Gude zusammen!
Cephalus,
danke für den Link. in der url staht da "bayrisch" mit y, auf der Seite selbst "bairisch" mit i. Von den Fraunhofer Saitenmusikern habe ich mal gelernt, dass die Schreibweise mit y den Freistaat meint, die mit i das Altbaiern, also Ober- und Niederbaiern, aber eben nicht das Allgäu und Franken.
Ben,
neulich habe ich die neue CD der Gruppe IRXN rezensiert (Rezi erscheint im nächsten Folker im September). Die Band stammt ursprünglich aus Pappenheim im Altmühltal. Jetzt sind sie in München ansässig. Einer der Musiker schrieb mir, sie sängen aber im Münchner und Chiemgauer Dialekt. Man muss also auch in Baiern mit i noch zwischen verschiedenen Dialekten unterscheiden.
Du meinst, einen Dialekt müsse man mit der Muttermilch aufsaugen. Das wäre bestimmt das Beste. Aber warum soll man ihn nicht lernen können so wie jede Sprache? Sicher braucht man Nativespeakers, um auch die unbewussten Feinheiten, wie Tonhöhe und Kehlkopfstellung reinzukriegen. Aber möglich müsste es sein. Der eine kann es besser, die andere schlechter.
Marcel,
mir geht es auch so, dass ich mich meiner Umgebung anpasse. So fällt es mir leichter, zumindest ein wenig Moselfränkisch zu reden, wenn ich es um mich herum höre. In Norddeutschland klinge ich nach kurzer Zeit norddeutscher, in Süddeutschland süddeutscher usw. Das war bei meinem Vater auch so: Auf der Merseburger Platte in Sachsen-Anhalt aufgewachsen, hat er im moselfränkischen Rheinland seinen sächsischen Dialaket total abgelegt. Wie er noch als Kind gesprochen haben mag hörte ich erstmal bei seiner Schwester, die ihre Heimat nicht verlassen hat. Ich habe aber auch schon Leute kennengelernt, die ihren Dialekt beibehielten, egal wo sie hinzogen und wie lange sie da schon wohnten.
Saari,
die Verbreitung der deutschen Dialekte kannst Du hier sehen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Dialekte "Hochdeutsch" stammt von Luthers Kanzleisprache, das stimmt. Es ist heute synonym mit "schriftdeutsch" oder, wie ich es mit den Schweizern gerne nenne "standarddeutsch". Das Wort "hochdeutsch" besagt ja, dass es irendwie über den Dialekten stehe, die ja nur "platt" oder "nieder" seien. Das lehne ich ab. So sage ich lieber "standarddeutsch". "Schriftdeutsch" passt auch nicht so richtig, weil man ja auch Dialekte schreiben kann, wenn man will.
Ich selber bin leider auch so groß geworden, dass ich Dialekt mit weniger Bildung und unkorrekter Sprache verbunden habe. Das ist weit verbreitet. So schämen sich viele Menschen ihreres Dialekts. Manfred Pohlmann, moselbräkischer Liedermacher, hat durch seine Lieder bewirkt, dass Moselfranken aufhörten, sich ihres Dialekts zu schämen und anfingen, ihn als Kulturleistung und -erbe anzusehen (
http://www.folker.de/201504/04Pohlmann.php). Leider hat er nicht eine solche Reichweite, um wirklich das Aussterben des Moselfränkischen zu bewirken. Selbst seine eigenen Kinder sprechen kein Platt mehr.
Letzten Freitag fragte ich in Dinant den Jean-Luc, wie es denn mit franzöischen Dialekten in Belgien aussehe. Er meinte, sie sprächen dort Wallon (
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz%C3%B6sische_Sprache#/media/File:Langues_de_la_France.svg), das wiederum in viele Unterdialekte von Ort zu Ort unterschiedlich aufgeteilt sei.
In Lothringen wird ja auch Deutsch gesprochen, aber immer weniger. Und wenn, dann wird den Kindern in der Schule Standarddeutsch beigebracht, während das Mosel- und das Rheinfränkische dort auch am Aussterben sind, was auch Musiker wie Jo Nousse (
http://bosenergruppe.saar.de/mitglieder_einzeln?mitglied=nousse-jo) und Marcel Adam (
http://www.marcel-adam.de/) nicht verhindern können.
Ich habe keine Ahnung, wie man dieses Sprachensterben aufhalten kann. Könnten wir die Dialekte nicht so pflegen, wie sie Schweizer und Luxemburger es tun? Sie tun es auch, um ihre Nationalen Identiäten zu pflegen und zu behaupten, aber eben auch die regionalen. Sind die regionalen Identiäten uns Deutschen und Franzosen so wenig wert?
So, wir wollen gleich los, so dass ich hier mal ende. Ich freue mich auf Eure Beiträge.
Tschö!
Michael