denn Jesus sagt: "Ich aber sage euch, wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen."
Das ist natürlich harter Tobak, wenn man ansonsten Gedanken und Taten unterschiedlich gewichtet. ...
Für Otto Normalgläubigen ist das aber zu hoch. Der braucht schon noch die Unterscheidung von Gedanken und Taten.
LG, Micha
Hm. Nein, eigentlich schon richtig, was da die Bibel aussagen will.
Laut Bibel oder Kirchenrecht hat den Bund einer Ehe Gott gegeben. Jedenfalls die kirchliche Ehe. Seien wir aber nicht so stur, und erkennen auch andere Eheschließungen, z.B. staatliche oder vor dem Hintergrund anderer Religionen, als eine hochwertige Verbindung an. Ich kann damit leben, wenn auch nur der Gedanke, diese Ehe durch mein Eingreifen zu gefährden, als Sünde bzw. als etwas Verwerfliches aufzufassen ist.
Ob ich mich dran halte, steht auf einem anderen Blatt. Eine Moral zu verbreiten, die eine Ehe, oder auch "nur" eine Partnerschaft, zwischen zwei Menschen (wovon ich nicht einer davon bin) als ein hohes Gut anzuerkennen und diese zu achten, halte ich nicht für verkehrt. Im Gegenteil, es hilft unser Zusammenleben in einer großen Gemeinschaft zu koordinieren.
Würde eine Moral verbreitet werden, die eine bestehende Ehe oder Partnerschaft per se deklariert als Zwischenstufe bis zur vermeintlich nächst besseren Beziehung, wäre man misstrauisch gegenüber allen und jedem, weil der meine Beziehung zerstören könnte. Ich würde meine Partnerin nicht mehr aus den Augen lassen können, oder müsste sie bewachen lassen. Es ginge gesellschaftlich drunter und drüber - wir hätten Zustände wie im Mittelalter, in der Antike, oder wie noch früher.
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Klar. In unserem Rechtsstaat werden Menschen nach ihren Taten gerichtet. Nicht nach ihren Gedanken. Insofern ist in unserem Rechtsempfinden der Gedanke straffrei, die Tat aber kann geahndet werden - nicht zuletzt, weil der Gedanke sich in der Regel nicht so wirklich nachweisen lässt. Würden Gedanken geahndet werden - wir nehmen jetzt mal Zensur u.ä. in anderen Staaten und wer weiß vielleicht auch hierzulande mal aussdrücklich aus - dann wären wir rechtlich wieder auf dem Niveau, als man Menschen auf dem Scheiterhaufen zur Schau stellte.
Eine gefährliche Strömung gibt es in unserem Rechtsstaat aber doch: die Vorbereitung einer Straftat kann unter bestimmten Voraussetzungen strafbar sein - bei allen verständlichen Ressentiments bei den potentiell Betroffenen, für die es ja letztlich gut ist, wenn solche Straftaten im Vorfeld verhindert werden -, es ist eine schwierige Rechtslage. Heute ist es ein Anschlag, der verhindert wird, übermorgen vielleicht meine Urlaubsreise - wer weiss.
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Auch wenn juristisch im Grunde zwischen Taten und Gedanken unterschieden wird. Eine Aspekt drängt sich mir besipielhaft noch auf. Ich denke an suizidgefährdete Menschen. Solche, die suizidgefährdet sind, haben wohl zumindest schon mal einen Moment - oder öfter - daran gedacht, sich ernsthaft das Leben zu nehmen.
Man könnte zwar der Auffassung sein, dass das eigene Leben jedem selbst gehört, und man berechtigt ist, eigenständig damit "zu haushalten". Dem aber ist nicht so. Bei allem Respekt, was Menschen zu solchen Gedanken bringt - ich kenne auch zumindest einen sehr erschütternden Fall -, so dramatisch wird es (zumindest hierzulande) wohl nicht sein, dass es nicht andere Auswege gäbe als sich das Leben zu nehmen.
Ich finde es ebenso, wie soll ich sagen, notwendig, Selbstmordgedanken als Sünde bzw. als etwas Unethisches, Unmoralisches zu deklarieren. Denn jemandem wurde das Leben geschenkt, eine unendlich lange Kette von Vorfahren hat sich mehr oder weniger stark engagiert dafür, dass es unsereins gibt. Alleine deswegen können wir dieses Geschenk nicht einfach wegwerfen. Ganz zu schweigen von den Verantwortungen, in die die meisten verflochten sind und wahrnehmen müssen und gebraucht werden. Auch wenn jemand ganz alleine ist, ohne Freunde, Verwandte, Kollegen - er/sie hat dennoch seinen Platz in unserer Gesellschaft - auch wenn dieser Platz vielleicht ganz extrem am Rand ist. Es gibt keinen Grund, sein Leben wegzuschmeissen, schon gar nicht in unserem Sozialstaat - hier ist zwar auch nicht alles Gold, was glänzt, aber es gibt für alles eine Lösung. Suizidgedanke ist unmoralisch, auch wenn das aus der Eigensicht als moralisch interpretiert wird. (Nicht selten sind Selbstmorde das Ergebnis einer falsch verstandenen Auffassung von "Ehre".)
Der Gedanke, eine Ehe oder eine Beziehung zu gefährden, ist ebenso unmoralisch. Drum kann ich unterschreiben, was da in der Bibel steht.