Ich platziere das mal hier in die Rubrik "Outfits und Accessoires", da ich denke, diese Frage kratzt stark am Bereich Outfit...Ich denke, diese Frage ist für viele von uns eine ganz zentrale, vielleicht oft mehr unbewusst als aktiv quälend.
Ich bin aktuell drauf gestoßen, weil sie im beliebten Thread "gestern getragen" gerade formuliert wurde:
Ich habe gestern getragen, was ich meistens trage: einen Rock, ein maskulines Oberteil, FSH und Sneakers, Mary-Janes, oder Pennyloafers mit moderatem Absatz.
Dabei denke ich oft darüber nach, was einen Mann zum Mann macht.
Ich weiß es nicht!
Auf jeden Fall sind es nicht die Hosen...
Ich versuche hier in diesem Beitrag zwei Antworten zu finden.
1. Antwort:Einfache Antwort auf eine einfache Frage:
Was macht einen Mann zum Mann?
Wenn Du Dich als Mann fühlst!Hinführung zur 2. Antwort:Ich glaube, so einfach ist die Frage nicht gemeint, dass die erste Antwort sie ausreichend beantworten würde.
Ich verstehe die Frage eher so:
Was brauche ich, um von einem anderem Menschen rein optisch als Mann eingestuft zu werden?Bei dieser ausführlicheren Fragestellung reduziere ich mich auf den optischen, visuellen Eindruck.
Denn es ist ganz klar, dass auch andere Merkmale, die erst im persönlichen Wechselspiel mit anderen Menschen deutlich werden, dem Eindruck nachhelfen können, den ein anderer Mensch von uns bekommt, also Stimme, Gestik, Verhalten, verbale Äusserungen. Ich glaube, diese Ebene von weiteren Signalen, die wir aussenden, klammern wir bei der Ausgangsfrage mal überwiegend aus und beziehen uns wirklich nur auf den visuellen Eindruck, den ja jeder, der uns begegnet hat, ganz gleich, ob wir mit ihm in Kontakt treten oder näher kennen oder nicht.
Also, rein optisch, so die Erkenntnis von JoHa (siehe oben), ist es die Hose wohl nicht. Trifft auch meine Meinung.
Aber das ist nicht allgemeingültig. Weil für jemand, für den "Rock am Mann, geht gar nicht!" gilt, der braucht eben Hosen, um einen Mann als Mann zu verstehen. Meine Erfahrungswelt aber zeigt, dass diese Meinung nicht sehr weit verbreitet zu sein scheint. Bestimmt ist sie noch häufiger verbreitet als jene Meinung: "Frau in Hosen, geht gar nicht!" Für die, die Mann = Hose brauchen, können wir die oben gestellte Frage also nicht allgemeingültig beantworten, aber das ist in der Tat längst nicht die Mehrheit der Bevölkerung; insofern können wir die Frage zwar nicht allgemeingültig beantworten, aber uns versuchen, der mehrheitlichen Wahrnehmung anzunähern.
Und da hat im Thread "gestern getragen" als Antwort auf JoHa´s Frage unser Kollege Gregor bereits einen wichtigen Denkanstoß gegeben:
Und richtig: Hosen machen keinen Mann wie auch Röcke keine Frau.
Richtig!
Wir könnten freilich, um die Thread-Frage zu beantworten, eine ganze Liste aufstellen, was als männliche Merkmale alles gilt. Das haben wir vor ein paar Jahren hier schon irgendwo im Forum getan. Wir können uns das aber auch ersparen, indem wir eben ganz systemisch anschauen, wie das denn mit den Frauen so geschieht, die ja auch nicht Rock oder Kleid mehr brauchen, um als eine Frau zu gelten.
Analytische Nebenfrage also: Was macht eine Frau zur Frau?Gemeine Ersterkenntnis: Eine Frau macht es zur Frau, wenn sie einen erkennbaren weiblichen Busen hat. Gemein deswegen, weil wir Männer mit solch einer oft leicht erkennbaren Ausstattung nicht aufwarten können. Am leichtesten für uns wäre es, einen Bart zu kultivieren, das wäre dann mindestens ebenso leicht, schnell als Mann eingestuft zu werden.
Aber längst nicht jeder Mann will einen Bart tragen. So wie längst nicht jede Frau so gekleidet ist, dass man zweifesfrei auf den ersten Blick ihre weibliche Oberweite erkennen kann.
Was aber macht es noch aus, dass wir eine Frau als Frau erkennen? Ich denke, bei weit über 90 Prozent der Frauen erkennen wir zweifelsfrei auf Anhieb, dass sie eine Frau ist, egal was sie anhat oder wie alt sie ist.
Ich glaube, der Schlüssel zur Frage liegt eher in den restlichen 10 Prozent, vermutlich nur fünf oder drei, der Frauen, wo nach dem allerersten Blick noch Zweifel bestehen, ob sie eine Frau ist oder nicht. "Oder nicht" ist ja auch noch eine gewisse Grauzone, wo wir manchmal zwar die Frau erkennen, sie aber noch mit dem Gedanken "Frau, aber..." belegen. Ja, es gibt einige Frauen, die nach erkennbaren Stereotypen sich eine sehr männliche Erscheinung geben, die wir dann als offensichtliche Lesbe gedanklich einstufen. Und in manchen dieser Fälle behalte ich damit auch tatsächlich Recht. Längst nicht immer, aber auffällig oft.
Also spielt in den Bereich "zweifelhaft Frau" auch die Wahrnehmung "Frau, die für Frauen attraktiv sein will" mit hinein.
Bei der Frage "
unzweifelhaft Mann" geht dann der gedachte Bereich "Mann, der für Männer attraktiv sein will" mehr oder weniger dann wohl ebenso noch ab.
Noch mal zurück zu den Frauen. Für uns ist eine Frau eine Frau, wenn sie einfach sie selbst ist und nicht versucht, mit allzuviel männlichen Attributen ihr Frausein zu überspielen. Da kann sie tragen, was sie will: Rock, Kleid, Hosen, Blaumann.
Annäherung zur 2. Antwort:So wird das letztendlich auch in der Wahrnehmung von uns Männern sein. Wenn die Hose es nicht ist, was den Mann ausmacht, dann ist es, dass wir einfach wir wir sind (siehe Antwort 1), sofern wir nicht zuviel weibliche Attribute nutzen, um unser Mannsein zu überspielen.
Für den einen ist es nach wie vor das streng männliche Oberteil (was uns von den Frauen ja auch als nicht mehr ausschließlich männliches Merkmal genommen wurde). Für den anderen der Haarschnitt. Für wieder einen anderen der Bart. Was wir persönlich dann eben brauchen, um nicht zuviel weibliche Attribute in unserem Erscheinungsbild zu verwenden.
Ich persönlich bin da ja schon etliche Schritte weiter gegangen als die meisten an sich zulassen: Florale Kleider, fließende Stoffe, filigrane Damensandalen, Spaghettiträger, Umhängetäschchen etc., alles mal mehr, mal weniger. Ich persönlich bewege mich also sehr viel stärker in diesen "zweifelhaften Bereich" hinein. Dennoch werde ich - so erlebe ich das - nahezu ausschließlich als Mann wahrgenommen.
Klar, selbst Männer, die noch so viel dransetzen, um eine Frauengestalt vorzutäuschen, werden zumeist auf Anhieb als Mann entlarvt - z.T. sehr zum Leidwesen mancher, die wir als Transvestiten, Crossdresser, Transen oder sonstwas kennen. Dennoch kommt dann schnell der oben erwähnte Graubereich ins Spiel "zwar Mann, aber..."
Und ich glaube zu der Beantwortung der einfachen, aber doch tiefgründiger gemeinten Frage
"Was macht einen Mann zum Mann?"
sollten wir uns nicht nur auf den optischen, visuellen Teilbereich dieser tiefgründigeren Frage beziehen,
sondern auch noch den Bereich "zwar Mann, aber..." ausklammern.
Und da bleibt noch ganz viel Freiraum, finde ich, siehe mein persönliches Empfinden im Umgang mit meinen persönlichen Freiheiten. Meine angestrebte Antwort 2 auf die Frage kann nicht ganz so knackig ausfallen wie Antwort 1, aber ich versuche dies zusammenfassend noch einmal irgendwie greifbar zu formulieren:
Antwort 2:Schaut Euch an, wie Frauen das machen, dass sie immer noch eine Frau sind, obwohl sie dies oder jenes machen oder anziehen:
Genau so können wir das auch machen. Einen Mann macht es zu einem Mann, solange er Mann bleibt. Egal, was er anhat*.*das schließt aber das unnötigste, was ein Mann braucht, aus: einen ausgestopften BH!