Ich habe vom Nähen überhaupt kein Verstand, und ich bewundere sehr, dass es Leute gibt, die mit Maschine, Nadel und Draht wunderbare Sachen herstellen können.
Als ich an meine Kindheit zurückdenke, ließen sich mein Vater und besonders sein Bruder Anzüge schneidern. Auch ich bekam mal ein Anzug mit kurzen Hosen nach Maß geschneidert. Hätten wir in Schottland gelebt, hätten wir wohl auch Kilts gehabt, die auch speziell für uns gemacht wären. Der preisliche Unterschied wäre nicht groß gewesen, und noch dazu wären die maßgeschneiderten Sachen absolut erschwinglich gewesen, denn genau die Leute, die sich mit solcher Arbeit beschäftigten, verdienten meistens nur (sehr) wenig im Vergleich zur Mittelklasse und aufwärts.
Später hat es sich wie bekannt geändert. Die Bekleidungsindustrie entstand, und es wurde an großen Mengen gesetzt und zu Preisen, die für die Verbraucher günstiger wurden, und gleichzeitig Raum für höhere Gewinne bei den Produzenten machten. Einbüße bei der Qualität wohl schon, ABER sie war den Verbrauchern gut genug.
Ich selbst habe in meinem erwachsenen Leben bestens mit Bekleidung von der Stange gelebt, wie vermutlich 99% aller Männer und Frauen auch.
Nur bei den „echten“ Kilts hat sich nicht geändert. Sie werden in Schottland noch nach alten Traditionen und mit größtem Aufwand genäht. Daraus kommen Preise, die, für die meisten Leuten, unbezahlbar sind, und mit immer wieder geringeren Gewinn für den Kiltmaker. Und im Vergleich zu allen anderen Typen von Bekleidung werden sie ungeheuer teuer.
Die in Schottland verhassten Pakistaner machen es möglich, industrialisierte Kilts zu bekommen. Sie sind billig, die meisten sind heute acht Yard Kilts, nicht länger nur vier oder fünf, haben also sehr tiefe Falten. Wolle ist durch Kunststoff ersetzt, aber dazu sind wir ja auch sonst gewöhnt. Und die Qualität? Sie reicht für die meisten völlig aus.
Würden nun die Schotten (und andere) in diesen erschwinglichen Kilts gehen, hätten Männer plötzlich viel mehr Vielfalt, und der Weg für Männer in anderen Typen von Röcken wäre bereit gemacht.
Für Hochzeiten und dergleichen könnten die Kiltmakers noch ihre traditionell gemachten und deshalb teuren Kilts anbieten. Aber sonst? Ich gehe doch nicht im Wald im Frack spazieren.
Gruß
Gregor
PS. @George, ich habe zum ersten Mal die Rückseite meiner pakistanischen Kilts (Heritage of Scotland) studiert. Die Falten im oberen Drittel sind individuell fixiert, und noch dazu sehr sauber genäht. Das Futter ist fünfmal an den Falten genäht. Da die Kilts am Bund normal dünn sind (8 Yard Kilt), denke ich auch, dass die Falten geschnitten worden sind. Lederriemen und Schnallen sind schwer, wie bei meinen teueren Kilts. Und das alles für 50 GBP, wenn nicht noch billiger, weil im Angebot.
Ich glaube, du referierst zu den noch billigeren Pakistani-Kilts, die es für um die 25 GBP zu haben sind. Sie kommen deiner Beschreibung genau an.