Lieber Harry,
ja, das sehe ich im Grunde auch so. Es ist die Zusammengehörigkeit von Freiheit und Verantwortung. Um frei zu sein, muss man eine ordentliche Portion Sicherheit haben. Bei kleinen Kindern kann man das gut beobachten: Sie erforschen die Welt, gewinnen nach und nach an Freiheit, versichern sich aber immer wieder, ob Mama oder Papa auch noch da sind, um bei Gefahr schnell Schutz suchen zu können. Mit zunehmendem Alter nimmt dann gewöhnlicherweise dieses Sicherheitsbedürfnis nach oder man überträgt es auf jemand anders: einen Gruppenführer, die Gesellschaft, den Staat, die Religionsgemeinschaft oder eben auch auf einen transzendenten Bereich wie Gott, den Dharma, das Dao oder wie auch immer man es sich vorstellen und es nennen mag.
Jetzt gibt es noch den Unterschied, ob man die Verantwortung für alles diesen Personen oder dem Transzendenten auferlegt oder ob man sich selbt dazu bringt, diesen Personen oder dem Transzendenten gegenüber verantwortlich zu sein. Ersteres belässt einen selbst in einer Unmündigkeit, letzteres macht einen zu einem verantwortlichen Beziehungswesen.
Für einen mündigen Menschen gibt es dann keine Instanz, hinter der man sich verstecken kann, eigentlich auch kein "man", sondern nur ein "ich" und ein "wir", wobei das Ich im Wir eine Gruppe sieht, innerhalb derer es auch verantwortlich ist. Es kann die Verantwortung also auch nicht auf das "wir" abschieben.
Allerdings bleibt immer noch ein Bereich, der außerhalb unserer Macht liegt. Uns passieren immer wieder Missgeschicke, Fehler, Unglücke, die wir verantworten müssen, aber nicht können. Dann wird es schwierig. Dann ist es immer wichtig, eine Instanz zu wissen oder zu glauben, bei der man immer willkommen ist, von der man immer geliebt wird, die immer Verzeiht, wenn man seine Verantwortung so weit ausgeschöpft hat, wie man es vermag.
LG, Michael