Wertschätzung und Aufmerksamkeit verlangt jeder für sich, aber sie weitergeben???
Doppelrock fordert Wertschätzung und Aufmerksamkeit für sich und seine Haltung ein.
Das ist grundsätzlich richtig.
Bei sexistischen oder rassistischen Haltungen aber fällt eine Wertschätzung bisweilen schwer.
Wo fängt Rassismus an? Wo Sexismus? Da gibt es durchaus individuell verschiedene Grenzen. Aus Doppelrocks Beschreibung hatte ich jetzt nicht so in diesem Maße das herausgelesen, wie offensichtlich Micha. "Wehret den Anfängen!", mag da bei manchen vielleicht mitschwingen.
Ich kann längst nicht alles unterschreiben, was Doppelrock in seinem
Beitrag von sich gab. Das Darstellen einer durchmischten Gesellschaft, z.B. in Werbung oder auch in Filmen oder Serien, wirkt oftmals in der Tat aber sehr gekünstelt. Fast kommt es mir vor, eine rein mitteleuropäisch anmutenden Besetzung sei inzwischen bereits rassistisch. Andererseits sind wir durchmischt, ob mans gut findet oder nicht. Letzte Woche fuhr ich in einem vollbesetzten Bus. Von allen Seiten hörte ich Gespräche (meist Handygespräche), aber kein einziges Wort Deutsch. Ich konnte um mich herum 17 Personen zählen. Lediglich 3 konnte ich verdächtigen, deutscher Abstammung zu sein, wobei man das bei vielen Eingewanderten ja auch nicht mit Sicherheit sagen kann,zwischen deutscher Abstammung von woandersher zu unterscheiden. Und ich bewegte mich durch ein Gebiet in der Stadt, in dem eher unterdurchschnittliche Zuwanderung zu beobachten ist.
Ich habe nichts gegen diese Leute. Keinesfalls. Allerdings verbindet mich ausser Interesse dann nicht mehr allso viel mit diesen Personenkreisen. Denn über Lokalpolitik reden ist z.B. fast nie möglich. Oft wird eine etwas differenzierende Sprache nicht verstanden. Tiefgang in Unterhaltungen ist selten möglich. Es ist anstrengend, eine gemeinsame Basis zu finden.
In Frankfurt leben 20 Prozent Menschen ohne migrantische Herkunftserfahrung innerhalb der letzten 2 Generationen. Wir sind eine durchmischte Gesellschaft. Sicher war Frankfurt / Rhein-Main, aber auch andere Zentren in Deutschland über all die Jahrhunderte schon immer starke Schmelztiegel gewesen.
Aber so vielfältig sind eben auch innere Haltungen. Und ich kann mir entgegen Doppelrock kaum vorstellen, dass z.B. New York nix anfangen kann, dass es auch noch Menschen mit Ansprüchen gibt, die sich nicht eindeutig zu Mann oder Frau zurechnen wollen.
Es ist nicht dekadent, Eindeutigkeiten zu verwischen. Es ist eher dekadent, an Eindeutigkeiten zwingend festzuhalten. Solange die anderen mir nicht wehtun, muss ich ihnen auch nicht wehtun. Ich deklariere mich auch als eindeutig Mann. Dennoch kann ich mancher Unisex-Mode etwas abgewinnen. Allenfalls finde ich es schade, wenn modische Freiheit nur Frauen und den "verwischten Eindeutigkeiten" zugeschrieben wird und dem Mann als solchem das erneut verwehrt bleiben soll. Denn das bringt den klassischen Mann aus seiner angeborenen Hose definitiv nicht raus.