„Der Mann ist danach die Normalform des Menschseins und die Frau der Sonderfall, das Anhängsel“. Micha, hier gehen wir überhaupt nicht dáccord! Meiner bescheidenen Meinung nach ist der Mann keineswegs der Normalfall – ich wüßte gern, worauf Du das begründest.
Tatsache jedenfalls ist: das generische Maskulinum umfaßt nach den Sprachregeln alle Geschlechter, darin wirst Du nicht deuteln können. Überspitzt gesagt sind Männer sogar insofern diskriminiert, weil sie keinen eigenen Genus besitzen, die Frauen jedoch schon: mit der Endung -in!
Ich weiß, daß wir bereits die Diskussion bzgl. solcher – m. E. unsäglichen – Wortschöpfungen wie Studierende statt Studenten hatten, kann auch Deine Einstellung dazu nachvollziehen, aber für mich bleibt, daß, mit z. T. vorauseilendem Gehorsam, teils mit Einknicken vor der mittlerweile gesellschaftlichen Macht von Kampf- bzw. Krampf-Feministinnen, wieder mal so eben die Semantik auf dem Altar der sogenannten feministischen Sprachforschung geopfert wurde.
D. w. teile ich nicht Deine Meinung, die durch Deine Bemerkung, was wichtiger sei, daß jemand (oder wäre Dir „jefrau“ lieber? Diese kleine Stichelei konnte ich mir nicht verkneifen) sich durch die feministischen Sonderzeichen gestört fühlt oder jemand sich sexuell diskriminiert f ü h l t, deutlich wird: offenbar hältst Du Letztere für wichtiger.
Wo führte sowas hin, wenn die Gefühle jedes betroffenen Menschen berücksichtigt würden? Ins Chaos, möchte ich meinen – ganz davon abgesehen, daß unter den Betroffenen meinem Eindruck nach nicht wenige völlig Durchgeknallte sind. Insofern ist die Erwähnung der Gerd Brantenberg und ihres Pamphlets „Die Töchter Egalias“ ebensowenig zielführend: die Autorin hat schlicht die Geschlechterverhältnisse umgekehrt, die Frauen haben in ihrem Machwerk das Sagen. Das ist weder sonderlich originell noch intelligent und erst recht keine Satire, schließlich ist die Gute radikal-feministisch und Humor habe ich bei denen noch so gut wie nie entdeckt. Daß sie, fett, häßlich und lesbisch so treffend das Klischee gewisser Stammtische bedient, sei nur nebenbei erwähnt.
In diesem Zusammenhang sei noch Luise Pusch erwähnt, die deutsche und – wie ich fürchte – noch radikalere Ausgabe der Brantenberg. Sie scheut nicht mal vor Lügen zurück („die Mehrheit der Opfer des Germanwings-Flugs 9525 waren Frauen“). Da die Passagierliste nicht veröffentlicht wurde, müßte sie Hellseherin sein. Noch ein paar Zitate gefällig:
!Was ihr (= der Frau zusteht und was sie braucht, ist nicht Gleich- sondern B e s s e r behandlung, kompensatorische Gerechtigkeit!
„Es gibt auch gewalttätige Frauen, aber ihre Anzahl im Vergleich zu der gewalttätiger Männer können wir vernachlässigen.
Sie stellt gar Männer, die vor ihren kranken Gedanken nicht den Kotau machen, gleich in die braune Ecke:
„Mit Männern, die sich nicht schämen angesichts der Verbrechen ihrer Geschlechtsgenossen und die nicht den Wunsch zeigen, aktiv etwas dagegen zu unternehmen, rede ich nach Möglichkeit nicht mehr. Es ist zu anstrengend. Sie gehören in dieselbe Sparte wie Neonazis...“
Ihre feministischen Meisterstücke des intellektuellen Sturzflugs hinderten jedoch nicht an einer Professur! Wie krank und vom Feminismus kastriert muß eine deutsche Gesellschaft sein, die einer m. M. nach offenkundig psychisch und/oder geistig Kranken auch noch einen Lehrstuhl bereitstellt?
Soweit mein verbaler Wutanfall,
viele liebe Grüße,
Morle
Lieber Morle,
ein sehr polemischer Text!
Ich möchte nur auf drei Fragen eingehen.
„Der Mann ist danach die Normalform des Menschseins und die Frau der Sonderfall, das Anhängsel“. Micha, hier gehen wir überhaupt nicht dáccord! Meiner bescheidenen Meinung nach ist der Mann keineswegs der Normalfall – ich wüßte gern, worauf Du das begründest.
Ich meine nicht, dass der Mann der Normalfall ist, sondern dass er sich lange so verstand. Bis auf wenige Ausnahmen machten Männer Geschichte, indem sie Staaten, Firmen und andere Gesellschaften führten. Wieviele Kaiserinnen, Königinnen, Präsidentinnen, Kanzlerinnen, Firmencheffinnen usw. gab es in den letzten sagen wir 1000 Jahren in Europa im Vergleich zur Zahl männlicher Protagonisten? Wer schrieb die Gesetze, unter denen unsere Vorfahren und Vorfahrinnen lebten? Wer setzte die Gesetze durch und wie? Wer bekam in den ersten Demokratien zuerst das Wahlrecht, aktiv wie passiv? Wodurch erhielt eine Frau lange einen Doktortitel? Durch eine eigene Dokotorarbeit? Nein, das war ihr lange verboten, so dass sie ihn durch den Doktortitel ihres Mannes bekam.
Und jetzt schreibe bitte nicht, Frauen hätten im Hintergrund die Fäden gezogen und Männer seien nur ihre Marionetten gewesen. Und Frauen hätten nichts zu leisten brauchen und Doktortitel ihrer Männer ohne eigene Leistung geschenkt bekommen.
Deine Einstellung dazu nachvollziehen, aber für mich bleibt, daß, mit z. T. vorauseilendem Gehorsam, teils mit Einknicken vor der mittlerweile gesellschaftlichen Macht von Kampf- bzw. Krampf-Feministinnen, wieder mal so eben die Semantik auf dem Altar der sogenannten feministischen Sprachforschung geopfert wurde.
Ich knicke nicht ein, ich erkenne an.
Ich bin mit dem Satz aufgewachsen: "Wenn Du ein Mädchen wärest, müsstest Du jetzt die Treppe putzen." Als Junge wollte meine Mutter mir das nicht zumuten. Ich tat es dann trotzdem.
Oder meine Oma hat ihre Söhne von vorne bis hinten bedient, wenn sie zu Besuch zu Hause waren, während ihre Töchter im Haushalt mitarbeiten mussten.
Das hat kaum jemand hinterfragt, sondern war normal so.
Unter den Feministinnen gibt es Fanatikerinnen und es gibt sehr vernünftige Frauen. Das ist bei jeder Partei oder Bewegung so. Wenn Du von "sogenannter feministischer Sprachforschung" sprichst möchte ich fragen, von welcher Warte aus Du das tust. Ist das eine Herbwürdigung eines Sprachforschers gegenüber Kolleginnen?
D. w. teile ich nicht Deine Meinung, die durch Deine Bemerkung, was wichtiger sei, daß jemand (oder wäre Dir „jefrau“ lieber? Diese kleine Stichelei konnte ich mir nicht verkneifen) sich durch die feministischen Sonderzeichen gestört fühlt oder jemand sich sexuell diskriminiert f ü h l t, deutlich wird: offenbar hältst Du Letztere für wichtiger.
Wo führte sowas hin, wenn die Gefühle jedes betroffenen Menschen berücksichtigt würden? Ins Chaos, möchte ich meinen
Klar halte ich Gefühle der sexuellen Diskriminierung für schwerwiegender. Es geht nicht nur um Feministinnen, sondern auch um Queers. Wer weiß, wieviele Selbstmorde es unter Queers gibt, der sollte sich schon mal Gedanken darum machen, dass mach doch besser Rücksicht auf ihre Gefühle nimmt, bevor sie sich das Leben nehmen. Das Gendersternchen ist genau deswegen eingeführt worden. Hat sich schon mal jemand das Leben genommen, weil seine Sprache sich verändert? Ich kenne kein Beispiel dafür, noch nicht mal unter Menschen, deren Sprache bzw. Dialekt ausstirbt.
Auf Gefühle Rücksicht zu nehmen führt nicht ins Chaos. Keine Rücksicht darauf zu nehmen heißt, ggf. über Leichen zu gehen.
Ich möchte auch gerne die Gefühle von Menschen ernst nehmen, die sich in ihrer Sprachästhetik gestört fühlen. Aber die Frage der Abwägung der Gewichtigkeit muss da doch erlaubt sein.
LG, Micha