wie früher
« Antwort #19 am: 28.09.2024 15:12 »
Dein Problem ist das du mental, charakterlich nicht der Mensch bist, der es mag im Mittelpunkt zu stehen bzw Aufmerksamkeit zu erregen. Deine genannten positiveren Tage bestätigen die Regel. Wahrscheinlich ist diese Hürde dann am ehesten zu überwinden in vertrauter Umgebung bei vertrauten Menschen. Geht mir ähnlich.
Ich glaube auch kaum das sich das ändert. Das steckt halt tief in den Charaktereigenschaften. Am einfachsten fällt es dir bestimmt, solange es nicht zu feminin aussieht. Deswegen würde ich auch nie zu diesen Outfits greifen.
Auch wenn der Reiz da ist solltest du dich fragen ob du dir einen Gefallen damit tust. Wahrscheinlich gibt es bessere Gelegenheiten.   
Sushi Rolls Not Gender Rols.

Rock tragen? Ich darf das!

Offline GregorM

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Antw:Ich hab’s getan.
« Antwort #20 am: 01.10.2024 22:18 »

Während ich meinen Gedanken nachhing, hörte ich von hinten ein „Ma’m do you have a reservation“. Ich checke die Gäste und überlege, ob ich hier richtig bin, und ob ich mich hier wohlfühlen kann und will, während hinter mir ein „Haben die Dame reserviert“ ziemlich nah an mein Ohr kommt.

Mit einem Mal wird mir klar, was wohl ich gemeint bin.
Ich drehe mich fast erschrocken um und sehe dem Kellner ins Gesicht, der absolut erschrocken ist, und mich, sich in aller Form entschuldigend, zu meinem Platz geleitet.
Das war ein Novum für mich, das ist mir seit Jahrzehnten nicht mehr passiert, dass ich für eine Frau gehalten wurde – auch nicht von hinten.

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Hallo Cephalus,

wenn ich mir vorstelle, wie du mit diesem Klaid von hinten aussiehst, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass der Kellner dich für eine Frau gehalten hat: Alles - außer deinem Gesicht, das nicht zu sehen ist, ist ja weiblich: Kleid, lange Haare und Sandalen. Hier gibt es in meiner Optik einen klaren Unterschied zum Wolfgang, der ja ein ausgeprägt männliches Haarschnitt hat.
Einigen ist es OK, mir wäre es nicht.

Schön aber, dass du mit den jungen Norwegerinnen eine gute Zeit verbracht hast. Wegen der hohen Preise in Norwegen sind sie übrigens dafür bekannt, wo es billiger ist, reichlich zu trinken.

Gruß
Gregor

Offline Skirtedman

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Antw:Ich hab’s getan.
« Antwort #21 am: 02.10.2024 11:59 »

Das war ein Novum für mich, das ist mir seit Jahrzehnten nicht mehr passiert, dass ich für eine Frau gehalten wurde – auch nicht von hinten.

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Hallo Cephalus,

wenn ich mir vorstelle, wie du mit diesem Kleid von hinten aussiehst, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass der Kellner dich für eine Frau gehalten hat: Alles - außer deinem Gesicht, das nicht zu sehen ist, ist ja weiblich: Kleid, lange Haare und Sandalen. Hier gibt es in meiner Optik einen klaren Unterschied zum Wolfgang, der ja ein ausgeprägt männliches Haarschnitt hat.

Hallo Gregor, eigentlich wollt ich Dein Statement unkommentiert lassen oder nicht weiter verwenden,

aber mir fiel im Nachgang der Lektüre Deines Statements eine Begebenheit von gerade gestern ein, die so irgendwie so halb dazu passt.

Ich schaute gestern bei einem Gesangverein auf die Preisliste. Da fiel mir ein Frühburgunder auf, der als Weisswein gelistet war. "Oh, da schaun wir doch mal", meinte die bedienende Dame. Von aussen entpuppte sich der Frühburgunder - erwartungsgemäß - wirklich als Rotwein, und um ganz sicher zu gehen, zog die Dame noch die Flasche auf und schenkte sich und mir ein Probeglas ein: immer noch rot!  :D
Inzwischen kam eine andere Gesangsvereinsdame hinzu, die sich als diejenige entpuppte, die wohl mit der Erstellung der Preisliste zu tun hatte.

Und die erste Dame meinte zu der zweiten: "Dieser Herr hat..." undsoweiter.

Also, obwohl ich so rumlief:
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hat sie mich als hinreichend Herr kategorisiert.

Gut, natürlich hatte die Dame bereits meine Stimme gehört und meine Gesten, Haltung, mein Gebahren wahrgenommen. Die Dame hatte dem Kellner von Cephalus natürlich einige Momente der Wahrnehmung voraus.

Mir ist kaum vorgekommen, dass mich mal jemand falsch eingeordnet hat. In einer sehr betriebsamen Metzgerei mal, wo eine der Bedienungen mich mit "Die Dame!?" angesprochen hat, aber vermutlich hatte sie mich mehr durch das Sichtglas der Theke schemenhaft wahrgenommen und im Gegenlicht mich noch nicht weiter mit Aufmerksamkeit beachtet.

Seit LGBTQ+ in der Öffentlichkeit mehr präsent sind, kam es vielleicht zwei, drei Mal zu einer Verunsicherung, wo man sich explizit noch einmal rückversicherte, ob ich denn auch tatsächlich ein Herr sei.

Ein anderes Mal war, als ich durch ein Wohnblockgebiet lief mit Dutzenden herumstrollender Kindern bis maximal Grundschulalter. Ich hielt den Atem an, dass bloß nicht irgendein Kind lauthals anfängt zu lachen und rufen und dann eine Belustigungswelle durch das weitläufige Gelände rollt und alle Kinderaugen auf mir lasten. Nichts passierte. Als ich die Situation schon nahezu gemeistert hatte, kam ein vielleicht vierjähriges Kind (ich glaube ein Junge) mit einem Tretroller von hinten an mir vorbeigefahren und sagte: "Guten Tag"! Ja, so kann´s gehen, es gibt auch noch kleine Kinder, die freundlich grüßen können! Genau diesen Gedanken fassend und heilfroh, dass ich nicht doch noch Opfer der lautstarken Belustigungswelle würde, setzte das Kind nach einem weiteren Tritt auf den Boden seine Tretrollerfahrt und Begrüßung fort: "..., die Dame!"

Besten Gruß
Wolfgang

(mehr zum oben gezeigten Outfit: da)

Offline Uckermärker

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Antw:Wie früher
« Antwort #22 am: 02.10.2024 23:31 »
Ich bin ja noch ein Jung-Rocker, gerade mal 3 Jahre vom ersten Gedanken an einröhrige Beinkleidung sind vergangen.

Die ersten öffentlichen Auftritte im Rock während unserem Urlaub (07.2022), wo mich keiner kannte, waren dahin gehend unangenehm gefühlt ständig aufzufallen. Ich hatte den Eindruck: Alle glotzen mich an.

Letztens bei meinem Bad in der Menge auf der IFA in Berlin habe ich dagegen die Blicke richtig genossen. Bei 30°C im Schatten war für mich mein Kleid eh alternativlos.
hier zu sehen

Mittlerweile geht es mir wie Wolfgang - meinem Körper ist das Tragegefühl von Hosen völlig fremd geworden. Und so genieße ich jetzt meinen Kleidungsstil jeden Tag als ein großes Privileg. Immerhin trauen sich das im Alltag selbst die erfolgreichsten Männer nicht.
Wenn eine Frau der Ansicht ist, ihr steht ein Anzug, so trägt sie ihn einfach.

Wir können für uns selbst entscheiden, was uns steht - nur Mut zur Emanzipation... lieber Rock-Star als Hosen-Träger  ;)


 

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