Guten Morgen Ce. und alle anderen!
Zunächst: Man kann als Rezensent nicht alles überprüfen, was in einem Buch geschrieben steht. Sonst müsste man alle Fußnoten überprüfen, und auch in der zitierten Literatur wieder alles überprüfen usw. usf. Das wäre dann mehr Arbeit, als das Buch zu schreiben.
Es ist aber so, dass man mit seiner eigenen Erfahrung und seinem Fachwissen das Buch liest und schaut, was einem plausibel ist und was nicht. Eine Rezension ersetzt nicht das Lesen des Buches, sondern gibt nur erste Informationen darüber und diese aus der Perspektive des Rezensenten, die nicht unfehlbar ist.
Wieviel Islam in den Selbstmordattentaten liegt, kannst Du ja in dem rezensierten Buch selber nachlesen, wenn Du es kaufts oder Dir ausleihst. Eine Rezension kann nicht alles wiedergeben, was in einem Buch steht, sondern nur anreißen. Sonst würde so eine Rezi viel zu lang. Ich habe es jetzt auch nicht mehr im Kopf, was dazu dadrin stand. Generell heißt es aber im islamischen Rechtsverständnis, dass Selbstmord eine schwere Sünde ist und dass man auch im Kriegsfall keine Zivilisten töten darf. Dagegen verstoßen viele Selbstmordattentäter. Nun, dann definieren sie einfach die Zivilisten zu Soldaten und den Selbstmord als Märytertod, dann passt es für sie oder ihre Auftraggeber wieder. Man kann sich alles zurechbiegen, wenn man will. Das wird aber innerislamisch auch scharf kritisiert.
Kritikfähigkeit will erlernt sein. In den ersten Jahrhunderten des Islam waren die Muslime viel offener und brachten eine blühene Wissenschaftskultur hervor, viel wissenschaftlicher als zur gleichen Zeit die Christen in Europa. Das hat sich dann in der Folge der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Kreutzrittern usw. gewandelt. Muslime gingen in eine Art innere Imigration, alles Fremde und Neue wurde unter Generalverdacht gestellt, unislamisch zu sein.
Christen waren in diesen Jahrhunderten auch nicht anders, eher noch feindlicher gegenüber allem, was sie als nicht christlich ansahen. Das war ein langer schmerzhafter Prozess, die heutige Wissenschafts- und Kritikkultur hervorzubringen. Das können Muslime auch wieder lernen. Aber es geht nicht von heute auf morgen.
Zudem kommt noch eine Art "orientalischer" Mentalität, nach der Kritik immer nur durch die Blume ausgesprochen wird. Ich war mal auf einer muslimischen Tagung, deren Moderator einen Christen eingeladen hat, die Tagung kritisch zu begleiten und hinterher ein kritisches Feedback zu geben. Der Moderator war ein deutscher Muslim und Konvertit und erklärte seinen "orientalischen Brüdern" dass diese Kritik erwünscht und nichts negatives sei.
Zusätzlich kommt dann noch ein religiöser Grund im engeren Sinne dazu: Wenn Du glaubst, dass ein Buch von Gott geoffenbart wurde und daher fehlerfrei ist, reagierst Du auf Kritik an dem Buch, die zugleich eine Kritik an Gott ist, sehr empfindlich. Du hast nämlich Angst, dass Dein eigener Glaube verletzt werden könnte und damit alles, was Deinem Leben Sinn gibt.
Und klar gibt es auch noch machtpolitische Gründe, jede Kritik als Beleidigung auzunehmen und sozusagen von Berufs wegen die beleidigte Leberwurst zu spielen. Das können manche muslimische Funktionsträger und Politiker ganz gut.
Aber das ist alles in Bewegung. Ich hörte mal einen iranischen Theologen, der die theologische Lehrmeinung vertrat, dass Muhammad den Koran seinen Landsleuten gepredigt habe, und diese als Zeit- und Kulturgenossen ein unmittelbarerers Verständnis hatten als wir es heute haben können. Aber selbst bei diesem Predigen sei schon eine menschliche Ebene zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Prophet. Da könnten schon Missverständnisse aufgetreten sein. Lies mal meinen Bericht hier:
http://www.migrapolis-deutschland.de/index.php?id=1418&L=0.%2523Letztens sagte mir eine Muslimin, der Koran sei ihrer Meinung nach zwar korrekt geoffenbart worden, aber dann von den muslimischen Machthabern der ersten Zeit schon verändert worden.
Du siehst, es gibt auch innerislamisch Korankritik, aber die Hardliner mögen das natürlich nicht.
Ähnlich ist es mir all den anderen Punkten, die Du aufführst: Bilderverbot, Apostasieverbot usw. Dazu gibt es innerislamisch sehr verschiedene Lehrmeinungen und auch einander widersprechende Rechtsgutachten (Fatawa, Fatwas) aber uns erreichen oft nur die der Hardliner. Und solange die politischen Verhältnisse so unfriedlich sind, werden die Hardliner auch die Kurs bestimmen. Das ist überall so.
Ja, was ist erlaubte Islamkritik? Es gibt im Islam nicht eine Instanz, die da eine Erlaubnis aussprechen darf. Es gibt auch da viele Meinungen und Empfindlichkeiten.
Generell kann man aber sagen: Geh vorsichtig damit um, versuche keine menschlichen Gefühle zu verletzen, schau mal, welche Art von Kritik Dich verletzen würde, was Dich aggressiv machen würde usw. und versuche dann eine solche Kritik umgekehrt zu vermeiden.
Du kannst aber auch mal diesen Blog hier lesen:
http://www.remid.de/blog/2014/12/darf-man-den-islam-kritisieren/ Okay, dann bis gleich wieder! (Das sagen manche Sufis immer gerne: "Bis gleich", egal wann das ist, denn "für Gott sind 1000 Jahre wie ein Tag".
LG, Michael