Wer sich das antun möchte, kann sich die Rede hier ja mal anhören:
http://meedia.de/2017/01/19/denkmal-der-schande-die-desdner-rede-von-bjoern-hoecke-im-video/
Ich werde gleich mal rein hören. Man gönnt sich ja sonst nichts...
So, ich habe sie mir angehört. Komisch, ich höre mir sonst fast nie politische Reden an, warum nun gerade diese?
Die besagte Stelle kommt ziemlich am Ende, so ab der 40. Minute. Man darft sie natürlich nicht einfach so heraus reißen, sondern muss sie im Kontext der Gesamtrede und der gesamten Geschichte der Bewegung und Partei sehen. (Zu diesem Kontext gehört z.B. auch die Rede von Geert Wilders in Koblenz:
https://www.youtube.com/watch?v=_uXsn_QGY2g) Auf die Sportpalastrede vom Göbbels verlinke ich nicht.)
Höcke plädiert für eine 180°-Wende der Erinnerungskultur. Er will, dass die Deutschen als Opfer gesehen werden und nicht als Täter, und dass man nicht mehr an die NS-Zeit erinnert, sondern an die großen Leistungen der Altforderen. Mit der Bombardierung Dresdens und der Umerziehung danach habe man unser kollektive Identität mit Stumpf und Stiel ausrotten wollen. Wir Deutschen seien nur noch als Täter, nicht mehr als Opfer wahrgenommen worden.
In diesen Kontext stellt der das "Mahnmal der Schande". Er sagt dabei nicht, dass dieses Mahnmal an eine Schande erinnert. Diese Schande, an die es erinnert, erwähnt er mit keinem Wort. Klar, die Erinnerung an die Schoah will er ja auch tilgen mit seiner 180°-Wende der Erinnerungskultur.
Das ehemalige Bundespräsidenten Richard von Weizsächer und Roman Herzog beschuldigt werden, Reden gegen das Volk gehalten zu haben, woraufhin die Zuhörer "Volksverräter" brüllten, was Höcke nicht dementierte, sei auch erwähnt.
Die Bundeswehr bezeichnet er als durchgenderisierte Multikulti-Einsatztruppe in amerikanischen Diensten.
Seine Polemik gegen die Neoliberalismus kann ich ja noch mitvollziehen, aber haben wir heute nur noch die Wahl zwischen Neoliberalismus und Nationalismus? Hieße das nicht, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben?
Was übrigens die tatsächliche Erinnerungskultur angeht, so wurde in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg der NS-Zeit überhaupt nicht gedacht, sondern sie wurde verdrängt. Erst die 68er-Bewegung brachte die Aufarbeitung und die Anschuldigungen gegen NS-Täter, die offiziell entnazifiziert in hohen Posten der Bundesrepublik waren. Die 68er sind dann auch teilweise übers Ziel hinaus geschossen, indem sie alles Deutsche verunglimpfte, so auch z.B. die Volksmusik.
Und natürlich waren Deusche auch Opfer. Vor allem waren viele Deutsche zuerst Opfer des NS-Regimes. Oder waren die Juden, die Sozialdemokraten, die Kommunisten, die Zeugen Jehovas, die Behinderten usw., die in Gefängnissen, Heilanstalten und KZs umkamen oder das alles knapp überlebten keine Deutschen? Und selbst wenn sie keine Deutschen waren, sondern Polen, Russen, Franzosen, Niederländer, Dänen usw., war ihr Leben dann weniger wert? Und dann waren natürlich auch Deutsche Opfer der Bombardierungen. Und ja, die Bombardierung Dresdens sehe auch ich als Kriegsverbrechen an. Die Bombardierung Warschaus aber auch. Die hat Höcke nicht erwähnt. Klar, passt ja nicht in seine Wunsch-Erinnerungskultur.
Also: Ein Politiker, der die Erinnerung an und Verantwortung für die NS-Zeit ausradieren will, ist für mich ein Geschichtsfälscher. Man kann an die Leistungen der Altvorderen auch erinnern, ohne die dunkelste Zeit Deutschlands zu verschweigen. Was hätten wohl die Großen der deutschen Geschichte wie Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, Immanuel Kant, Johann-Gottfried Herder, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Hermann Hesse, Thomas Mann, Albert Einstein, Albert Schweizer (der war zwar Elsässer, aber ich nenne ihm mal mit), um nur einige zu nennen, zu dieser Rede gesagt?
Und Ce, so einen Satz wie Deinen:
die Nazizeit - die glaubich NIEMAND (der einigermaßen klar bei Verstand ist) jemals wieder haben will.
vermisse ich bei Höcke. Ich kenne aber auch nicht alles, was er je gesagt hat. Zentral wichtig scheint es ihm nicht zu sein, sonst hätte er in dieser Rede auch so was gesagt.
Ich ende diesen off-topic-Beitrag (Entschuldigung dafür!) mit einem Link auf eine Doku, die auch Erinnerungskultur darstellt, auch wenn sie das Making-of eines Fernsehzweiteilers ist:
https://www.zdf.de/dokumentation/dokumentation/landgericht-106.htmlLG, Micha