Hi Libertarian,
du schreibst:
seit 2 Jahren hängt ein AndersLandinger in meinem Schrank, kürzlich ist ein Utilikilt dazu gekommen. Ich finde mich darin hammermäßig gutaussehend, es ist bequem und hat den Reiz des Außergewöhnlichen.
Wunderbar, du bist mit den Kleidungsstücken überaus zufrieden, und du möchtest gerne das Außergewöhnliche. Du bist auf gutem Weg.
Doch ich trage diese Kleidungsstücke wohlüberlegt, zu besonderen Anlässen, an besonderen Orten, immer mit dem Restgefühl Unsicherheit im Hinterkopf: Was, wenn Kunde X oder Chef oder Person Y dich so sieht?
Das kenne auch ich, obwohl jetzt nur noch in sehr eingeschränkter Form. Für mich geht es darum, dass was ich trage, kann zwar außergewöhnlich sein, muss aber anderen doch ziemlich verständlich oder einleuchtend sein, wenigstens nach einer kurzen Überlegung oder einen kleinen Erklärung.
Wenn ich mich „außergewöhnlich“ kleide, will ich keine Angst dafür haben, mein (jetzt ehemaliger) Chef, alte Kollegen oder andere mir bekannte Personen sollten mich sehen.
Ich will mich frei bewegen können, ohne die ganze Zeit Ausschau zu halten. Das heißt aber auch, ich kann nicht alles machen. Es gibt Grenzen oder Begrenzungen. Aber so ist es wohl für jeden Mensch; wir nehmen Rücksicht und werden mit Rücksicht begegnet.
Meine Lösung heißt den Tartankilt. Mit dem brauche ich nicht in fernen Ort zu fahren. Ich kann ihn morgens anziehen und mit ihm zur Tür hinausgehen. Er ist als männliche Kleidung generell anerkannt. Ich kann ihn Jedem und zu jeder Zeit damit verteidigen, er sei bequem, anders (außergewöhnlich würde ich nicht sagen), vielseitig und gebe Abwechslung.
Und tatsächlich: Manche im Bekanntenkreis verstehen es einfach nicht. Rock nicht, und Kilt aber auch nicht (den die meisten erstmal als "Rock" bezeichnen). Sie machen sich nichtmal die Mühe einer Auseinandersetzung. Sie grenzen sich dann selbst ab, als wollten sie sagen: Na, das wird sich hoffentlich wieder geben bei ihm. Ein kurzer blöder Spruch - man ist beinahe dankbar dafür, darauf kann man wenigstens antworten.
Aber gewöhnen werden sie sich doch, langsam aber sicher. Und du wirst ihnen halt der Bekannte oder der Freund werden, der manchmal im Rock oder Kilt geht. Ist wohl auch akzeptabel, oder?
Unterallen Umständen finde ich es prima, dass deine Bekannte schon davon wissen.
Der Utilikilt – ich selbst bin echt begeistert dafür – nennen wir zwar einen Kilt, und er wird als Kilt verkauft, aber, seien wir ehrlich, für nicht Eingeweihte ist er vermutlich ein Rock. Wir, die Besserwissenden aber können sagen, er sei kein Rock, sondern ein Kilt, ein moderner, amerikanischer Kilt. Wir können zum Namen hinweisen, UtiliKILT und zu der Utilikilt Homepage, immer nur Kilt. Als Kuriosum: In den Zollpapieren schreiben die Utilikilt-Leute „mens‘ skirt“.
Willst du ein Kilt-Image, dann doch besser im Tartankilt. Das ist meine persönliche Überzeugung.
Hose an am nächsten Tag, und es ist, als wäre tatsächlich nichts gewesen.
Was willst du denn mehr?
Ich muss sagen, dass mich das ankotzt. Rock am Mann ist nicht selbst-verständlich. Hinzu kommt, dass ich niemanden verschrecken oder verstören will.
Nein, Rock am Mann ist anders und deshalb nicht selbstverständlich. Kann es einfach nicht sein. Zum verschrecken oder verstören andere gehört doch, meiner Meinung nach, mehr dazu als ein Rock.
Dennoch: Ich fühle mich dadurch in meiner Freiheit eingeschränkt. Beruflich habe ich eine Führungsposition inne, inkl. öffentlicher Relevanz (Politik). Gar nicht daran zu denken, in dieser Funktion im eleganten, schwarzen, knöchellangen Rock, evtl mit Hemd und Krawatte und Sakko aufzutreten.
Könnte ich mich auch nicht vorstellen. Für mich war und ist der Kilt nur für die Freizeit da.
Soll man mit dem Kopf durch die Wand?
Wenn du dich mit Politik beschäftigst, egal ob du selbst Politiker bist oder du „nur“ mit Verwaltungsaufgaben tätig bist, kannst du NICHTS verheimlichen. ALLES wird früher oder später herauskommen. Deshalb mein Rat: Finde dir ein Stil, das ALLE sehen dürfen, mache es irgendwie up front bekannt und mache selbst in fremder Ort kein Stilbruch. Das heißt natürlich nicht, dass Änderungen für ewig ausgeschlossen sind, nur sie müssen immer solche sein, das Freunde wie Gegner herzlich gerne sehen dürfen.
Eingeschränkte persönliche Freiheit, wirst du vielleicht sagen? Ja, aber man kann nicht alles haben. Und 80% oder 90% sind immer mehr besser als 0%.
Grüße
Gregor