Entsteht Religion aus der Verklärung philosophischer Gedanken? Darf man von einer Religion sprechen, auch wenn der Urheber das nicht tat? Und ist der Gott dann nicht hausgemacht?
Ich finde es interessant, welchen Verlauf "mein" Thread genommen hat.
Leider fehlt es mir an Kenntnis, mich an vielen aufgeworfenen Fragen sinnstiftend einzubringen.
Wie Micha schon sagte, gibt es (wie fast überall -meine Anmerkung) einen Graubereich zwischen Philosophie und Religion. Oder besser gesagt: Übergangsbereich. Der Übergang ist sicherlich fließend.
Moderne Philosophie ist (von mir) gefühlt eher religionsfremd aufgestellt. Ich denke, moderne westliche Philosophie kann eher als eine Art Ersatzreligion gesehen werden.
Urheber von philosophisch oder spirituell inspiriertem Gedankengut entgegen ihrer Absicht später als Religionsstifter oder -stützer anzusehen, denke ich (in meinen hobbyphilosophischen Überlegungen), ist legitim, auch wenn es post mortem geschieht.
Es ist legitim, denke ich, Vordenker später als zentrale Heilsbotschafter oder Sinnstifter oder Propheten anzuerkennen, und es ist legitim, eine Gefolgschaft oder Bewegung, die sich daraus ergibt, als Religion zu bezeichnen.
Jedenfalls im heutigen Sinne, wie Religion als Wort verstanden wird. Religion war ja ursprünglich gedacht als "Wiederverbindung", als eine "Verbindung zu Gott". Wiederverbindung heisst auch, dass die Verbindung irgendwann einmal als verloren gegangen empfunden sein muss, um sie erneut herzustellen. Vielleicht ist Religion ein abstrakter Begriff, der eher aus den abrahamitischen Religionen heraus gebildet wurde, zentriert um den christlich-jüdischen Sündenfall im Paradies.
Inwieweit nun Gesinnungsgebilde wie Hegelianer oder Freudianer religionsgleich anzusehen sind, mag jemand wie Micha besser beurteilen können, Stifter von Ersatzreligionen waren die jeweiligen Urheber in diesem Sinne schon. Nur führt dann ein zu suchender Gottesbegriff schnell in jene variable Beliebigkeit, die Du befürchtest.
Ich weiß nicht, ob es Freude ist, oder Schock, die bzw. den Du suchst, falls es sich bestätigen sollte, dass 'Gott hausgemacht' ist. Was aber sollte jüngere Religionsbewegungen von älteren in der Substanz unterscheiden? Die jeweiligen Gottesbilder sind mit Sicherheit hausgemacht. Die Suche, das Unfassbare fassbar zu machen, beschreitet viele Wege, ist in der Substanz vermutlich aber ziemlich gleich. Und ähnlich auch die Versuchung, an die Suche Interessen und Machtausübungen zu knüpfen und Menschen auf bestimmte Wege zu zwingen. Glücklich, wer selbst entscheiden kann, welchem Weg er folgt oder welchen Weg er geht oder welchen Weg er sich selber sucht.