Autor Thema: Ich, Nr. 519 - aber hinter der Nummer steht ein Individuum  (Gelesen 51989 mal)

Offline Piper

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hoi piper

weiterhin viel spass.
bist du in zürich an der uni?
dann nehme ich mal das 10er tram. ich werde dich also erkennen an deinem mammut-rock.
ich bin der im kilt  ;)

gruess
McMorghey

Leider nein. Bin in Winterthur an der FH, hab nur der Einfachheit halber "uni" geschrieben. Nichtsdestotrotz würde ich mich freuen, wenn wir uns mal treffen würden...

Piper

Offline Piper

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Hallo wieder einnmal

Nun ist es schon ein Monat her, dass ich täglich den Alltag (Studium, Haushalt, Hundespaziergang, unterwegs sein, usw) im Rock bewältige. Die Ausnahmen , also die Gelegenheiten, zu denen ich Hosen trug, lassen sich dabei an einer Hand abzählen (Vorstellungsgespräch, Bürobesuch an meinem künftigen Arbeitsplatz, 3x Besuch).
Mittlerweile ist das Rocktragen bei mir durch und durch zur Normalität geworden, so dass sich Hosen schon fast seltsam anfühlen. Die irritierten Blicke einiger Leute auf der Strasse nehme ich zwar nach wie vor wahr, doch verunsichern sie mich überhaupt nicht mehr. Sogar die (äusserst wenigen) dummen Sprüche einiger halbstarker Jugendlicher beeindrucken mich nicht mehr. Was das Rocktragen und die damit verbundenen Auswirkungen betrifft kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich über der Sache stehe.
Zu Beginn des vergangenen Monats fand einer meiner 23 Kommilitonen wirklich an- und abstossend, dass ich nun einen Rock trage, doch die anderen 22 haben mich ihm gegenüber zum Teil mehr und zum Teil weniger klar verteidigt. Mittlerweile hat sich auch der 23ste an mein Erscheinungsbild gewöhnt, und ich genau gleich gut in der Klasse integriert wie in den Jahren zuvor.

Über Ostern war ich mit meiner Freundin und meinem Hund (10 Monate alt) wieder einmal auf Besuch bei meinen Eltern - im Rock. Erwartet hatte ich Ablehnung, Skepsis, mühsame Diskussionen, verbale und nonverbale Kritik, doch bin ich zu meinem Erstaunen nur auf Akzeptanz gestossen. Hier muss ich natürlich auch sagen, dass ich das Rocktragen meinen Eltern gegenüber als "Bartersatz" verkauft habe. Auf die Frage meiner Mutter, ob ich den Rock bequem finde, habe ich aber mit "ja sehr, und ich kann es mir auch in Zukunft (nach dem Studium) vorstellen" geantwortet.

Weitere Erfahrungsberichte werden folgen  :)

Offline GregorM

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Also, Piper, was du da gemacht hast, finde ich echt genial. Selbst deiner Eltern hast du deinem Rocktragen in bester Weise "verkauft".

Und in den nächsten zwei Monaten kannst du es auch völlig legal machen, und danach kannst du immer sagen, es habe dir so gut gefallen, dass du auch weiterhin nicht auf die Möglichkeit, Röcke zu tragen, verzichten möchtest.

Einfach super.

Gruss
Gregor

PS. Fotos?
 
Gruß
Gregor

AsiaHarry

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Hallo!

Super! 8) 8) 8)


silixflox

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ich beglückwünsche dich zu deinem durchhaltevermögen
winti ist halt schon auch eine spezielle stadt. da muss man ja auch etwas speziell sein.
wer weiss vielleicht sieht man sich mal. ich bin zwar nur in der freizeit im kilt (schwarzer utility) mit kollegen unterwegs denn in der familie ernte ich keinen zuspruch und beim arbeiten geht das auch nicht.
daher nur teilzeitrock.
oder wir treffen uns einmal zu einem bier?

silix

Offline Piper

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Heute Abend habe ich wieder einmal etwas durchaus bemerkenswertes im Zusammenhang mit dem Rocktragen erlebt. Wir hatten besuch von dem Ehepaar, auf dessen Bauernhof das Pferd meiner Freundin steht. Ich trug den ganzen Abend meinen heissgeliebten Mammutrock, dazu Kapuzenpulli und Spitzenkragen. Diese Kombination ist auch in meiner Bildergallerie zu sehen, und stellte für mich ein Novum bei Besuch dar. Anfangs war ich etwas nervös, doch als ich realisierte, dass ausser eines einzigen erstaunten Blickes des Landwirtes keine weiteren Reaktionen folgten, konnte ich mich absolut entspannen.
Als ich zum Ende des Besuches hin das Thema noch kurz darauf lenkte, dass ich einen Rock trage, wurde ich ganz erstaunt angeschaut. Die beiden hatten es gar nicht bemerkt ???. Nach einem kurzen Blick unter den Tisch sagte sie dann: "Ist mir bis jetzt gar nicht aufgefallen. Aber weist du, mein Bruder hat auch Röcke." Zu ihrem Mann: " Kürzlich hat er ja einen orangen Wickelrock getragen, und...". Wie ich also merkte, ist ein Mann im Rock für die Beiden absolut nichts neues. Es ist sogar so normal, dass ich in einem schwarzen Rock nicht auffiel  ;D. Der Spitzenkragen hat natürlich sein übriges zur Ablenkung beigetragen.
Was ich heute Abend gelernt habe ist, dass ich mir in Zukunft nie mehr einen Kopf machen muss, was ich anziehe, wenn ich meine Freundin zum Pferd begleite  :). Bisher hatte ich immer die Befürchtung, so angezogen deplatziert zu wirken auf dem Hof, und ausserdem war ich stets in Sorge, dass meine Aufmachung sich negativ auf die gute Beziehung meiner Freundin zu den Hofbesitzern auswirken könnte. Nun aber habe ich eine Ecke mehr auf der Welt, wo ich egal in welcher Kleidung, völlig ungezwungen mich selber sein kann. Und mit jeder Erfahrung mehr in dieser Richtung kommt bei mir der Gedanke auf, dass ich wohl bloss etwas mehr Mut brauchen würde, weil die meisten Menschen im positiven Sinne gleichgültig reagieren würden, wenn ich mit Rock, Absätzen oder Spitzenkragen aufkreuze.

Offline Jürgen64

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Hallo Pioer,

die Erfahrung mache ich auch seit mittlerweile über 10 Jahren immer wieder: wir machen uns viel zu viele Gedanken, dass andere uns negativ beurteilen könnten!

Gruß
Jürgen
Sei Du selbst. Von den anderen gibt es schon genug!

Offline GregorM

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Und mit jeder Erfahrung mehr in dieser Richtung kommt bei mir der Gedanke auf, dass ich wohl bloss etwas mehr Mut brauchen würde, weil die meisten Menschen im positiven Sinne gleichgültig reagieren würden, wenn ich mit Rock, Absätzen oder Spitzenkragen aufkreuze.

Genau. Ist man auf sich selbst sicher und auch so vorkommt, geht es meistens 100% problemlos, und sollte es endlich  mal zu einem Zuruf kommen, ist das dann auch ohne Bedeutung.   

Gruss
Gregor
Gruß
Gregor

Offline Piper

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Seit meinem letzten Beitrag hier im Forum ist bei mir ganz viel passiert:

Vor einigen Wochen habe ich meine erste Arbeitsstelle (ab August) als Studienabgänger erhalten. Es hat bereits mit der ersten Bewerbung geklappt. Für das Vorstellungsgespräch habe ich Hosen angezogen, schliesslich wollte ich kein Risiko eingehen. Seither war ich aber schon im Rock in einer anderen Filiale des selben Unternehmens zu Besuch (dort habe ich vor zwei Jahren ein Praktikum absolviert). Der Rock wurde bemerkt, aber zusammen mit meiner Begründung mit einem breiten Grinsen quittiert. Daher keimt in mir die Hoffnung, eines Tages nach Ablauf der Probezeit  ;) im Rock zur Arbeit zu erscheinen.
Ich studiere zwar schon seit zwei Jahren nicht mehr an der ETH, habe aber dort noch sehr viele Bekannte und Freunde, und organisiere dort jährlich noch einen grossen Event. Zur Vorbereitung des diesjährigen Events war ich im Rock unterwegs. Grosse Teile meines Freundeskreises sahen mich dabei zum ersten Mal im Rock. Einige sprachen mich auf den Rock an, viele hingegen nicht, da sie es nicht merkten oder es keine Erwähnung wert fanden. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass ich dort immer noch genau gleich viele Freunde habe. Niemand fand es dermassen daneben, dass er mich nicht mehr "kannte". Einige haben lauthals gelacht, doch wegen meines natürlichen Auftretens und spätestens nach meiner Erklärung fanden es alle irgendwie ok.

Vor einigen Wochen hatte ich zusammen mit meinem besten Freund - wir kennen uns bereits seit 13 Jahren - etwa veir Stunden Schreibtischarbeit zu erledigen. Bereits  ::) nach drei Stunden bemerkte er, dass ich einen Rock trage. Zuerst war er etwas verunsichert. Nach meiner Erklärung befand er: "Das kannst auch nur du machen. Alle anderen wären für sowas nicht seltsam genug".

Vorgestern hatte ich wieder einmal ein Telefonat mit meiner Schwester (28). Dabei erwähnte ich irgendwann ganz beiläufig, dass ich jetzt aufgrund einer neu ausgelegten aber alten Tradition an meiner Schule die letzten 100 Tage meines Studiums im Rock verbringe, und dass die Eltern darauf ganz entspannt und etwas amüsiert reagiert hätten. Daraufhin lachte sie und sagte: "Das muss ich sofort meinem Freund erzählen. Der hat nämlich schon mehrmals erwähnt, dass ein Rock sicher etwas ganz bequemes sei. Vielleicht traut er sich nun, mal einen Rock zu kaufen und zu tragen."
Ich war platt! Ihren Freund kenne ich schon seit fast zehn Jahren. Doch anscheinend reichen bei gewissen dingen auch zehn Jahre nicht, um jemanden wirklich zu kennen.

Vergangenes Wochenende war ich mit Freunden essen. Organisiert hat es einer meiner besten Freunde. Seine Freundin weiss schon seit einigen Jahren von meinen Neigungen bezüglich "Frauenkleidung". Doch sie hat mir davon abgeraten, ihren Freund mit einzuweihen, da sie nicht wisse, wie er reagieren würde. Nun hat er mich im Rock gesehen, und zwischen uns hat sich absolut nichts geändert.
An diesem Abend bemerkte sie, dass meine Schuhe (Salomon-Trekking-Schuhe) nicht zum Rock passen. Das ist mir auch schon aufgefallen. Doch einen konstruktiven Vorschlag hatte sie nicht am Start. Als ich wieder zu hause war, kramte ich in meiner Erinnerung, wo sich irgendwo das Bild von flachen und sportlichen Stiefeln verbarg, welche ich vor einigen Jahren mal irgendwo gesehen hatte. Dann suchte ich im Internet danach, fand sie und konsultierte meine Freundin. Sie reagierte positiv. Daher habe ich die Stiefel bereits bestellt. Es handelt sich dabei um braune Mustangstiefel. Hier findet ihr ein Bild dazu: http://www.schuhplus.com/images/produkte/i12/1286-1286-MUSTANG-SCHUHPLUS-0.jpg
In drei Wochen habe ich eine Klassenzusammenkunft (7. -9. Klasse, 13-15 jährig). nun ist bei mir die Idee aufgekommen, dort mit meinem Mammutrock und den Mustangstiefeln zu erscheinen. Da meine Freundin grad nicht zu hause, und ich noch nicht restlos von meiner Idee überzeugt war, rief ich eine gute Freundin an, die ich schon seit 12 Jahren kenne. Doch von meiner Neigung bezüglich "Frauenkleidung" weiss sie erst seit einigen Monaten, hat es aber problemlos akzeptiert. Ich rief sie also an und erzählte ihr von meiner Idee und meiner Skepsis. Ich sandte ihr ein Blid der Stiefel und bat sie um ihre Meinung dazu. Ihre Reaktion: "Die Stiefel sind ja echt cool! Die passen zu deinem Rock, der ist ja auch eher sportlich." Als ich meine Bedenken äusserte, dass Rock und Stiefel zusammen vielleicht etwas zu viel sei um Leute an der Klassenzusammenkunft zu treffen, die ich nun schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, antwortete sie: "Ach, du musst das so sehen: Wenn jemand damit nicht klarkommt, dass du Rock und Stiefel trägst, der würde auch mit dem Rock alleine nicht klarkommen. Darum tu' es einfach, ich finde es gut! Und ausserdem: Sei einfach du selbst und bewege dich, als wäre Rock und Stiefel bei dir das normalste der Welt."

Ihr seht, aus den letzten Wochen weiss ich nur positives zu berichten. Meine Befürchtung, wegen des Rocks Freunde zu verlieren war unbegründet. Im gegenteil: Viele Freundschaften wurden dadurch sogar noch intensiver, und auch der Respekt vor meiner Person ist gestiegen.

Verdammt, das Leben ist zu kurz, um es anderen recht zu machen. Ich will dereinst nicht auf dem Totenbett sagen müssen, ich hätte etwas verpasst, nur weil ich den Mut dazu nicht hatte! Just do it!

silixflox

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Siehst du Piper, so ist das bei mir auch. Nur meine Holde hat Megascheuklappen und Angst dass alle dann mit dem Finger auf sie zeigen werden: "Dass ist die mit dem Manne im Rock"
Obschon ich immer noch Aufklärungsarbeit mache, hat sich noch nichts an ihrer Haltung geändert. Aber ich trage schon einige Stunden in der Woche den Kilt auch bei der Arbeit. Mit durchschlagendem Erfolg.
Ich habe auch schon Aufträge geholt weil ich im Kilt erschien, und somit die Mitbewerber ausgeboten.
Umgekehrt natürlich auch, aber das Positive überwiegt.

AsiaHarry

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Hallo!

So wie bei Piper sollte es überall ablaufen. Super :D :D :D

Mich haben inzwischen auch 2 weitere Arbeitskolegen im Rock gesehen. Keiner der beiden hat  ein einziges Wort darüber gesagt. Die Beziehung zu diesen 2 und alle andere die mich bisher gesehen haben ist gleich gut oder besser als vorher :D

Offline tirkk

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Angst dass alle dann mit dem Finger auf sie zeigen werden: "Dass ist die mit dem Manne im Rock"


Genau, das ist auch mein Problem. Ansonsten würde ich laufend in meiner Freizeit zum Rockträger. Aber aus Rücksicht muß halt der Zeitpunkt zum Rocken genau überlegt werden.

LG smart-rocker Karlheinz
Männlich ist, sich auch im Rock wohl zu fühlen. Ich nehme mir die Freiheit, ANDERS zu sein!

Offline Jürgen64

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Angst dass alle dann mit dem Finger auf sie zeigen werden: "Dass ist die mit dem Manne im Rock"


Genau, das ist auch mein Problem. Ansonsten würde ich laufend in meiner Freizeit zum Rockträger. Aber aus Rücksicht muß halt der Zeitpunkt zum Rocken genau überlegt werden.

LG smart-rocker Karlheinz

Hallo Ihr 2,

genau das war auch immer meine Befürchtung - sie hat sich nie bewahrheitet! Seit über 10 Jahren trage ich jetzt Rock, und kann immer nur von den gleichen Erfahrungen berichten wie Piper und AsiaHarry. Und Ihr werdet es immer wieder hier im Forum und auch anderswo lesen können: Die, die es real probiert haben, schreiben ähnliche Erfahrungsberichte wie Piper und AsiaHarry; die, die es nicht probiert haben, schreiben ähnliche Befürchtungen wie Ihr, ohne es wirklich probiert zu haben! Die Rücksicht ist überflüssig, das ist real nur unbegründete Angst. Wenn Ihr dazu steht, dann werdet Ihr auch so akzeptiert.

Gruß
Jürgen
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Offline GregorM

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Hallo Jürgen,

Rücksicht ist oder kann zwar überflüssig sein, doch stehe ich in der Ehe auf die gegenseitige Rücksicht:

Ich akzeptiere, dass meine Frau es bevorzugt, nicht direkt ein Teil meines Kilttragens zu sein, umgekehrt akzeptiert sie, dass ich Kilts trage, wenn ich alleine unterwegs bin; das heißt also auch im eigenen Ort.
Dadurch ist sie ja auch „die mit dem Mann im Kilt“.
   
Dass sie mich zu Hause fast nur im Kilt sieht, ist ihr völlig in Ordnung.

Gruß
Gregor - seit 44 Jahren glücklich verheiratet.
Gruß
Gregor

Offline GregorM

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Hallo Piper,

echt Klasse, was du da schaffst!

Gruss
Gregor
Gruß
Gregor


 

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