Lieber Jo,
mit "obwohl" ist es ja klar, denn das impliziert, dass es keinen Grund gibt, dass es jemand als Beleidigung auffasst, aber trotzdem fasst es jemand so auf, also obwohl es eigentlich ein Lob darstellt, wenn man als höherrangig bezeichnet wird.
Also mir geht es so:
Werde ich als Theologe, statt als Religionswissenschafter bezeichnet, empfinde ich das als neutral. Es ist nur ein anderes Fach, dem ich da zugeordnet werde, nicht höher- und nicht niederraniger als mein Fach. Immerhin habe ich mal als Nebenfach Röm.-Kath. Fundamentaltheologie studiert und bin bei den Ev. Theologen angestellt. Insofern ist es noch nicht mal zu 100% falsch, mich als Theologen zu bezeichnen. Es gibt aber Religionswissenschaftler*innen, für die ist die Theologie gewissermaßen ein Feindbild und ihre Identität als Religionswissenschafler*innen besteht vor allem darin, keine Theolog*innen zu sein. Zu dieser Fraktion gehöre ich aber nicht.
Und werde ich als Professor bezeichnet statt als Dozent im Mittelbau, fühle ich mich geehrt, danke für die Beföderung, korrigiere das dann aber ganz bescheiden.
Also beleidigt fühle ich mich in beiden fällen nicht. Und deswegen fällt es mir auch so schwer, zu verstehen, warum sich jemand nur durch eine Verwechslung beleidigt fühlt.
Du brauchst mir nicht zu glauben, denn ich kann mich ja irren. Als verletzend empfinde ich nur, wenn man mir unterstellt, nicht verstehen zu wollen, obwohl ich versuche, zu verstehen. Wenn jemand sagt, ich sei nicht fähig zu verstehen, trifft es manchmal eher, denn es gibt Dinge, die meinen Verstehenshorizont übersteigen. Gäbe es die nicht, wäre ich ja allwissend. Das zu sein maße ich mir aber nicht an.
LG, Micha