hi ingo,
dem männerrock stehen eine reihe von dingen im weg:
1. in anderen ländern, wo es recht heiß und die kleidung einfach ist, ist ein tuch um die hüfte billig und naheliegend. oder es gibt zufällig diese tradition -- in bhutan darf man immerhin keine hosen tragen :-)
2. westliche kleidung ist komplex, mit schnitten etc., daher sehr spezifisch. man kann schon aus sozialen gründen nicht im sarong etc. ins büro gehen: das evoziert urlaub und palmen, nicht seriosität :-)
3. außerdem: komplex geschnittene röcke betonen weibliche formen -- sie "sind" "weiblich"; außerdem sind alle ästhetischen möglichkeiten bereits für frauen verwendet worden und wirken daher als "weibliche" elemente. männerröcke sind daher oft einfach häßlicher als "weibliche" röcke: gerade, lang, schwarz -- häßlich ... man MUSS daher auch weibliche formen und farben requirieren, sonst bleibt uns nur der kilt -- das ist eine form in verschiedenen mustern. ---- wenn man einen "damen"rock anzieht, dann muß man erst eine zeitlang durch die wüste der gender-cross-ängste ziehen; vielleicht für immer.
4. röcke zeigen die beine und machen die illusion, daß die genitalien nicht wirklich verdeckt sind. das spricht die sexuiertheit von kleidung an. männer tun so, als seien sie sexuell unnahbar, frauen hingegen wirken sexy -- MITTELS kleidung vor allem. hier crasht der rock und die geschlechterrollennorm in bezug auf selbstdarstellung zusammen. so "darf" sich ein mann gewissermaßen nicht darstellen.
5. es gibt, da es (so gut wie) keine männerröcke gibt, auch keine passende "männliche" unterbekleidung. lange unterhosen gehen nicht, kniestrümpfe (kilt hose) sind warm ... die strumpfhose irritiert viel mehr als der rock, das ist sehr stark "weiblich" zugeordnet. der total coole und harte mann im rock ist von der tunte nur einen dünnen strumpf weit entfernt :-D hier muß man durch die wüste des fetish-verdachts ziehen; vielleicht für immer.
6. aber glücklicherweise muß man nicht die röcke propagieren: man kann überhaupt nicht missionieren (missionare überzeugen meist mit waffen, nicht mit worten). die meisten leute haben zu den meisten dingen keine besondere beziehung. also werden die meisten das anziehen, was es gibt, das tun, was man tun "soll". nur wenn es schon "normal" wäre, röcke zu tragen, würde diese mehrheit -- ohne darüber nachzudenken -- auch röcke tragen. es sind nicht viele leute als vorreiter mobilisierbar -- nur wenige wollen das anscheinend "sehr sehr".
---- daraus folgt: ich bin in meiner umgebung der einzige verrückte mann mit rock. oder bin ich "etwas besonderes"? diese definition gefällt mir besser. ich mache, was mir gefällt, vermeide höchstens, dafür in ernste schwierigkeiten zu kommen. und die allermeisten anderen männer halten mich vermutlich für "sonderbar". recht haben sie :-D in einer völlig verrückten welt, in der rauchen normal ist, oder sich betrinken, oder atomkraft und neoliberalismus -- da bin ich eigentlich sehr normal.
lg dongya