Nun, unsere Diskussion hat sich nun sehr in - zwar sicherlich grundlegende - Einzelaspekte hineingedreht, die ja sogar Anklänge einer parallel geführten Diskussion beinhaltete
(Link zur Vertiefung: 'Verbesserte Kommunikation', Link springt an beliebiger Stelle mitten rein).
Inzwischen geht es im Sinne des hiesigen Threads an anderer Stelle weiter, nämlich hier: '
Geschlechterrollen und die Wirkung bei Kindern', bislang jedenfalls wesentlich praxisorientierter und bislang ohne die Tendenz, sich in partielle Details festzuhaken.
Dennoch fände ich es schade, wenn wir im hiesigen Thread es nun einfach so mit einem offenen Ende stehen lassen würden. Vor allem fände ich es wichtig, wenn ein geneigter Leser bis zu dieser Stelle es hier im diesem Thread schafft (
und ich denke dabei nicht nur an die aktuellen, 'zeitgenössischen' Leser, sondern auch an alle, die zu einem späteren Zeitpunkt interessiert unseren Beiträgen bis hierher gefolgt sind), wenn hier noch einmal der Rückbezug zum Ausgangspunkt des Thread-Themas gefunden würde, sozusagen als Resümee. Ich möchte dies tun; wer sich dem anschließen möchte, möchte ich bitten, den Link auf die Weiterführung der themennahen Diskussion in seinen Beitrag mit einzubauen, damit der Link im allerletzten Beitrag hier nach dorthin auffindbar bleibt.
Mit
meinem Rückbezug zum Ausgangsthema möchte ich vielleicht meine Worte verwenden, die ich für geeignet halte, für ein abschließendes Fazit:
Da gehört das Nachbrabbeln von Lauten mit dazu. Das Nachahmen von Mimiken; das Lernen, welche Gefühle Mimiken, Verhaltensweisen und Töne, Sätze erzeugen, bei einem selbst und wohl auch bei anderen.
Aus dieser Sehnsucht, dazuzugehören (man könnte sagen, die Sehnsucht nach der verlorenen Geborgenheit im Mutterleib) werden eben ganz schnell bestehende Muster einverleibt und die Grenze zwischen Anpassung und Rebellion wird zum Teil schmerzvoll ausgelotet. Das schließt ganz früh wohl die Erwartungen an die Geschlechter mit ein. Zunächst die groben Raster, später immer und immer weiter die Feinheiten wie Feuerwehr = Männer....
Wir alle waren mal Kinder. Insofern betrifft nicht nur meine Ausführung die aktuelle Kindergeneration, sondern eben auch uns alle selber:
Der Mensch / das Kind bekommt nach seiner Geburt ganz viel Vererbtes mit (Genetik, Epigenetik).
Nach der Geburt entsteht sehr viel Grundlegendes, meist nonverbales, durch den emotionalen Aufbau mit der ersten Bezugsperson, zwischen Selbstentdecken und Erfahren von Geborgenheit, wo sich nach und nach noch weitere Bezugspersonen mit hinzugesellen (in der Regel erst Mutter, später Vater, Geschwister und so weiter, je nach Konstellation eben).
In dieser nonverbalen Bezugssituation festigen sich schon die ersten Verhaltensmuster, die sich im Laufe des Spracherwerbs durch weitere Verhaltensmuster akkumulieren und beginnen, mit Bedeutungen aufgeladen zu werden. Beobachtungen, wie es andere vorleben, welche visuellen Akzente erblickt werden, 'wie es eben so ist', bilden die Erfahrungswelt des ganz jungen Menschen, wo er lernt, sich und die Umwelt zu erkennen und in Beziehung zueinander zu setzen.
Und spätestens hier kommt in aller Breite das zum Tragen, was ich von mir selbst zitiere: Der Drang, dazugehören zu wollen.
Nichts ist für einen sehr jungen Menschen schlimmer, als ausgestossen zu werden, was allerdings immer mal wieder notwendigerweie geschieht, sei es, weil die Mutter mal für eine Zeitlang nicht sichtbar im selben Raum ist, sei es, weil das Hungergefühl lange nicht gestillt wird, und das vielleicht sogar mit bewusstbar werdendem System (könnte im Sinne einer systematischen Bestrafung, Vernachlässigung sein, kann aber vielleicht nur aus einer Überlastung der Bezugspersonen herauskommen bspw.), sei es, weil alle anderen sich über einen lustig machen (soweit das Kind dies schon bewusst spüren kann, vielleicht auch unbewusst).
Dazuzugehören ist alles für einen ganz jungen Menschen. Das durchzieht auch die späteren Jahre, vielleicht sogar bis zum Lebensende. Und Dazugehörigkeit ist eben das Inhalieren der Dinge, 'die eben so sind'. Und wo die Grenzen im Alltag liegen, muss der junge Mensch immer wieder bitter erfahren.
Das schließt auch die Erwartungen mit ein, die sich daraus ergeben, dass man als ganz junger Mensch jene Hoffnungen herangetragen bekommt ('Dir soll es mal besser gehen als uns' - oder zumindest genauso gut, 'Du wirst mal unsere Enkel großziehen' und ganz vieles mehr) und dass man die Erwartungen herangetragen bekommt, als was man sich im Alltag darstellt, um all die Hoffnungen auch - meist mit bestem Wissen und Gewissen der Hoffenden - bestmöglich erfüllen zu können.
Genau das schließt die Erwartungen mit ein, die ein Junge als Junge herangetragen bekommt, die ein Mädchen als Mädchen herangetragen bekommt - und schwupps sind wir spätestens hier inmitten der Vorstellungen, die ganz eng an Rollen-Klischees geknüpft sind.
Bei dem seltenen Teil der frisch geborenen Menschen, wo die Identifikation nicht eindeutig ist, ob Junge oder Mädchen, da mögen dann noch einmal andere Entscheidungen mit hinein spielen. Dort, wo aber Eindeutigkeit vorliegt, gehen die Rollenerwartungen automatisch bereits in den allerersten Lebensjahren und -monaten schon so auf den jungen Menschen über, dass sie sich bereits fest verankern, bevor der junge Mensch überhaupt imstande ist, sie zu hinterfragen.
Kindergarten, Freunde, Verwandte, Umfeld, Schule, Medien usw. geben da natürlich noch eine deutliche Bestätigung hinterher und verfestigen mehr oder weniger diese Erwartungsmuster, dessen sich der junge Mensch ausgeliefert sieht.
An dieser Stelle nochmals mein Re-Zitat von oben:
"
Aus der Sehnsucht dazuzugehören, werden eben ganz schnell bestehende Muster einverleibt und die Grenze zwischen Anpassung und Rebellion wird zum Teil schmerzvoll ausgelotet."
Das Verdeutlichen der Grenzen ist mit Enttäuschungen, durchaus seelischen Schmerzen, manchmal (jedenfalls vor 50 Jahren noch) auch mit körperlichen Schmerzen verbunden. Und jeder Trieb, jedes Interesse, der bzw. das nicht nach den herangetragenen Rollenerwartungen entspricht, wird zumeist von seinem Umfeld in der Regel nicht für gutgeheissen, und deswegen vielleicht unterdrückt - unterdrückt von aussen, unterdrückt von innen. Unterdrückt wird es vor allen Dingen dann, wenn es nicht nur einen kleinen Punkt gibt, der nicht erwartungskonform ist, sondern wenn eine Reihe weiterer unerwartete Neigungen vorliegen. Ab einer gewissen Reizschwelle wird dann vom Umfeld entschieden dagegen gehalten (und sei es nur vom Vater: 'Ein Junge weint nicht!', bzw. 'Ein Mann weint nicht!").
Dieses Dagegenhalten ist ein Zurechtweisen, ein Zurückweisen, eine Art Ausgestoßensein - die Gefahr, nicht mehr Dazuzugehören steigt. Und in kleinen Dingen bis hin zu großen Dingen kann dies für den jungen Menschen zwar unverständlich sein, aber er wird unter seelischen Schmerzen vieles daransetzen, doch dazuzugehören.
Den wenigsten Menschen tun diese vielen kleineren und größeren Schmerzen der Grenzen auf Dauer weh - man fügt sich darein. Einige aber tragen immer ein Unwohlsein davon.
Darum fällt es einem Menschen - auch später noch - so schwer, sich zu outen - mit was auch immer. Ein Mädel geht halt nicht zur Feuerwehr, ein Mädel träumt eben nicht davon, Kranführerin zu werden, ein Junge trägt halt keine Kleider.
Die meisten fügen sich, ist halt so. Manchen fällt es schwer, ist halt so, und leiden, bis sie es irgendwann mal schaffen auszubrechen, wenn überhaupt.
Darum ist es so schwer, aus dem Vorbestimmten auszubrechen. Die einen machen mit. Und mit den andern 'macht es was' (nichts gutes).
Und nun noch mal in meinem Beitrag abschließend der Link zu der Stelle, wo es weniger theoretisch, sondern jetzt wohl praktischer in dieser Thematik weitergeht:
'
Geschlechterrollen und die Wirkung bei Kindern'